McLaughlin Lust de LYX - Kuss des Verlangens
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7363-0141-2
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 27, 120 Seiten
Reihe: Lust-de-LYX-Reihe
ISBN: 978-3-7363-0141-2
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
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1
Ashley Hanes strich sich den Rock glatt und betrachtete sorgenvoll ihr Spiegelbild. Sie hatte ein höllisches Jahr hinter sich, sich ganz ihrem Studium gewidmet und nichts sonst. Sie war noch nie zuvor so erschöpft gewesen. Natürlich war sie auch noch nie zuvor so glücklich gewesen, und das eine hing mit dem anderen zusammen. Sie hatte auch die Unabhängigkeit genossen, die das Singledasein mit sich brachte. Und heute war es definitiv wieder einmal so weit. Denn heute Abend war sie wirklich, wirklich geil, und sie hatte ein einziges Ziel: einen Mann aufzugabeln und zu einem vollkommen zügellosen One-Night-Stand mit nach Hause zu schleppen. Seit Monaten war nichts mehr gelaufen. Sie musste das Verlangen befriedigen, bevor sie jeden Monat ein ganzes verdammtes Päckchen Mignonbatterien verbrauchte. Das Ziel war klar. Und sie wusste genau, was sie wollte. Also musste sie cool bleiben und sich darauf konzentrieren, einen Mann aufzureißen. Aber sie konnte sich nicht einmal aufraffen, die Toilette der Bar zu verlassen, ohne ein wenig in Panik zu geraten. Sie hörte eine Toilettenspülung rauschen und drehte den Wasserhahn auf, um nicht den Eindruck zu erwecken, sie lungere grundlos hier herum. Die Damentoilette war eigentlich nicht groß genug, um darin abzuhängen. Sie war winzig, genau wie die Bar. The Green Frog war ein Lokal mit einer guten Mischung aus Einheimischen und Touristen, perfekt für ihre Absicht, sich heute Nacht flachlegen zu lassen. Aber die Rückkehr nach Rehoboth Beach – ihrer Heimatstadt – weckte viel zu viele Erinnerungen an ihn. Ethan Pierce. Er war ihr bester Freund gewesen – bis zum Silvesterabend des Abschlussjahres, als er plötzlich nicht mehr mit ihr redete. Sie hatte ihn seit dem Abschluss nicht mehr gesehen, aber sie wusste, dass er über die Ferien in seinem Elternhaus in der Stadt war. Aber war es … vielleicht … möglich, dass er hierherkommen würde? Ihr Herz schlug schneller in der Erwartung, ihn wiederzusehen. Was würde sie dann tun? Wie würde sie reagieren? Sie wusste nicht, warum er nach all dieser Zeit immer noch eine solche Wirkung auf sie hatte. Sie wusste nur, dass er eines Tages aufgehört hatte, mit ihr zu reden. Aufgehört hatte, sie anzusehen. Einfach aufgehört hatte. Jeden Tag war er mit abweisendem Gesicht im Schulflur an ihr vorbeigegangen, als seien sie nicht noch kurz vorher die besten Freunde gewesen. Sie hatte monatelang jeden Tag versucht, sich mit ihm in Verbindung zu setzen – Anrufe, E-Mails, war ihm sogar nachgeschlichen –, bis sie endlich kapiert und aufgegeben hatte. Ohne die geringste Ahnung, warum, aber in dem sicheren Wissen, dass er sie hasste. Selbst jetzt, auf den Tag genau neun Jahre später, wusste sie nicht, womit sie sich seine Abwendung von ihr verdient hatte. Es spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Sie würde nicht zulassen, dass ein einziger Mistkerl aus ihrer Vergangenheit eine möglicherweise hemmungslose Nacht mit Mr Tonight verdarb. Wer immer das auch sein mochte. Es war Silvester, Herrgott noch mal, und sie würde flachgelegt werden. F-L-A-C-H-G-E-L-E-G-T. Und Ethans kaltes, distanziertes Verhalten – vorausgesetzt, er tauchte überhaupt auf – würde sie nicht daran hindern, genau das zu bekommen. Sein Problem mit ihr war genau das: sein Problem. Sie schüttelte die Vergangenheit ab, strich sich übers Haar, schnappte sich ihre Handtasche und trat zurück in die Bar. Es war dort so voll, dass man schreien musste, um sich zu verständigen. Es dürfte kein Problem sein, jemanden aufzureißen, der scharf war und bereit für ein bisschen unverbindlichen Sex. Als sie an der Theke vorbeikam, hielt ihre Freundin Rhiannon ihr eine rote Tiara vors Gesicht. »Setz die auf. Alle müssen eine Tiara oder einen lächerlichen Hut tragen, wenn sie Dollar Drinks trinken wollen, also habe ich uns die letzten geschnappt.« Ashley verzog das Gesicht. Die Farbe würde sich schrecklich mit ihrem rotblonden Haar beißen, aber sie setzte sich die Tiara trotzdem auf. »Okay, für die billigen Drinks werde ich die Demütigung ertragen. Apropos … wo ist meiner?« »Hier.« Rhiannon reichte ihr ein Gebräu in einem festlichen Glas, und ihr braunes Haar streifte den Rand, als sie sich umdrehte. »Also, siehst du ihn?« Ashley verschluckte sich. Kein gutes Zeichen dafür, wie die heutige Nacht verlaufen würde. Als sie wieder Luft bekam, brachte sie heraus: »Ähm, tut mir leid. Wen habe ich gesehen?« »Oh, ich bitte dich. Ich weiß, du hast gehört, dass Ethan hier sein könnte, und ich weiß, dass das der Grund ist, warum du plötzlich kommen musstest, obwohl du heute Abend zu Hause bleiben wolltest, um zu lernen – ausgerechnet heute.« Rhiannon deutete mit einem manikürten Finger auf sie. »Ich weiß, dass du flachgelegt werden willst und so, aber der Sinneswandel kam zu plötzlich. Das kann kein Zufall sein. Niemand ist so geil.« Ashley schüttelte den Kopf und versuchte, unschuldig auszusehen. »Ich habe keine Ahnung –« »Ashley«, unterbrach Rhiannon sie. »Versuch erst gar nicht, mich anzulügen.« Ashley seufzte frustriert. »Oh, na schön. Ich hatte – von Sharon, die es von Alex hat – gehört, dass er vielleicht kommen würde. Aber ich habe immer noch vor, heute Nacht mit einem Mann nach Hause zu gehen. Ich habe mir extra die Beine rasiert und alles.« Rhiannon stieß Ashley mit dem Ellbogen an. »Vielleicht ziehst du ja Ethan in Betracht?« »Bitte. Er kann mich nicht ausstehen. Und ich bin nicht auf einige Runden Hass-Sex aus, selbst wenn das die längste Durststrecke in der jüngeren Geschichte beenden würde.« Ashley ließ den Blick über die Menge schweifen und nahm vorsichtig einen Schluck. »Aber egal, es spielt keine Rolle. Ich sehe ihn nicht.« War er immer noch magerer als sie? Trug er immer noch eine Brille, die zwei Nummern zu groß für sein Gesicht war? Lehnte er immer noch Kontaktlinsen ab? Sie hatte keine Ahnung. Und es war ihr auch egal. Wirklich? »Vielleicht ist er geschrumpft oder fett geworden oder sonst was.« Rhiannon kippte ihren Drink herunter und stellte das leere Glas beiseite. »Es ist neun Jahre her.« »Das bezweifle ich«, sagte Ashley. »Ich bin mir sicher, dass er genauso bekloppt und süß ist wie eh und je.« »Findest du nicht, dass es Zeit ist, das Noch-mal-davongekommen-Syndrom zu überwinden? Ich meine, du hast ihn in der Highschool ja niemals angemacht, obwohl es weiß Gott leicht genug gewesen wäre. Er wollte dich so sehr, dass ihm einer abgegangen wäre, sobald du ihn geküsst hättest.« Ashley schnaubte. »Das ist nicht fair. Witzig, aber nicht fair.« Sie zuckte mit den Achseln. »Und keine Sorge. Ich mache ihn nicht an, sollte er herkommen. Höchstens landet meine Faust in seinem Gesicht, wenn ich ihm die Hölle heiß mache, weil er mich in der Highschool so beschissen behandelt hat.« Ihre Freundin drückte ihr die Schulter. »So sauer wie du bist, dass er dich ignoriert hat, ist klar, dass du nie über ihn hinweggekommen bist.« »Vor allem bin ich niemals unter ihn gekommen«, murmelte sie. Und vielleicht war das das Problem. Warum konnte sie niemals aufhören, an ihn zu denken – selbst wenn sie sauer war? Sie hatte nie die Chance gehabt, festzustellen, ob ihre Freundschaft mehr hätte sein können. Ob sie zusammen hätten glücklich sein können. Sie war schüchtern gewesen und hatte sich auf die Schule konzentriert. Er war schüchtern gewesen und total unsicher. Sie hatten sich niemals auch nur geküsst, um Himmels willen. Und sie würden es niemals tun, verdammt noch mal, denn Ashley würde heute Nacht mit jemand anderem heißen und schweißtreibenden Sex haben. Jemandem, der nicht wusste, wer zum Kuckuck sie war und womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Jemandem, der sie überhaupt nicht kannte. Ja. Das wäre perfekt. Dann wäre sie bereit, am vierten Januar ihren neuen Job als Ärztin in der Stadt in Angriff zu nehmen. Bis dahin würde sie mit ihrem Neujahrsvorsatz loslegen … Um ihre unerträglich lange Durststrecke zu beenden. Und Ethan ein und für alle Mal zu vergessen. Als Ethan Pierce die überfüllte Bar betrat, musste er sich zwingen, nicht auf dem Absatz kehrtzumachen und wieder zu gehen. Laute Musik und exzessiver Alkoholkonsum waren nie sein Ding gewesen, nicht einmal als Teenager. Er bevorzugte, wenn alle anderen damit beschäftigt waren, sich zu betrinken und gesellig zu sein, die stille Abgeschiedenheit des Strandes bei Nacht. Aber es war Silvester, und obwohl er diese Stadt mit einer beispiellosen Leidenschaft verabscheute, würde er in der Bar bestimmt irgendjemanden finden, mit dem er den Abend verbringen konnte. Jemanden, der nicht mehr von ihm erwartete, als er zu geben bereit war. Und er war nur bereit, die nächsten paar Stunden zu geben. Er hatte Regeln. Pläne. Und dazu gehörte nicht, sich häuslich niederzulassen. Verliebe dich nie. Heirate nie. Bekomme nie Kinder. Und bleibe nie, niemals länger als eine Woche in dieser gottverdammten Stadt. Immer wenn er nach Hause zurückkam, hatte er das Gefühl, als betrete er eine verfluchte Zeitkapsel, zurück in eine Zeit, die er nie wieder durchleben wollte. Eine Zeit, da...