E-Book, Deutsch, Band 102023, 144 Seiten
Reihe: Julia
Milne Zwischen Vernunft und unzähmbarem Verlangen
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7515-1854-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 102023, 144 Seiten
Reihe: Julia
ISBN: 978-3-7515-1854-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Liebe hat Rob Wilmington nach einer schweren Enttäuschung für immer abgeschworen. Doch weil er als zukünftiger Earl einen Erben braucht, stimmt er einer Vernunftehe mit Lady Stella zu, die in einer ähnlichen Lage ist wie er. Ein Fehler? Ausgerechnet beim ersten für die Paparazzi arrangierten Date taucht überraschend Stellas betörende Schwester Adriana auf. Gegen jede Vernunft knistert es sofort erregend - Rob verspürt unzähmbare Lust, Adriana in seine Arme zu ziehen und zu küssen. Aber damit würde er einen Skandal auslösen ...
Nina Milne hat schon immer davon geträumt, für Harlequin zu schreiben - seit sie als Kind Bibliothekarin spielte mit den Stapeln von Harlequin-Liebesromanen, die ihrer Mutter gehörten. Auf dem Weg zu diesem Traumziel erlangte Nina einen Abschluss im Studium der englischen Sprache und Literatur, einen Helden ganz für sich allein, drei wunderbare Kinder und - irgendwie - eine Qualifikation als Buchhalterin. Sie lebt in Brighton, und ihr Haus quillt über vor Stapeln mit Büchern - ihre ganz eigene, echte Bibliothek.
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1. KAPITEL
Lady Adriana Morrison schaute auf, als sie hörte, wie jemand ihren Namen rief. Oh nein! Sie war sich so sicher gewesen, dass sie in den nächsten paar Stunden allein sein würde!
Schnell deckte sie die Leinwand ab, schob sie in einen kleinen Alkoven und zog den Vorhang davor. Sie schaute an sich herab. Glücklicherweise hatte sie gerade erst mit dem Malen angefangen und sich noch keine Farbkleckse eingefangen.
Mit einem Blick durch das Zimmer vergewisserte sich Adriana, dass es keine verräterischen Hinweise auf ihre künstlerische Betätigung gab. Sie öffnete die Tür und lächelte ihrer älteren Schwester entgegen – in der vertrauten Mischung aus Liebe und einer Spur von Neid, den sie einfach nicht abschütteln konnte, ganz gleich, wie sehr sie es versuchte.
Es war nicht Stellas Schuld, dass sie schön, klug, lebhaft und rundherum perfekt war. Oder dass sie in den Augen ihres Vaters nichts falsch machen konnte. All seine Liebe – sofern Lord Salvington zur Liebe fähig war – erhielt sie, die große Schwester.
Dagegen konnte ihr Vater Adrianas Anblick kaum ertragen. Vom Tag ihrer Geburt an war es so gewesen. Die Ärzte hatten auf dem Ultraschallbild einen Jungen gesehen, und Adriana hätte der Sohn sein sollen, den Lord Salvington sich so sehr gewünscht hatte und mit dem er und seine Gattin fest gerechnet hatten. Manchmal versuchte sich Adriana den Moment vorzustellen, in dem er erfahren hatte, dass er eine zweite Tochter bekommen würde – die bittere Enttäuschung, den Ärger und die Wut in seinem arroganten Gesicht. Es war umso schlimmer, weil es Komplikationen gegeben hatte. Ihre Mutter konnte nicht mehr schwanger werden.
Das wohlbekannte Schuldgefühl zwickte Adriana auch jetzt wieder, und sie schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben.
Es war nicht ihre Schuld, dass sie ein Mädchen war. Sie verdiente die Liebe ihres Vaters unabhängig von ihrem Geschlecht. Aber die vielen Jahre, in denen ihr Vater seine Enttäuschung an ihr ausgelassen hatte, das langsame Scheitern der Ehe ihrer Eltern, die Traurigkeit ihrer Mutter – das alles sagte ihr, es war ihre Schuld. Absichtlich oder nicht, sie war der Auslöser für das Elend ihrer Familie.
Sie war der Grund, dass Salvington möglicherweise bald einem Mann gehören würde, der nur sehr entfernt mit ihnen verwandt war: Bobby Galloway, einem Amerikaner, der nicht das geringste Interesse daran hatte, die Verantwortung für den Familienbesitz zu übernehmen und Salvington an den Meistbietenden verkaufen würde.
Und Adriana hatte Verständnis für die Frustration und den Zorn ihres Vaters. Alles wegen einer archaischen Klausel, die festlegte, dass Titel und das Erbe auf einen Mann übergehen mussten! Man musste Lord Salvington zugutehalten, dass er alles versucht hatte, um Stellas Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.
Das war Plan A gewesen, und er war gescheitert. Und Plan B hatte sich als Katastrophe entpuppt: eine schnelle Affäre, der Versuch, eine andere Frau zu schwängern. Die Frau war wirklich schwanger geworden, aber als sich herausgestellt hatte, dass auch dieses Kind ein Mädchen werden würde, hatte Lord Salvington die Frau sitzen lassen, und diese war damit an die Öffentlichkeit gegangen. Und dann hatte sie das Kind auch noch verloren … Nach diesem Skandal schien aus irgendeinem Grund die Abneigung ihres Vaters gegenüber Adriana noch größer zu werden. Als wäre es ihre Schuld, dass Plan B nicht aufgegangen war!
Dem Himmel sei Dank für ihre Mutter und ihre Schwester, die sie liebten und ihr Möglichstes taten, um sie zu beschützen. Auch wenn Stella immer achtgab, ihrer Schwester in Gegenwart ihres Vaters keine Liebe oder Zuneigung zu zeigen. Sie hatten beide früh gelernt, dass das nur seinen Zorn weckte und er umso heftiger gegen Adriana und ihre Mutter wetterte. Die beste Strategie war, so zu tun, als wäre Adriana unsichtbar.
Aber tatsächlich standen sie sich nahe. Und jetzt sah Adriana auf den ersten Blick, wie blass Stella war und wie panisch sie wirkte.
„Was ist los?“ Adriana schaute auf ihre Uhr. „Und was machst du hier?“ Eigentlich sollte ihre Schwester auf dem Weg zu ihrem ersten Date mit Rob Wilmington sein, Viscount Rochester und künftiger Earl of Darrow.
Eine andere Form des Neids prickelte tief in Adriana, und energisch unterdrückte sie das Gefühl. Dass sie einmal eine Schwäche für den Mann gehabt hatte, den ihre Schwester jetzt heiraten sollte, war ein Geheimnis, das sie mit ins Grab nehmen würde. Auch, weil es einfach peinlich gewesen war. Nur gut, dass Rob davon nichts geahnt hatte. Wahrscheinlich erinnerte er sich nicht mal mehr an sie.
„Ich kann das nicht durchziehen.“
Die Worte waren so unerwartet, dass Adriana sicher war, sich verhört zu haben.
„Wie bitte?“
„Du hast mich schon verstanden.“ Stella trat ins Zimmer und ging vor dem abgenutzten Mahagonischreibtisch auf und ab.
„Was meinst du damit? Es ist schon alles arrangiert, außerdem hast du es selbst in die Wege geleitet.“
„Ich weiß“, jammerte Stella. „Und ich wollte ja auch, Ria. Ich hatte es wirklich vor.“
Stellas Heirat war immer Plan C gewesen. Obwohl die Ländereien und der Titel der Salvingtons nicht direkt auf eine Tochter übergehen konnten, gab es ein Schlupfloch: Der männliche Nachkomme einer Tochter konnte erben, sofern er ehelich geboren war und auf die Welt kam, solange der aktuelle Lord Salvington noch lebte. Für den Fall, dass Plan A und B fehlschlugen, war es immer wichtig gewesen, dass Stella bald heiratete und einen Sohn bekam. Und natürlich erwartete ihr Vater eine ‚standesgemäße‘ Ehe.
Stella war das recht gewesen. Sie hatte es als ihre Pflicht angesehen. In den letzten Wochen hatte sie sich mit Hochzeitsmagazinen eingedeckt und ihr Leben als künftige Countess of Darrow ausgemalt. Ihre einzige Bedingung war, dass die Vernunftehe nach außen wie eine Liebesheirat aussah. Sie und Rob würden eine glamouröse Adelshochzeit feiern, den Zeitschriften Interviews geben und an Bällen und Abendessen teilnehmen. Stella hatte sich darauf gefreut, die Rolle der Braut zu spielen, und heute hätte der erste Schritt in die richtige Richtung sein sollen. Ein romantisches Abendessen in einem der teuersten Restaurants Oxfords, inklusive Champagner. Und entsprechender Publicity – die Presse hatte einen „Geheimtipp“ bekommen.
„Was ist denn passiert? Was hat sich geändert?“
Stella rang die Hände. „Ich bin schwanger.“
„Wie bitte?“ Adriana war schockiert. Und verwirrt. „Aber wenn du und Rob …“
„Es ist nicht von Rob. Er und ich haben uns noch nicht mal geküsst.“ Stella stieß ein ersticktes Lachen aus. „Das stand für Date Nummer drei auf der Agenda, natürlich vor den Augen der Reporter. Bei der zweiten Verabredung wollten wir Händchen halten. Für heute war nur ein Kuss auf die Wange geplant.“
„Aber …“ Adriana versuchte verzweifelt, die Informationen zu verarbeiten. „Wer ist dann der Vater?“
„Das spielt keine Rolle.“
„Doch, sogar eine wichtige. Wirst du ihn heiraten? Dann gibt es zumindest endlich einen Erben, wenn das Kind ein Junge wird.“
Stella ging schneller auf und ab. „Nein. Das ist keine Option. Aber Rob kann ich auch nicht heiraten. Ich kann nicht so tun, als sei es sein Kind.“
Adriana musterte ihre Schwester. „Aber du hast darüber nachgedacht?“, fragte sie und gab sich Mühe, nicht vorwurfsvoll zu klingen. „Hast du deshalb bis zur letzten Minute damit gewartet, das Date abzusagen?“
„Ich habe heute erst den Test gemacht. Das war dumm, ich weiß, aber ich habe gedacht … Ich habe gehofft, es wäre ein Irrtum. Oder selbst wenn ich schwanger wäre, könnte ich immer noch abtreiben. Aber jetzt …“ Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und blieb stehen. „Ich weiß, es ist eine Katastrophe, aber ich möchte das Baby behalten. Bitte mach mir keine Vorwürfe. Ich weiß, ich habe Mist gebaut – unser ganzer Plan ist damit ruiniert. Aber irgendwie werde ich es wiedergutmachen …“
„Hey. Nur die Ruhe. Ich werde dir keine Vorwürfe machen – das würde ich nie tun! Du bist meine Schwester, und du hast immer zu mir gehalten.“ Sie hatten ein Bündnis geschlossen, als sie noch klein gewesen waren, hatten geschworen, alles zu tun, um irgendwie ihr Heim zu retten und es miteinander zu teilen.
Damals hatten sie entschieden, dass Stella als Hausherrin fungieren und all die gesellschaftlichen Pflichten wahrnehmen würde. Adriana würde tun, was ihr am besten gefiele: sich um die Ländereien kümmern, indem sie die Verwaltung übernahm.
„Was den Plan angeht, das ist jetzt egal. Wir haben viel größere Sorgen. Wenn du Rob nicht heiratest, wird Vater durchdrehen.“
Ihre Angst spiegelte sich auch in Stellas Gesicht. Eine Angst, mit der sie immer schon lebten, eine Dunkelheit, die noch die hellsten Tage verfinsterte. Angst vor dem Zorn ihres Vaters.
Angeblich war ihr Vater einmal ein anderer Mensch gewesen, ein freundlicher und liebevoller Mann. Ihre Eltern hatten aus Liebe geheiratet, und Lady Salvington erzählte Adriana oft davon, wie sie ihn kennengelernt hatte, und beschrieb dabei einen Mann, den ihre jüngere Tochter nicht kannte.
Enttäuschung und Bitterkeit waren in Abneigung und Verachtung umgeschlagen, hässliche Worte gegenüber seiner Frau und Adriana. Oft hatten die beiden Schwestern ihre Mutter angefleht, ihn zu verlassen, aber sie hatte sich geweigert, aus Angst, das Sorgerecht zu verlieren. Und weil sie wusste, wie sehr...