Messner | Wörtersammeln und Stichwörteln | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 112 Seiten

Messner Wörtersammeln und Stichwörteln

Aufzeichnungen
1. Auflage 2024
ISBN: 978-88-7283-948-5
Verlag: Edition Raetia
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Aufzeichnungen

E-Book, Deutsch, 112 Seiten

ISBN: 978-88-7283-948-5
Verlag: Edition Raetia
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Absolut lebenswert
"Ich wäre gerne ein Künstler, weiß aber, dass ich zumindest ein Lebenskünstler bin. Ein Mensch, der in allen Situationen mit etwas Unterstützung zurechtkommt und dabei glücklich und zufrieden ist." In tagebuchartigen Aufzeichnungen gibt Julian Peter Messner Einblick in seinen Alltag. Er schildert, wie er sich die furchige Zunge bügelte, mit welcher Leidenschaft er Wörter sammelt und wie sein Hochzeitstag mit Annemarie zum schönsten Tag seines Lebens wurde.

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Meine Familie
Zum Glück bin ich in eine Großfamilie hineingeboren und mit der Familie mütterlicherseits herangewachsen. Mit meinem Vater habe ich nie zusammengelebt, außer ab und zu ein paar Tage in den Ferien. Meine Mutter ist die Älteste von zehn Geschwistern. Von den Großeltern hat bei meiner Geburt nur noch der Vater meiner Mutter gelebt, mein allerliebster Opa. Er hat mich immer „nutzo Pui“1 genannt. Im Elternhaus meiner Mutter, wo ich lange Zeit gelebt habe, herrschte immer ein reges Kommen und Gehen. Immer war jemand da. Ich bin offenherzig aufgenommen worden und jeder kümmerte sich liebevoll um mich. Ich weiß auch jetzt, wenn ich Hilfe brauche, wird sicher jemand zur Stelle sein, entweder eine Tante oder ein Onkel oder eine Cousine. Ich bin verwöhnt, unterhalten, gefördert und gefordert und von allen unterstützt und umsorgt worden. Nun lebe ich schon beinahe zwanzig Jahre mit Mama allein in der Wohnung im Parterre des Hauses, das Mama, Onkel Wolfram und Onkel Norbert an der Stelle ihres Elternhauses errichtet haben. Ich habe ein kleines, feines Zimmer mit Fernseher ganz für mich. Mama will das, was ich gerne im Fernsehen anschaue, nicht sehen. So können wir den Streit ums Fernsehprogramm vermeiden. Mit der Tante und den Onkeln und Cousinen väterlicherseits habe ich nur gelegentlich Kontakt. Zudem habe ich einen fünfzehn Jahre älteren Halbbruder, den ich selten sehe. Vier Jahre bin ich nun schon mit Annemarie verheiratet. Ich liebe sie von ganzem Herzen, aber mit ihr allein zusammenzuleben kann ich mir nicht vorstellen. Wir haben beide unterschiedliche Interessen. Annemarie quatscht ohne Pause, notfalls auch nur mit sich selbst, und ich brauche viel Ruhe und Alleinsein. Ich fühle mich auch nicht imstande, alles für uns zu organisieren und Verantwortung für beide zu übernehmen. So lebt sie in ihrer Familie und ich mit meiner Mama. Das ist perfekt so. Wir sind jeden Tag bei der Arbeit zusammen und fahren gemeinsam mit der Lebenshilfe in den Urlaub, dort leben wir auch zusammen. Das reicht mir. Auch sonst unternehmen wir öfter etwas zusammen. Mit der Familie von Annemarie bin ich wenig in Kontakt. Der schönste Tag in meinem Leben
Viele Jahre habe ich von diesem Tag geträumt, habe darüber geredet, habe geplant, Listen geschrieben, bin meinen Mitmenschen damit auf die Nerven gegangen. Schon in der Grundschule habe ich vom Heiraten geredet, und als meine Mutter genug davon hatte, hat sie gesagt, wenn du dreißig bist, reden wir darüber, verschone mich bitte jetzt damit. Ich habe dann eine Weile nicht mehr vom Heiraten geredet, sondern nur noch von „dem, was passiert, wenn ich dreißig bin – du weißt schon“. 2003 habe ich meine Annemarie kennengelernt und ich hab sofort gewusst: Wenn ich dreißig bin, werde ich diese Frau heiraten. Die Jahre verflogen. Heiraten war immer Thema. Mit 28 Jahren habe ich bei den Eltern von Annemarie um die Hand ihrer Tochter angehalten. Ich war schon arg aufgeregt, aber meine Schwiegereltern in spe haben gleich Ja gesagt. Jetzt war viel zu organisieren. Meine Mutter hat mich sehr unterstützt. Ort und Zeitpunkt mussten festgelegt werden. Ich habe beschlossen, am 10. Juni 2017 in meinem Heimatort Oberrasen zu heiraten. Am 11. Juni ist nämlich der Geburtstag von Annemarie und die Hochzeit sollte ein Geschenk für sie werden. Ich habe meine Mutter zum Pfarrer geschickt. Sie sollte ihn überzeugen, uns zu trauen. Das war kein Problem für Pfarrer Cassian, der hat sich sofort mit uns gefreut. Als meine Mutter im Herbst 2016 mit Annemarie und mir zum Goldschmied gegangen ist zum Fingerabmessen, habe ich gewusst, mein Traum wird wirklich wahr. Von da an hatte ich richtig viel zu tun: Location suchen, Caterer beauftragen, Menü aussuchen, mit Annemarie Einladungskarten gestalten, schreiben und verschicken. Es ist uns schwergefallen, die Festgäste auszuwählen aus den vielen Verwandten, Freunden und lieben Bekannten. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich vor Freude das ganze Land eingeladen. Mama hat gesagt, mehr als zweihundert Gäste geht nicht, und zum Festessen können gar nur hundert kommen. Das war alles andere als einfach, aber für mich einen passenden Anzug zu finden, war das Allerschwerste. Ich bin klein und dick, mein Bauch stand immer im Wege. Meine Tante Elvira hatte die Superidee. Sie spendierte mir einen Maßanzug zur Hochzeit. Die Schneiderin musste zum Abmessen 120 km weit herfahren, und ich musste zur Anprobe 120 km mit Elvira zu ihr fahren. Das hat sich aber gelohnt, zum Schluss saß der Anzug wie angegossen, ich sah darin echt wie ein feiner Herr aus. Die Sängerinnen für die Kirche und die Musiker für das Fest sowie auch den Fotografen habe ich aus meinem Bekanntenkreis ausgewählt. Bis zum Schluss habe ich alles hingekriegt. Und dann war er endlich da, der 10. Juni 2017. Um sechs Uhr in der Früh haben mich meine Onkel und Tanten mit Knallern aus dem Bett geholt. Ein leckeres Frühstück hatten sie auch vorbereitet. Um zehn Uhr gab es Sekt und Knabbereien auf der Dachterrasse. Da war auch schon meine Liebste dabei.Wir zwei haben mit Kindersekt angestoßen. Wir wollten schließlich mit klarem Kopf vor den Traualtar treten. Annemarie musste noch zum Friseur und ich unter die Dusche. Anschließend haben wir gemeinsam Mittag gegessen. Mein Hunger war ausnahmsweise gar nicht groß und in meinem Bauch waberte es bereits. Nach dem Essen warf ich mich in Schale und ging mit meiner Tante zu Fuß zur Kirche. Das große Warten begann. Nach und nach trudelten die Gäste ein. Das war ein Hallihallo. Aber wo blieb denn meine Braut? Die Glocken läuteten, der Fotograf und der Filmer standen bereit. Noch immer keine Spur von Annemarie. Sie hat es sich doch nicht etwa anders überlegt? Zum Glück fuhr schließlich doch der Jaguar von meinem Onkel vor.Ein Traum in Weiß mit Blumen in Haar und Händen stieg aus.Meine Lieblingstante führte die Braut zu mir. Ich fühlte mich überwältigt und musste ein paar Tränen kullern lassen. Gemeinsam gingen wir Hand in Hand zum Altar. Von der Messe weiß ich nicht mehr viel, ich fühlte mich aber von Engeln getragen, auf Wolken schwebend. Auf einmal legte der Pfarrer die Stola auf unsere Hände, segnete uns, und wir steckten uns die Ringe an. Wenn ich die Trauformel nicht von einer Karte ablesen hätte können – ich weiß nicht, was ich gesagt hätte. Das von Pfarrer Cassian geflüsterte„Du darfst die Braut auch küssen“ war eine Erlösung für mich. Vor der Kirche warteten Freunde und Bekannte mit Ständchen auf. Mitglieder der Volksbühne Rasen mit roten Zylindern auf dem Kopf, wie ich einen bei meinem Theaterstück „Hochzeitsfieber am Gardasee“ aufgehabt hatte, sangen „Ganz in Weiß“ und meine Tränen flossen, ohne dass ich sie bremsen konnte. Meine Band, die Miteinanders, hatte einen meiner Texte umgeschrieben und sangen, „Hey, hey, hey, schaut mich an, ich bin ein glücklicher Ehemann“. Und sie trafen es damit auf den Kopf: Genau so fühlte ich mich. Ich sang und tanzte mit meiner Frau zur Musik. Unzählige Menschen schüttelten unsere Hände, umarmten uns, gratulierten und freuten sich mit uns und stießen mit uns auf unser Wohl an. Anschließend ging es mit den Gästen zum Festessen ins Kulturhaus. Ich, der ich sehr viel von gutem Essen halte, könnte nicht sagen, was ich gegessen habe, wenn ich nicht die Menükarte hätte, so aufregend war der Tag. Beim Festessen gab es noch manche überraschende Einlage und Glückwünsche über Video von Freunden, die nicht dabei sein konnten, und von vielen Prominenten. Es war ein absolut emotionaler Tag, es war der schönste Tag in meinem bisherigen Leben. Über die Hochzeitsnacht schweigt der Gentleman. Auf die Welt kommen – Erinnerung an die Geburt von Max
Als Max am 8. April 2011 im Krankenhaus geboren wurde, erblickte er zum ersten Mal das Licht der Welt. Er war zunächst blind und völlig hilflos. Er öffnete die Augen weit und betrachtete erstaunt die Umgebung, sah in die Augen der Mutter und begann überlaut zu schreien, sodass sich die Lungen mit Luft füllten und er ordentlich atmen konnte. Da nahm Elvira das Baby Max in ihre Arme, drückte es an ihre Brust und Max begann zu trinken. Sobald er fertig getrunken hatte, war er müde und schlief selig im Arm von Elvira ein und entschwebte in die Traumwelt. So stelle ich mir die Zeit und die Ereignisse um die Geburt von Max vor. Als Jan, der große Bruder von Max, einen Tag später das Baby besuchen durfte, und das Baby sah, sagte er: „Das ist das coolste Brüderchen, das es gibt.“ Die Geburt von Max hat mir meine Mutter telefonisch mitgeteilt. Ich saß gerade im Bus und konnte vor lauter Freude nicht anders, als es lauthals in die Welt hinauszuschreien. „Ich habe einen neuen Cousin bekommen, hurra, hurra, Max ist da!“, jubilierte ich. Zu Hause habe ich Jan zu seinem Bruder gratuliert und ihm aufgetragen, auf das Brüderchen gut aufzupassen. An einem Samstag kam Max mit seiner Mutter heim, ich durfte ihn sehen und anfassen, da bekam ich wieder einmal meine väterlichen Gefühle. Ich habe zu ihm gesprochen, als er noch schlief.Vielleicht hat Max es mitbekommen. Er war wunderschön und noch zerbrechlich. Von da an war er mein Lieblingscousin. Heute ist Max bereits ein großer Junge, lebt seit fast drei Jahren mit seiner Familie in Amerika und wird voraussichtlich erst in einem Jahr wieder nach Südtirol zurückkehren. Ich vermisse ihn...


Messner, Julian Peter
Julian Peter Messner: Geboren 1986 in Bruneck. Seit 2011 ist er in der Kunstwerkstatt „Akzent“ der Lebenshilfe Südtirol tätig. Für seine Texte erhielt er u. a. beim Literaturwettbewerb Ohrenschmaus 2013 den Hauptpreis. 2020 erschien sein Gedichtband „ausnahmsweise ohne titel“ (Raetia). Mit dem titelgebenden Text schaffte er es auf die Ehrenliste des Ohrenschmaus-Preises.

Julian Peter Messner: Geboren 1986 in Bruneck. Seit 2011 ist er in der Kunstwerkstatt "Akzent" der Lebenshilfe Südtirol tätig. Für seine Texte erhielt er u. a. beim Literaturwettbewerb Ohrenschmaus 2013 den Hauptpreis. 2020 erschien sein Gedichtband "ausnahmsweise ohne titel" (Raetia). Mit dem titelgebenden Text schaffte er es auf die Ehrenliste des Ohrenschmaus-Preises.



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