E-Book, Deutsch, 365 Seiten
Mills Sommer, Glück und blaues Meer
3. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96797-233-7
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 365 Seiten
ISBN: 978-3-96797-233-7
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Es ist nie zu spät, dein Leben zu leben.
Nina mag ihr Leben, wie es ist. Sie ist glücklicher Single, liebt den Job als Lehrerin und ein geordnetes Leben. Doch ihre achtzigjährige Großmutter Flossie hat vor, Nina endlich aus der Komfortzone zu reißen und schlägt einen gemeinsamen Urlaub vor.
Als die beiden in der Türkei ankommen, werden Ninas Pläne - es sollte ein ruhiger Urlaub werden - durch Flossies Aktivitäten komplett über den Haufen geworfen. Während einer Ausflugstour zu den antiken Ruinen von Ephesus lernt Nina den gutaussehenden Leo kennen. Obwohl ihre Großmutter wild entschlossen ist, die Heiratsvermittlerin zu spielen, weiß Nina, dass Urlaubsromanzen nicht für die Ewigkeit gemacht sind. Doch irgendetwas an der türkisfarbenen Küste, Leos schönen Augen und Flossies Überredungskünsten bringt Nina dazu, sich ungeahnt spontan ins Leben zu werfen ...
Lilac Mills lebt mit ihrem sehr geduldigen Ehemann und ihrem unglaublich süßen Hund auf einem walisischen Berg, wo sie Gemüse anbaut (wenn die Schnecken es nicht erwischen), backt (schlecht) und es liebt, Dinge aus Glitzer und Kleber zu basteln (meistens eine Sauerei). Sie ist eine begeisterte Leserin, seit sie mit fünf Jahren ein Exemplar von 'Noddy Goes to Toytown' in die Hände bekam. Einmal hat sie versucht, alles in ihrer örtlichen Bibliothek zu lesen, angefangen bei A, und sich durchs Alphabet gearbeitet. Sie liebt lange, heiße Sommer- und kalte Wintertage, an denen sie sich vor den Kamin kuschelt. Aber egal, wie das Wetter ist, sie schreibt oder denkt über das Schreiben nach, wobei sie immer von herzerwärmender Romantik und Happy Ends träumt.
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Kapitel 1
»Aber Granny …« Hilflos schaute Nina ihre Mutter an, doch Alice erwiderte den Blick auf dieselbe Art. Aus dieser Richtung war offenbar keine Hilfe zu erwarten. »Du weißt schon, dass er nicht mehr da ist, Grandma, oder?«, fragte sie und hoffte, dass dies nicht der Anfang von etwas Schlimmerem war. Sie wusste, dass ihre Großmutter dazu neigte, Dinge zu vergessen, aber konnte ihr etwas derart Wichtiges wirklich entfallen sein?
»Wer ist nicht mehr da?«, fragte Flossie, die ihre Aufmerksamkeit bisher der halb leeren Kekspackung vor ihr auf dem Tisch gewidmet hatte.
»Großvater.« Allmählich war Nina beunruhigt, und sie erkannte, dass es ihrer Mutter genauso ging. Schmallippig und mit besorgtem Blick saß Alice da und hatte ihre Hände so fest gefaltet, dass die Fingerknöchel weiß hervorstanden.
»Aber wo ist er denn hin, Liebes?«, fragte Flossie, tauchte einen Schokoladenkeks in ihren Tee und begann, geräuschvoll darauf herumzukauen.
Nina und Alice tauschten vielsagende Blicke. Kein Wunder, dass Mum um Verstärkung gebeten hat, dachte Nina. Das sah nicht gut aus. Nina rutschte das Herz in die Hose, als sie daran dachte, wie ihre Großmutter wohl auf die »Neuigkeit« reagieren würde – obwohl es keine mehr war, denn Großvater war bereits vor vier Monaten gestorben.
»Grandpa ist nicht mehr bei uns. Er ist von uns gegangen, Granny«, sagte Nina so behutsam wie möglich, während sie sich gegen den zu erwartenden Gefühlsausbruch wappnete.
»Ich weiß«, antwortete ihre Großmutter ruhig und biss in einen weiteren Keks. Ihre dritten Zähne klickten leise, während sie genussvoll kaute.
»Du weißt es?«, fragte Nina und formte über Flossies Kopf hinweg in Richtung ihrer Mutter die Worte: Sie weiß es? Dabei zog sie die Augenbrauen hoch, als wollte sie fragen, was zum Teufel hier eigentlich los war.
»Natürlich weiß ich es.« Flossie ließ die letzten Krümel ihres aufgeweichten Kekses auf den Tisch fallen, und legte sich eine faltige Hand auf die Brust. »Ich war bis zum letzten Atemzug bei ihm.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Nina zu ihrer Mutter. »Hast du nicht gesagt, dass Gran nächste Woche in die Türkei fliegen will?«
Ehe Alice antworten konnte, sagte Flossie: »Das stimmt, Liebes, das habe ich tatsächlich vor.« Entschlossen nahm sie sich einen weiteren Keks. »Und ich will es nicht nur, ich werde es auch.«
»Siehst du?«, flüsterte Alice und ließ einen Finger neben ihrer Schläfe kreisen. »Vollkommen gaga.«
»Das habe ich genau gesehen! Aber ich bin nicht senil«, sagte Flossie. »Und für dich immer noch Lady Gaga«, fügte sie hinzu.
Was die Senilität anging, war sich Nina nicht so sicher. »Also, um die Sache klarzustellen: Du hast einen zweiwöchigen All-inclusive-Urlaub in der Türkei gebucht? Für dich und Grandpa?«
»Jep.« Flossie schlürfte ihren Tee und sah Tochter und Enkelin über den Tassenrand hinweg herausfordernd an.
»Und jetzt willst du allein hinfliegen?«, hakte Nina nach.
»Dein Großvater kann ja wohl kaum mitkommen, nicht wahr?«, versetzte die alte Dame.
»Äh … nein.« Erneut sah Nina hilfesuchend zu ihrer Mutter. Doch diese blickte demonstrativ und mit leidender Miene aus dem Fenster, um zu verdeutlichen, dass sie sich an dieser Unterhaltung nicht aktiv beteiligen würde.
»Er wollte mitkommen«, sagte Flossie. »Aber dann ist er gestorben, und das war’s.«
»Wann hast du die Reise denn gebucht?«, fragte Nina und glaubte, bereits das Licht am Ende des sprichwörtlichen Tunnels zu sehen.
»Ein paar Wochen vor seinem Tod.« Flossie aß einen weiteren Keks. Innerhalb von fünf Minuten hatte sie mehr als die Hälfte der Schachtel verdrückt.
Alice unterdrückte ein Schluchzen und tupfte sich mit einem Taschentuch die Augen. Sie hatte den Tod ihres Vaters noch nicht verkraftet.
Verwirrt schüttelte Nina den Kopf. »Da war er aber schon sehr krank«, sagte sie.
»Das wusste ich, und er wusste es auch, aber mit der Reise hatte er etwas, worauf er sich freuen konnte. Ich musste ihm versprechen, ohne ihn zu fahren, falls er …« Sie verstummte und schürzte die Lippen, die nun aussahen wie der Kordelzug eines Beutels.
»Granny, ich glaube, allein zu fahren, ist keine gute Idee.« Nina versuchte diplomatisch zu sein, vermutete aber, dass sie spektakulär scheitern würde, denn ihre Großmutter nahm es niemals gut auf, wenn jemand sie als zu alt betrachtete.
»Warum denn nicht?«
Nina zögerte, weil ihr ein Gedanke gekommen war. »Ach so, es ist eine von diesen Saga-Pauschalreisen mit Begleitung, richtig?« Das wäre gar nicht so übel. Saga kannte sich mit alten Leuten aus und war auf die tausend Kleinigkeiten vorbereitet, die schiefgehen konnten. Viele Witwen buchten bei diesem Reiseveranstalter, also würde Flossie in guter Gesellschaft sein.
»Igitt! Natürlich nicht. Das ist etwas für alte Leute«, verkündete ihre Großmutter.
Nina verdrehte die Augen. Flossie war vierundachtzig, wie viel älter wollte sie noch werden, um als alt zu gelten? »Was genau hast du denn gebucht und bei wem?« Nina dachte an eine Kreuzfahrt oder an ein beschauliches Hotel, das auf Senioren ausgerichtet war.
»Hier.« Ihre Großmutter wühlte in ihrer übergroßen Einkaufstasche, zog einen Gegenstand heraus, beäugte ihn kritisch, murmelte etwas vor sich hin und stopfte das Ding zurück in die Tasche, ehe sie weitersuchte. Sie holte einen Apfel, einen Hammer, eine Ausgabe der Penthouse (im Ernst???), eine klebrige Keksschachtel und ein Maßband hervor und betrachtete jeden Gegenstand eingehend, bevor sie ihn wieder in den Tiefen ihrer Tasche verschwinden ließ.
»Gefunden!«, verkündete Flossie triumphierend und legte einen zerfledderten Reiseprospekt auf den Tisch. »Der Makler in der High Street hat für mich gebucht.«
»Du meinst der Reiseberater«, sagte Nina und versuchte, den Namen auf dem Prospekt zu entziffern, der auf dem Kopf stand. Urlaub mit Athene – für anspruchsvolle Reisende, das klang gar nicht schlecht. Es klang sogar recht exklusiv. Bilder von silberblau getöntem Haar, Sherry vor dem Abendessen und mehr beigefarbener Kleidung, als man sich vorstellen konnte, tauchten vor Ninas innerem Auge auf.
»Soll ich für dich da anrufen?«, fragte sie.
»Wozu denn?«
»Um zu stornieren. Trauerfälle müssten von der Reiseversicherung abgedeckt sein. Vermutlich wirst du nicht alles zurückbekommen, weil sie die Anzahlung behalten werden, aber das meiste sollten sie erstatten.«
»Ich will aber nicht stornieren, ich will verreisen«, sagte Flossie, verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihre Tochter und ihre Enkelin herausfordernd an.
Alice stieß einen tiefen Seufzer aus. Dieser Streit hatte offenbar schon lange vor Ninas Ankunft getobt. Kein Wunder, dass sie Nina angerufen hatte, damit sie ihrer Großmutter »den Kopf waschen« solle.
»Außerdem«, fügte Flossie hinzu, »gibt es gar keine Versicherung.«
»Es gibt keine Versicherung?«, fragte Nina entgeistert. Die schicksalsergebene Miene ihrer Mutter ließ Nina vermuten, dass Alice das bereits gewusst hatte. »Ich dachte immer, bei Pauschalreisen muss man eine Versicherung abschließen.«
»Nicht, wenn du ihnen erzählst, dass du schon eine hast«, erklärte Flossie.
»Aber du hast doch gerade gesagt, dass du keine hast!« Nina seufzte entnervt. Die alte Dame wurde wirklich allmählich wirr im Kopf. »Hast du nun eine Reiseversicherung oder nicht?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Das … das ist einfach …« Für einen Moment fehlten Nina die Worte. »Aber warum denn?«, fragte sie schließlich mit kläglicher Stimme.
»Weil dein Großvater keine mehr abschließen konnte, weil er Sauerstoff brauchte und als unheilbar krank galt.«
»Aber den Urlaub habt ihr trotzdem gebucht?!« Erneut verdrehte Nina die Augen. Wenn sie so weitermachte, würden ihre Augen irgendwann in dieser Position verharren, aber sie konnte es nicht lassen.
Flossie nickte begeistert. »Verstehst du jetzt, warum ich wegfahren muss? Ich bekomme mein Geld nicht zurück.«
»Granny, du kannst aber nicht allein wegfahren«, argumentierte Nina zum x-ten Mal. Vielleicht konnte sie das Problem lösen, indem sie bei Flossie einbrach und ihren Reisepass stahl – sollte sie doch versuchen, das Land ohne Ausweis zu verlassen …
»Stell dich nicht so an, Liebes, ich bin doch schon oft im Ausland gewesen. In Sachen Reisen bin ich weiß Gott keine Anfängerin!«
Nina konnte sich nur mit Mühe beherrschen. Dass die Worte ihrer Großmutter sie beinahe zum Lachen brachten, half dabei auch nicht. Eine Anfängerin war ihre Großmutter bestimmt nicht! »Du warst aber noch nie allein weg«, sagte sie. »Grandpa war immer dabei.«
»Du hast deinen Großvater wirklich nicht gut gekannt«, murmelte Flossie. »Ich hätte ebenso gut alleine sein können. Er war keine große Hilfe.«
Nina schloss die Augen und hoffte, dass sie wieder zu Hause sitzen, ein paar Klausuren korrigieren, ihren Backofen putzen oder sich die Fingernägel schneiden würde, wenn sie sie wieder öffnete. Jede dieser Tätigkeiten war dieser surrealen Unterhaltung vorzuziehen. Waren eigentlich alle alten Menschen so störrisch?
»Ist doch egal, ob er dir eine Hilfe war oder nicht«, brachte Nina mühsam heraus. »Er war...




