E-Book, Deutsch, Band 313, 256 Seiten
Reihe: Historical
McCabe Ein wahrer Meister der Verführung
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7337-6396-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 313, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-6396-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nie wieder wollte die schöne Witwe Anna ihr Schicksal in die Hände eines Mannes legen. Leider ist Robert Alden nicht irgendein Mann. Der Schauspieler am Theater ihres Vaters ist so verwegen attraktiv, dass ihm alle Frauenherzen zufliegen. Auch ihr Herz klopft wild, als sie nach einem Fechtkampf seine Wunden versorgt - und ihm gegen alle Vernunft in den Garten folgt. Ein zärtlicher Kuss im Mondschein, und schon entflammt ein verbotenes Verlangen in ihr. Noch ahnt Anna nicht, wie gefährlich ihre Gefühle sind. Denn Robert ist ein Spion der englischen Königin - und seine geheime Mission bedroht alles, was ihr lieb ist ...
Amanda McCabe schrieb ihren ersten romantischen Roman - ein gewaltiges Epos, in den Hauptrollen ihre Freunde - im Alter von sechzehn Jahren heimlich in den Mathematikstunden. Seitdem hatte sie mit Algebra nicht mehr viel am Hut, aber ihre Werke waren nominiert für zahlreiche Auszeichnungen unter anderem den RITA Award. Mit einer Menagerie von zwei Katzen, einem Mops und einem dickköpfigen Zwergpudel, lebt sie in Oklahoma. Sie nimmt Tanzunterricht, sammelt kitschige Reiseandenken und schaut sich gerne Kochsendungen an, obwohl sie gar nicht selber kocht.
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1. KAPITEL
London, 1589
Bei Gott, schon wieder ein Streit. Und Anna glaubte, den Grund dafür zu wissen.
Sie legte das Kostüm zur Seite, das sie ausbessern musste, und spähte über das Geländer der oberen Galerie, um einen Blick auf die Bühne werfen zu können. Die morgendlichen Proben der Theatertruppe Lord Henshaw’s Men hatten noch nicht begonnen, und nur ein paar Schauspieler saßen dort unten und rezitierten ihre Texte, während die alte Madge die schmutzigen Binsen von gestern vom Boden fegte. Alles sah nach einem ganz normalen Morgen im White Heron Theatre aus. Vielleicht hatte sie sich das Gezeter ja doch nur eingebildet.
Nein, der Lärm ertönte schon wieder, diesmal etwas näher. Er kam aus der Gasse vor dem Theater. Das heisere Brüllen eines Mannes, der Schrei einer Frau, dann spöttisches Gelächter.
Die Männer auf der Bühne hatten es ebenfalls gehört und brachen mitten im Satz ab, drehten sich um und schauten in Richtung der verriegelten Tür.
„Wie es scheint, ist Master Alden zurückgekehrt“, rief Anna den anderen mit fester, ruhiger Stimme zu. Das war aber auch das einzige Ruhige und Gefasste an ihr. Allein schon wie ihre Hände zitterten, während sie sich danach sehnte, Robert Alden am Kragen zu packen und ihn mit aller Kraft zu schütteln – und ihn dann an sich zu ziehen und ihn zu küssen …
„Dummkopf“, flüsterte sie, ohne so recht zu wissen, ob sie ihn oder sich selbst meinte. Sie hatte hart daran gearbeitet, selbst über ihr Leben zu bestimmen, und sie würde das nicht für einen unverschämt gut aussehenden Schauspieler aufs Spiel setzen, der nur Ärger bedeutete und sonst nichts.
„Sollen wir ihn reinlassen?“, fragte Ethan Camp, der Komödiant der Truppe, der nichts gegen eine ordentliche Prügelei einzuwenden hatte.
„Das müssen wir wohl“, erwiderte Anna. „Er schuldet uns noch ein neues Stück, und das werden wir niemals bekommen, wenn er mit zwei gebrochenen Armen dasteht.“
Sie drehte sich um und lief zu der engen Wendeltreppe, dann raffte sie ihre Röcke, um auf den schmalen Holzstufen nach unten zu eilen. Im leeren Theater hallten ihre Schritte von allen Seiten wider. Je näher sie kam, desto lauter hörte sich der Streit an, als würden die Beteiligten den Besuchern des Theaters etwas darbieten.
Doch Anna wusste nur zu gut, wenn da draußen Blut floss, dann war es keine rote Farbe, die aus einer unter dem Kostüm verborgenen Schweineblase gepresst wurde.
Der alte Elias, der Pförtner des Theaters, war bereits dabei, die Tür aufzuschließen. Die Schauspieler zückten ihre Dolche, und sogar Madge stand da und stützte sich auf ihren Besen, um dem Geschehen interessiert zuzusehen.
Als wäre das Leben in einem Theater nicht schon unberechenbar genug, dachte Anna kopfschüttelnd. Bei Robert Alden konnte man sich darauf verlassen, dass er alles immer noch etwas aufregender machte.
Und genau deshalb war sie ja so ein Dummkopf. Sie hatte ihr Leben endlich in Ordnung gebracht, nachdem ihre unglückliche Ehe ein Ende genommen hatte und sie als Witwe zurückgeblieben war. Sie half ihrem Vater bei seinen vielen Tätigkeiten, vor allem im White Heron Theatre, und sie konnte sich nichts Besseres vorstellen als die unterschiedlichen Herausforderungen, die ihre Arbeit mit sich brachte. Die Tatsache, dass sie gebraucht wurde, war für sie etwas Neues und Erfreuliches. Sie konnte ihre Arbeit tun und sich dabei hinter den Kulissen versteckt halten. Für die Gefahren, die eine Romanze mit sich brachte, hatte sie in ihrem Leben keine Verwendung mehr. Erst recht nicht, wenn es dabei auch noch um einen Schauspieler ging, der dazu noch ein Poet war.
Doch sie musste Rob Alden nur ansehen, und schon fühlte sie sich wie ein dummes kleines Mädchen, das vor Verlegenheit einen roten Kopf bekam und nur noch albern kichern konnte. Dann war sie wie die Heerscharen von Damen, die nur ins Theater strömten, um ihn anzuschmachten und ihm Blumen auf die Bühne zu werfen. Und um in den Logen ihre Röcke für ihn zu heben, wenn sie glaubten, dass niemand sonst etwas davon mitbekam.
Allerdings war er auch ein verführerischer Teufel, der die Magie der Poesie beherrschte und mit azurblauen Augen und einem strammen Hintern unwiderstehliche körperliche Vorzüge aufwies. Anna wollte sich von ihm nicht in Versuchung geführt fühlen. Sie weigerte sich, eine von seinen vielen mühelosen Eroberungen zu werden. Ihre Aufgabe bestand nur darin, ihm neue Stücke zu entlocken, neue wundersame Geschichten, mit denen man die Massen anziehen und hohe Gewinne machen konnte. Ein Stück von Robert Alden war immer ein Erfolg, der tagelang vor ausverkauftem Haus gespielt werden konnte.
Aber das würde es alles nicht mehr geben, wenn er bei einer Schlägerei den Tod fand, was Anna tagtäglich befürchtete. Immerhin eilte ihm sogar im an Tumulten reichen Viertel Southwark der Ruf voraus, ein aufbrausendes Temperament zu besitzen.
Kaum ging die zweiflügelige Tür auf, stürmte Anna auch schon nach draußen, in einer Hand eine furchterregende Waffe in Form ihrer Stoffschere, auch wenn sie sich in diesem Moment wünschte, sie hätte den langen Dolch bei sich, den sie immer dann bei sich trug, wenn sie für ihren Vater die Mieten eintrieb. Immerhin war die Schauspielertruppe jetzt dicht hinter ihr.
In Southwark herrschte zumindest in den Morgenstunden meist weitgehend Ruhe. Dieses Viertel, das so dubiose Zeitvertreibe wie Bärengruben, Bordelle und Spielhöllen zu bieten hatte – also all die zwielichtigen Vergnügungsorte, die man innerhalb der Stadtmauern nicht haben wollte und die man deshalb in die Vororte verbannt hatte –, brauchte morgens lange, ehe es nach dem nächtlichen Treiben aus dem Schlaf erwachte.
Hier und da standen Fensterläden offen, Menschen mit schläfrigen Gesichtern schauten nach unten, um der Ursache des Lärms auf den Grund zu gehen.
Anna sah als Erste die Frau, eine vollbusige Frau in einem Kleid, das wohl einmal die Farbe von Narzissen gehabt hatte, jetzt aber nur noch schmutziggelb aussah. Ihre aschblonden Haare hingen ihr strähnig über die Schultern. Sie weinte, ihre Tränen ließen die dick aufgetragene Schminke in ihrem Gesicht verlaufen.
Vor der Frau – ohne jeden Zweifel eine Hure – stand ein Mann, der wild mit einem Schwert fuchtelte. Er war ein Bär von einem Mann, mit gerötetem Gesicht und schwarzem Vollbart. Er machte einen unübersehbar unzufriedenen Eindruck und schien jeden Moment in die Luft gehen zu wollen. Anna verkrampfte sich, als ihr klar wurde, dass dieser Mann betrunken sein musste, was ihn nur noch unberechenbarer machte.
Im Gegensatz zu einem Theaterstück wusste hier niemand, wie das Ganze ausgehen würde. War Rob diesmal zu weit gegangen?
Sie drehte sich zu Rob um, den diese Szene gar nicht zu berühren schien. Vermutlich hatte er auch zu viel Ale getrunken, jedoch war ihm davon nichts anzumerken. Seine blauen Augen leuchteten wie ein Sommerhimmel, sein Grinsen hatte etwas Spöttisches, so, als sei es nichts weiter als ein großes Vergnügen, wenn man von einem Schwert durchbohrt wurde.
Im Gegensatz zu seinem Widersacher war Rob schlank und geschmeidig, und er strahlte die kraftvolle Eleganz eines Schauspielers aus. Sein offenes weißes Hemd gab den Blick frei auf einen Teil seiner muskulösen Brust – und auf Blut, das auf seiner Haut verschmiert war! In einer Hand hielt er ein Rapier.
Anna wusste, er war ein guter Kämpfer, der ausgezeichnet mit dem Stoßdegen umzugehen wusste. Sie hatte das zu viele Male mitansehen müssen, auf der Bühne ebenso wie in den Gassen des Viertels. Seine spöttische Ader und sein überschäumendes Temperament stießen bei streitsüchtigen Zeitgenossen mühelos auf offene Ohren und entsprechende Reaktionen. Diesmal war die Lage besonders bedrohlich. Eine solche Anspannung lag in der Luft, als müsste jeden Moment ein Blitz vom Himmel zucken.
„Mistress Barrett!“, rief Rob und beschrieb vor ihr eine kunstvolle Verbeugung. „Wie ich sehe, seid Ihr gekommen, um Zeuge unserer Unterhaltung zu werden.“
„Was ist denn diesmal der Grund?“, fragte sie und sah verhalten zwischen Rob und dem wütenden Hünen hin und her.
„Er ist ein verdammter Betrüger!“, brüllte der bärengroße Mann. „Er schuldet mir Geld für mein Vögelchen!“
Daraufhin schluchzte die Frau noch lauter. „So war’s nicht, das hab ich dir doch gesagt! Nicht alle Männer sind solche Schläger wie du! Ich hab nicht gearbeitet, als er bei mir war.“
„Aye“, stimmte Rob ihr gut gelaunt zu. „Der ein oder andere von uns weiß, wie sich ein Gentleman zu betragen und eine Dame angemessen zu umwerben hat.“
Gentleman? Anna presste die Lippen zusammen, um sich ein Lachen zu verkneifen. Robert Alden war vieles – schlagfertig, schlau und viel zu gut aussehend. Aber ein Gentleman war er ganz sicher nicht.
Dies war ein Streit wie viele andere vor ihm auch, bei dem es um die Bezahlung einer Dirne ging. Und doch konnte Anna spüren, dass da mehr im Spiel war. Sie ahnte, dass hinter dieser alltäglichen Meinungsverschiedenheit noch irgendetwas ganz anderes schwelte.
Sie setzte zu einer Entgegnung an, doch in diesem Moment erreichte die Anspannung ihren Höhepunkt, und das Chaos brach los. Mit schallendem Kampfgebrüll ging der Hüne auf Rob los, und schon zuckten die Klingen schneller durch die Luft, als Anna es sich hätte vorstellen können.
Plötzlich stürmten die Männer des Hünen, die sich bislang in einer Seitengasse versteckt gehalten hatten, brüllend näher. Aus dem Streit drohte ein blutiger Kampf zu werden. Erschrocken drückte Anna sich gegen die Wand in ihrem...