Buch, Deutsch, Band 15, 208 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm, Gewicht: 245 g
Reihe: Caracol Prosa
Roman
Buch, Deutsch, Band 15, 208 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm, Gewicht: 245 g
Reihe: Caracol Prosa
ISBN: 978-3-907296-32-5
Verlag: Caracol Verlag der Autorinnen & Autoren
Makrele vom Lachstyp (Jurel tipo salmón) ist ein chilenischer Ausdruck für eine Mogelpackung und enttäuschte Erwartungen. Er trifft auch zu für das Chile der 90er Jahre, in das der Exilchilene Manuel mit seiner Schweizer Frau Olivia zurückkehrt im Glauben, das ganze Land sei im Aufbruch. Bald müssen sie feststellen, dass die Diktatur in vielen Köpfen noch nicht überwunden ist.
Während einer gemeinsamen Campingwoche mit Manuels Jugendfreund Fernando und dessen junger Frau Amparo wird Olivia zudem klar, dass einst auch Schweizer Einwanderer am Unrecht gegenüber dem grössten indigenen Volk Chiles, den Mapuche, schuldig geworden sind. Die Ferien an einem See in den Anden Südchiles führen zu Reibereien, aber auch zu Anziehung im Sinn von Wahlverwandtschaften. Die Erneuerung der einstigen Freundschaft zwischen Manuel und Fernando gelingt nur oberflächlich. Manuels Peugeot, der bei der Anreise beinahe in den See gestürzt ist, erweist sich als Schrottkarre (Jurel tipo salmón). Auch die Paarbeziehung von Manuel und Olivia droht abzustürzen, weil er in Chile den Macho herauskehrt.
Die Schweizer Autorin Mara Meier hat von 1987 bis 1997 in Chile gelebt. An der Unversidad de Concepción studierte sie Botanik. 1992–1997 lehrte und forschte sie am dortigen Botanischen Institut. In den Jahren 1991–1997 engagierte sie sich zudem in einem Kulturprojekt der indigenen Mapuche. Was Mara Meier damals im Andenland erlebt und erfahren hat, ist in ihren – nicht autobiographischen – Roman Makrele vom Lachstyp eingeflossen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Aus dem Kapitel «Freitagnachmittag – Blumen mit Augen»
«Nenn mich nicht Gringa. Ich bin nicht aus den USA, verdammt nochmal.» Meine Stimme überschlägt sich.
«In Chile sagt man auch zu Europäerinnen Gringa. Und außerdem hast du mich Indio genannt.»
«Ich habe Mapuche gesagt, nicht Indio», verteidige ich mich.
«Klar», sagt er. «Wie all die Chilenen, die gelernt haben, ‹Mapuche› zu sagen, aber noch immer ‹Indio› meinen.» Ich bin sprachlos, doch er fährt fort: «Ich weiß, dass du die Frage nicht abwertend gemeint hast. Wahrscheinlich ist dir nur nicht klar, wie viel Rassismus in Chile noch immer existiert. Abgesehen davon hast du nicht unrecht. Ich habe indigene Vorfahren. Nicht nur, aber auch. Meine Großmutter mütterlicherseits war Mapuche.»
«Und deine Großmutter hat dir dieses Wissen weitergegeben?»
Er lehnt sich an einen Baumstamm, steckt die Hände in die Hosentaschen und sagt: «Nicht wahr, das wäre eine hübsche Geschichte: ‹Ethnobotaniker tradiert altes Heilpflanzenwissen seiner indigenen Großmutter›. Nur stimmt sie leider nicht.»
«Nein?»
«Abuelita Rosa starb, als ich sieben war. Alles, was ich weiß, kommt aus Büchern oder von anderen Leuten. Nicht von ihr.»
Er erzählt, dass er im Kopf noch vage Bilder von einer alten Frau habe, die am liebsten in der Küche neben dem Herd an der Wärme saß. Lange Röcke und bunt gemusterte Schürzen habe sie getragen und wenig geredet. Ob sie sich an ihre ursprüngliche Sprache und an überliefertes Wissen habe erinnern können, wisse er nicht. Sie sei fast dreißig Jahre mit seinem Großvater verheiratet gewesen, Hernán Gómez, einem Chilenen. Der habe nur Spanisch gesprochen.
Vermutlich sei Abuelita Rosa ohnehin in einer Missionsschule gewesen. Davon habe es viele gegeben im Gebiet der Mapuche. Man habe die indigenen Kinder von ihrer eigenen Sprache und Kultur möglichst fernhalten wollen. Rosas Nachname Catricura, gespaltener Stein, erscheine ihm passend für sie, die wohl schon früh von ihrer Herkunft abgespalten wurde.




