E-Book, Deutsch, 336 Seiten
Meyer Sommer mit Kuh
2. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7519-8878-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 336 Seiten
ISBN: 978-3-7519-8878-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Janina kommt aus der Stadt und hat von Landwirtschaft keine Ahnung. Aber als ihr frisch angetrauter Ehemann, der Landwirt Johannes, auf einmal im Krankenhaus liegt, muss sie sich plötzlich um seinen Hof kümmern. Doch wie soll sie das schaffen? Zum Glück bekommt sie Hilfe, etwa durch ihre ältere Freundin Rosa oder den interessanten Hippie Roland, der mit seinem bunten Bulli im Dorf Station macht. Doch es gilt nicht nur die täglichen Herausforderungen auf dem Hof zu bewältigen. Und dann ist da Rena, die nach einem Schicksalsschlag versucht, im Leben wieder Fuß zu fassen. Eine liebenswert erzählte Geschichte vom Leben auf dem Land, vom Suchen und Finden, von Freundschaft und Vertrauen.
Michaela Meyer, Jahrgang 1969, lebt mit ihrer Familie auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Lüneburger Heide. Sie schreibt christliche Lyrik, Kurzgeschichten und Theaterstücke. "Sommer mit Kuh" ist ihr erster Roman.
Autoren/Hrsg.
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1
>>Womm<< Erschrocken öffnete Janina die Augen. Was war das? Da musste wohl eine Tür zugeschlagen sein. »Ihr seid gemein!«, schrie ein Mädchen draußen auf dem Flur. >>Womm<< Wieder knallte eine Tür zu. Jetzt polterte etwas die Treppe hinunter. Irgendetwas schien da ausgekippt zu sein. »Mein liebes Fräulein! Mach die Türen gefälligst leise zu!«, rief eine Frauenstimme von unten, das musste Anna sein, die Schwester von Johannes, die ihre Tochter Pia zur Ordnung rief. »Jonas! Warum kippst du denn die ganzen Legosteine auf der Treppe aus? Da kann sich ja jemand den Hals brechen. Such sie sofort wieder ein!« – und ihren Sohn Jonas. »Ist nur ausversehen passiert Mama«, antwortete Jonas schuldbewusst, »Ich räum sie schon auf.« So lautstark hatte Janina sich das Aufwachen am Morgen nach ihrer Hochzeit nicht vorgestellt. »Was für ein Irrenhaus!« Johannes Stimme klang ganz dicht an ihrem Ohr. Sie drehte den Kopf zur Seite und schaute direkt vor sich in das Gesicht ihres Mannes. »Guten Morgen«, sagte sie leise. Johannes schaute sie an. Da lag sie nun, am Morgen nach der Hochzeit, neben ihm. Er konnte es immer noch nicht recht fassen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie seinen Antrag annehmen würde, nicht, nachdem sie sich erst so kurze Zeit kannten. Trotzdem hatte er es ernst gemeint, als er um ihre Hand angehalten hatte und sie hatte tatsächlich ja gesagt. Damit hatte sie ihn zum glücklichsten Menschen der Welt gemacht. Er dachte, wenn sie einen anderen Charakter gehabt hätte, einen, der leichter wäre, spontan oder unüberlegt, dann wären sie ihre Beziehung wahrscheinlich auch leichter angegangen. Aber so war sie nicht, und so jemanden hätte er auch gar nicht gewollt. Nein, Janina war ernsthaft und handelte immer wohlüberlegt. Umso mehr wog ihre Entscheidung ihn zu heiraten und zu ihm auf den Hof zu ziehen und umso froher machte es ihn, dass sie nun tatsächlich hier war. Er fühlte sich, als hätte er ein wirklich großes Geschenk erhalten und er dankte Gott dafür, dass sie sich gefunden hatten. »Hast du gut geschlafen?«, fragte Johannes und strich ihr zärtlich mit der Hand die Haare aus dem Gesicht, die ihr über die Augen fielen. »Himmlisch. Nur zu kurz«, lächelte sie, »Bis dieses Inferno losgebrochen ist.« »Tut mir leid«, sagte Johannes zerknirscht, »Morgen sind alle wieder weg.« »Wir müssen sowieso aufstehen, ich glaube es ist schon gleich Mittag.« Janina hatte sich einen Blick auf den Wecker erlaubt. »Ich weiß gar nicht warum die alle hier übernachten mussten? Als ob es keine Hotels gäbe«, brummte Johannes. »Das kann ich dir sagen«, lächelte Janina ihn an, »Mein Mann hat seine Schwester und ihre Familie eingeladen, hier zu übernachten, weil er sie liebhat und weil sie soo viel bei den Hochzeitsvorbereitungen geholfen haben.« »Wenn sie so weitermachen, kann sich das mit dem Liebhaben aber schlagartig ändern«, meinte Johannes. Aber das war so seine Art, er war gutmütig und liebenswert und ein absoluter Familienmensch, auch wenn er es nicht zugeben wollte und Janina gefiel diese Art gut an ihm. Später, als Janina unter der Dusche stand, dachte sie wie gut es war, dass Anna einen Großteil der Hochzeitsvorbereitung übernommen hatte. Sie selbst hatte keine Ahnung gehabt, was alles zu so einer Hochzeit auf dem Dorf dazu gehörte und Johannes Schwester hatte das nur zu gern gemacht. »Ich bin so froh, dass du uns hilfst«, hatte Janina gesagt, als Anna sie angerufen hatte, um sie auf den neusten Stand zu bringen. »Die Sachen, die du mir gemailt hast, habe ich alle weitergegeben«, hatte ihre zukünftige Schwägerin am Telefon aufgezählt, »Und ich habe dir die Friseurin besorgt, über die wir gesprochen haben. Sie kommt hierher und macht dir morgens die Haare.« »Da verlasse ich mich ganz und gar auf dein Urteil Anna, ich kenne ja niemanden bei euch.« »Keine Angst, die macht das super. Ich habe schon einige Bräute gesehen, die sie frisiert hat und die sahen toll aus. Schlicht und modern. Darüber musst du dir wirklich keine Sorgen machen.« »Wenn du das sagst.« Janina wunderte sich etwas darüber, dass Johannes Schwester sich um ihre Frisur sorgte und gleichzeitig beunruhigte sie das auch. Anna und sie hatten nicht unbedingt die gleiche Vorstellung von Frisuren und Outfit. Anna trug ihre Haare schwarz gefärbt und sehr kurz. Sie stellte die kurzen Stacheln jeden Morgen mit viel Haargel in die Luft. Sie bevorzugte schwarze Lederkleidung, oder jetzt im Sommer abgeschnittene Jeans und T-Shirts. Anna und ihr Mann Robert waren beide Biker, von Johannes wusste Janina, dass sie Mitglieder bei den Motorradfreunden Rißbüttel waren. Ihre Schwägerin hatte ein großes Adler- Tattoo auf dem Oberarm und auf ihrem Unterschenkel hatte Janina auch eines gesehen. Sie stand auf Nieten, große Gürtelschnallen und derbe Stiefel und es wirkte ein bisschen paradox, wenn sie über die dörflichen Hochzeitsrituale sprach. Janina lief in Modedingen auch nicht dem neusten Trend hinterher, aber Leder und Tattoos waren nicht ihre Welt Anna war aber noch nicht fertig mit ihrer Aufzählung: »Außerdem kommen zwei Tage vor der Hochzeit die Nachbarn und hängen euch einen Kranz an der Haustür auf. Offiziell dürft ihr das vorher gar nicht wissen, aber das ist hier so üblich. Es gibt dann einen kleinen Imbiss. Ich habe ein paar Mädels aus dem Dorf gebeten, beim Schnittchen Machen zu helfen.« »Sie hängen einen Kranz vor unsere Tür?« »Ja. Einmal um den Türrahmen. Der Kranz wird am Abend vorher aus Tannen gebunden. Glaub nicht, dass so eine Dorfhochzeit nur an einem Tag gefeiert wird, die Nachbarn und Freunde haben schon etliche Vorbereitungstreffen und eine Menge Spaß dabei.« Janina war kurz schwindelig geworden. Was kam da auf sie zu? All diese Menschen, die sie gar nicht kannte, schienen plötzlich ihre Hochzeit zu planen. Einen Kranz binden, Schnittchen machen und dann die lange Gästeliste. Außer ihr schien das jeder normal zu finden und Anna hatte sich extra Urlaub genommen und war schon seit einer Woche in Paulstorf auf dem Hof, um sich um alles zu kümmern. Johannes bewohnte das große Bauernhaus sonst allein, da seine Eltern nicht mehr lebten. Anna und ihr Mann Robert lebten in der Nähe von Wolfsburg, sie hatten drei Kinder, Pia war im Teenageralter, Tjorven, die mittlere, war 9 und Jonas war der Jüngste. Seit Jonas in den Kindergarten ging, arbeitete Anna wieder und Janina war ihr sehr dankbar, dass sie ihren Urlaub für die Hochzeit geopfert hatte und ihre Familie eine Woche allein gelassen hatte. Aber Anna hatte lässig abgewunken, als Janina so etwas geäußert hatte: »Für meinen kleinen Bruder kann ich das schon mal machen, außerdem ist so eine Hochzeitsvorbereitung ein Mordsspaß.« Auch Pia wollte gern mithelfen und Janina war froh, dass sie die Tischkarten und Gastgeschenke an sie abgeben konnte, denn sie waren kurz vor den großen Ferien und sie hatte noch stapelweise Arbeiten zu korrigieren und Zeugniskonferenzen zu absolvieren. Als Janina die Brause ausmachte, klopfte es leise an die Tür und Johannes schaute herein, »Ich geh schon mal runter, komm einfach nach, wenn du soweit bist.« »Mach ich, ich bin gleich fertig«, sagte sie und steckte den Kopf aus der Duschkabine. Johannes kam ins Bad und machte die Tür hinter sich zu. Schnell küsste er sie, »Bin ich froh, wenn wir das Haus endlich wieder für uns haben«, sagte er sehnsüchtig. »Los, raus!«, lachte Janina und Johannes verließ tatsächlich das Bad, aber nicht ohne sie schnell noch einmal zu küssen. Janina nahm das Handtuch und trocknete sich ab, als sie plötzlich durch die Tür einen lauten Aufschrei hörte, dann gab es auf der Treppe ein ohrenbetäubendes Poltern. Janina war zutiefst erschrocken. Was war das? Hastig warf sie das Handtuch in die Ecke. So schnell sie konnte, stieg sie in Shorts und T-Shirt und rannte aus dem Bad. Oben auf dem Flur war niemand zu sehen, sie lief zum Treppengeländer und schaute nach unten. Johannes musste die Treppe hinuntergefallen sein. Er lag am Fuß der Treppe auf dem Boden, er schien bewusstlos zu sein und blutete an der Stirn. Anna war schon da und kniete neben seinem Kopf, sie rief immer wieder seinen Namen. Die anderen standen aufgeregt herum. Panisch lief Janina die Treppe hinunter. »Er kommt zu sich«, sagte Anna erleichtert, Janina kniete sich auf Johannes andere Seite, »Mensch was machst du denn?«, sie nahm von Robert ein sauberes Geschirrtuch entgegen, das er aus der Küche geholt hatte und drückte es gegen die blutende Stirnwunde. »Ich glaube da war ein Legostein oder so was auf der Treppe, da bin ich in...