Metz | Die fünf Geliebten meines Mannes | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Piper Schicksalsvoll

Metz Die fünf Geliebten meines Mannes

Eine wahre Geschichte
14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-492-98084-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine wahre Geschichte

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Piper Schicksalsvoll

ISBN: 978-3-492-98084-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Julie Metz schien ein perfektes Leben zu führen - mit einem liebenden Ehemann, einer wohlgeratenen kleinen Tochter und einem hübschen Haus in einer malerischen Kleinstadt. Doch plötzlich verändert ein einziger Moment alles. Die Geschichte einer jungen Witwe, die nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes dessen Doppelleben entdecken muss. Eine bewegend ehrliche, faszinierende Autobiografie über Verfehlung und Vergebung.

Julie Metz ist Grafikerin, Künstlerin und freie Journalistin. Sie war Stipendiatin des MacDowell Fellowship und lebt heute mit ihrer Tochter und ihrem Partner in Brooklyn, New York. »Die fünf Geliebten meines Mannes« war in den USA ein großer Erfolg, die Buchrechte wurden weltweit verkauft.

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  Zwei
Januar und Februar 2003 Freunde und Verwandte kehrten in ihren Alltag zurück, und es wurde still im Haus. Meine neue Einsamkeit machte mir Angst. Mit meinem Kind allein zu leben, darauf war ich nicht vorbereitet. Ein kleiner Kreis aus Freunden, Familie und Helen, einer fürsorglichen Therapeutin, die Henry und ich einige Jahre lang als Paartherapeutin aufgesucht hatten, kümmerte sich in den verschwommenen Wochen nach der Beerdigung um Liza und mich. Freundinnen versorgten Liza, wenn ich dazu außerstande war. Sie brachten Essen, füllten die Spülmaschine und räumten sie wieder aus, stellten die Mülltonnen an die Straße, so wie Henry es immer getan hatte. Sie hörten mir beim Weinen zu und nahmen mich in den Arm. Nach zwei Wochen fühlte ich mich in der Lage, Liza wieder zur Schule zu schicken, ein bisschen zu arbeiten und die Wäsche zu machen. Ich wollte mich wieder als kompetente Person erleben, mich meinem neuen Dasein stellen. Mein Bruder David begann damit, meine Finanzen neu zu ordnen, und arbeitete sich durch Henrys Testament. Seine Frau Susan half mir bei ihren Besuchen am Wochenende das Haus umzuräumen. Meine Eltern riefen täglich an. Freunde luden Liza und mich oft zu sich zum Essen ein, damit wir nicht zu viele einsame Abende zu Hause verbrachten. Aber manchmal war ich dazu auch nicht in der Lage. Beim Abschied, wenn wir uns bedankten, standen sie immer im warmen Licht des Hausflurs und winkten uns zum Abschied. Es spielte keine Rolle, dass ich genau wusste, wie kompliziert ein Familienleben sein kann und wie wenig perfekt das ihre vielleicht war. Aber sie hatten immerhin noch die Illusion dieser Perfektion, ein warmes Zusammengehörigkeitsgefühl. Doch welche Illusion auch immer wir gehegt hatten, nun war sie verschwunden, und ich wusste, dass sie mich dafür bemitleideten. Mein Leben war ein Chaos, aber ich wollte kein Mitleid. Unser Haus war uns zu groß geworden. Ich merkte, wie verloren ich mich darin fühlte. Meine bisherigen Rollen als Sous-Chefin in der Küche und Gastgeberin am Wochenende gab es nicht mehr. Liza und ich lebten still in nur wenigen Zimmern. Viel öfter brachte ich Liza zu Cathy und Emily nach Hause, damit sie dort mit ihren Freundinnen spielen konnte, statt diese zu uns einzuladen. Die Tür zu Henrys Arbeitszimmer blieb, außer wenn mein Bruder da war, geschlossen. Das Esszimmer wurde nicht benutzt, sondern nur wöchentlich von unserer Haushaltshilfe gereinigt, die pflichtbewusst die Tische und Servierplatten abstaubte, die ich nach der Silvesterparty dort deponiert hatte. Eines Abends saßen Liza und ich in unserer Küche. Ich ließ den Löffel in meiner Suppentasse kreisen. Liza aß mit mehr Begeisterung, legte schließlich aber auch den Löffel beiseite. »Woher wissen wir eigentlich, dass wir nicht in einem Film sind?«, fragte sie. Ich sah sie an und war mir nicht sicher, was ich darauf antworten sollte. »Mama«, fuhr sie fort und formulierte die Frage etwas um, »wie können wir wissen, dass Sachen echt sind?« Großartig. Jetzt haben wir also eine kleine Existenzialistin im Haus, dachte ich. »Na ja«, sagte ich, »wir wissen es nicht. Wir hoffen eben, dass das, was wir für wirklich halten, auch wirklich ist.« »Aber woher wissen wir es?«, fragte sie beharrlich. Ah, eine Wissenschaftlerin, die einen empirischen Beweis fordert. »Wir wissen es nicht«, wiederholte ich. »Wir können es nur hoffen.« »Mama«, sagte Liza, »woher wissen wir, dass wir nicht alles bloß träumen? Weißt du, manchmal fühlt sich das Leben doch wie ein Traum an. Kommt dir das manchmal auch so vor?« »Ja, Süße, ich fühle mich andauernd so.« Ich vergaß, Wasser zu trinken, außer jemand stellte mir ein Glas hin. Mein Gesicht fiel ein, meine Lippen wurden rissig. Nachbarn und Freundinnen brachten Essen – mit Folie zugedeckte Aufläufe, Brathuhn von einem Delikatessengeschäft in der Nähe, Schüsseln mit selbst gemachter Lasagne. Ich stellte alle diese Gaben in den Kühlschrank. Liza musste natürlich essen. Ich wärmte das Essen, stellte es in unserer Küche mit dem blauen Dielenboden vor uns auf den Tisch und sah ihr beim Essen zu. Ich füllte zwar auch eine kleine Portion auf meinen Teller, aber nach ein paar Bissen schob ich den Rest nur mit der Gabel hin und her und hoffte, es würde ihr nicht weiter auffallen. Aber Liza ließ sich nicht täuschen. »Wir sind keine richtige Familie mehr«, erklärte sie eines Abends nachdenklich, während sie wieder einmal von Annies vorbeigebrachten Makkaroni mit Käse aß. Ich murmelte etwas davon, aus uns beiden eine neue Familie zu kreieren, aber es fühlte sich falsch an. Zum Abendessen waren wir drei immer zusammen gewesen und hatten Henrys liebevoll zubereitete Gerichte gegessen. Essen war Familie. Jetzt aß nur noch sie. Ich sah zu und sammelte dann mechanisch die Teller ein. Dabei hatte ich immer gegessen. Ich wurde in eine jüdische Familie geboren, in der Essen gleichbedeutend mit Liebe war. Ich wuchs mit Fleischgerichten auf, zu denen es Kartoffeln mit Butter und Dill gab, mit Schnitzel und Gurkensalat und Brathuhn, gewürzt mit Estragon und Zitrone. Meine Jugend wurde von Keksen versüßt, die man sich nach der Schule einen nach dem anderen heimlich aus dem Küchenschrank stibitzte. Als Erwachsene war ich niemals dünn gewesen. Jetzt erwies sich der Witwenstand als Jahrhundertdiät. Ich hatte meine Freundin Anna kaum gesehen, obwohl sie nur einen Ort weiter Richtung Norden lebte. Nach der Trauerfeier hatten wir uns beide in unsere Arbeit gestürzt und uns nur häufig per E-Mail ausgetauscht und telefoniert. Ende Januar rief sie mich an, um zu fragen, ob sie auf einen Tee vorbeikommen könnte. Sie sah angespannt und müde aus, und ihr langes, extravagant rotes Haar war zu einem strengen Zopf geflochten. Am Haaransatz konnte ich ihre dunkle Naturfarbe erkennen, ein sicheres Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung war. Natürlich war auch bei mir der graue Ansatz inzwischen sichtbar. »John und ich trennen uns«, sagte sie. Ich hatte irgendwie gehofft, der Rest der Welt würde stillstehen, während ich versuchte, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Aber Chaos und Tragik hatten sich anscheinend einstweilen in anderen Familien breitgemacht, die mir auch nahestanden. Anna und ich hatten unseren Alltag um Ablieferungstermine unserer Arbeit, Hausaufgaben, Wäsche, Vorratshaltung und die Termine unserer Kinder organisiert. Jetzt war diese empfindliche Konstruktion eingestürzt. Henry hatte mir immer gesagt, ich sei zu vorsichtig, nicht spontan oder lustig genug. Er liebte es, außer Atem eine Minute bevor der Zug losfuhr, am Bahnhof einzutreffen. Ich dagegen dachte jetzt sehnsüchtig an die Zeit, als ich zumindest geglaubt hatte, Kontrolle über mein Leben zu besitzen. Ich hasste das Gefühl, aus einem kleinen, klapprigen Flugzeug zu hängen, dessen Motor aussetzte, und von dort oben auf die schachbrettartige Landschaft hinunterzublicken und zu beten, dass mein Fallschirm sich öffnen möge, falls ich überhaupt genug Mut hätte, die Haltegriffe loszulassen. »Wann ist das passiert?«, fragte ich entgeistert. Wie konnten Anna und John sich trennen? Sie durften sich nicht trennen – jetzt, wo sie gerade ihre prachtvolle, sonnige Küche mit Blick auf den Sonnenuntergang über dem Fluss so wundervoll renoviert hatten. »John hat sich in den Weihnachtsferien ganz seltsam benommen. Er ging zum Beispiel mit dem Handy aus dem Zimmer, um zu telefonieren. Ich drückte danach die Wahlwiederholung und hatte eine Frau dran. Dann habe ich über die Nummernabfrage ihren Namen rausbekommen.« Nervös spielten ihre Finger mit dem Ende ihres Zopfes. »Es ist eine seiner Studentinnen, Julie! Kannst du dir das verdammt noch mal vorstellen? Sie war an dem Abend vor ein paar Monaten zum Abendessen bei uns.« Ich erinnerte mich nur vage. Eine dunkelhaarige junge Frau. Ich hatte angenommen, sie wäre die Freundin von einem der jüngeren Gäste. Die kleine Gruppe aus Johns Studenten und mir war bewundernd zwischen den neuen, strahlend weißen Küchenschränken mit Arbeitsplatten aus Schiefer herumgewandert. Man hatte allerlei Kleinigkeiten verzehrt und einiges getrunken. An einem Glas Rotwein nippend hatte ich den Sonnenuntergang beobachtet und den Kontrast zwischen den satten, warmen Farben vor dem Fenster und dem appetitlichen Grün frischer Oliven, in dem die Wände gestrichen waren, bewundert. »Ich kann das gar nicht glauben, Anna. Was für ein schreckliches Ende einer Ehe.« Stumm umarmten wir einander und begannen beide zu weinen. Wenigstens so etwas kann mir nicht mehr passieren. Wenigstens kann ich die guten Erinnerungen an meine Ehe in Ehren halten. »Sieht aus, als wären wir jetzt so eine Art Schicksalsgenossen«, sagte Anna. »Wir werden aufeinander aufpassen.« Ich konnte mich nicht erinnern, je zuvor jemand diese Art von Trost angeboten zu haben. Dadurch war unsere Beziehung wieder ausgeglichen. Und ich hoffte, ich würde ihr beistehen können, während wir beide uns weiterkämpften. Eine Woche danach besuchte ich an einem Nachmittag Tomas. Wir spazierten den Weg zu seinem Atelier hinauf, einem kleinen Ziegelbau hinter seinem Wohnhaus. Unterhalb von uns rauschte der Fluss, wenn auch durch eine Eisschicht gedämpft. Wie wir so durch den Schnee stapften, musste ich mich anstrengen, über den Lärm hinweg seine Stimme zu verstehen. Dann zog er die schwere Tür auf, und wir betraten den dunklen, eiskalten Raum. Er machte Licht und schaltete einen Heizlüfter ein. Ich blies in meine Hände und sah den aufsteigenden...


Metz, Julie
Julie Metz ist Grafikerin, Künstlerin und freie Journalistin. Sie war Stipendiatin des MacDowell Fellowship und lebt heute mit ihrer Tochter und ihrem Partner in Brooklyn, New York. »Die fünf Geliebten meines Mannes« war in den USA ein großer Erfolg, die Buchrechte wurden weltweit verkauft.



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