Mertens | Annas Blut | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Mertens Annas Blut


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-2694-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-7597-2694-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was ist, wenn nur Alleinsein dein Leben retten kann? Anna, eine lebenslustige Wettermoderatorin, ist erfolgreich, beliebt und der Mittelpunkt jeder Party. Sie träumt von einer Segelreise mit ihrem Mann über den Atlantik. Als sie die Diagnose Blutkrebs erhält, muss sie wochenlang ins Krankenhaus, um eine lebensrettende Stammzelltransplantation zu erhalten. Anna überlebt die Transplantation, doch danach ist alles anders. Ihr zerstörtes Immunsystem zwingt sie dazu, sich von anderen Menschen zu isolieren. Sie kann nicht mehr arbeiten, und die geplante Segeltour findet nicht statt. Unerwartet stößt sie auf eine verletzte Hündin, Lola genannt, die sie bei sich aufnimmt. Mit jedem sanften Pfotenschlag des Tieres, der Annas Herz berührt, findet sie langsam wieder zurück ins Leben. Als sich ihr eine neue berufliche Chance bietet, steht Anna vor einer schwierigen Entscheidung für sich und Lola. Eine ergreifende Geschichte über den Mut zur Veränderung und die unerwartete Stärke, die das Leben uns in dunklen Stunden schenkt.

Annette Mertens, ist in Leverkusen geboren und lebt mit ihrer Familie in Aachen. Sie ist promovierte Biologin und schrieb über zwanzig Jahre wissenschaftliche Fachartikel im medizinischen Bereich. 2011 erkrankte sie ernsthaft und durchlebte eine Knochenmarktransplantation. Diese brachte sie darauf, ihren seit Jahren gehegten Wunsch, über etwas anderes als Wissenschaft zu schreiben, aufzugreifen. 2017/18 absolvierte sie die Autorenausbildung am Schreibhain in Berlin. Auf ihrem Blog www.knochenmarktransplantation-light.de hilft sie Patienten vor und nach einer Transplantation mit Informationen, Gedanken und Tipps. Weitere Informationen finden Sie auf www.annette-mertens.de

Mertens Annas Blut jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


KAPITEL 2
Oliver fuhr wie üblich zu schnell. Die Leitplanken sausten vorüber, und Anna versuchte, nicht auf die aufblinkenden Rücklichter des Renaults vor ihr zu achten. Sie senkte ihren Blick wieder in den Kalender. Zwischen seinen Seiten klemmten Rezepte für Schmerzmittel und Physiotherapie. Bis auf weiteres ihr Plan B. „Jetzt kann ich am ersten Maifeiertag doch beim Chorkonzert mitsingen!“, freute sie sich. „Vielleicht kann mich Mike sogar Montag wieder für die Wettervorhersage einteilen. Bis klar ist, wie es weitergeht.“ Oliver räusperte sich und schaute kurz zu ihr herüber. „Wie stellst du dir das vor? Du hast mir doch eben erzählt, dass du den rechten Arm kaum bewegen kannst.“ „Da habe ich mir etwas überlegt“, grinste Anna. „Ich stelle mich einfach auf die andere Seite. Sozusagen vor England. Dann kann ich die hohen Luftströmungen mit dem linken Arm zeigen, und der rechte kann unten bleiben.“ Wie immer – es gab für alles eine Lösung. „Deine Schulter hat jetzt nur zweite Priorität. Du solltest die Geschichte mit deinen Blutwerten klären. Wer weiß, was dahintersteckt.“ „Ach, ich kann doch nächste Woche zum Arzt. Erstmal wieder unter Leute!“ Im Radio lief Ed Sheerans „Photograph“, und Anna summte leise mit. Sie blätterte weiter in ihrem hellblauen Kalender, auf dem kleine weiße Wölkchen aufgedruckt waren. „In zwei Wochen ist Ostern. Jetzt können wir doch noch zum Boot fahren!“ Oliver war zu sehr mit einem Überholmanöver beschäftigt, um direkt zu antworten. Der Mercedes, den er dabei schnitt, hupte wütend hinter ihm her. „Was willst du denn auf dem Boot? Du gehst so bald wie möglich zum Arzt, Anna. Ich möchte wissen, warum du nicht operiert worden bist. Denk an unseren Segeltörn.“ Oliver, der seit der Kindheit segelte, hatte sich in den letzten drei Jahren in seiner Freizeit mit nichts anderem mehr beschäftigt. Sonne, Wind und Meer – das Segeln hatte sich im Laufe ihrer langen Beziehung als große gemeinsame Leidenschaft herausgebildet. Das Boot hatte Oliver vor 15 Jahren gekauft, und Anna mit Tränen in den Augen vorgestellt. „Einmal mit dir über den Atlantik segeln, Anna, das wünsche ich mir“, hatte er ihr ins Ohr geflüstert. Anna, damals 27 Jahre alt, hatte große Lust auf Abenteuer gehabt. Die folgenden Jahre verbrachten sie ihren Urlaub nur noch auf der GRACE, und Anna zahlte viel Lehrgeld, bis sie von Olivers Gehilfin zur gleichberechtigten Segelpartnerin wurde. Dann kam Ronja. Als diese erwachsen war, griff Oliver die Idee wieder auf. Während er von der Landstraße in Richtung Roetgen abfuhr, blätterte Anna weiter in ihrem Kalender. Sie hatte vor Weihnachten ein kleines Segelboot hinein gemalt, da war es jetzt zu sehen, am 16. September. Der Start der Tour! Die Reise würde mit der Überführung des Bootes von der niederländischen Küste nach Gran Canaria beginnen, ein Trip von mehreren Wochen um Europa herum. Viereinhalb Monate, nachdem Ronja in die USA flöge – der Beginn ihrer neuen Zweisamkeit mit Oliver. Anna hoffte insgeheim, dass es ihr mit ihrem Mann allein an Bord nicht zu langweilig werden würde. Sie würde Ronja vermissen. Ihr Stipendium überschnitt sich leider um mehrere Wochen mit den Segeldaten. Ronja wollte das dritte und vierte Semester ihres Mikrobiologie-Studiums in Arizona verbringen. Anna war sehr stolz auf ihre Tochter. Doch jetzt musste Anna als erstes fit und mobil werden. Morgen melde ich mich bei der Arbeit zurück, danach gehe ich zur Physiotherapie, und dann kommen die Ärzte dran, dachte sie, während sie weiter in ihrem Kalender blätterte. Für ihre Schulter wollte sie der konventionellen Therapie noch eine Chance geben. Kein Grund zur Aufregung. Nach einer halben Stunde bogen sie in die Auffahrt ihres Einfamilienhauses in Roetgen ein. Roetgen, ein kleiner Ort am Rande der Eifel, dicht an Aachen, und vor allem nah zur Natur. Anna hatte nach dem Studium Oliver dazu überredete, in die Gemeinde zu ziehen, in der sie ihre Kindheit verbracht hatte, die überwiegend von wohlhabenden Pendlern bewohnt war. Hier fühlte sie sich wohl, immer ein paar Höhenmeter über den Städten des Rheinlandes, in der idyllischen Umgebung einer Neubausiedlung mit lauter individuell gestalteten Einfamilienhäusern. Ihr Haus lag unmittelbar am Waldrand und hatte einen kleinen, verwilderten Vorgarten, den Anna als ihr Projekt für später – wenn sie mal in Rente war – deklariert hatte. Die ersten wilden Chrysanthemen schossen in die Höhe und verdeckten das Unkraut in der Einfahrt. Anna schloss die Haustür auf und stellte ihre Krankenhaustasche in den Flur, da kam Ronja die Treppe herunter und stürmte aus dem Haus, nicht ohne ihre Mutter kurz in den Arm zu nehmen. „Hallo Mama, toll, dass das mit der Operation so schnell gegangen ist. Ruh dich schön aus. Ich muss zur Uni, wartet nicht auf mich …“ „Ronja …?“ Zu spät, da war nur noch ein rotblonder Haarschopf zu sehen, der ihrer Tochter hinterher wehte, während sie mit dem Fahrrad um die Ecke bog. Sie sah Oliver fassungslos an: „Hast du nicht mit ihr gesprochen? Kann man von einer Neunzehnjährigen nicht erwarten, dass sie einen Moment für ihre Mutter übrig hat, wenn sie aus dem Krankenhaus kommt?“ „Lass sie doch. Ich hatte gestern Abend keine Gelegenheit, und sie hat mit ihrer Gastfamilie in den USA gechattet. Du weißt schon …“ Wie schön, wieder zuhause zu sein. Anna liebte ihr großes Haus, denn sie war ihr Leben lang großzügigen Wohnraum gewohnt. So hatte sie ihr Familiendomizil ähnlich weiträumig eingerichtet wie ihr Elternhaus. Als wenn sie eine Ewigkeit fort gewesen wäre, ging sie durch das Wohnzimmer, strich gedankenverloren mit der Hand über die Oberfläche der Kommode ihrer Eltern, das einzige antike Einrichtungsstück, und setzte sich auf die helle Couch. Ihr Lieblingsplatz, von hier überblickte sie den ganzen Garten, der direkt an ein großes Feld grenzte. Jetzt war es ein unbepflanzter, roher Acker, aber im Sommer würde der Bauer Mais aussäen, der ihnen wenig später die Aussicht zum nahegelegenen Wald versperren würde wie ein grünes Meer. Das Grundstück war nicht groß und die Nachbarhäuser standen dicht beieinander. Der freie Ausblick vermittelte Anna jedoch das Gefühl, sie wohne unmittelbar in der Natur. „Bitte pack deine Tasche sofort aus. Am besten gleich im Waschkeller. Ich werfe heute Nachmittag die Waschmaschine an“, hörte sie Oliver in der Küche sagen. Anna verdrehte die Augen. Der Alltag und Olivers Häuslichkeit hatten sie wieder eingeholt. „Ich habe eine Flasche Wein kaltgestellt. Vielleicht bleibst du heute Abend ja mal zuhause.“ Anna zuckte zusammen. Eigentlich wollte sie bei ihrer Freundin Doris auf einen Sprung vorbei. Oliver stand in der Tür und bemerkte ihr Zögern. „Aha, anscheinend nicht. Ich geh’ arbeiten.“ Damit verschwand er in sein Arbeitszimmer. Auf dem Treppenabsatz drehte er sich noch einmal zu ihr um: „Du gehst nicht auf Sendung, bevor dein Gesundheitszustand nicht geklärt ist! Vergiss’ nicht, dass du gerade aus dem Krankenhaus kommst!“ „Bin ich todkrank, oder was? Ich habe eine lädierte Schulter, das ist alles!“ Das wäre doch gelacht, wenn ihr Mann ihr verböte, zur Arbeit zu gehen. Die Tasche ins Schlafzimmer in die obere Etage zu schleppen, war nicht leicht mit der Schulter, sie hätte sich jedoch lieber auf die Zunge gebissen, als Oliver um Hilfe zu fragen. Sie warf die Schlafanzüge, Wäsche und Socken auf das Bett. Das meiste musste gar nicht gewaschen werden. Sie hatte keine Lust, aufzuräumen, und beschloss, alles so liegen zu lassen. Oliver hasste Unordnung, doch das war ihr egal. Sie ging die Treppe wieder hinunter und streifte durch den Garten, um Ronjas Meerschweinchen zu begrüßen. Die zwei Pelzbälle saßen in ihrem Gehege auf der Wiese und knabberten an ihrem Heu. „Na, ihr zwei Süßen, ihr habt mich bestimmt vermisst?“ Schrabb, schrabb, schrabb. Pippin, der Kleine und Otto, der Große, nagten friedlich am Heu. Das Geräusch beruhigte Anna. Sie kraulte das flauschigere der beiden im Nacken. Das gelang ihr nicht so gut – kleine Meerschweinchen haben halt kleine Nacken. Anna liebte sie trotzdem. Für Hund oder Katze, von denen sie und Ronja eigentlich träumten, war in ihrem turbulenten Alltag keine Zeit. Durch das Fenster im Erdgeschoss sah sie Oliver am Schreibtisch sitzen. Wie konzentriert er doch war, richtig vertieft in eine Akte. Oliver liebte seinen Beruf als Teilhaber einer Wirtschaftskanzlei. Ein normaler Angestelltenjob wäre der Horror für ihn. Er war es nicht mehr gewohnt, sich unterzuordnen, und genoss die Anerkennung für sein überlegtes, souveränes Auftreten vor Gericht. Er könnte sich einmal neu einkleiden, dachte Anna, während sie, Meerschweinchenhaare kraulend, ihren Mann unbemerkt beobachtete. Immer nur helle Stoffhosen und...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.