Mills | Das Abkommen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 100 Seiten

Mills Das Abkommen

Roman
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-19866-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 100 Seiten

ISBN: 978-3-641-19866-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine 250-Millionen-Dollar-Schadensersatzklage gegen die Tabakindustrie droht die amerikanische Wirtschaft in ihren Grundfesten zu erschüttern. Trevor Barnett, jüngster Spross einer einflussreichen Dynastie von Zigarettenfabrikanten, soll vermitteln und wird plötzlich zum Spielball verschiedenster Interessengruppen. Als es nicht mehr nur um Geld und Macht geht, sondern Trevors Leben bedroht wird, eskaliert die Lage.


Kyle Mills, Jahrgang 1966, lebt in Jackson Hole, Wyoming, wo er sich neben dem Schreiben von Thrillern dem Skifahren und Bergsteigen widmet. In den USA ist Kyle Mills mit seinen Romanen regelmäßig in den Bestsellerlisten zu finden und gilt neben Tom Clancy, Frederick Forsyth oder David Baldacci als Erneuerer des intelligenten Politthrillers.
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PROLOG


Als meine Hündin urplötzlich auf die Idee kam, ihre Rolle als Fußablage aufzugeben, und aufsprang, hätte ich in meinem Sessel um ein Haar eine Rolle rückwärts gemacht. Sie erstarrte, drehte den Kopf zum Fernsehgerät und konzentrierte sich mit der Begeisterung eines Welpen auf den Mann, der gerade sprach. Ich sah ebenfalls zu, aber mit erheblich weniger Interesse als sie.

»Der neue Bericht der Gesundheitsbehörde ist über jeden Zweifel erhaben! Schließlich reden wir hier über Forschungsmethoden, die seit einem halben Jahrhundert immer weiter verfeinert worden sind. Wir reden über modernste wissenschaftliche und statistische Verfahren. Wir reden über die Koryphäen auf diesem Gebiet …«

»Warte, warte …«, sagte ich, als ein aufgeregtes Brummen aus der Kehle meiner schon etwas betagten Pyrenäenberghündin drang. Sie schlich ein paar Zentimeter nach vorn, blieb dann aber stehen.

»Dass Big Tobacco sich nicht einmal die Mühe macht, jemanden in diese Sendung zu schicken, damit er versucht, die Ergebnisse zu widerlegen, ist zwar eine Beleidigung, aber nicht gerade eine Überraschung.« Der Mann, der da sprach, war Angus Scalia, der schärfste Kritiker der Tabakindustrie und ziemlich schwer zu beschreiben. Stellen Sie sich einen sechzig Jahre alten, einhundertachtzig Kilo schweren John Lennon vor, der unter Glatzenbildung leidet und seine kahlen Stellen mit einem quer über den Schädel geklebten Pferdeschwanz zu verstecken versucht. Wenn Sie ihm dann noch etwas anziehen, was Ihrer Meinung nach für einen Texaner typisch ist, wissen Sie so ungefähr, wie Scalia aussieht.

»Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass Rauchen die größte Bedrohung für die öffentliche Gesundheit ist, seit die Pest im vierzehnten Jahrhundert die Bevölkerung Europas dezimiert hat.«

»Das war gut«, sagte ich laut, weil ich an alte Holzschnitte denken musste, auf denen sich ein personifizierter Tod über weinende Kinder beugt, die mit ansehen müssen, wie man die von Eiterbeulen entstellten Leichen ihrer Väter auf einen Schubkarren stapelt.

Ich würde es zwar nie öffentlich zugeben, aber Scalias durch nichts zu erschütternde Überzeugung imponierte mir. Für ihn ging es weder um Politik noch darum, sein Gesicht im Fernsehen zu sehen. Der Mann glaubte wirklich an das, was er tat. Und er brachte es tatsächlich fertig, so zu argumentieren, dass plötzlich alle Übel der modernen Welt irgendwie mit Big Tobacco zusammenhingen. Diese Zielstrebigkeit hatte etwas Reines, Unverfälschtes an sich, das mich faszinierte.

Da Scalia ein wenig aus der Puste war und offenbar eine Pause brauchte, schwenkte die Kamera auf einen grauhaarigen Mann Anfang fünfzig, der mit überzeugend gespielter Aufrichtigkeit nickte. Sein Name wollte mir nicht gleich einfallen – er klang irgendwie ausländisch und fing mit einem der Buchstaben an, die im Englischen nicht so oft vorkommen. Q? X? V?

Viasanto. Genau. So hieß er. Craig Viasanto.

»Mr Scalia, ich will Ihnen mal eine Geschichte erzählen …«, fing Viasanto an.

Meine Hündin machte einen Satz nach vorn, aber ich hatte es kommen sehen und hielt sie auf, indem ich meinen bestrumpften Fuß unter ihr Halsband zwängte.

»Vor vielen Jahren wollte R. J. Reynolds außer Kautabak auch Zigaretten verkaufen. Aber auf keinen Fall wollte er etwas unter die Leute bringen, das womöglich gefährlich war, und daher ließ er von drei unabhängigen Labors untersuchen, welche Auswirkungen das Rauchen auf die Gesundheit hat. Alle drei kamen zu dem Schluss, dass es ungefährlich ist. Ganz und gar ungefährlich. Ich will damit sagen, dass wir diesen ›wissenschaftlichen Studien‹ nicht allzu viel Glauben schenken sollten. Früher war Vitamin C das Allheilmittel, aber inzwischen ist man sich in der Medizinwelt einig, dass es Veränderungen im Erbgut verursachen kann. Und können Sie sich noch daran erinnern, wie man die Hormontherapie für Frauen nach den Wechseljahren in den Himmel gejubelt hat? Heute dagegen behauptet man, dass solche Frauen ein etwa dreißig Prozent höheres Herzinfarkt- und Brustkrebsrisiko haben.«

Der bis in die Fingerspitzen gepflegte Craig Viasanto wirkte seriös und pragmatisch und war damit das genaue Gegenteil von Angus Scalia. Aufgrund seiner botoxähnlichen Fähigkeit, wirklich alles sagen zu können, ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen, hatte man ihn vor Kurzem zum Sprecher der Tabakindustrie gemacht. Ich hatte natürlich gegen seine Ernennung protestiert und eine fünfseitige Aktennotiz losgelassen, in der ich detailliert die Vorteile schilderte, die eine Ernennung Pamela Andersons zur Sprecherin der Tabakindustrie haben würde. Ich für meinen Teil war jedenfalls bereit, alles zu glauben, was Miss Anderson mir vorbetete.

Erstaunlicherweise hatte es keinerlei Reaktion auf meinen durch und durch vernünftigen und erschöpfend recherchierten Vorschlag gegeben.

»Es wäre naiv von uns zu glauben, dass die Politik keinen großen Einfluss auf die Wissenschaft hat«, fuhr Viasanto fort. »Dafür könnte ich Ihnen unzählige Beispiele nennen, angefangen bei der katholischen Kirche, die steif und fest darauf bestanden hat, dass die Sonne sich um die Erde dreht.«

Um ein Haar hätte ich ihn ausgepfiffen, aber meine Hündin zerrte immer noch an ihrem Halsband, und ich musste mich am Sessel festhalten, um nicht auf den Boden gezogen zu werden. Es war ein wenig versteckt, aber Viasanto spielte eindeutig auf einen katholischen Priester an, der erst gestern zugegeben hatte, mindestens dreißig der ihm anvertrauten Jungen missbraucht zu haben. Für die Medien war es ein gefundenes Fressen, und Viasanto war sich offenbar nicht zu schade dafür, diesen Skandal zu nutzen, um den Zorn des Publikums in eine andere Richtung zu lenken.

»Es ist gerade Mode, die Tabakindustrie für alles und jedes verantwortlich zu machen, angefangen bei Lungenkrebs bis hin zum Defizit im Staatshaushalt. Wenn das so weitergeht, haben wir es bald mit einer McCarthy-Ära des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu tun.«

Nun war er ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Das nahm ihm niemand so richtig ab. Aber immerhin, er hatte es versucht.

»Jetzt will ich Ihnen mal eine Geschichte erzählen, Mr Viasanto«, sagte Scalia, während die Kamera sich wieder auf ihn richtete. Sein feistes Gesicht war vor Wut so verzerrt, dass es aussah, als würden die winzigen runden Brillengläser auf seiner Nasenspitze gleich von den Fettmassen verschluckt werden.

»Nach dem Ersten Weltkrieg starb ein Soldat, der Zigaretten – die damals noch recht selten waren – von der US-Army erhalten hatte, an Lungenkrebs. Bevor einer der damals bekanntesten Ärzte die Autopsie durchführte, rief er einige seiner Kollegen an und lud sie zu der Untersuchung ein. Er sagte, und ich zitiere wörtlich: ›Einen Fall wie diesen werden Sie nie wieder sehen.‹ So selten war diese Krankheit früher einmal.«

»Ups«, entfuhr es mir.

»Ein perfektes Beispiel für das, was ich meine«, entgegnete Viasanto. Scalia machte nicht oft einen Fehler, und Viasanto stürzte sich sofort darauf. »Wenn es um Lungenkrankheiten geht, ist nie die Rede von Luftverschmutzung durch die Industrie und die Abwanderung der Bevölkerung von ländlichen in städtische Gebiete.«

Scalia wusste, dass er ins offene Messer gelaufen war. Seine Bolo-Tie schien plötzlich gefährlich eng zu sitzen. »Das ist doch lächerlich! Sie wissen genauso gut wie ich, dass Rauchen schädlich ist! Ich habe noch ein Zitat für Sie: ›Wir sind ebenfalls der Meinung, dass Rauchen abhängig macht und bei Rauchern Krankheiten verursacht.‹ Das hat einer Ihrer eigenen Vizepräsidenten gesagt.«

Bevor Viasanto antworten konnte, schwenkte die Kamera zum Moderator der Nachrichtensendung, der eine kurze Werbepause ankündigte. Meine Hündin entspannte sich ein wenig.

»Warum sehe ich mir so was überhaupt an?«, fragte ich laut.

Es führte doch nur dazu, dass ich den Wert der menschlichen Rasse und insbesondere meine eigene prekäre Stellung darin anzweifelte. Außerdem war es schon halb sieben, und ich wusste, dass auf einem anderen Kanal Folgen von Herzbube mit 2 Damen wiederholt wurden.

Die Sendung wurde fortgesetzt, und ich tat, als würde ich sie ignorieren, obwohl ich nicht so genau wusste, wen ich damit beeindrucken wollte. Mich vermutlich.

»Mr Scalia«, begann der Moderator, »Berichten zufolge haben Sie gesagt, die Sammelklage in Montana sei der Anfang vom Ende für die Tabakindustrie. Aber ist eine solche Behauptung realistisch? Schließlich geht es hier um eine Industrie, die maßgeblich am Aufbau dieses Landes beteiligt war und inzwischen fast ein Prozent aller amerikanischen Arbeitsplätze stellt.«

Dazu muss ich jetzt etwas weiter ausholen.

In Montana war eine Sammelklage über zweihundertfünfzig Milliarden Dollar angestrengt worden, deren Kläger – zur Überraschung aller – behaupteten, die Tabakindustrie verkaufe ein todbringendes Produkt, ermuntere die Leute dazu, dieses Produkt zu benutzen, habe die gesundheitlichen Gefahren der Sucht heruntergespielt und tue dies auch weiterhin. Das war natürlich alles richtig. Und eigentlich war es gar nicht so schwer, die Klageschrift als Zielsetzung eines Tabakunternehmens misszuverstehen.

Aber so einfach war es nun doch wieder nicht. Schließlich gab es die Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen, das höchst subjektive Konzept von der Verantwortung und Freiheit des Einzelnen und die Frage, ob tatsächlich jemand...


Mills, Kyle
Kyle Mills, Jahrgang 1966, lebt in Jackson Hole, Wyoming, wo er sich neben dem Schreiben von Thrillern dem Skifahren und Bergsteigen widmet. In den USA ist Kyle Mills mit seinen Romanen regelmäßig in den Bestsellerlisten zu finden und gilt neben Tom Clancy, Frederick Forsyth oder David Baldacci als Erneuerer des intelligenten Politthrillers.



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