E-Book, Deutsch, Band 6, 160 Seiten
Reihe: Historische Romane
Meister / Frey Der Vampyr
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7431-8485-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Seegeschichte von Friedrich Meister
E-Book, Deutsch, Band 6, 160 Seiten
Reihe: Historische Romane
ISBN: 978-3-7431-8485-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der junge Paul Wetter heuert auf der Korvette Wolf an. Die Reise führt die Mannschaft von Hamburg aus ins Mündungsdelta des Kongo, mit dem Auftrag, die dort tätigen Sklavenfänger aufzubringen. Gemeinsam mit seinem Vorgesetzten, Leutnant Langfeld, gerät er in die Gefangenschaft der Ureinwohner. Auf abenteuerliche Weise retten sich die beiden durch die Mangrovenwälder, bis sie endlich auf ihr Schiff zurückkehren können. Der Vampyr ist der sechste Band aus der Reihe der neu gefassten Erzählungen von Friedrich Meister. In der Neufassung nimmt Peter M. Frey leichte Veränderungen am Originaltext vor, die der Lesbarkeit und der Übertragung in die heutige Zeit geschuldet sind. Ziel ist es, den Charakter des Originals so weit wie möglich zu erhalten. Im alphabetisch geordneten Glossar finden sich Erläuterungen zu Fachbegriffen aus der Seefahrt.
Friedrich Meister wurde 1848 in Baruth in Brandenburg geboren und starb 1918 in Berlin. Er war ursprünglich ein Seefahrer der alten Schule. Zu seiner Zeit wurde der überseeische Handelsverkehr zum größten Teil noch durch Segelschiffe besorgt. Auf solchen Segelschiffen fuhr Friedrich Meister zehn Jahre lang durch alle Meere - die Polarmeere ausgenommen - und bei Sonnenschein und Sturm erlebte er manches Abenteuer. Dabei lernte er fremde Länder und Völker kennen. Er bereiste China, Siam, Japan und den Südsee-Archipel bis zur Küste von Neu-Guinea und nördlich davon die Philippinen. Er war in Westindien, Nord- und Südamerika, England, Italien und Griechenland. Er sah die »Sultansstadt am Goldenen Horn«, das heutige Istanbul, und die Westküsten des Schwarzen Meeres. In Japan erkrankte er an einem Augenleiden, das ihn schließlich dazu zwang, den Seemannsberuf aufzugeben. An Land wusste er zunächst nicht, wovon er leben sollte. Er versuchte dies und das und gelangte schließlich zur Schriftstellerei. Friedrich Meister ist Autor zahlreicher Jugendbücher. Aus dem Vorwort von »Burenblut«
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Erstes Kapitel
Wie Deutschland seemächtig werden wollte und nicht konnte. In englischem Dienst. - Vom Präventivgeschwader. - Der ‚Wolf’. Eine düstere Vorahnung. - In See. Schwarzrotgolden war die Flagge, unter der ich meine Seemannslaufbahn begann; sie wehte von der Gaffel der hölzernen Fregatte Deutschland. Unter meinen jungen Lesern und Freunden wird mancher von einer solchen Fregatte und auch von einer deutschen Kriegsflagge in schwarzrotgoldenen Farben bisher noch nichts gehört haben, und doch ist diese Flagge einst der Hoffnungsstern gewesen, zu dem alle Patrioten, die eine deutsche Flotte ersehnten, begeistert aufschauten. Man schrieb damals 1849. Im vorhergehenden Jahre hatte das kleine Dänemark mit ein paar alten, halbbemannten Fregatten unsere Küsten blockiert, viele unserer Handelsschiffe gekapert und unseren gesamten Seehandel lahmgelegt. Da rief alles nach einer deutschen Seegewalt, und in glühendem, patriotischem Eifer ging man an die Schaffung einer Flotte. Hamburg machte damit den Anfang. Eins der fünf Kauffahrteischiffe, die es dem Reichsministerium zur Verfügung stellte, war die sogenannte Fregatte Deutschland, die sich zwar nicht als kriegstüchtig erwies, aber zur Ausbildung von Kadetten, damals Seejunker genannt, gut geeignet war. Am 1. April 1849 zählte unsere Flotte - ich sage unsere Flotte, weil ich als Seejunker an Bord der Deutschland auch zu ihr gehörte - schon neun Kriegsdampfer und siebenundzwanzig Kanonenboote. Am 4. desselben Monats wurde in der Bucht von Eckernförde das dänische Linienschiff Christian VIII von den deutschem Strandbatterien in Brand geschossen und zerstört und die Fregatte Gefirn, ein schönes Kriegsschiff mit zweiundvierzig Geschützen den Dänen weggenommen und nach ihrer Ausbesserung der deutschen Marine einverleibt. Nach dem Ruhmestage von Eckernförde brannten alle Mann in der Flotte vor Verlangen, sich ebenfalls mit den Dänen messen zu können, und als sich am 4. Juni unser Oberstkommandierender, der Commodore Brommy, entschloss, mit den drei Dampfern Barbarossa, Hamburg und Lübeck eine Erkundungsfahrt nach Helgoland zu unternehmen, da war der Jubel groß, und überglücklich schätzten sich alle, die zur Vervollständigung der Besatzung an Bord dieser drei Dampfer befohlen wurden. Zu den sechs Seejunkern, welchen man diese Auszeichnung zuteil werden ließ, gehörte auch ich, und zwar kam ich an Bord des Flaggschiffes Barbarossa. Das Wetter war herrlich, als wir aus der Weser in die offene See hinausdampften. Helgoland kam in Sicht und bald darauf, eine Meile südlich von der Insel, die dänische Korvette Valkyrien. Ihre Segel hingen schlaff von den Rahen, und da sie in der herrschenden Windstille nicht manövrierfähig war, betrachteten wir sie schon als gute Prise. Hoch klopften alle Herzen bei dem Signal: Kurs auf den Feind setzen. Bald darauf begann auch die Kanonade. Die Korvette führte, wie später bekannt wurde, zwölf kurze Achtzehnpfünder, und ihre Besatzung zählte noch nicht zweihundert Mann. Auf der Seite der Deutschen standen ihr die Barbarossa mit acht achtundsechzigpfündigen Bombenkanonen und die beiden andern Dampfer mit je einem langen Sechsundfünzigpfünder und einem Zweiunddreißigpfünder gegenüber: unsere Besatzungen zählten zusammen vierhundert Mann. Der Däne war mithin schon so gut wie unser, so dachten wir - aber es kam anders. Wegen der großen Entfernung richteten die Geschosse auf beiden Seiten nur wenig Schaden an, und um die Sache kurz zu machen, ließ die Korvette Hamburg Volldampf angehen, um den Feind zu entern. In diesem Augenblick fiel auf Helgoland, damals bekanntlich noch englischer Besitz, ein Kanonenschuss. Commodore Brommy stieß eine wilde Verwünschung aus und stampfte wütend das Deck. Dann gab er der Hamburg das Signal: In die Elbe einlaufen, und unmittelbar darauf ließ er den Flaggenbefehl flattern: Das ganze Geschwader Feuer einstellen. Die Schiffe drehten um und nahmen Kurs auf die Elbe. Offiziere und Mannschaften standen sprachlos bei diesem Befehl, der ihnen die sichere Prise aus den Händen riss. Wenngleich sie stumm gehorchten, sah der Commodore doch wohl ein, dass er ihnen eine Erklärung seines Benehmens schuldig sei. Jener Schuss auf Helgoland war der Grund seiner unbegreiflichen Handlungsweise. Er sollte uns sagen, dass wir uns auf neutralem Gebiet, in englischem Gewässer befänden. Die Offiziere waren wütend; nach ihren Messungen betrug die Entfernung unserer Schiffe von Helgoland fünf Seemeilen, die Neutralitätsgrenze aber war damals auf drei Seemeilen festgesetzt. Sie hätten sich auch nicht an den Schuss gekehrt, aber Brommy war anderer Ansicht; er durfte es nicht darauf ankommen lassen, mit England in Streit zu geraten, das Dänemark freundlich gesinnt war und in Schutz genommen hatte und außerdem die schwarzrotgoldene Flagge nicht anerkennen wollte. Wenige Tage darauf ließ der englische Premierminister Lord Palmerston durch die Times verkünden, es hätten sich bei Helgoland Kriegsschiffe unter schwarzrotgoldener Flagge gezeigt; ließen sie sich noch einmal sehen, dann würden sie durch englische Kriegsschiffe als Piraten aufgebracht werden. Das war eine tödliche Beleidigung, aber die deutsche Reichsregierung konnte in ihrer Ohnmacht nichts dagegen tun. Zugleich war damit aber auch das Todesurteil über unsere Marine ausgesprochen. Sie durfte sich nicht mehr auf See zeigen. Sie war dem Fluch der Lächerlichkeit verfallen. Und nun kam auch sehr bald das Ende. Am 31. Dezember 1851 hörte die deutsche Flotte auf, Bundesflotte zu sein und ihre Veräußerung wurde beschlossen. Im Mai 1852 traf der Bundeskommissar Hannibal Fischer in Bremerhaven ein, und unter seiner Leitung begann die Versteigerung der Schiffe und des Zubehörs, aber es dauerte fast noch ein Jahr, ehe alles beendet war. Am 31. März war ein Generalbefehl Brommys erschienen, der dem deutschen Volke verkündete, dass die deutsche Flotte aufgehört habe zu bestehen. So gehörte sie nur noch der Erinnerung an. Die Offiziere der verkauften Schiffe, mit wenigen Ausnahmen ehemalige Steuerleute deutscher Kauffahrer, wandten sich teils diesem Beruf wieder zu, teils nahmen sie Dienste in ausländischen Flotten, am zahlreichsten in der englischen, wo man sie gern aufnahm und sie in den Rangklassen einreihte, welchen sie unter Commodore Brommy angehört hatten. Ehe ich als Seejunker an Bord der Fregatte Deutschland gekommen war, war ich bereits vier Jahre auf preußischen Handelsschiffen gefahren, zuletzt als Vollmatrose. Zur Zeit der Auflösung der deutschen Marine zählte ich achtzehn Jahre. Meine guten Eltern hatte ich früh verloren. Ich stand ganz allein in der Welt unter der Obhut eines Vormundes, der ein braver Mann war, sich aber nur wenig um mich kümmerte. Er hatte nichts einzuwenden, als ich, dem Beispiele einiger Kameraden folgend, in England Dienste nahm. Von jeher hat man jenseits des Kanals eine Vorliebe für deutsche Seeleute gehegt und diese vor allen andern Ausländern gern sowohl auf Kauffahrteischiffen, als auch auf Kriegsschiffen in Dienste genommen. Im allgemeinen ist diese Tatsache nicht an die große Glocke gehängt worden, das lässt der englische Nationalstolz nicht zu. Hin und wieder aber hat es dennoch auch dort drüben nicht an Leuten gefehlt, die offen auf diese Erscheinung hingewiesen haben, und sie damit zu erklären suchten, dass der deutsche Seemann nicht nur in allen Stücken dem britischen ebenbürtig, sondern auch zuverlässiger, weil nüchterner, sei als jener. Und da der Deutsche bekanntlich von alter Zeit her stets bereit gewesen ist, für fremde Herren Landsknechtsdienste zu tun, was sein Tatendrang und seine Abenteuerlust erklären, so hat es auch besonders in früheren Jahren der englischen Seefahrt an deutschen Kräften nie gefehlt. Heute hat Deutschland selbst eine große Marine, viele Kolonien und so ausgedehnte überseeische Verbindungen, dass der Dienst auf den Schiffen jener fremden Macht unseren jungen Seeleuten nicht mehr so verlockend erscheint. Anders war es noch zu meiner Jugendzeit. Die Romantik des Seelebens blühte dazumal für uns Deutsche fast nur in englischen Diensten, und kein Seemann galt bei uns für voll, der nicht auf englischen Schiffen gefahren hatte. Im fünften und sechsten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts hatten die Bestrebungen Englands, dem an der Westküste Afrikas in unerhörtem Maße betriebenen Sklavenhandel eine Ende zu machen, eine große Anzahl abenteuerlustiger Seefahrer aller Nationen zum Eintritt in das Geschwader bewogen, das zur Ausübung dieses sogenannten Präventivdienstes im Atlantischen Ozean, zwischen Westindien und Afrika, zu kreuzen hatte. Dass die Deutschen hierbei nicht fehlen konnten, liegt auf der Hand. Sie waren zeitweise, und namentlich nach der Auflösung der Reichsmarine so stark vertreten, dass einzelne Fahrzeuge des Geschwaders eine fast durchweg deutsche Besatzung hatten. Commodore Brommy, der eine Zuneigung zu mir gefasst hatte, gab mir, als ich mich von ihm...