Molin | Zimtschnecken zum Frühstück | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Molin Zimtschnecken zum Frühstück

Roman
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-641-27461-0
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-641-27461-0
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Clara ist Lehrerin aus Leidenschaft. Doch Schüler und Kollegen machen ihr das Leben schwer. Nachdem ihr Freund Klas sie dann auch noch für eine andere verlässt, steckt sie in einer tiefen Krise. Ihre Schwester Paulina und die verschrobenen Eltern sind ihr dabei keine Hilfe. Doch dann lernt sie Paulinas neuen Freund Marcus kennen, einen belesenen Barkeeper, der sie mit seinem klaren Blick auf die Menschen und seinen humorvollen Fragen nach dem Sinn ihres Lebens völlig durcheinanderbringt. Als dann noch ihre Jugendliebe Jonathan aufkreuzt, der jahrelang im Ausland war und sich nun plötzlich um sie bemüht, ist das Chaos perfekt. Wer ist der Richtige? Und darf man sich in den Freund der kleinen Schwester verlieben?

Sara Molin, geboren 1983, lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Sollentuna, einer Kleinstadt in der Nähe von Stockholm. Sie ist Gymnasiallehrerin für Schwedisch und verbindet ihren Beruf mit ihrer Liebe zu Büchern und zum Schreiben. Diese beiden Leidenschaften verfolgt sie schon seit ihrer Kindheit, und nachdem sie zusammen mit ihrer Schwester ein Drehbuch geschrieben hatte, wagte sie sich endlich auch an einen Roman. »Zimtschnecken zum Frühstück« ist ihr erstes Buch im Diana Verlag.
Molin Zimtschnecken zum Frühstück jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Eins


Angeblich bereut man nur das, was man nicht getan hat.

Doch das stimmt nicht. Ich bereue, dass ich drei Stunden meines Lebens auf ein Treffen mit Klas verschwendet habe. Ich bereue auch, diesem Treffen zwei Jahre nach unserer Trennung überhaupt zugestimmt zu haben. Wir haben gerade mal gegessen, und ich koche innerlich bereits vor Wut.

»Toll, dass du so kurzfristig Zeit hattest, Clara. Ich würde dir gern Feedback zu ein paar Sachen geben, was dir sicher auch helfen wird.«

Mein Exfreund spricht in geschäftsmäßigem Ton. Wir sitzen einander im Pub gegenüber, es ist Freitagabend, und ich verstehe ihn kaum, weil es so laut ist.

»Feedback? Wie spannend.«

Das ist es tatsächlich. Während der drei Jahre, die Klas und ich zusammen waren, las er insgesamt fünf meiner Gedichte, nachdem er sie unbedingt hatte sehen wollen. Als ich ihn dann nach seiner Meinung fragte, bat er um etwas mehr Bedenkzeit, um mir dann später eine vernünftige Antwort geben zu können. Super, dachte ich, nachdem ich es bis dahin nie gewagt hatte, jemandem meine Arbeiten zu zeigen. Und jetzt sitzen wir hier, drei Jahre später. Meine Poesie muss ihn ja komplett umgehauen haben.

Als Klas mir eine Nachricht schrieb und mich treffen wollte, glaubte ich zuerst, dass er es noch einmal mit uns versuchen wollte. Auch wenn ich zwiespältig war, sagte ich zu. Mein Leben ist nicht gerade reich an aufregenden Liebesgeschichten, geschweige denn an geglückten Beziehungen. Ein Date mit meinem Ex erschien mir da verlockender, als zu Hause zu sitzen und mich in Arbeit zu vergraben.

Auch wenn besagter Ex mit einer jungen, schlanken Frau zusammenlebt, mit der er außerdem nur ein Jahr nach der Trennung von mir ein Kind bekommen hat.

Klas trinkt ein paar große Schlucke von seinem Bier, als ob er seinen ganzen Mut zusammennehmen müsse, und holt sein Handy aus der Tasche. »Ich habe mir ein paar Notizen gemacht«, erklärt er. Verzückt setze ich mich aufrechter hin und nippe an meinem Weinglas.

»Erstens: Das ständige Ausmisten in der Küche.«

Ich senke das Glas und denke hektisch nach. Den Titel kenne ich gar nicht. Hat Klas vielleicht irgendetwas in meine Gedichte hineininterpretiert, existenzielle Fragen und den Wechsel der Jahreszeiten zum Beispiel?

»Sag mehr dazu«, bitte ich ihn.

»Muss ich das, Clara?« Klas neigt den Kopf und lässt seine Worte klingen, als würde ich mich komisch benehmen. »Mindestens einmal in der Woche bist du wie verrückt durch den Kühlschrank und die Speisekammer gefegt. Ein Mindesthaltbarkeitsdatum ist nicht gesetzlich verpflichtend, weißt du, und einen Schokoriegel kann man auch noch essen, wenn er vor einer Woche abgelaufen ist.«

»Moment mal.« Ich hebe die Hände und merke, dass ich mit meiner mahnenden Lehrerinnenstimme spreche. »Ja, ich habe ab und zu abgelaufene Sachen weggeworfen, weil es sonst ja niemand gemacht hat. Worum geht es hier eigentlich? Trauerst du einem Schokoriegel nach?«

»Der ist eine Metapher.« Klas’ Gesicht ist gerötet, und es wird immer klarer, dass er mich nicht hergebeten hat, um mich eventuell zurückzugewinnen. »Ich habe viel nachgedacht und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich dir ein Feedback geben muss. Damit du nicht dieselben Fehler noch einmal machst, falls du irgendwann einen neuen Freund haben solltest. Willst du das jetzt also hören oder nicht?«

Öhm. Ob ich eine Auflistung meiner Fehler hören möchte, die mir ein Mann unter die Nase reibt, der nicht einmal weiß, was eine Metapher ist?

Ich bin so sprachlos, dass Klas mein Schweigen als stummes Flehen interpretiert, doch bitte mehr Gründe zu hören, warum Clara eine unerträgliche Partnerin ist.

»Ein Mann will sich in seinem Zuhause entspannen können, das will ich damit sagen. Nach einem harten Arbeitstag will man nach Hause kommen und wissen, dass das Bier im Kühlschrank wartet und nicht von einer überspannten Freundin in den Ausguss gekippt worden ist.«

Dazu muss ich anmerken, dass Klas von seinen Freunden Party-Klas genannt wird. Er ist offen, sympathisch und unkompliziert – ein echter Partytyp, den man gern um sich hat. Das hier ist wirklich eine ganz neue Seite an ihm. Als wir noch zusammen waren, klang er überhaupt nicht wie ein Briefkastenonkel aus dem neunzehnten Jahrhundert. Irgendetwas muss in seinem Leben passiert sein.

»Vielen Dank für den Hinweis, sehr aufmerksam«, sage ich.

Klas nickt gnädig und scheint meinen Sarkasmus nicht wahrzunehmen.

»Zweitens«, er blickt wieder auf sein Handy, »der Fortpflanzungswahn.«

Er verstummt und lässt das Wort für sich selbst sprechen.

»Noch mal zurück zu dem Schokoriegel«, erwidere ich. »Ich kann mich nicht erinnern, dass du den jemals erwähnt hättest, als wir noch zusammengewohnt haben. Geschweige denn, dass du mir dein Missfallen mitgeteilt hast, dass ich schimmeliges Essen wegschmeiße. Warum kommst du jetzt damit an?«

»Ich habe ein Buch gelesen, « Klas sieht stolz aus. Er trinkt von seinem Bier und wischt sich den Mund mit dem Handrücken ab. »Danach sieht man die Dinge wirklich in einem ganz neuen Licht, wie zum Beispiel gescheiterte Beziehungen. Das Buch hilft einem, Abstand zu gewinnen und sich von dem zu lösen, was nicht gut war. Und man wird darin bestärkt, dem früheren Partner eine sachliche Rückmeldung zu geben, quasi wie ein Geschenk.«

»Sachlich« findest auch nur du das Ganze, denke ich. Der Grund dafür, dass ich hier meinen Freitagnachmittag damit verbringe, in Grund und Boden gestampft und gedemütigt zu werden, ist also ein Selbsthilfe-Bestseller, der von einem früheren Dokusoap-Sternchen geschrieben wurde und dessen Titel wie eine Aufforderung zum Masturbieren klingt.

»Danke für dein Geschenk«, antworte ich kühl. »Wie umfangreich ist es denn, also in Minuten gemessen?« Ich lasse den Blick durchs Pub schweifen und sehe neidisch zu den anderen Gästen, die lachen und Spaß haben. Vielleicht habe ich ja Glück, und ich kenne hier drin jemanden, der mich retten kann. Eine Nachbarin, eine Verkäuferin aus meinem Stammsupermarkt … Sogar mit den Eltern meiner Schüler würde ich mich jetzt abgeben.

»Insgesamt sind es zwölf Punkte.« Als Klas meine aufgerissenen Augen sieht, fügt er hastig hinzu: »Der letzte Punkt ist kurz. Den habe ich eigentlich nur aufgeschrieben, weil zwölf eine schönere Zahl ist als elf. Du weißt schon, zwölf Monate, zwölf Stunden … Hm, da war doch noch mehr …«

»Jesus und seine zwölf Jünger?«

»Das passt super! Siehst du, da liege ich ja richtig.«

Nein, Klas, nichts von dem Ganzen hier ist super. Und wenn du hier richtigliegst, ist auch Donald Trump der beste Mann, um das mächtigste Land der Welt zu führen.

Ich stelle das Glas auf den Tisch. Der Wein schmeckt sauer, und ich bin auf einmal unbeschreiblich müde. Ob ich Klas bitten kann, mir die Liste einfach zu mailen, und dann fahre ich nach Hause und schlafe? Ich sehe ihn an, und mir wird klar, dass er wirklich glaubt, mir etwas Gutes zu tun. Dumme, pflichtschuldige Clara. Wenn ich doch Paulina wäre. Meine Schwester würde nicht hier sitzen und sich von einem Ex ungerechtfertigt abkanzeln lassen, nur um nett zu sein. Sie würde ihm ihren schicken Schuh in den Schritt rammen und zudrücken, und dann würde sie mit ihrem Leben weitermachen.

Da entdecke ich ihn. An einem der großen Ecktische am Fenster sitzt er, zusammen mit sechs, sieben anderen Männern. Mein Herz schlägt plötzlich schneller, als ich sein Lachen höre. Seine Haare sind goldblond und gewollt zerzaust, und seine Augen leuchten himmelblau bis hinüber zu dem unglückseligen Tisch, an dem Klas und ich sitzen. Er ist einfach perfekt.

Jonathan. Meine erste Liebe (nennt man das wirklich erste Liebe, wenn diese unerwidert blieb?). Ich war fünfzehn und so verliebt, dass mein Notendurchschnitt um einiges unter dem landete, was ich eigentlich hätte erreichen können. Oder besser gesagt, ich war fünfzehn, sechzehn, siebzehn und schließlich achtzehn, bis unsere Liebesgeschichte den Bach runterging, bevor sie überhaupt angefangen hatte.

Das ist jetzt vierzehn Jahre her. Jonathan war bis gerade eben in genauso weiter Ferne wie die Zeit der Dinosaurier – und jetzt sitzt er hier, leibhaftig! Mit seinen Lachgrübchen und isst Pommes frites. Party-Klas ist mittlerweile bei Punkt fünf angekommen, glaube ich – ich höre nur Bruchstücke, die nach einer Tirade über meine mangelnde Spontaneität klingen –, denn ich habe nur noch Augen für Jonathan. Als er aufsteht und in unsere Richtung kommt, atme ich so laut, dass das Personal eigentlich jede Sekunde mit einem Defibrillator herbeirennen müsste.

Ich fixiere ihn mit dem Blick und sehe hingerissen, wie er immer näher kommt.

Schau her, schau her, schau her.

Keine Ahnung, ob er das Flehen meines Herzens erhört hat oder ich einfach nur Glück habe. Jedenfalls dreht er sich im genau richtigen Augenblick in meine Richtung, unsere Blicke treffen sich, und in dem Moment verzeihe ich Klas alles.

Wenn das die Belohnung dafür ist, dass ich mir sein Feedback anhöre, ertrage ich mit Freuden noch zwölf weitere Punkte.

»Clara! Verdammt, das ist aber lange her!«

In meinem Gehirn blinkt und kreischt es.

»Alles okay?«, fragt Jonathan. Er ist braun gebrannt. Wie kann man im März braun sein? Jonathan kann das natürlich. Seine goldene Haut ist ein Gottesgeschenk.

»Aber klar!«, sage ich ein wenig zu laut.

Erst jetzt merkt Klas, dass...


Molin, Sara
Sara Molin, geboren 1983, lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Sollentuna, einer Kleinstadt in der Nähe von Stockholm. Sie ist Gymnasiallehrerin für Schwedisch und verbindet ihren Beruf mit ihrer Liebe zu Büchern und zum Schreiben. Diese beiden Leidenschaften verfolgt sie schon seit ihrer Kindheit, und nachdem sie zusammen mit ihrer Schwester ein Drehbuch geschrieben hatte, wagte sie sich endlich auch an einen Roman. »Zimtschnecken zum Frühstück« ist ihr erstes Buch im Diana Verlag.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.