McKenzie | Zerbrochenes Vertrauen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

McKenzie Zerbrochenes Vertrauen

Roman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-641-21398-5
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-3-641-21398-5
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Auf der Suche nach einem Neuanfang ist Julie durch das halbe Land gereist. Und das beschauliche Mount Adams scheint genau der richtige Ort für ihre Familie zu sein. Sie hat nicht erwartet, dort einem Mann zu begegnen, der sie so sehr fasziniert. Immer wieder trifft sie sich mit dem verheirateten John und testet die Grenzen von Liebe und Vertrauen aus. Bis sie eines Tages erkennen muss, dass ihr Handeln ungeahnte Folgen hat.

Catherine McKenzie lebt mit ihrem Ehemann im kanadischen Montreal. Sie studierte Geschichte und Jura und arbeitet heute als Anwältin. Nebenbei bloggt sie für The Huffington Post.
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EDEN PARK

Julie

Zwölf Monate zuvor

An meinem ersten Tag im neuen Zuhause stand ich im Morgengrauen auf, schlüpfte in die Joggingsachen, die ich mir am Bettende zurechtgelegt hatte, und verließ mit unserem deutschen Schäferhund Sandy so leise wie möglich das Haus.

Es war Anfang Oktober. Eine gewisse herbstliche Schärfe lag in der Luft. Ich zog den Reißverschluss meiner Laufjacke zu, setzte die Kapuze auf und strich mir den Pony aus der Stirn. Sandy hechelte neben mir, sodass sich eine Atemwolke um ihre schwarze Schnauze bildete.

Alle Häuser in unserer neuen Straße hatten unterschiedliche Farben. Genau das hatte mich für dieses Viertel eingenommen. Die hügeligen Straßen und die dicht nebeneinander stehenden Gebäude sahen aus wie San Francisco mit einem Hauch Cape Cod. Die Häuser am Mount Adams, einem der sieben Hügel Cincinnatis, sind schmal, hoch und entweder farbig gestrichen oder mit verwitterten Holzschindeln verkleidet. Am Fuß des Hangs fließt der Ohio River in fröhlichen Grün- und Blautönen. Am oberen Ende der Straße ragt eine große Steinkirche empor, überall gibt es versteckte Pfade zwischen den Bäumen. Ein paar Blocks weiter lockt eine Einkaufsgegend mit Restaurants und hübschen Läden in roten Backsteinhäusern.

Bevor wir hierherzogen, war ich nie in Cincinnati gewesen, was für mich zugegebenermaßen einen Teil seines Reizes ausmachte. An einen vollkommen neuen Ort ohne jegliche Vergangenheit zu ziehen erschien mir als die einzig richtige Lösung in dem Chaos, zu dem mein Leben geworden war. Vor dem Umzug studierte ich wochenlang Karten der Umgebung, um mich zurechtzufinden und mein neues Leben mit möglichst wenigen Hürden zu beginnen.

Während ich den Hügel hinunterjoggte, spulte ich den Weg zum Eden Park im Kopf ab. Ich hatte die Route so einfach wie möglich gewählt. Parkside zum Martin Drive, der mich schließlich zum Author’s Grove führen würde.

Zumindest hoffte ich das.

Author’s Grove – Autorenhain. Diese Bezeichnung sprang mir förmlich ins Auge, als ich die Umgebung studierte. Ich wusste sofort, dass ich dort als Erstes hinwollte. Eine befriedigende Erklärung für diesen Namen hatte ich zwar nicht gefunden, aber ich stellte es mir als lauschiges, inspirierendes Plätzchen vor. Vielleicht gab es dort Bänke, ortsansässigen Autoren gewidmet, die über den Ohio River, die sieben Hügel oder die Geschichte der Stadt schrieben. Es mochte ein Ort sein, an dem ich mich im nächsten Sommer niederlassen und nachdenken konnte. Allerdings war es möglicherweise auch nur ein außergewöhnlicher Name auf einer Landkarte, der mehr versprach, als er hielt.

So etwas war in meinem Leben oft geschehen.

Einen offiziellen Eingang zum Park gab es nicht, nur ein Wäldchen aus großen Laubbäumen und ein Schild auf einer Steinsäule mit einem Wasserspeier zeigten an, wo ich mich befand. Ich blieb kurz stehen, um meine Dehnübungen zu machen und die leise Furcht zu vertreiben, die mich beschlichen hatte. Dazu griff ich nach dem kleinen, runden GPS-Tracker mit Panikknopf, den ich an meinem Schlüsselband um den Hals trug. Den hatte ich ständig bei mir, genau wie den Schrittzähler am Handgelenk. Er übertrug ein Signal zu einer Basisstation in meinem Haus und gleichzeitig zu einem Sicherheitsdienst an einem mir unbekannten Ort. Um meine Nerven zu beruhigen, sagte ich die Kommandos auf, die Sandy und ich in der Hundeschule gelernt hatten. Fuß! Knurren! Fass!

Niemand weiß, dass du hier bist, beruhigte ich mich, als ich in Startposition ging und die Hände auf dem kalten Boden abstützte. Keine Ausreden mehr. Start in drei … zwei … eins …

Los!

An jenem Tag entdeckte ich den Author’s Grove nicht, sondern mehr Hügel, als ich mir vorgestellt hatte, und die Grenzen meiner Belastbarkeit Als ich fünf Meilen später erneut den Anfang meiner neuen Straße erreichte, wurde ich langsamer.

Wir waren nach Cincinnati gezogen, weil Daniel dort einen neuen Job angeboten bekam. Ich hatte auf einen Umzug bestanden, nachdem Heather Stanhope unsere Adresse in Tacoma herausgefunden und uns regelmäßig aufgesucht hatte.

Wer weiß, wie oft sie dort war, bevor sie aufflog? Ob sie in ihrem Wagen saß und zusah, wie ich den Müll rausbrachte oder Daniel den Rasen mähte? Oder gar an unsere Haustür kam, ohne anzuklopfen, oder unseren Briefkasten durchwühlte. Welches Bedürfnis erfüllte der Anblick meines Hauses bei ihr? Wieso behielt sie Reklamebriefe mit meinem Namen darauf? Weil es etwas war, das ich möglicherweise berührte? Versuchte sie in all den Stunden, in denen sie geduckt und möglichst unauffällig in ihrem Wagen saß, den Mut aufzubringen mir gegenüberzutreten? Und wenn ja, wozu? Oder hoffte sie nur, ihre Anwesenheit würde langsam in mein Bewusstsein dringen? Und was hatte sie letzten Endes dazu gebracht, Spuren zu hinterlassen, sogenannte Präsente, die mir Angst einjagten?

Das würde ich nie erfahren, es sei denn, ich fragte sie.

Mich schauderte, und ich verbannte den Gedanken.

Heather Stanhope wird mein Leben nicht ruinieren.

Dieses Mantra wiederholte ich täglich so oft, wie mein zwanghafter Mann sich die Hände wusch. Davon wurde mein Inneres so rau und wund wie seine Haut im Winter.

Da hörte ich Schritte hinter mir. Ein großer Mann in Joggingklamotten. Mehr konnte ich beim kurzen Aufblicken nicht erkennen. Meine ziegelrote Haustür war nur wenige Auffahrten entfernt. Fünf, vier, drei, zwei, eine. Als ich stehen blieb, sah Sandy zu mir hoch und wartete leise knurrend auf mein Signal. Ich stand an den großen schwarz-grünen Müll- und Recyclingtonnen, deren Wochentag für die Entleerung ich noch in Erfahrung bringen musste.

Der Mann hinter mir bog nach rechts in seine Auffahrt ab. Sein Haus sah ganz ähnlich aus wie meins. Jahrhundertwende mit modernen Anbauten über der Garage und nach hinten hinaus. Es war hellblau gestrichen, Fensterrahmen und Haustür glänzten lackschwarz.

Er winkte kurz. »Gehören Sie zu den Prentice’?«, fragte er. »Julie vermutlich?«

Meine Schultern verspannten sich. Knurren, fuhr es mir reflexartig durch den Sinn, dann beugte ich meine Hand in Vorbereitung auf das Signal, ihm Sandy auf den Hals zu jagen.

»Im letzten Newsletter wurde von Ihrem Zuzug berichtet«, erklärte er, als könnte er mein Unbehagen spüren. »Ich bin kein Stalker oder so.«

Ich rang mir ein Lachen ab und versuchte, beim Wort Stalker nicht zusammenzuzucken. »Das glaube ich Ihnen.«

Wir verließen unsere Auffahrten und trafen uns in der Mitte der Straße. Sandy befahl ich zu bleiben, wo sie war. Trotz meines Laufs war ich nervös. Auf gar keinen Fall wollte ich am ersten Tag Aufsehen erregen, indem ich meinen Hund auf einen vollkommen Fremden hetzte.

»Ich bin John Dunbar«, sagte er mit angenehmer Stimme. Ich wusste nicht, ob seine leicht gedehnte Sprechweise nur für ihn charakteristisch war oder zum hiesigen Akzent gehörte. Er wollte seine Hand ausstrecken, hielt dann aber inne. »Vier Meilen sorgen für einen ziemlich schweißigen Händedruck.«

»Bei mir waren’s fünf«, sagte ich mit einem Anflug von Stolz. Noch zwei Jahre zuvor konnte ich wegen der Pfunde aus der Schwangerschaft mit den Zwillingen nicht einmal einen Block weit rennen. »Zumindest glaube ich das. Schwer zu sagen, bei all den Kurven und Schleifen im Park. Jedenfalls macht es mir nichts aus.«

Sein Händedruck war fest und warm. Ich sah ihn genauer an. Braune Augen, blonde Haare, die nach dem, was ich unter seiner Kappe sah, bereits graue Ansätze hatten, Haut, die leicht verbrannte, wenn man sie zu lang der Sonne aussetzte. Markante Züge.

»Ein fester Händedruck bei Frauen gefällt mir«, bemerkte er.

»Mir auch.«

»Ha. Na dann. Noch was, das wir gemeinsam haben.«

»Wir haben etwas gemeinsam?«

»Na, das Joggen zum Beispiel.«

»Ach ja, richtig.« Ich war verwirrt und senkte den Blick. Wir trugen die gleichen Laufschuhe, er in der Männer-, ich in der Frauenversion. »Sehen Sie mal«, sagte ich und wackelte mit meinen Zehen. »Partnerlook.«

»Merkwürdig.«

»Finde ich auch. Mein Mann hat die gleichen.«

»Komisch.«

»Sie glauben wohl, ich scherze.«

Er runzelte die Stirn. »Nein, ich …«

»Stimmt aber. War nur ein Scherz.«

»Ach. Dann also keine Seelenverwandten.«

»Nein, wohl nicht.«

Ein quietschendes Rad bog in unsere Straße ein. Darauf kämpfte sich ein Junge mit einer schweren Tasche über der Schulter den Hügel hinauf. Er griff hinein und warf eine Zeitung in die erste Auffahrt.

Ich wandte mich Richtung meiner eigenen. »Sandy, bleib«, sagte ich in meinem besten Befehlston.

»Soll ich ihn warnen?«

»Nein, das geht schon. Wow, ein Zeitungsjunge. Habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen. Lesen die Leute noch Zeitung?«

»Klar. Wie sollten sie sonst erfahren, welche Katze in welchem Baum festsaß?«

»Aus der Lokalzeitung?«

»Aus der Lokalzeitung«, bestätigte er.

Das Rad kam quietschend näher. Ich hörte den dumpfen Aufprall der Zeitung vor dem Nachbarhaus. Wir sahen zu, wie der Junge auf uns zu radelte. Er war groß und dünn und hatte so strohblonde Haare, wie man sie sonst nur bei kleinen Kindern sieht.

Jetzt stieg er in die Eisen und blieb nur Zentimeter von John entfernt stehen, der nicht mit der Wimper zuckte.

»Ah, Mann. Ich dachte, diesmal kriege ich dich.«

John wuschelte ihm durchs...


McKenzie, Catherine
Catherine McKenzie lebt mit ihrem Ehemann im kanadischen Montreal. Sie studierte Geschichte und Jura und arbeitet heute als Anwältin. Nebenbei bloggt sie für The Huffington Post.



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