E-Book, Deutsch, 386 Seiten
Möller Nur dämlich, lustlos und extrem?
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-948675-94-3
Verlag: Hirnkost
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Jugend Politik macht
E-Book, Deutsch, 386 Seiten
ISBN: 978-3-948675-94-3
Verlag: Hirnkost
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
"Wir sind die letzte Generation, die was verändern kann."
Es ist die junge Generation, die mit den Folgen der politischen Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, umgehen muss. Und anders als oft vermutet gibt es viele, die sich ein Mitspracherecht wünschen, eine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen:
"Leider ist das manchmal frustrierend, wenn man probiert, was zu verändern. Alle sagen: 'Das ist wichtig, da muss sich was tun', und dann tut sich doch nur so minimal was. Durch Fridays for Future hat sich ganz, ganz viel schon geändert von wegen Umdenken und so. Aber es muss viel, viel, viel mehr werden."
"Wenn wir politische Entscheidungen demokratisch treffen wollen, ist breite politische Beteiligung vonnöten. Daher sind für den Bestand und die Weiterentwicklung von Demokratie Antworten auf die Frage unabdingbar, wie Mitsprache, Mitentscheidung und Mitwirkung für alle, insbesondere aber für die nachwachsenden Generationen, befördert werden können. Dafür müssen Lebensgestaltungsoptionen weiter geöffnet werden, damit diese dann auch in Demokratiegestaltung münden können. Wer sich nicht durch den über 600 Seiten starken Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung quälen will, findet auch im vorliegenden Buch einige Hinweise. Hier kommen sie nicht von titelgeschmückten und mit institutionellen Weihen versehenen Expert:innen, sondern von jungen Leuten selbst. Sie erzählen ihre eigene Geschichte, wie sie Politik für sich entdeckt haben. Die Vielfältigkeit, in der sie dies getan haben und weiterhin tun, zeigt auf, dass Politik(machen) beim Nachrichten gucken oder beim Wählen und Gewähltwerden weder anfängt noch aufhört." Kurt Möller
Autoren/Hrsg.
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Finden die anderen Bandmitglieder die Texte immer sofort gut oder seid ihr euch manchmal auch uneinig? Carl: Wir sind keine Demokratie! [lachen] Nein, keine Ahnung. Weiß ich nicht. Findet der Rest der Band die Texte gut? Ruben: Doch ja! Natürlich! Ich glaub. Ich weiß nicht … Carl: Es ist bei uns tatsächlich nicht so, dass wir am laufenden Band neues Material produzieren. Ich schreib schon mehr Texte, als nachher in Songs verwurstet werden. Aber ich geh nicht mit jedem Text zu Ruben und frag, ob er den cool findet. Sondern wenn ich einen hab, den ich richtig geil find, dann bring ich den zur Probe mit. Natürlich ändert man dann noch Zeilen. Aber im Großen und Ganzen ticken wir ja schon ähnlich. ’ne Band ist ja ein sehr komplexes Gefüge. Es würde nicht funktionieren, wenn wir nicht alle auf einer Wellenlänge wären. Das harmoniert gut, denn wir haben alle ähnliche politische Ansichten. Und wir wissen auch, was mit dem Subtext gemeint ist, oder auch wenn man mal so ’nen zynischen Kommentar abgibt oder so, fühlt sich niemand persönlich angegriffen. Der Rest der Band weiß das dann schon immer einzuordnen. Ruben: Wenn wir irgendwas mal nicht so gut fanden, was jemand geschrieben hat, dann war das nie inhaltlicher Natur, sondern höchstens irgendwie stilistisch, dass man z. B. gesagt hat: »Willst du das Wort da wirklich benutzen?« Solche Sachen. Aber es war jetzt nie so, dass mal jemand gesagt hat: »Worüber schreibst denn du da? Das interessiert mich nicht«, oder: »Das interessiert niemanden. Was für komische Themen sind das?« Dass man sich über Stil mal auseinandersetzt, das ist ja völlig legitim. Das ist ja der Songwriting-Prozess. Aber dass jemand mal gesagt hätte: »Deine Meinung, die du da verkörperst in dem Text, die find ich scheiße … Carl: … da kann ich nicht für auf die Bühne gehen. Das geht gar nicht, so was. Ruben: … das gabs nicht. Da sind wir schon ziemlich d’accord, meinungstechnisch. Das heißt, auch in eurer Nicht-Demokratie haben die anderen noch ein kleines Stimmrecht? [lacht] Ruben: Fairerweise muss man dazu sagen, dass man schon richtig aktiv nach der Meinung anderer Mitglieder fragen muss, um eine Meinung zu bekommen. Carl: Kann man schon sagen. Diverse Leute brauchen manchmal ’nen Arschtritt. Unser Bassist tickt ähnlich wie wir, aber der hat die grandiose Eigenschaft, dass er selten eine Meinung hat. Oder der ist extrem reflektiert. Der wägt immer ab. Weil er immer die Ambivalenz in sämtlichen Themen sieht. Der enthält sich quasi immer. Ruben: Für ’ne funktionierende Demokratie braucht es ja auch die Partizipation des Volkes. Und wenn die nicht da ist, dann ist es ja keine Demokratie mehr. [lachen] Es ist bei uns quasi ’ne Demokratie auf Nachfragen. Carl: Wenn der nix sagt und sich enthält, ist es eigentlich ganz gut, weil dann sinds zwei Stimmen gegen eine und sonst sind es zwei gegen zwei, das ist dann auch schwierig. Gibt es eine Hauptmessage, ein Oberthema, das ihr über eure Songs stellen könnt? Ruben: Ich glaube, es ist wirklich schwierig, ’ne Headline oder so zu finden. Ich würde sagen, es ist eine Mischung aus Politik aus dem linken Spektrum, was auch immer das jetzt bedeuten mag, das ist ja breit gefächert, das ist Konsum- und Kapitalismuskritik, und das ist aber auch Lifestyle, wenn man so will. Rock’n’Roll Lifestyle. Hattet ihr schon mal Diskussionen in der Öffentlichkeit wegen euren Texten? Ruben: Nicht direkt, aber ich würde fast behaupten, dass wir schon mal in Läden gespielt haben, wo wir schon deutlich Gefahr gelaufen sind, mit den Texten nicht alle im Publikum zu begeistern. Aber ich glaub, in den Läden haben wir einfach auch mit so einer beschissenen Anlage gespielt, dass man es nicht verstanden hat. Carl: Sowieso. Textverständlichkeit ist eh immer schwierig. Dadurch, dass es immer in ’nem gewissen Kostüm verpackt ist, sei es ’ne Alltagsgeschichte, sei es Humor, macht es natürlich nicht sofort erkennbar, worum es sich dreht. Was ja auch teilweise das Problem ist mit Bands, die rechtes Gedankengut transportieren. Es ist ja so, dass die es noch viel mehr perfektioniert haben, das wolkig zu umschreiben, und man ja wirklich teilweise ganz genau hinhören muss, um bei manchen Bands die politischen Positionen rauszuhören. Ist kein Zufall, dass der Song »Eure Mütter haben versagt« an die Nazis geht, die irgendwelche Terrorzellen in der AfD gründen oder sich zum Beispiel für so was im Rems-Murr-Kreis treffen. Das Thema Nazis ist ja gerade bei uns im Rems-Murr-Kreis kein wirklich kleines Thema. Da positionieren wir uns auf der Bühne schon ganz klar, aber die meisten Leute, die dann da sind, sehen das genauso. Deswegen sind wir jetzt nach Konzerten noch nicht in irgendwelche politischen Diskussionen … also natürlich schon in politischen Diskussionen, aber nicht in dem Sinne, dass unsere Texte hinterfragt wurden oder mega Kritik kam. Ruben: Wir positionieren uns ja auch in unseren Texten nicht so extrem, dass wir damit Leute total vor den Kopf stoßen würden, die sich, sag ich mal, politisch in der Mitte wiederfinden. Ich glaube, die Leute, die wirklich von unseren Texten angepisst wären, das wären dann schon auch die Richtigen. Das wären schon die Nazis. Und ich glaub, wir haben noch nie vor Nazis gespielt. Ich brauch das auch nicht. Und ich glaub, wenn uns mal Leute wegen unseren Texten angreifen würden, dann würden die das nicht mehr mit Worten machen. Aber das ist noch nicht passiert. Carl: Und wenn sie es mit Worten machen würden, dann fänden wir das geil. Bzw. würden wir es als Kompliment verstehen, dass die Message richtig angekommen ist. Ruben: Richtig. Getroffene Hunde bellen einfach. Und ich glaube, wir sind sicherlich kontrovers, aber nicht so kontrovers, dass Leute auf uns zukommen und sagen: »Ich wähl CDU, und ich find das mega scheiße, was ihr macht.« Und wenn sie es machen wollen, dann ist es legitim … Carl: …. Dann trifft die Message ja auch wieder die Richtigen … Ruben: … Das ist ja dann auch angekommen … Carl: … sollen die uns doch scheiße finden. Ist Musik zu machen für euch eine Form von Politik machen? Ruben: Ja. Carl: Ja. Wir können Botschaften, die uns am Herzen liegen, elegant präsentieren. Und ohne, dass einer direkt nachfragt. Weil, ich bin nicht der absolut stärkste Diskussionspartner. Ich war nie im Debating oder so. Weil mir die besten Argumente immer meistens nach der Diskussion einfallen, ist es ganz anstrengend, bei nervigen Freunden dagegenzuhalten, wobei das ja auch total gut ist, weil das ja Demokratie im Prinzip belebt. Was Demokratie ausmacht, sind die Diskussionen, aber ich finds schon geil, dass ich einfach mal meine Message rüberbringen kann, ohne dass jemand direkt im nächsten Satz mir ins Wort fährt und ich mich im nächsten Satz direkt dafür rechtfertigen muss. Würdet ihr sagen, die Message mit dem Medium Musik rüberzubringen, bringt mehr oder weniger als Partei- oder Gremienarbeit, Demos, Unterschriften sammeln oder Ähnliches? Carl: Ich glaub, dass beides total wichtig ist. Ich denk schon, dass viele Leute ihre politische Identifikation auch über Musik suchen, auch mit deren Texten. Wir sind ja jetzt nicht die einzige Band, die Texte mit Botschaften macht. Ruben: Man muss sich ja nicht entscheiden für nur Politik über Musik oder nur Politik über Unterschriften. Ich geh auch gerne demonstrieren, ich informier mich auch so über Politik, ich geh wählen, ich versuch auch verschiedenste Kanäle zu nutzen, um meine politische Meinung populärer zu machen. Und dann ist es doch auch nur logisch, wenn ich sag: Okay, dann nutz ich die Band auch als Plattform, um ’ne politische Meinung breitzumachen. Und jeder wird sich am Ende auch das Medium aussuchen, das einen am ehesten anspricht. Wenn jemand sagt: Ich find eure Mucke scheiße, ich find eure politische Einstellung aber gut, dann zwing ich den nicht dazu, unsere Musik zu hören, sondern dann sag ich: Dann geh doch raus und demonstrier oder dann geh doch wählen und äußere so deine politische Meinung oder diskutier mit deinem Onkel, der die AfD wählt, das bringt dann vielleicht mehr. Macht ihr denn auch noch was anderes Politisches neben der Musik? Carl: Ich studier Erneuerbare Energien, und das hab ich schon...