Meßenzehl | Ismael und der Schwarze Tod | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 324 Seiten

Meßenzehl Ismael und der Schwarze Tod


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7431-5622-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 324 Seiten

ISBN: 978-3-7431-5622-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Jahre 1349 wird Gelnhausen von der Pest heimgesucht. Die Juden werden, als Brunnenvergifter und Heilandsmörder verschrien, als Sündenböcke für das 'Große Sterben' verantwortlich gemacht. Es kommt schließlich zum schrecklichen Pogrom gegenüber den Unschuldigen. Nur dem jungen Burschen Ismael und seiner Familie gelingt es, den lodernden Scheiterhaufen zu entkommen. Auf ihrer Flucht durch das Freigericht hält der Schwarze Tod eine schaurige Ernte. Lediglich Ismael zeigt sich gegen die furchtbare Seuche immun. In Aschaffenburg trifft er auf das Christenmädchen Maria, die dem Orden der 'weißen Frauen' angehört. Mitten in den Wirren von Krankheit, Intoleranz, Hass und Zorn verlieben sich die beiden jungen Menschen. Ismael und Maria sehen sich schon recht bald, wegen ihrer Liebe zueinander, der Ächtung und Ablehnung ihrer eigenen Glaubensbrüder ausgesetzt. Als die Selbstgeißler, mit einem fanatischen Hassprediger an der Spitze nach Aschaffenburg kommen, steht eine entsetzliche Katastrophe bevor ...

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Der Schwarze Tod
„…der Sohn ließ den Vater im Stich, der Mann die Frau und umgekehrt, der Bruder den Bruder, die Schwester die Schwester (…) Viele kamen um, ohne dass es von jemandem bemerkt wurde und eine große Zahl verhungerte. Wenn nämlich jemand aufs Krankenbett geworfen wurde, sagten die Mitbewohner im Haus voller Angst:“Ich gehe einen Arzt holen“, verschlossen leise den Ausgang zur Straße und kehrten nie mehr zurück.“ (Marchionne de Coppo Stefani 1348) * Die Stätte des Grauens lag hinter ihnen. Der „Adlerwirt“ hatte keinen Anstoß daran genommen, dass Ismael und die Seinen zu den Sündenböcken gehörten, die für alles Unheil in der Welt verantwortlich waren. Nach der bitteren Erfahrung seiner eigenen Glaubensbrüder, die der „Adlerwirt“ machte, war ihm die Anwesenheit der Juden vielleicht noch angenehm. Vor ihnen hatte er wenigstens nichts zu befürchten. Ihre gemeinsame Not machte sie schließlich zu gemeinsamen Gefährten des Schicksals. In Schweigen verfallend, suchten sie ihren Weg durch die Nacht. Nach Abrahams Tod, wäre es für Judith, Rachel und Ismael nun an der Zeit der „Schiwa“ - der siebentägigen Trauer. Während dieser Zeit war es jedem gläubigen Juden verboten der Arbeit nachzugehen oder sich umzuziehen. Zum Ausdruck des Schmerzes sollte man sich die ledernen Schuhe ausziehen und daheim auf einem Schemel sitzen oder einfach auf dem Erdboden niederkauern. Dafür war jedoch keine Gelegenheit. Ihre Trauer lag einzig auf ihren Seelen. Auch das „Seelenlicht“, welches als kleine Lampe gemäß der Tradition in einem jüdischen Trauerhaus entzündet wurde, gab es nicht. In einem jeden Haus des einstigen jüdischen Viertels in Gelnhausen, würden jetzt normalerweise eben jene Lampen brennen. Denn überall hatte der Tod Einkehr gehalten. Aber es gab keine Trauernden, die um die Toten klagten. Somit brannten auch keine Lampen! Und ob die Mordopfer jemals ein richtiges „Haus der Ewigkeit“ 22 bereitet bekamen, daran bestanden starke Zweifel. Sehr wahrscheinlich würde der Mob die Asche der Mordopfer irgendwo im Erdboden verscharren, anstatt diese zum „guten Ort“ zu bringen. Die Schar der Vertriebenen war die halbe Nacht auf den Beinen gewesen. Die Flucht führte sie durch das „Freie Gericht.“ 23 Der „Adlerwirt“ war nicht gut zu Fuße. Kopfschmerzen und Fieberschübe setzten ihm zu. Er fühlte sich zunehmend schlapp und unwohl. Immerzu rang er nach Luft und wurde stets aufs Neue von Hustenkrämpfen geschüttelt. Die Flüchtenden kamen nicht so recht vorwärts. Sie sahen sich gezwungen, des Öfteren eine Rast einzulegen. In der Zwischenzeit hatte Regen eingesetzt und der ungewöhnlich kühle Sommer nahm seinen Fortgang. Was sehr zum Leid der Bauern und letztlich auch der Bevölkerung geschah. Wenn es so weiterging, war es bis zur nächsten Hungersnot nicht mehr weit. Eine kleine halbverfallene Feldscheune bot den Flüchtenden Unterschlupf. Neben Futterkisten, Haselkörben, fand sich das Sammelsurium an hölzernen Schaufeln, Harken, Reisigbesen, Sensen und Dreschflegeln. Die Flüchtenden sehnten sich einzig nach einem Platz zum Ausruhen. Müde und erschöpft wie sie alle waren, fielen sie ins Heu und begannen zu schlafen. Allein der schwerkranke „Adlerwirt“ keuchte und stöhnte, gepackt von unsäglichem Leiden. Doch niemand war da, der ihm die Qual erleichtert hätte. Jeder brauchte seinen Schlaf und Ruhe für sich. Ismael durchlebte wieder einmal einen seiner schlimmen Albträume. Dieses Mal sah er eine öde, völlig menschenleere Landschaft. Alle Städte und Dörfer waren wie ausgestorben. Nirgendwo zeigte sich ein Mensch. Das einzige Lebewesen, das sich zeigte war eine Ratte, die wie betrunken über eine Gasse torkelte und plötzlich tot umkippte. Der Traum war nur von kurzer Dauer. Mitten in der Nacht schreckte Ismael auf, weil er glaubte der ekelhafte Nager sei ihm über den Leib gehuscht. Hatte ihn etwa ein Spuk genarrt? Was hatte das nur wieder zu bedeuten? Was nutzte ihm die ganze Träumerei, wenn er doch letztlich keinen Einfluss auf das Schicksal nehmen konnte? Er haderte mit der Welt und dem Ewigen. Er verfiel ins Grübeln. Was sollte der seltsame Traum nur bedeuten? Gleich einem Blitz aus heiterem Himmel, drängte sich ihm ein Gedanke auf. Verloren die Ratten erst einmal jegliche natürliche Scheu vor den Menschen und verließen dabei taumelnd und sterbend ihre Schlupflöcher, war es am besten, man ergriff ebenfalls die Flucht und zwar auf schnellstem Wege, dämmerte es Ismael. Doch um den genaueren Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den Ratten, wie auch von dem Wirt in der Infektionskette - eben dem Rattenfloh - wusste niemand, auch er nicht. Ismael vertraute einzig und allein seinem Gespür, dass nach dem Rattensterben auch das „Große Sterben“ unter den Menschen folgte. Er wälzte sich unruhig im Heu umher. „Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte ihn seine Mutter. Auch sie lag auf einmal wach. „Die Flucht ist uns gelungen“, seufzte Ismael fast schon schwermütig, ohne das Gefühl von Glück und Erleichterung. Der furchtbare Tod seines alten Herrn wog einfach zu schwer. Auch das schreckliche Los seiner Glaubensbrüder, von denen er eigentlich jeden Einzelnen gekannt hatte und viele von ihnen auch mochte und wohl auch liebgewonnen hatte, lastete ihm schwer auf der Seele. „Doch wohin sollen wir unseren Fuß nun setzten?“, fragte Judith. „Wenn ich das nur wüsste“, gab er ratlos zurück. „ „Vielleicht schickt uns der Ewige einen Wink“, hoffte Judith. „Da müssen wir wohl bis zum Sanktnimmerleinstag warten.“ In Ismaels Stimme lag Bitterkeit. „Versündige dich nicht“, mahnte Judith. „Ist doch auch war“, erwiderte er. „Wenn es der Ewige gut mit uns gemeint hätte, so wäre diese schreckliche Apokalypse niemals geschehen. Er hätte seine schützende Hand über uns gehalten…“ „Was durch Menschenhand getan, darauf hat Gott keinen Einfluss“, hielt Judith entgegen. „Warum beten wir dann überhaupt?“, spottete Ismael. „Wenn der Ewige uns Juden bei dieser himmelschreienden Untat der christlichen Teufel nicht helfen kann, wozu braucht man ihn denn?“ Die Trauer um den Verlust der Menschen und der Heimat, machte ihn hart wie Felsgestein. Er musste sich schwer zusammennehmen, damit er mit seiner Wutrede die anderen nicht aus ihrem Schlaf aufschreckte. „Auf wessen Seite steht der Allmächtige überhaupt. Mag er die Christen lieber als uns Juden…“ „Wenn dich dein Vater jetzt reden hörte.“ Judith wich entsetzt zurück. „Hör endlich auf zu lästern!“ Ismael schwieg. Ein lastendes Schweigen senkte sich zwischen die beiden. Irgendwann wurden sie erneut vom Schlaf übermannt. * Der nächste Morgen graute bereits, als aus dem Munde der Wirtsfrau ein heftiges Geschrei ertönte, der allen in die Glieder fuhr. „Albert, mein lieber Albert!“ Schlagartig waren alle hellwach. Ismael nahm sich fahrig ein paar Strohhalme aus dem Gesicht. „Warum sagst du denn nichts mehr?“ Verzweifelt schüttelte die Wirtsfrau den Leblosen. „Zu Hilfe, helft ihm doch!“ Ismael kroch zu den beiden Leuten hinüber. Er berührte den rechten Arm des „Adlerwirtes“ und rüttelte an ihm. Er gab jedoch keinen Mucks mehr von sich. „Seine Hände sind schon ganz kalt“, sprach Ismael. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl. „Der Ärmste…er ist tot!“ Die längst gebrochenen Augen des „Adlerwirtes“ waren starr zur Decke gerichtet, als ersuchten sie flehend eine höhere Macht um Beistand. Aus seinem rechten Mundwinkel floss ein dünner schwärzlicher Blutstrom, der inzwischen getrocknet war. Niemand hatte bemerkt, wie und wann er aus der Welt schied. Es wäre sicher kein angenehmes Schauspiel gewesen, ihm beim qualvollen Tod durch Ersticken zusehen zu müssen. Die bleiche Haut des Toten war übersät von punktförmigen Blutungen, die sich beim Zusammenfließen der Blutflecken von dunkelblau ins Schwärzliche verfärbten. Die Lippen zeigten eine bläuliche Verfärbung. Er hatte viel Blut gespuckt, sein durchschwitztes Wams war voll davon. Aus seinem weit geöffneten Mund stank es erbärmlich faulig, so auch sein Schweiß. Ismael wusste bislang weder um die schreckliche Lungenpest, noch dass sie höchst infektiös war. Doch mit einem Schlag wurde ihm nun endgültig die Bedeutung seines Traumes bewusst. In seinem Gesicht stand die Erkenntnis. Der furchtbare Schrecken des Judenpogroms lag hinter ihnen. Dafür tauchte nun ein weiterer auf, der ihr Leben zu einem „Land der Verzweiflung“, mit ständig lauernden Gefahren...



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