E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Mccallum Mit Tempo ins große Glück
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7337-5830-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-5830-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Aufheulende Motoren, schnelle Reifenwechsel, hektisches Treiben am Rande der Rennstrecke: So sieht Kates Leben in Portugal aus, seit sie in dem Team des Formel-1-Weltmeisters Adrian Barton mitarbeitet. Nie hätte sie gedacht, dass Adrian trotz seines knallharten Jobs so zärtlich und sensibel sein kann ...
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1. KAPITEL
„Katherine, die Leute von ‚Carlisle Flint‘ haben Probleme auf der Teststrecke in Südfrankreich und brauchen dringend die Hilfe eines Treibstofftechnikers“, verkündete Jason Prior, der Leiter des Forschungsteams bei IMP, das an der Entwicklung von Benzinmischungen für den Motorsport arbeitete.
Lächelnd blickte Katherine vom Computerbildschirm auf. „Wann reisen Sie ab?“, erkundigte sie sich bei ihrem Vorgesetzten.
„Gar nicht.“ Er betrachtete sie flüchtig, ein seltsamer Ausdruck lag in seinen blassgrauen Augen. „Diesmal schicken wir unsere jüngste und schönste Mitarbeiterin, nämlich Sie.“
„Die Schönste zu sein ist kein Kunststück, wenn man die einzige Frau im Team ist“, erwiderte Katherine verlegen, da sie nicht gern auf ihr attraktives Aussehen angesprochen wurde.
Sie war hoch gewachsen, hatte eine perfekte, wohlgerundete Figur und lange schlanke Beine. Platinblondes Haar umrahmte ihr fein geschnittenes Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den leicht schräg stehenden dunkelbraunen Augen, die einen reizvollen Kontrast zu dem hellen Haar bildeten.
Sie war keine Schönheit im klassischen Sinn, dennoch erregte Katherine bei Männern Aufsehen, obwohl sie versuchte, sie durch betont kühles und abweisendes Verhalten auf Abstand zu halten.
„Warum wollen Sie ausgerechnet mich schicken?“, fragte sie Jason.
„Weil die gegenwärtigen Schwierigkeiten in Ihren speziellen Forschungsbereich fallen“, erklärte er. „Sie sind zwar erst seit einem Jahr bei uns, aber dank Ihrer Arbeit sind wir auf dem besten Weg, das Problem der Verdampfung von Benzin bei hohen Außentemperaturen in den Griff zu kriegen.“ Seine Stimme klang bei diesem Lob so missmutig, als würde er Katherine den Erfolg verübeln. „In Südfrankreich herrscht für Oktober eine außergewöhnliche Hitze, und die Rennwagen von ‚Carlisle Flint‘ bringen nicht die erwarteten Leistungen.“
Nur mit halber Aufmerksamkeit hörte Katherine zu, während Jason ihr weitere technische Einzelheiten erläuterte.
Ich will nicht nach Frankreich, dachte sie aufsässig. Hier im Labor bei meinen Benzinmischungen und Testreihen bin ich völlig zufrieden.
Anfangs hatte Katherine sich bei IMP unsicher gefühlt, doch inzwischen wusste sie, dass die Kollegen sie als vollwertiges Teammitglied anerkannten. Nachdem sie das Chemiestudium mit einer Doktorarbeit über Hochleistungstreibstoffe abgeschlossen hatte, war sie zuerst zu einer kleineren Firma gegangen und dann zu IMP gewechselt, einem riesigen internationalen Konzern, der – neben vielem anderen – Treibstoffe für den Motorsport entwickelte und produzierte, und außerdem das „Carlisle Flint“-Rennteam sponserte.
Katherines Berufswahl hatte allgemein Verwunderung, teils sogar Missbilligung hervorgerufen, da der Motorsport und alles, was damit zusammenhing, noch immer hauptsächlich von Männern beherrscht wurde. Dennoch hatte Katherine sich zielstrebig in dem ungewöhnlichen Beruf durchgesetzt. Nicht etwa, weil sie als attraktive junge Frau eine Ausnahme darstellte, sondern weil sie klaren Verstand, mathematische Begabung und die Fähigkeit besaß, durch immer neue Ideen und Lösungsvorschläge die gemeinsamen Forschungsprojekte des IMP-Teams voranzubringen.
Dass Jason Prior insgeheim auf ihre Erfolge neidisch war, vermutete Katherine schon seit Längerem. Deshalb wunderte es sie, von ihm nach Frankreich geschickt zu werden. Ihre Kollegen rissen sich nämlich förmlich darum, zu den Testrennen fahren zu dürfen, weil das eine angenehme Abwechslung zur eintönigen Laborarbeit darstellte.
„Soll ich allein fahren?“, wollte Katherine wissen, nachdem Jason seine Erläuterungen beendet hatte.
„Ja“, bestätigte er schroff. „Wir anderen können unsere Arbeit nicht so einfach liegen lassen.“
„Und was wird aus meiner derzeitigen Testreihe?“, wandte sie ein.
„Die führe ich erst einmal für Sie weiter“, antwortete er verdächtig eifrig.
Wahrscheinlich will er sie abschließen, während ich weg bin, und selbst das Lob dafür einheimsen, dachte Katherine, insgeheim seufzend. Doch was machte das schon aus? Sie arbeitete in einem Team, und nur dessen Gesamterfolge zählten.
Jason schien ihre Vorbehalte zu spüren und fragte fast aggressiv: „Was haben Sie gegen die Reise, die ohnehin nur zwei, drei Tage dauert? Ihre Kollegen würden mit Freuden fahren.“
„Ich weiß. Warum schicken Sie nicht Jim oder Stan? Die beiden haben viel mehr Erfahrung im Umgang mit dem Rennteam.“
„Genau das ist der springende Punkt. Sie, meine liebe Katherine, haben sich lange genug davor gedrückt, mit den Konstrukteuren und Mechanikern vor Ort stundenlang darüber zu diskutieren, ob die schlechten Leistungen der Rennwagen nun am Treibstoff oder an der Einstellung der Motoren liegen.“ Jason lachte. „Dabei geht es meist hoch her, denn jeder will dem anderen die Schuld zuschieben. Wenigstens wird man Sie wahrscheinlich nicht so grob anschnauzen wie uns Männer.“
„Na gut, Jason. Wann soll ich losfahren?“
„Sofort. Vor dem Rennen in Estoril muss die Ursache des Problems gefunden und behoben sein. Flug und Hotelzimmer sind bereits gebucht. Sie müssen um achtzehn Uhr dreißig in Heathrow einchecken.“
„Sie halten offensichtlich nichts davon, jemandem Zeit für Vorbereitungen zu lassen.“
„Nicht, wenn es sich um unsere perfekte Dr. Katherine Ash handelt“, erwiderte er spöttisch. „Sie können die Unterlagen während des Flugs lesen. Hier ist das Ticket. Packen Sie Sommerkleidung ein. Gestern herrschten an der Rennstrecke zweiunddreißig Grad im Schatten. Und noch etwas.“ Jason lächelte vielsagend. „Wer nur arbeitet, versauert. Also gönnen Sie sich ein bisschen Spaß.“
„Na schön. Aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, meinte Katherine. „Und keine Sorge, ich werde dem Problem schon auf den Grund kommen – und dabei versuchen, nicht allzu viel männliches Selbstbewusstsein durch meine Kritik zu zerstören.“
„Richtig so. Übrigens würde es nicht schaden, wenn Sie im Umgang mit Männern etwas weniger verkrampft wären. Sie müssen nicht gleich jedem die Augen auskratzen, der feststellt, dass Sie eine attraktive Frau sind.“
Katherine errötete verlegen. „Danke für die Tipps.“ Bevor Jason ihr weitere überflüssige Verhaltensmaßregeln geben konnte, verabschiedete sie sich von ihm und verließ aufatmend das Labor.
Katherine brauchte nicht lange, um das Nötigste zu packen und sich umzuziehen. Zu einem marineblauen Hosenrock wählte sie den passenden Blazer, eine hellgrüne Bluse und dunkelblaue Schuhe mit niedrigen Absätzen.
Nachdem sie Pass und Unterlagen in ihrem Aktenkoffer verstaut hatte, betrachtete sie sich kritisch im Spiegel und war mit ihrem Aussehen zufrieden.
Sie wirkte kühl, beherrscht und kompetent, und genau diesen Eindruck wollte sie vermitteln. Dass es sich dabei nur um eine Fassade handelte, hinter der sich Unsicherheit und Verletzlichkeit verbargen, brauchte niemand zu wissen.
Ich bin Dr. Katherine Ash, fünfundzwanzig Jahre alt, zielstrebig, erfolgreich, an männliche Bewunderung gewöhnt und fähig, damit gelassen umzugehen, sprach sie sich selbst Mut zu.
Trotzdem hatte sie das unbehagliche Gefühl, dass schon bald die scheinbare Selbstsicherheit von ihr abfallen und die wahre Katherine schutzlos und verwundbar zum Vorschein kommen würde.
Und all das wegen Adrian Barton, Weltmeister der Formel-Eins, Fahrer bei „Carlisle Flint“, derzeit in Südfrankreich mit Tests und Training beschäftigt, ehemals bester Freund von Katherines Bruder Eddie – und schuldig an Eddies Tod.
Katherine riss sich zusammen, nahm ihre Sachen und fuhr zum Flughafen.
Nachdem die Maschine abgehoben hatte, lehnte sie sich mit geschlossenen Augen zurück und dachte an das Begräbnis ihres Bruders Eddie.
Fast schmerzhaft genau erinnerte Katherine sich an jenen tristen Regentag vor zehn Jahren, an die zahlreichen Trauergäste, die das Grab umstanden – und an den großen dunkelhaarigen Mann mit den unglaublich blauen Augen, der sich etwas abseits hielt: Adrian Barton.
Während der Pfarrer die schicksalsschweren Worte sprach: „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub“, hatte Katherine vorwurfsvoll zu Adrian hinübergeschaut. Er hatte aufgeblickt und sie sekundenlang aus schmerzerfüllten Augen angesehen.
Ein seltsames Gefühl hatte sie damals durchzuckt, und bei der Erinnerung daran verspürte sie es wieder. Ob es Schmerz oder Erregung gewesen war, hatte sie nicht sagen können. Sie wusste es auch heute noch nicht.
In wenigen Stunden würde sie den Mann wiedersehen, der dafür verantwortlich war, dass Eddie einen tödlichen Unfall erlitten hatte. Eddies Tod war ein Schock gewesen, den sie und ihre Eltern nie überwunden hatten. Vor allem ihr Vater konnte den Verlust des Sohns nicht verschmerzen. Als junger Mann war William Ash selbst Rennfahrer gewesen, allerdings kein sehr erfolgreicher, und als Eddie dann sozusagen in seine Fußstapfen trat, war er überglücklich gewesen und hatte ihm jegliche Unterstützung gewährt. Wahrscheinlich hatte er gehofft, dass Eddie die Erfolge erzielen würde, die ihm selbst versagt geblieben waren. Doch dann hatte das Schicksal all seine Hoffnungen zerstört.
Katherine seufzte leise. Vor zehn Jahren habe ich für Adrian geschwärmt, doch inzwischen habe ich das überwunden wie eine Kinderkrankheit, redete sie sich ein.
Da Adrian inzwischen Weltmeister der Formel-Eins geworden war und es so aussah, als würde er den Titel ein zweites Mal...




