- Neu
E-Book, Deutsch, Band 1, 208 Seiten
Michaely Wasserschaden - Hausmeister Penzkofer ermittelt
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7499-0929-2
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kriminalroman | GLAUSER-Gewinner | Vom Autor der Erfolgsreihe Frau Helbing | Cosy-Crime mit feinem Humor und wunderbaren Charakteren
E-Book, Deutsch, Band 1, 208 Seiten
Reihe: Hausmeister Penzkofer ermittelt
ISBN: 978-3-7499-0929-2
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Penzkofer, Hausmeister einer Wohnanlage auf St. Pauli, liebt Mettbrötchen, seine Skatrunde und vor allem Ruhe und Ordnung in seiner Anlage. Damit ist es jedoch vorbei, als er wegen eines Wasserschadens eine Wohnung öffnen muss - und den offensichtlich ermordeten Mieter Schmadtke findet. Neugierig beginnt Penzkofer selbst zu ermitteln und muss feststellen, dass die skurrilen Nachbarn in seinem Gebäudekomplex viele Geheimnisse hüten: Wer hat Schmadtke ermordet? Wo ist das Diebesgut von Frau Schreiers Mann versteckt, der im Gefängnis sitzt? Wo sind die Bienen von Imker Schmadtke? Und wie hängt das alles zusammen? Penzkofer geht den mysteriösen Ereignissen auf den Grund. Dabei wird er nicht nur selbst zum Imker, sondern auch zu einem gewieften Sherlock Holmes im Hausmeisterkittel ...
Für seinen ersten Kriminalroman »Frau Helbing und der tote Fagottist« erhielt der Autor den GLAUSER für das beste Debüt
Eberhard Michaely geboren 1967 in Saarbrücken, studierte Jazz-Saxophon ander Musikhochschule Köln, hatte Engagements in verschiedenen JazzProjekten und Musicalproduktionen und komponierte für eigene Bands.Außerdem führte er ein Geschäft für Kinderbekleidung und Spielwaren.Während einer Pilgerreise 2014 entdeckte er seine Liebe zum Schreiben.2022 erhielt Eberhard Michaely den GLAUSER Krimipreis für das besteDebüt.
Aktuell fährt er Linienbus für die Hamburger Hochbahn.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1
Penzkofer hatte gerade von einem halben Brötchen mit Zwiebelmett abgebissen, als sein Diensthandy klingelte. Das klingelte in letzter Zeit oft, wenn es gerade nicht passte. Zum Beispiel wenn er auf einer Leiter stand, um eine Glühbirne einzudrehen, oder wenn er rücklings unter einer Spüle lag und mit dem Exzenterschlüssel einen Wasserhahn montierte oder wenn er austreten musste … Penzkofer hatte sich zu erinnern versucht, ob das früher auch so gewesen war, konnte die Frage aber nicht eindeutig beantworten. Früher war ja alles immer besser gewesen, lautete die gängige Meinung, aber im Kopf wurde nachträglich vieles verklärt und aufgehübscht, und so konnte durchaus ein trügerischer Eindruck entstehen. Das spielte aber jetzt keine Rolle. Vormittags, an einem Werktag, um neun Uhr musste ein Hausmeister selbstverständlich erreichbar sein. Penzkofer drückte die Verbindungstaste.
»Hallo!«, meldete er sich mit einem leichten Schmatzen.
»Herr Penzkofer!«, hörte er eine Frau sagen. »Kommen Sie! Schnell! Es handelt sich um einen Notfall! Es ist schrecklich, ganz schrecklich!«
Penzkofer erkannte Frau Schreier an der Stimme, obwohl sie aufgebracht war. Fast panisch. Normalerweise klang sie entspannt, meist sogar unterkühlt. Ein bisschen lasziv auch. Aber jetzt schien sie in höchster Erregung zu sein und sprach ungewohnt hektisch in der hohen Stimmlage eines Kastraten. Penzkofer kaute schneller und schluckte, bevor er sprach.
»Frau Schreier«, sagte er. »Immer mit der Ruhe. Was ist denn passiert?«
Panik hin oder her, nach knapp dreißig Jahren Hausmeistertätigkeit hatte sich im Umgang mit Mietern eine gewisse Routine bei ihm eingestellt, und erfahrungsgemäß wurde nichts so heiß gegessen, wie es gekocht worden war.
»Hier läuft Wasser durch die Decke!«, rief Frau Schreier. »An der Wand runter! Über den Boden! Alles ist feucht. Alles!«
Diese Aussage wies auf eine gewisse Dringlichkeit hin.
»Mmh«, murmelte Penzkofer. »Klingt nach einem Rohrbruch oder so.«
»Mir doch egal, was das ist! Meine Wohnung ist ruiniert!«, rief Frau Schreier und fing an zu schluchzen. »Machen Sie, dass das aufhört!«
»Ich komme.«
Penzkofer unterbrach die Verbindung, schob das Handy in die Brusttasche seines grauen Kittels und machte sich auf den Weg. Im Gehen biss er ein großes Stück von der Schrippe ab und schmierte sich dabei etwas Zwiebelmett unter die Nase.
Frau Schreier wohnte in Block B. Der war in weniger als einer halben Minute zu erreichen. Penzkofers Büro befand sich in Block A. Es gab drei Blöcke. Genau genommen Mehrfamilienhäuser. Zweckbauten, könnte man auch sagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie von einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft solide hochgezogen worden. Das Mauerwerk aus klassischen Hamburger Ziegelriemchen. Eigentlich ein Idyll mitten in der Stadt, wie man es heutzutage nicht mehr bauen würde. Kleine Wohnungen für schmales Geld konnte man hier mieten. Direkt auf St. Pauli, unweit der Reeperbahn.
Zwischen den Gebäuden gab es nicht nur großzügige Rasenflächen – hier durften die Kinder zwischen den Häusern noch Fußball spielen –, sondern auch viele Bäume und Bänke, die zum Verweilen einluden. Hauptsächlich waren Kastanien und Linden gepflanzt worden, die sich nach mehreren Jahrzehnten prächtig entwickelt hatten. Mittlerweile baute man die Häuser enger zusammen. Auch höher. Verdichtung hieß das bei der Baubehörde. Die Einwohnerzahl Hamburgs stieg von Jahr zu Jahr, da musste natürlich jeder Quadratmeter Bauland genutzt werden. Grünflächen wurden deshalb gerne eingespart. Den Verantwortlichen konnte man keinen Vorwurf machen, aber schön war diese Entwicklung nicht, fand Penzkofer.
Frau Schreier stand in einem hellblauen Hausanzug aus Nickistoff vor der Tür von Nummer sechsundfünfzig. Ungeschminkt und mit wirrer Haarpracht. Ihre nackten Füße steckten in Badelatschen. Es schien sich hier um einen echten Notfall zu handeln. Unter normalen Umständen wäre Frau Schreier niemals in dieser Aufmachung vor die Tür gegangen. Penzkofer kannte sie nur »gestylt«, wie das bei den jungen Leuten hieß. »Aufgebrezelt« hatte man zu seiner Zeit gesagt. Aber heute Morgen hatte sie offensichtlich noch nicht mal einen Kamm benutzt.
»Hallo!«, rief Frau Schreier, als sie Penzkofer sah. Sie winkte übertrieben mit beiden Armen, um auf sich aufmerksam zu machen, was völlig überflüssig war, denn Penzkofer wusste natürlich, wo sie wohnte. Block B, Erdgeschoss.
Die meisten Leute wollten im Erdgeschoss wohnen. Vor allem, weil man keine Treppen steigen musste. Zugegeben ein gutes Argument, denn Aufzüge gab es in dieser Wohnanlage nicht. Aber Penzkofer kannte die Nachteile einer Parterrewohnung. Nicht nur, dass ebenerdig häufiger eingebrochen wurde – wer unten wohnte, bekam alles von oben ab. Bei Wasserschäden waren die unteren Wohnungen immer betroffen. Immer. Und als vor einigen Jahren das Abwasserrohr von Block C verstopft war, weil eine Mieterin haufenweise Windeln einfach im Klo runtergespült hatte, kam natürlich der ganze Dreck aus dem untersten Toilettenbecken raus. So etwas war sehr unappetitlich. Penzkofer wohnte deshalb im ersten Stock. Der erste Stock war seiner Meinung nach perfekt!
»Moin!«, grüßte Penzkofer.
Frau Schreier deutete mit ausgestrecktem Arm und Zeigefinger auf die offen stehende Haustür. Schlaffalten zeichneten sich auf ihrem Gesicht ab, bemerkte Penzkofer im Vorbeigehen. Lange war sie noch nicht auf den Beinen, dachte er. Das ging ihn aber nichts an.
Penzkofer betrat das Treppenhaus, um sich einen Überblick zu verschaffen. Der Boden war feucht, stellte er fest. Genau genommen klatschnass. Das Wasser kam in einem Rinnsal über die Betonstufen gelaufen. Zügigen Schrittes ging er in den ersten Stock, um nach der Quelle dieses Fließgewässers zu suchen. Oberhalb des Treppenabsatzes war alles trocken, bemerkte er und nahm sofort die Wohnungseingänge in Augenschein. Unter der linken Tür im ersten Obergeschoss zwängte sich ein kleiner Wasserlauf zwischen Türblatt und Fußmatte hindurch. Es handelte sich um die Wohnung von Herrn Schmadtke.
»Herr Schmadtke!«, rief Penzkofer laut, klingelte und klopfte mit der Faust gegen die Tür. »Herr Schmadtke, machen Sie auf! Hallo!«
Schmadtke reagierte nicht. Stattdessen hörte er eine Stimme aus der dritten oder vierten Etage.
»Was ist denn los?«
»Nichts!«, rief Penzkofer kurz angebunden.
Das war angesichts der Leckage natürlich maßlos untertrieben, aber er konnte jetzt keine Gaffer oder Schlauschnacker gebrauchen, die im Weg herumstanden. Es bestand dringender Handlungsbedarf!
Penzkofer stieg die Treppe hinab bis in den Keller und öffnete mit seinem Universalschlüssel die graue Feuerschutztür. Hier bildeten sich auch schon kleine Pfützen auf dem Boden. Gebückt folgte er dem Gang, der nur noch eine Kopfhöhe von einem Meter und siebzig hatte, seit in den sechziger Jahren die Leitungen für die Zentralheizung an der Decke verlegt worden waren. Davor hatten noch Kohleöfen in den Wohnungen gestanden. So etwas war ja heutzutage gar nicht mehr erlaubt. Viel zu viel CO2-Ausstoß! Gas war aber auch nicht mehr das Maß der Dinge. Die nächste Heizungsanlage musste mit einem Energiemix betrieben werden. Die Ausschreibungen waren bereits verschickt.
Im Vorbeigehen schimpfte Penzkofer über ein unerlaubt abgestelltes Fahrrad, das den Durchgang einengte. Gleich unter dem Schild . Darum würde er sich später kümmern. Jetzt ging er auf direktem Weg zum Hauswasseranschluss neben dem alten Müllkeller. Ein klassischer Wasserzähler mit zwei Absperreinrichtungen hing hier auf Hüfthöhe an der Wand. Mit schnellen Bewegungen aus dem Handgelenk schraubte Penzkofer einen der Ventilgriffe in Rechtsdrehungen bis zum Anschlag. Wenn jetzt jemand duscht, bleibt das Shampoo auf dem Kopf, dachte Penzkofer, aber er sah keine andere Möglichkeit, den Schaden zu begrenzen. Die kleinen Rädchen auf der Uhr drehten sich langsamer und blieben schließlich stehen.
»Gefahr gebannt!«, sagte er zu sich selbst und reinigte seine Nase mit einem Papiertaschentuch. Dann schob er sich den Rest des Brötchens in den Mund und kaute genüsslich. Penzkofer liebte Mett mit roten Zwiebeln, Salz und Pfeffer.
Nachdem er in Ruhe aufgegessen hatte, rief er Frau Simmering von der Hausverwaltung an und erklärte kurz, was vorgefallen war. Dann ging er wieder nach oben.
»Und jetzt?«, fragte Frau Schreier, als Penzkofer aus dem Keller kam.
»Wir warten«, sagte er ruhig.
»Auf was denn?«
»Auf die Feuerwehr. Die macht die Tür von Schmadtkes Wohnung auf, und dann gucken wir mal, was da oben los ist.«
»Sie können ja schon mal gucken, was hier unten los ist!«, sagte Frau Schreier und öffnete mit Schwung ihre Wohnungstür.
»Wenn Sie meinen.«
Penzkofer warf einen Blick in den Flur.
»Mann, Mann, Mann! Sieht nicht gut aus. Das Laminat fängt schon an, Beulen zu schlagen«, stellte er fachmännisch fest. »Das kommt, weil da Holzfaserplatten verpresst sind. Die saugen sich bei Feuchtigkeit voll wie ein Schwamm.« Er warf einen Blick an die Decke. »Und spätestens in zwei Stunden kommt die Tapete runter. Wollen wir wetten?«
Frau Schreier war nicht nach einer Wette zumute.
»Mike wird ausflippen!«, sagte sie mit...