Mehler | Mord mit Nusskrokant | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Mehler Mord mit Nusskrokant

Kriminalroman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96041-479-7
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-96041-479-7
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Hildes Cousin Gustav ist tot. In seinem Haus in Siebenbürgen fiel er einem Brand zum Opfer. Merkwürdig, findet Hilde und verdonnert Thekla und Wally dazu, mit ihr in Draculas Heimat zu reisen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Beherzt suchen die drei Hobby-Ermittlerinnen zwischen illegalen Schnapsbrennern und wilden Tieren nach der Wahrheit – und decken mehr dunkle Geheimnisse auf, als ihnen lieb ist.

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1 Alles beim Alten. Alles wie früher. Wallys Himmelmutter und allen sonstigen Heiligen sei Dank. Thekla warf der Agnes-Bernauer-Torte auf ihrem Teller einen liebevollen Blick zu, stach sie an und führte die Gabel zum Mund. Wally hatte sich für Nusskrokant-Torte entschieden, Hilde für Gemüsecremesuppe mit Brunnenkresse. Alles wie früher. Ein Kaffeekränzchen wie in den Jahrzehnten vor Verbrecherjagd, Wagnis und Lebensgefahr. Sie saßen an ihrem angestammten Fenstertisch im Café Krönner. Wally in einem neuen Blazer, von irgendeiner Boutique plappernd, die in Scheuerbach eröffnet hatte. Hilde mit säuerlicher Miene an ihrem Kräutertee nippend. Ein Lächeln stahl sich auf Theklas Gesicht. Wie hatte sie dieses bewährte Bild vermisst, das längst verloren schien. Nun war es wieder da. Ein kurzes Aufflackern vertrauter Panik ließ sie ängstlich um sich blicken, bis sie Gewissheit hatte, dass tatsächlich kein Schatten von Ali Schraufstetter auszumachen war, keine Spur von dem Kreisbrandrat mit seinem Riecher für Verbrechen. Ihre Seelenruhe kehrte zurück. Sie ließ die Mandelmasse auf der Zunge zergehen, begann sich rundum wohlzufühlen. Keine Rede von Mordermittlungen. Kein Anlass für Recherchen. Sie schluckte genüsslich. Im Grunde unglaublich, wie oft sie bewiesen hatten, dass sie richtig gut darin waren, Verbrechen aufzuklären. Thekla legte die Kuchengabel hin und begann verstohlen an den Fingern abzuzählen: Mit den Holzer-Blasen, die Hilde an den Beinen des toten Dichters aufgefallen waren, hatte alles angefangen. Kaum war der Fall geklärt, hatte Ali sie wegen einer Explosion auf der Feuerwache, die er nicht als Unfall abtun wollte, um Hilfe gebeten. Kurz darauf hatte er sie auf die höchst verdächtigen Umstände hingewiesen, unter denen eine junge Frau auf der Landesgartenschau ums Leben gekommen war. Dann … Thekla kam auf fünf Mordfälle, die sie, Hilde und Wally in den vergangenen Jahren gelöst hatten. Eine beachtliche Leistung für drei alte Schachteln. Nachdenklich stach sie wieder in ihr Tortenstück. Irgendwie auch wieder schade, dass das nun vorbei zu sein schien. Schade? Sie schüttelte entrüstet den Kopf über sich selbst. Wie könnte man bedauern, nicht regelmäßig in Lebensgefahr zu geraten? »Ich muss gleich noch ins Reisebüro und einen Flug nach Bukarest buchen«, sagte Hilde und riss Thekla damit aus ihren Gedanken. »Mein Vetter Gustav wird am Samstag begraben.« Thekla musterte sie verwirrt. »Versteh ich recht? Du willst nach Rumänien reisen, um an der Beerdigung eines Vetters teilzunehmen?« Hilde nickte. »Gustl ist nach seiner Scheidung vor gut zehn Jahren in die alte Heimat zurückgegangen, nach Siebenbürgen. Genau genommen in ein Dörfchen namens Kleingude, das im Kreis Kronstadt liegt, Brasov, falls euch der rumänische Name von Kronstadt mehr sagt.« Theklas Hirn mühte sich ab, diese erstaunlichen Informationen zu verarbeiten. Rumänien, das Siebenbürgische Becken, Transsilvanien. Hatte Hilde je erwähnt, dass ihre Familie von dort stammte und dass es da noch einen Vetter gab? Ja, das hat sie, erinnerte Thekla sich vage. Hilde hatte sogar Reisen nach Siebenbürgen erwähnt. Aber das schien lange her. Und hatte es je mehr als ein paar beiläufige Bemerkungen darüber gegeben? Hatte Hilde je mehr als ein paar nichtssagende Worte über diesen Vetter verloren? Offenbar schon, denn Wally schien Bescheid zu wissen. Sie machte ein erschrockenes Gesicht. »Der lustige Gustl ist tot? Aber der war doch gerade mal sechzig, als er …« Sie scheute sich sichtlich, weiterzusprechen. Hilde brachte den Satz für sie zu Ende. »… als er mit Wally Maibier einen Rock ’n’ Roll aufs Parkett gelegt hat. ›Tutti Frutti, all rooty‹, Elvis, wenn ich mich nicht irre.« Sie rümpfte die Nase. Thekla hatte von dem Auftritt gehört und auch davon, wie Sepp Maibier ausgerastet war, nachdem man ihm die Sache zugetragen hatte. Er hatte Wally als liederlich und schamlos beschimpft. Ausgerechnet Maibier, der es gerade nötig hatte, sich zum Moralapostel aufzuschwingen. »Er ist ein Schwerenöter gewesen«, sagte Hilde und meinte zweifellos ihren Vetter. »Und ein großer Säufer vor dem Herrn«, fügte Wally fast andächtig hinzu. Zunehmend deutlicher stiegen in Thekla Erinnerungen an die Berichte auf, die Hilde und Wally damals über ihre Unternehmungen mit dem Vetter geliefert hatten, der aus Siebenbürgen angereist war. Die drei hatten eine Schifffahrt auf der »Regina Danubia« gemacht und dabei eifrig dem prickelnden Prosecco zugesprochen, der auf dem Sonnendeck ausgeschenkt wurde. Sie waren in einer Gondel der Arber-Bergbahn zum Schutzhaus hinaufgeschwebt, wo sie unbedingt hochprozentigen Jagatee trinken mussten – zum Aufwärmen, weil da oben der Wind so kalt pfiff. Im Laufe der Woche, die für Gustavs Besuch in Niederbayern eingeplant war, hatten sie außerdem noch eine Bärwurz-Brennerei besucht, waren im Granzbacher Dorfwirtshaus beim »Alten Bier« gewesen und irgendwo privat bei einer Kräuterlikör-Verkostung. Zweifellos hatten sie während der ganzen Zeit einen gehörigen Alkoholpegel aufrechterhalten. Doch all das wusste Thekla nur aus Erzählungen, denn sie selbst war während Gustavs Besuch mit Heinrich auf Hochzeitsreise gewesen. Auch Hildes Gedanken schienen bei den Ausflügen mit ihrem Vetter zu verweilen, denn sie sagte halb bewundernd, halb missbilligend: »Die Siebenbürger Sachsen verstehen zu feiern.« Soweit Thekla sich erinnerte, hatten die Besäufnisse nach »Tutti Frutti« ein jähes Ende genommen, weil Sepp Maibier seiner Frau jede weitere Beteiligung strikt verbot. Schluss. Aus. Hausarrest. Kochen. Putzen. Wäsche waschen. Da Gustavs Gastspiel in Niederbayern sich mit ihrer Hochzeitsreise überschnitten hatte, konnte Thekla sich ausrechnen, dass es exakt zwei Jahre und sechs Monate zurücklag. Und wie hatte Wally vorhin gesagt? »Aber der war doch gerade mal sechzig …« Hildes Vetter ist also nur knapp dreiundsechzig Jahre alt geworden, folgerte Thekla. Als sie sich fragte, was sie sonst noch über ihn wusste, gelangte sie zu dem Ergebnis: nichts. Hildes und Wallys Berichte hatten sich auf Gustavs Besuch hier beschränkt. Von dem Leben, das er ansonsten führte, war nie die Rede gewesen. Warum eigentlich nicht? Vermutlich deshalb, gab sie sich selbst zur Antwort, weil Wally jedes Mal zu flennen anfing, wenn Gustavs Name auch nur erwähnt wurde. Sepp Maibier schien ihr das Über-die-Stränge-Schlagen nicht verzeihen und vergessen zu können. Noch Monate nach Gustavs Abreise schwelgte er in Groll und Entrüstung. »Der Sepp ist ein Schweinehund«, hatte Hilde damals gesagt. »Der nimmt die ›Tutti Frutti‹-Chose doch bloß als Aufhänger, damit er Wally nach Strich und Faden sekkieren kann.« Thekla hatte ihr entschieden recht gegeben, aber das hatte nichts daran geändert, dass Wally für ein paar unbeschwerte Stunden in vergnügter Gesellschaft heftig büßen musste. Thekla legte die Kuchengabel auf den Teller, wandte sich Hilde zu und begann jene Fragen zu stellen, die vor zweieinhalb Jahren unterblieben waren. »Hattest du regelmäßig Kontakt zu diesem Vetter in Siebenbürgen? Warum ist er nicht schon vorher einmal zu Besuch gekommen? Warum hast du früher kaum über ihn gesprochen?« Bevor Hilde antworten konnte, setzte sie hinzu: »Und wieso bezeichnet sich ein kleines Völkchen mitten in Rumänien eigentlich als ›Sachsen‹? Sind die Leute alle aus dem Erzgebirge, dem Vogtland und der Lausitz eingewandert?« Hilde verneinte mit einem Auflachen. »Unser Freistaat Sachsen hat mit den Siebenbürger Sachsen so wenig zu tun wie Rübezahl mit Rüben.« Thekla wollte gerade nachfragen, weshalb sie sich dann so nannten, da fuhr Hilde schon fort: »Der Volksstamm geht auf die ›Saxones‹ zurück. Das waren Siedler, die im Mittelalter dem Ruf des ungarischen Königs gefolgt sind und sich am Fuß der Südkarpaten niedergelassen haben. Dafür sind sie mit vielen Privilegien ausgestattet worden und haben Reichtum und oft auch Adelstitel erworben.« Wally machte Kugelaugen. »Du und Gustl – ihr stammt von einem Edelmann ab?« Hilde verdrehte genervt die Augen, aber Wally ließ sich nicht beirren. »Da müsst ihr ja in Siebenbürgen noch eine Menge begüterte Verwandte haben.« Das wagte Thekla zu bezweifeln. Seit dem Mittelalter hatte es auf dem Balkan zahllose Kriege gegeben, die den Menschen dort, falls nicht gleich das Leben, so doch oft Hab und Gut gekostet hatten. Aber selbst wenn die Siebenbürger Sachsen jahrhundertelang gut davongekommen wären und reichlich Ländereien behalten hätten, musste nach dem Zweiten Weltkrieg mit Privatgrundbesitz endgültig Schluss gewesen sein. Hilde bestätigte es. »1946 sind wir alle enteignet worden. Meine Eltern haben ihre Heimat schon bald nach dem Krieg verlassen und ihre Zelte in Niederbayern aufgeschlagen. Gustavs Familie kam erst etliche Jahrzehnte später nach Deutschland. Die Schengers sind aus unerfindlichen Gründen in Schwaig bei Nürnberg hängen geblieben.« Einige Augenblicke schwieg sie nachdenklich. »Bis zur Jahrtausendwende sind fünfundneunzig Prozent der sächsischen Bevölkerung aus Siebenbürgen abgewandert. Nur ein winziges, verarmtes und entrechtetes Häufchen ist zurückgeblieben. Nicht mehr als zwanzigtausend Seelen.« Thekla runzelte die Stirn. »Seelen?« »Die Zahl stammt aus dem Kirchenregister«, erklärte ihr Hilde, »erfasst also nur getaufte Gotteskinder. Die Abweichung von der...


Jutta Mehler, Jahrgang 1949, hängte frühzeitig das Jurastudium an den Nagel und zog wieder aufs Land, nach Niederbayern, wo sie während ihrer Kindheit gelebt hatte. Seit die beiden Töchter und der Sohn erwachsen sind, schreibt Jutta Mehler Romane und Erzählungen, die vorwiegend auf authentischen Lebensgeschichten basieren, sowie Kriminalromane.



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