E-Book, Deutsch, Band 7, 1032 Seiten
Reihe: Masters of Rome
McCullough Die Wasser des Rubikon
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98952-748-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Historischer Roman | Masters of Rome 7 - Epische Schlachten und brillante Intrigen
E-Book, Deutsch, Band 7, 1032 Seiten
Reihe: Masters of Rome
ISBN: 978-3-98952-748-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Colleen McCullough (1937-2015) wurde in Wellington geboren und wuchs in Sydney auf. Nach einem Studium der Neurologie arbeitete sie in verschiedenen Krankenhäusern in Australien und England, bevor sie einige Jahre nach Amerika ging, um an der Yale University zu forschen und zu lehren. Hier entdeckte sie auch ihre Liebe zum Schreiben, wobei ihre ersten beiden Romane, »Eine Liebe an der roten Küste« und »Die Dornenvögel«, direkt zu internationalen Bestsellern aufstiegen. Colleen McCullough veröffentlichte bei dotbooks Ihre Romane »Die Frauen von Missalonghi«, »Die Stadt der Hoffnung« und »Eine Liebe an der roten Küste«. Außerdem erschien von der Autorin das mitreißende Historienepos »Masters of Rome« mit den Einzeltiteln »Adler des Imperiums«, »Die Krone der Republik«, »Günstlinge der Götter«, »Das Blut des Spartacus«, »Caesars Frauen«, »Tochter des Adlers« und »Die Wasser des Rubikon«.
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Kapitel 2
Für einen Briten war die Hauptfestung des Cassivellaunus und seines Stammes der Cassier uneinnehmbar. Sie stand auf einer steilen, runden Anhöhe, umgeben von gewaltigen, mit Palisaden verstärkten Erdwällen. Die Römer hatten sie bisher nicht finden können, da sie inmitten eines riesigen, undurchdringlichen Waldes lag, doch Mandubracius und Trinobellunus führten Caesar auf dem schnellsten Wege hin.
Cassivellaunus war verschlagen. Nach der ersten offenen Feldschlacht, die er verloren hatte, als die Haeduer ihren Schrecken vor seinen Kriegswagen überwunden und entdeckt hatten, daß man mit ihnen leichter fertig wurde als mit germanischen Reitern, hatte er eine des großen Zauderers Fabius würdige Hinhaltetaktik eingeschlagen. Er entließ seine Fußsoldaten und folgte der römischen Heereskolonne stattdessen mit viertausend Streitwagen. Führte der Marsch die Römer durch Wald, brachen die Wagen unerwartet zwischen den Bäumen hervor, zwischen denen kaum Platz für sie war, und griffen Caesars Legionäre an, die angesichts dieser archaischen Kriegsgeräte von Panik ergriffen wurden.
Sie waren auch unbestreitbar furchteinflößend. Rechts vom Fahrer stand der Krieger, den Speer wurfbereit in der rechten, weitere Speere in der linken Hand. Sein Schwert steckte in einer Scheide, die an der kurzen, geflochtenen Wagenwand rechts von ihm befestigt war. Er kämpfte fast nackt, vom unbedeckten Kopf bis zu den bloßen Füßen mit wilden Spiralmustern in blauer Farbe bedeckt. Wenn er seine Speere geworfen hatte, zog er das Schwert und lief mit akrobatischem Geschick auf der Stange zwischen den beiden kleinen Pferden, die den Wagen zogen, nach vorn, während der Fahrer den Wagen in die römischen Soldaten hineinlenkte. Von dem erhöhten Standplatz auf der Stange sprang er dann zwischen die trabenden Hufe und schlug mit seinem Schwert ungehindert zu, während die Soldaten den auf sie zurasenden Hufen auswichen.
Doch als Caesar jenen letzten Marsch auf die cassische Festung antrat, hatten seine geduldigen Legionäre von Britannien, Streitwagen und gekürzten Essensrationen endgültig genug, von der schrecklichen Hitze ganz zu schweigen. Sie waren Hitze gewohnt; sie konnten mit nur einem gelegentlichen Tag Pause fünfzehnhundert Meilen in größter Hitze marschieren, bepackt mit fünfzehn Kilogramm schwerem Gepäck an einem über die linke Schulter geschwungenen gegabelten Stock und unter dem Gewicht eines zehn Kilo schweren, knielangen Kettenpanzers, der durch den Gürtel, an dem Schwert und Dolch hingen, an den Hüften gehalten wurde, um die Schultern von einem Teil seines Gewichts zu entlasten. Doch was sie nicht gewohnt waren, war die übergroße Schwüle. Sie hatte das Marschtempo auf dieser zweiten Expedition so sehr verlangsamt, daß Caesar die geplanten Tagesetappen neu hatte berechnen müssen. Waren in Italia und den spanischen Provinzen bei normaler Hitze dreißig und mehr Meilen am Tag möglich, so waren es in britannischer Hitze nur fünfundzwanzig.
An diesem Tag war das Wetter allerdings erträglicher. Sie hatten die Trinobanten und eine kleine Abteilung Fußsoldaten im Lager als Besatzung zurückgelassen und konnten ohne Gepäck ausmarschieren, die Helme auf dem Kopf und die Wurfspieße in der Hand statt auf dem jeweils acht Mann zugeteilten Maultier. Als sie in den Wald kamen, waren sie bereit. Caesars Anordnungen waren klar gewesen: Weicht keinen Fußbreit zurück, wehrt die Pferde mit den Schilden ab, zielt mit den Lanzen auf die blaubemalte Brust der Fahrer und knöpft euch dann mit den Schwertern die Krieger vor.
Um seine Männer bei Laune zu halten, marschierte Caesar selbst in der Kolonne mit. Die meiste Zeit ging er zu Fuß, sein Pferd bestieg er nur, wenn er in die Ferne sehen wollte. Normalerweise ging er inmitten seines Stabes von Legaten und Tribunen, an diesem Tag allerdings neben Asicius, einem jungen Zenturio der Zehnten. Unterwegs scherzte er mit den Leuten vor und hinter ihm.
Dann kam der Angriff. Die Streitwagen griffen den hinteren Teil der vier Meilen langen römischen Kolonne an, doch gerade noch so weit vor der Nachhut aus Reitern der Haeduer, daß diese nicht eingreifen konnten. Der Weg war schmal, die Streitwagen überall. Doch diesmal drängten die Legionäre die Pferde mit vorgehaltenen Schilden beiseite, schleuderten ihre Speere auf die Fahrer und gingen dann auf die Krieger los. Sie hatten genug von Britannien, wollten aber nicht nach Gallien zurückkehren, ohne wenigstens einige cassische Wagenlenker niederzumetzeln. Und im Nahkampf war das gallische Langschwert dem kurzen, nach oben zustoßenden gladius des römischen Legionärs hoffnungslos unterlegen. Die Wagen flohen in Panik durch die Bäume und tauchten nicht wieder auf.
Danach war die Eroberung der Festung ein Kinderspiel.
»Wie wenn man einem Baby die Rassel wegnimmt!« sagte Asicius fröhlich zu Caesar, bevor der Kampf begann.
Caesar griff zur gleichen Zeit von verschiedenen Seiten an. Mühelos sprangen die Legionäre die Wälle hinauf, während die Haeduer mit Kriegsgeheul hinaufritten. Die Cassier flohen in alle Richtungen, viele blieben tot auf dem Schlachtfeld liegen. Mit der Zitadelle fielen Caesar reiche Nahrungsmittelvorräte in die Hände, genug, um die Trinobanten auszuzahlen und seine eigenen Leute bis zur endgültigen Abfahrt aus Britannien zu versorgen. Noch schwerer wog für die Cassier freilich der Verlust ihrer Streitwagen, die unangeschirrt in der Festung standen. Die Legionäre hackten sie siegestrunken in Stücke und verbrannten sie in einem großen Freudenfeuer, während die mitgekommenen Trinobanten sich freudig mit den Pferden davonmachten. Sonst gab es praktisch keine Beute. Es gab in Britannien nicht viel Gold oder Silber und ganz gewiß keine Perlen. Die Teller waren Töpferware der Arverner, die Becher bestanden aus Horn.
Es war Zeit, nach Gallien zurückzukehren. Die Tagundnachtgleiche rückte näher (die Jahreszeiten hinkten dem Kalender wie üblich deutlich hinterher), und die lecken römischen Schiffe würden den dann einsetzenden furchtbaren Herbststürmen nicht gewachsen sein. Die Versorgung war gesichert, das meiste Land und die Tiere der Cassier waren im Besitz der Trinobanten. Caesar stellte zwei seiner vier Legionen vor den viele Meilen langen Troß und zwei dahinter, dann trat er den Marsch zur Küste an.
»Was hast du mit Cassivellaunus vor?« fragte Gaius Trebonius, der neben dem Feldherrn marschierte. Wenn der Feldherr zu Fuß ging, konnte auch sein erster Legat zu seinem Pech nicht reiten.
»Er wird es noch einmal versuchen«, sagte Caesar ruhig. »Ich fahre zwar pünktlich ab, aber nicht ohne seine Unterwerfung und den Vertrag.«
»Du meinst, er wird uns während des Marsches noch einmal angreifen?«
»Das bezweifle ich. Er hat bei der Eroberung seiner Festung zu viele Männer verloren, unter anderem tausend Wagenlenker. Und sämtliche Streitwagen.«
»Die Trinobanten waren sofort mit den Pferden verschwunden. Sie haben die größte Beute gemacht.«
»Deshalb haben sie uns geholfen. Heute unten, morgen oben.«
Caesar schien derselbe wie immer, dachte Trebonius, der ihn liebte und sich um ihn sorgte. Aber er war es nicht. Was hatte in dem Brief gestanden, den er verbrannt hatte? Alle hatten eine Veränderung gespürt, und dann hatte Hirtius ihnen von Pompeius’ Briefen erzählt. Niemand hätte gewagt, einen Brief zu lesen, den Caesar nicht Hirtius oder Faberius gegeben hatte, und trotzdem hatte Caesar sich die Mühe gemacht, Pompeius’ Brief zu verbrennen, wie um alle Brücken hinter sich abzubrechen. Warum?
Und das war noch nicht alles. Caesar hatte sich nicht rasiert, ein höchst bedeutungsvoller Umstand bei einem Mann, der sich so vor Läusen ekelte, daß er jedes Haar unter den Achseln, an der Brust und an den Lenden auszupfte, daß er sich noch inmitten des größten Chaos rasierte. Man sah regelrecht, wie das spärliche Haar auf seinem Kopf sich bei der bloßen Erwähnung von Ungeziefer aufstellte; seine Diener machte er mit seinem Wunsch verrückt, unter allen Umständen nur frischgewaschene Sachen anzuziehen. Keine einzige Nacht wollte er auf einem Boden aus Erde verbringen, weil dort so oft Flöhe anzutreffen waren; deshalb enthielt sein persönliches Gepäck auch immer Bodendielen für sein Feldherrnzelt. Seine Gegner in Rom hatten damit schon ihren Spott getrieben! Ein Lästermaul hatte aus den schlichten Holzdielen gleich ein Mosaik aus Marmor gemacht. Zugleich konnte Caesar eine große Spinne in die Hand nehmen und lachend zusehen, wie sie auf seiner Hand herumwuselte, während der tapferste Zenturio der Zehnten schon beim Gedanken daran in Ohnmacht gefallen wäre. Spinnen waren, wie Caesar sagen würde, saubere Geschöpfe und tüchtige Wirtschafterinnen. Vor Kakerlaken andererseits floh er auf den Tisch, wenn einer dastand, denn er konnte es auch nicht ertragen, die Sohle seines Stiefels zu beschmutzen, indem er sie zertrat. Sie waren scheußliche Geschöpfe, pflegte er schaudernd zu sagen.
Und hier marschierten sie seit drei Tagen, und elf Tage waren seit Eintreffen der Briefe vergangen, und Caesar hatte sich nicht rasiert. Jemand, der ihm nahestand, war tot, Caesar war in Trauer. Wer? Sie würden es erfahren, sobald sie nach Portus Itius zurückkehrten, doch sein Schweigen sagte ihnen, daß er auch dann, wenn alle davon wußten, nicht darüber reden und auch nicht dulden würde, daß man in seiner Gegenwart davon sprach. Trebonius und Hirtius tippten beide auf Julia. Trebonius fiel ein, daß er den tolpatschigen Sabinus zur Seite nehmen und ihm mit Beschneidung drohen mußte, wenn er dem Feldherrn sein Beileid aussprach – wie hatte Sabinus überhaupt so dreist sein können, Caesar zu fragen, warum er sich nicht rasierte?
»Quintus Laberius«, hatte Caesar kurz angebunden gesagt.
Nein,...