Mereschkowski | Leonardo da Vinci (Historischer Roman) | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 640 Seiten

Mereschkowski Leonardo da Vinci (Historischer Roman)

Historischer Roman aus der Wende des 15. Jahrhunderts
Verbesserte Auflage
ISBN: 978-80-268-5402-9
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman aus der Wende des 15. Jahrhunderts

E-Book, Deutsch, 640 Seiten

ISBN: 978-80-268-5402-9
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses eBook: 'Leonardo da Vinci (Historischer Roman)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Leonardo da Vinci (1452-1519) war ein italienischer Maler, Bildhauer, Architekt, Anatom, Mechaniker, Ingenieur und Naturphilosoph. Er gilt als einer der berühmtesten Universalgelehrten aller Zeiten. Leonardo schuf nicht nur zahlreiche Kunstwerke, sondern außerdem eine große Anzahl von Entwürfen für Gebäude, Maschinen, Kunstgegenstände, Gemälde und Skulpturen, die zu verwirklichen er nie die Zeit fand. Von sich selber sagte er, dass er die Idee mehr liebe als deren Ausführung, und dass er am Anfang einer Tätigkeit bereits ans Ende dächte. Tun und Erkennen waren für ihn gleichermaßen wichtig. Teilweise wurde seine Tatkraft von seinem großen Forschungsdrang gelähmt. Zunächst wollte er lernen, Meisterwerke der Kunst zu schaffen. Mehr und mehr interessierte er sich dann aber für das Wissen über die Natur und war fasziniert von deren Vielfalt und Schönheit. Dmitri Sergejewitsch Mereschkowski (1865-1841) war ein russischer Schriftsteller. Bekannt wurde Mereschkowski durch eine Reihe historischer Romane und Novellen. Sein Roman Leonardo da Vinci, der unmittelbar nach Erscheinen der russischen Ausgabe vielfach übersetzt wurde, erreichte weltweit - auch in Deutschland - enorm hohe Auflagen.

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III.
Inhaltsverzeichnis

Merula kam nach Florenz im Auftrage seines Herrn, um seltene Werke aus der Bibliothek Lorenzo des Prächtigen anzukaufen. Er kehrte wie immer bei seinem Freunde Messer Cipriano Buonaccorsi, der gleich ihm großer Liebhaber von Altertümern war, ein. Der gelehrte Geschichtsschreiber lernte Beltraffio auf der Reise aus Mailand zufällig in einem Gasthause kennen und brachte ihn ins Haus des Cipriano, da er, Merula, einen geschickten Schreiber brauchte. Giovanni hatte aber eine schöne und deutliche Schrift. Als Giovanni ins Zimmer trat, war Merula mit einem alten zerfetzten Buch beschäftigt, das wie ein Brevier oder Psalter aussah. Er strich vorsichtig mit einem nassen Schwamm über das zarte Pergament, das aus der Haut eines totgeborenen irischen Lammes gefertigt war; einzelne Zeilen bearbeitete er mit Bimsstein, glättete sie mit Messer und Falzbein und betrachtete dann die Blätter gegen das Licht. Er murmelte gerührt und aufgeregt: »Ihr Lieben, Armen ... kommt doch ans Licht ... Wie lang ihr doch seid und wie schön!« Er schnalzte mit den Fingern und hob seinen kleinen kahlen Kopf. Sein Gesicht war aufgedunsen und von weichen beweglichen Falten durchfurcht, seine Nase blaurot, seine Augen klein, bleigrau, doch voller Leben und überschäumender Freude. Auf der Fensterbank vor ihm stand ein Tonkrug und ein Becher. Der Gelehrte schenkte sich Wein ein, trank aus, räusperte sich und wollte gerade wieder sein Buch vornehmen, als er Giovanni gewahrte. »Grüß Gott, Mönchlein!« begrüßte ihn der Alte scherzend: er nannte Giovanni so seiner Bescheidenheit wegen. – »Ich habe mich nach dir wirklich gesehnt. Wo der sich nur herumtreibt? – Ich dachte mir: Hat er sich vielleicht gar verliebt? Denn in Florenz gibt es nette Mädchen, man kann sich schon wirklich in eine verlieben. – Auch ich habe hier meine Zeit nicht vergeudet. Du hast wohl noch nie ein so spaßhaftes Ding gesehen. Soll ich es dir zeigen? Oder lieber nicht: am Ende erzählst du es noch herum. Ich habe das Ding bei einem jüdischen Trödler unter allem möglichen alten Zeug entdeckt und um wenige Groschen gekauft. Nun, es sei: ich will es dir zeigen. Sonst aber niemand.« Er winkte ihm näher heran. »Komm näher ans Licht!« Er zeigte ihm ein Blatt, das eng mit eckiger Kirchenschrift beschrieben war. Es waren Hymnen, Gebete und Psalmen mit großen plumpen Noten. Dann schlug er das Buch auf einer anderen Stelle auf, hob es zum Licht vor Giovannis Augen – und da sah dieser unter den wegradierten Zeilen andere fast unsichtbare Schriftzeichen hervorschimmern; es waren eigentlich keine Schriftzeichen, vielmehr vertiefte blasse und zarte Gespenster längst entschwundener Buchstaben. »Siehst du es jetzt?« fragte Merula triumphierend. »Da sind sie nun alle wieder da. Ich sagte dir ja, Mönchlein, daß es ein spaßhaftes Ding ist!« »Was ist es denn? Woher?« fragte Giovanni. »Ich weiß es noch selbst nicht. Ich glaube, es sind Bruchstücke der alten Anthologie. Vielleicht sind es auch neue, der Welt unbekannte Schätze der hellenischen Muse. Wäre ich nicht gekommen, so hätten sie nie das Licht der Welt erblickt. Sie blieben dann für alle Ewigkeit unter diesen Hymnen und Bußpsalmen begraben...« Merula erzählte, daß manche Mönche, die im Mittelalter Bücher schrieben, von alten wertvollen Pergamenthandschriften die heidnischen Zeilen wegradierten um sie neu zu beschreiben. Die Sonne vermochte nicht den grauen Regenschleier zu zerreißen; sie schimmerte aber durch und füllte das Zimmer mit einem rötlichen, langsam verglimmenden Schein. Bei diesem Licht traten die Schatten der alten Schriftzeichen deutlicher hervor. »Siehst du, siehst du: die Toten stehen auf!« sagte Merula voller Entzücken: »Ich glaube, es ist eine Hymne an die Olympier. Schau nur her, die Anfangszeilen kann man jetzt deutlich entziffern.« Er übersetzte aus dem Griechischen: Ehre dir, prächtig mit Reben geschmückter, lieblicher Bacchus!
Ehre dir, Phöbos mit fliegenden Pfeilen aus silbernem Bogen,
Prächtig gelockter Mörder der Kinder Niobes ... »Und das hier ist ein Lobgesang auf Venus, vor der du solche Angst hast, Mönchlein! Ich kann es nur schwer entziffern: Ehre dir, Venus, du Mutter mit goldenen Füßen,
Freude der Götter und Menschen ... Der Vers brach ab und verschwand unter der Kirchenschrift. Giovanni ließ das Buch sinken; die Schriftzeichen verblaßten, die Vertiefungen verschwanden, die Schatten wurden unsichtbar. Man sah nur noch die fetten schwarzen Buchstaben des Klosterbreviers und die großen hakenförmigen plumpen Noten des Bußpsalmes: »Erhöre, Gott, mein Gebet, vernimm mein Flehen und neige mir Dein Ohr! Ich stöhne in meinem Elend und meine Seele ist bange. Mein Herz bebt in mir und alle Schrecken des Todes bedrängen mich.« Der rötliche Lichtschein verglomm und im Zimmer wurde es dunkel. Merula schenkte sich wieder Wein ein, trank aus und bot auch Giovanni einen Becher an. »Da, trinke für mein Wohl! Vinum super omnia bonum diligamus!« Giovanni lehnte ab. »Also nicht. So trinke ich für dich. – Warum bist du heute so langweilig, Mönchlein? Wie ein begossener Pudel. Hat dir vielleicht wieder der scheinheilige Antonio mit seinen Prophezeiungen Angst eingejagt? Spuck doch drauf! Warum krächzen diese verdammten Heuchler wie die Raben? Gestehe nur, hast du wieder mit Antonio gesprochen?« »Ja.« »Worüber denn?« »Über den Antichrist und Messer Leonardo da Vinci...« »So, so! Ich glaube, du denkst jetzt nur an den Leonardo. Hat er dich denn behext? Hör' einmal, schlage dir diesen Unsinn aus dem Kopf. Bleibe mein Sekretär: du hast dann rasch deinen Weg gemacht; du sollst bei mir Latein lernen, ich werde aus dir einen Juristen, Redner oder Hofdichter machen, – du wirst Reichtum und Ruhm erlangen. Was taugt denn deine Malerei? Der Philosoph Seneca nannte die Malerei ein Handwerk, das eines Freien unwürdig sei. Schau dir nur die Maler an: es sind lauter ungebildete, rohe Menschen....« »Ich hörte sagen,« versetzte Giovanni »Messer Leonardo sei ein großer Gelehrter.« »Ein Gelehrter? Warum nicht gar! Er kann ja nicht einmal lateinisch lesen, er verwechselt Cicero mit Quintilian und hat vom Griechischen keinen blauen Dunst. Das will ein Gelehrter sein? Daß ich nicht lache!« »Man sagt,« versetzte Giovanni beharrlich, »er erfinde wunderbare Maschinen. Seine Beobachtungen der Natur sollen ....« »Ach, Maschinen, Beobachtungen .... Damit kann man nicht weit kommen. In meinen »Schönheiten der lateinischen Sprache« sind mehr als zweitausend elegante Redewendungen angeführt. Hast du eine Ahnung, was das für Arbeit machte? Wenn aber einer nur Räderchen zusammensetzt und beobachtet, wie die Vögel fliegen und wie das Gras wächst, – so ist es keine Wissenschaft, sondern leerer Zeitvertreib und Kinderspiel.« Der Alte machte eine Pause. Sein Gesicht wurde ernst. Er ergriff Giovannis Hand und sprach mit feierlichem Ernst: »Höre mir zu, Giovanni, und merke es dir. Unsere Lehrer sind – die alten Griechen und Römer. Sie haben alles vollbracht, was der Mensch auf dieser Erde nur vollbringen kann. Wir müssen ihnen folgen und bestrebt sein, ihnen alles nachzumachen. Denn es steht geschrieben: der Schüler stehe nicht höher als sein Lehrer.« Er nahm einen Schluck Wein. Dann warf er Giovanni einen lustigen schlauen Blick zu und die weichen Falten in seinem Gesicht schwammen plötzlich zu einem breiten Lächeln auseinander. »Ja ja, die Jugend! Wenn ich dich so anschaue, Mönchlein, werde ich neidisch. Eine Frühlingsknospe bist du! Du trinkst keinen Wein, gehst den Weibern aus dem Wege, bist still und schüchtern. Und doch sitzt in dir ein Teufel. Ich habe dich ja durchschaut. Warte nur, Lieber: der Teufel wird noch einmal ausbrechen. Du bist so langweilig und doch unterhält man sich so gut mit dir. Du bist wie dieses Buch, Giovanni: auf der Oberfläche sind es Bußpsalmen, und darunter – eine Hymne an Aphrodite.« »Es wird dunkel, Messer Giorgio. Soll ich nicht Licht machen?« »Warte ein wenig. Ich liebe es, in der Dämmerung zu sitzen, zu plaudern und an meine Jugend zu denken ....« Seine Zunge wurde schwer, seine Rede verworren. »Ich weiß es ja, lieber Freund,« fuhr er fort, »was du dir jetzt denkst: der alte Kerl ist besoffen und redet Unsinn. Aber da fehlt es bei mir auch nicht!« Mit diesen Worten tippte er sich auf die kahle Stirne. »Ich prahle nicht gern, frage aber jeden Scholaren, ob schon jemand den Merula in der Eleganz seiner lateinischen Sprache übertroffen hat. Und wer hat den Martial entdeckt? Wer hat die berühmte Inschrift auf den Ruinen des Tiburtinischen Tores entziffert? Ich bin manchmal so hoch geklettert, daß mir ganz schwindlig wurde; Steine rissen unter meinen Füßen los und stürzten hinab und ich mußte mich oft an irgend einen Strauch klammern, um nicht selbst hinabzustürzen. So saß ich ganze Tage in der glühenden Sonnenhitze, quälte mich mit alten Inschriften ab und schrieb sie mir auf. Junge Bauernmädchen, die vorbeigingen, lachten mich aus und sprachen: »Schaut nur her, was da für eine Wachtel sitzt. Wie hoch der Narr geklettert ist! Der sucht wohl nach einem vergrabenen Schatz.« Ich schäckerte ein wenig mit den Mädchen und machte mich wieder an die Arbeit. Und unter dem Geröll, unter Efeu und Dornen entdeckte ich die zwei Worte: »Gloria Romanorum.« Er schien diesen längst vergessenen...



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