Meuser / Reemts / Brüske | Urworte des Evangeliums | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Meuser / Reemts / Brüske Urworte des Evangeliums

Für einen neuen Anfang in der katholischen Kirche
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-451-83702-9
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Für einen neuen Anfang in der katholischen Kirche

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-451-83702-9
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wie sieht eine Kirche aus, die Gott gefällt? Über Jahre hinweg rangen deutsche Katholiken vergeblich um die Reinigung und vitale Regeneration ihrer Kirche. Von Anfang an gab es nicht nur römische Bedenken und restaurativen Widerstand. Mit der Initiative 'Neuer Anfang' meldeten sich 'zivilisierte Kritiker des Synodalen Wegs zu Wort'; ihrer 'messerscharfen, zumal philosophische Analyse der kirchlichen Verwerfungen' (FAZ) schlossen sich Tausende von Gläubigen an, denen die eher strukturellen Reformansätze des 'Synodalen Weges' nicht weit genug gingen. Nun liegt ein mehr am Evangelium orientierter Reformansatz vor -, ein Buch, das den Dialog mit allen in der Kirche will und Kraft hat, neu für die Schönheit der Kirche und die Wiederentdeckung ihrer Wurzeln zu begeistern. Ein leuchtender Text, der Lust macht auf eine von Jesus her relevante Kirche, die absolut nicht mehr langweilig ist.

Dr. Christiana Reemts OSB ist Äbtissin der Abtei Mariendonk. Stefan Oster SDB, geb. 1965, Dr. theol., ist seit 2014 Bischof von Passau. Er studierte Philosophie, Geschichte und Religionswissenschaften unter anderem in Regensburg, Kiel und Oxford. Nach der Habilitation 2009 in Trier lehrte er als Professor für Dogmatik in Benediktbeuern. Seit 2016 ist er der deutsche Jugendbischof. Constantin Maasburg, geb. 1974, Geschäftsführer des Gebetshauses Augsburg.
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1. EINLEITUNG


»Die stärkste Freiheit hat,

wer sein Gestaltetes fahrenlassen kann,

um sich … in seiner ersten,

immer frischgebliebenen Sendung

zu regenerieren.«

Hans Urs von Balthasar

Die universale Gemeinschaft, die wir »Kirche« nennen und die mit Jesus begann, scheint trotz einer endlosen Folge von Skandalen ein rätselhaftes Vitalprinzip in sich zu tragen. Die Kirche geht an einem Ort sang- und klanglos (erst nieder, dann) unter, um andernorts leuchtend aufzugehen. Dieses Buch beschäftigt sich weniger mit den Gründen ihres scheinbar unaufhaltsamen Niedergangs in ihren einstigen Kernländern als vielmehr mit der Suche nach ihrem geheimnisvollen Vitalprinzip. Die Frage ist: Angenommen, alles ist kaputt, was einst ihre Größe und Strahlkraft ausmachte – ihre Heiligtümer sind entweiht, über ihre Immobilien wächst Gras, in ihren Lehrgebäuden nisten die Raben, ihre Reputation hat sich in Verachtung verwandelt –, was ist es dann, was neues Leben aus den Ruinen ermöglicht? Was sind die Essentials, ohne die »Kirche« nicht sein kann?

Goethe hat am Ende seines Lebens in einem Anflug von Metaphysik (»eine Region …, vor der ich mich sonst ängstlich zu hüten pflege«) nach »Urworten orphisch« gesucht, wobei er sich von der griechischen Mythologie letzte Gesetze der Wirklichkeit und »urbildlich-typische, sinngebende Leitbegriffe« erhoffte. Wir fragen: Gibt es auch »Urworte christlich« – letzte Wirklichkeitsgesetze der Kirche, Kernbegriffe, die ihre Kraft und Schönheit verloren haben, gar zu nichtssagenden Chiffren abgesunken sind? Urworte, die wir wiederentdecken und neu beleben müssten, damit die Kirche in ursprünglicher Vitalität erstrahlt? In einer Ansprache 2013 vor den brasilianischen Bischöfen hat Papst Franziskus 2013 genau diese Frage gestellt, sie sogar zur Überlebensfrage der Kirche gemacht: »Ich möchte, dass wir heute uns alle fragen: Sind wir noch eine Kirche, die imstande ist, die Herzen zu erwärmen? Eine Kirche, die fähig ist, nach Jerusalem zurückzuführen? Wieder nach Hause zu begleiten? In Jerusalem wohnen unsere Quellen: Schrift, Katechese, Sakramente, Gemeinschaft, Freundschaft des Herrn, Maria und die Apostel … Sind wir noch fähig, von diesen Quellen so zu erzählen, dass wir die Begeisterung für ihre Schönheit wiedererwecken?«

In Jerusalem hat alles begonnen; das neue Jerusalem wird »von Gott her aus dem Himmel herabkommen … bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat« (Offb 21,2). Erst von diesem Jerusalem aus – vom Aufblitzen der letzten Gründe der Wirklichkeit in der Mitte der Zeit – lässt sich angemessen die Frage stellen: Was ist die Kirche? Wozu ist sie gut? Was hat Gott sich dabei gedacht? Würden wir sie von ihren sekundären Anlagerungen her – ihrer historisch gewordenen Struktur, ihrer soziologischen Funktionalität, ihrer psychologischen Nützlichkeit – betrachten, wir würden am falschen Ende ansetzen, auch wenn viele glauben, »Kirche« sei eine gestaltungsoffene Materie im Anschluss an heutige Gewissheiten und denkwürdige Sprüche eines antiken Weisheitslehrers.

Die Kirche ist, wie Lumen Gentium sagt, ein Mysterium. Ein Mysterium ist faszinierend schön – so schön, dass man es nicht fassen kann. Je länger man es betrachtet, gar kritisch beäugt, desto mehr entzieht es sich dem Begriff. Und am Ende werden wir beherrscht von simplen Zugriffen à la: Erst war Gott, dann kam – in jeweils dünnerer Konzentration – Jesus und schließlich in homöopathischer Gottesdosierung die Kirche. Ein Abstieg aus der vollen Schönheit in immer größere Gewöhnlichkeit. Wir landen schließlich beim »grauen Pragmatismus des kirchlichen Alltags«, den Papst Franziskus in Evangelii Gaudium erwähnt, »bei dem scheinbar alles mit rechten Dingen zugeht, in Wirklichkeit aber der Glaube verbraucht wird und ins Schäbige absinkt«. Das Schöne geht; das Mysterium zieht sich zurück, verflüchtigt sich »ins Abstrakte und Theoretische, das unser Leben nicht mehr berührt, geschweige denn formt; praktisch wird wahllos genippt, genascht, ausprobiert, mitgeschleppt« (Ida Friederike Görres).

Was macht uns stark gegen diese Spirale der Banalisierung? Am Ende nur eines: Die Kontemplation der Herrlichkeit, die Ent-Deckung der Schönheit der Kirche in der Schönheit Gottes. »Alles an dir ist schön, meine Freundin, kein Makel haftet dir an.« (Hld 4,7) Das ist. Und zwar vor, nach und mitten in dem, wie wir diese Kirche entstellen. In gewissem Sinn ist nämlich der trinitarische Gott in sich schon »Kirche«. In gewissem Sinn ist die Kirche schon vorweggenommen im »geliebten Sohn«, in dem alles »durch ihn und auf ihn hin geschaffen« (Kol 1,16) ist – in Schönheit und auf Schönheit hin. Und in einem genauso gewissen Sinn war die Kirche vor der Menschwerdung Jesu da. Begann sie nicht schon in dieser nicht zu erfindend schönen Erzählung, dass Gott die Ermöglichung seines Kommens im »den Glauben Israels zusammenfassenden und zur überschwänglichen Vollendung bringenden Jawort der Jungfrau von Nazareth« (Hans Urs von Balthasar) zugrunde legte? So als wollte er den liebenswürdigen Rahmen vor dem kostbaren Bild fertigen, um das Bild in alle Ewigkeit nie mehr ohne den schönen Rahmen darzubieten? »Die Kirche«, sagt Henri de Lubac, »ist unsere Mutter, weil sie uns Christus gibt. Sie gebiert Christus in uns zum Leben Christi.« Und ist die Kirche nicht schon der Leib, der sich am Kreuz für uns hingibt und uns im eucharistischen Mahl hineinnimmt in die Schönheit der Auferstehung?

Was wäre das für eine Kirche, wäre sie bloß eine von Jahr zu Jahr verblassendere Vergangenheit und keine heilige Gegenwart, in der Gott Gott ist und in Schönheit als Gott aufstrahlt – Gott, der mit »seiner ganzen Fülle« (Kol 1,19) in ihr wohnt, wie er in Christus wohnt. Wie die Heiligkeit der Kirche aber mit der Sündigkeit ihrer Glieder zusammen zu denken ist, das führt uns zu keinen faulen Entschuldigungen, sondern zu »Christus, der für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren« (Röm 5,8) – zu Christus, der heute noch in einer Kirche lebendig ist, die ihn verkündigt und preist, wie sie ihn verhöhnt und kreuzigt.

Das Vitalprinzip der Kirche ist eine Person: Jesus Christus. Irenäus von Lyon dazu: »Alle Neuheit hat er gebracht, indem er sich selbst brachte.« Die Kirche ist, was die Liebe schlechthin, was Gott für uns will: Leben ohne Ende, Leben in ihm. Die Kirche ist die Lebensform des Glaubens – die Form, in der wir in best shape kommen, in die forma Christi, worin wir das Leben finden und unsere individuellen und kollektiven Katastrophen überleben. Die Kirche integriert uns in die Liebe und nimmt uns hinein in die Lebensbewegung Gottes. Die »Liebe«, sagt Bernhard von Clairvaux, »ist etwas Großes«. Sie kommt aus den Tiefen der Schönheit Gottes selbst, geht durch uns hindurch, nimmt uns in Jesus hinein und reißt uns mit ihm – durch das Kreuz hindurch – in das wahre Leben. »Sie muss zu ihrem Ausgang zurück, muss heimfließen zu ihrem Quell, um immer wieder aus ihm zu schöpfen und ausströmen zu können.« In der Schönheit der Kirche werden wir schön.

Um die Erneuerung der Kirche zu denken, folgen wir der Einladung von Papst Franziskus zu einem Heimatbesuch in Jerusalem. Wir gehen noch einmal in die privilegierte Zeit Jesu zurück, achten auf alles, was Jesus (vor allen späteren kirchlichen Entfaltungen) wichtig war, und machen es wie gute Unternehmensberater mit einem Sanierungsfall. Sie denken vom Gründungsauftrag (»vision«) her, versuchen, den Unternehmenszweck (»mission«) zu bestimmen, und empfehlen dem Unternehmen zumeist die Verschlankung auf das Kerngeschäft. Wenn das geleistet ist, priorisieren sie die rettenden Maßnahmen à la Stephen R. Covey: »Put first things first.« Von den frühen Zisterziensern, die in die Wildnis zogen, um ein neues Kloster zu gründen, heißt es, sie hätten als Erstes einen Altar errichtet, um dann darum herum den Rest zu bauen. Wenn wir in diesem Buch 15 Urworte und ein Urbild der Kirche betrachten, betreiben wir zuerst Theologie und fragen: Warum ist das Jesus wichtig? Dann erst betreiben wir Pastoral: Was können wir tun, damit die Kirche an vielen Orten wieder aufblüht?

*

Die Urworte, in denen wir die Kirche als ein »Positum« Gottes betrachten, sind keine vollständige Sammlung ihrer Wesensbestandteile; sie beweisen nichts und liefern auch keine schnellen Rezepte für die Regeneration der Kirche aus ihrem Ursprung. Die Schönheit eines Bildes kann man nicht beweisen. Ein Bild kann man nur schauen. Die Kirche ist ein Bild und keine Erfindung und keine Theorie. Die fundamentale Voraussetzung von Kritik in der Kirche ist die Wahrnehmung ihrer Gestalt. Die Urworte wollen dazu beitragen – zur ganzheitlichen Schau einer Gestalt, deren Sinngehalt und Schönheit dann aufgeht, wenn man hinsieht und hinschauend all die verstellenden Momente überwindet, die uns von der bedeutsamen Wirklichkeit trennen: mangelnde Vertrautheit, Blindheit, Distanz, Gleichgültigkeit, Ignoranz, das Fremdeln mit einem Fremden.

Goethe hatte eine »Schau«, als er das Straßburger Münster sah und tief ergriffen von ihrem Erbauer sprach, der »zuerst die zerstreuten Elemente in ein lebendiges Ganzes zusammenschuf. […, Er]...


Maasburg, Constantin
Constantin Maasburg, geb. 1974, Geschäftsführer des Gebetshauses Augsburg.

Reemts, Christiana
Dr. Christiana Reemts OSB ist Äbtissin der Abtei Mariendonk.

Oster, Stefan
Stefan Oster SDB, geb. 1965, Dr. theol., ist seit 2014 Bischof von Passau. Er studierte Philosophie, Geschichte und Religionswissenschaften unter anderem in Regensburg, Kiel und Oxford. Nach der Habilitation 2009 in Trier lehrte er als Professor für Dogmatik in Benediktbeuern. Seit 2016 ist er der deutsche Jugendbischof.

Dr. Christiana Reemts OSB ist Äbtissin der Abtei Mariendonk.
Stefan Oster SDB, geb. 1965, Dr. theol., ist seit 2014 Bischof von Passau. Er studierte Philosophie, Geschichte und Religionswissenschaften unter anderem in Regensburg, Kiel und Oxford. Nach der Habilitation 2009 in Trier lehrte er als Professor für Dogmatik in Benediktbeuern. Seit 2016 ist er der deutsche Jugendbischof.
Constantin Maasburg, geb. 1974, Geschäftsführer des Gebetshauses Augsburg.



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