E-Book, Deutsch, Band 3, 280 Seiten
Reihe: Im Kopf des Bösen
Mattfeldt / Petermann Im Kopf des Bösen – Der Happy Face Killer
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98679-074-5
Verlag: MAXIMUM Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kriminalroman – Authentischer True-Crime-Thriller von der SPIEGEL-Bestsellerautorin Petra Mattfeldt und Deutschlands bekanntestem Profiler Axel Petermann
E-Book, Deutsch, Band 3, 280 Seiten
Reihe: Im Kopf des Bösen
ISBN: 978-3-98679-074-5
Verlag: MAXIMUM Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses Mal wendet der Mörder selbst sich zeitgleich an die Medien und beschreibt detailliert seine grausamen Taten. Schon bald erhält er den Namen „Happy Face Killer“, weil er seine Briefe stets mit einem Smiley unterschreibt.
Der Druck auf Sophie Kaiser wächst. Auf jeden Schritt folgen ihr Journalisten und belagern sie mit Fragen. Dann taucht ein weiteres Opfer auf. Kann sie den Fall aufklären und den Mörder stoppen, bevor er ein weiteres Mal zuschlägt?
Die realen Methoden der Fallanalyse, angewandt auf ein wahres Verbrechen – inspiriert von einem echten Fall von Deutschlands bekanntestem Profiler Axel Petermann!
Autoren/Hrsg.
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2. Kapitel
Polizeipräsidium Bremen
Dienstag, 2. Juli 2024
Die Arbeit mit Sophie lässt mich die beste Version meiner selbst sein – und doch weiß ich nicht, ob sie mir guttut.
Leonhard Michels
Vom Fundort in dem Mehrfamilienhaus zum Polizeipräsidium waren es mit dem Auto nicht einmal fünfzehn Minuten. Unterwegs sprachen Leonhard und Sophie nicht ein Wort miteinander, aber das kannte er schon. Immer dann, wenn sie an einem Tatort oder Leichenfundort gewesen war, bekam sie den Mund nicht auf, weil sie das Gesehene auf sich wirken lassen und in ihren Gedanken sortieren musste, um sich ein Bild machen zu können.
„Leonhard Michels und Sophie Kaiser, BKA.“ Leonhard trat an den Empfangstresen der Polizeidienststelle, zog seinen Ausweis hervor und hielt ihn dem jungen Polizisten, den er auf nicht älter als Mitte zwanzig schätzte, hin. „Der Kollege Lackmann erwartet uns.“
„Sein Büro befindet sich im zweiten Stock“, erklärte der Polizist. „Der Kriminalhauptkommissar bat mich, Sie in den Konferenzraum zu schicken, sobald Sie eintreffen“, fügte er hinzu, beugte sich vor und deutete auf den Gang. „Sie gehen da entlang, bis zum Fahrstuhl auf der rechten Seite, dann fahren Sie hoch in den dritten Stock. Der Konferenzraum ist ganz hinten, am Ende des Flurs, die Tür steht meistens offen. Sie werden erwartet, also einfach den Stimmen nach“, schlug er vor.
„Vielen Dank!“ Leonhard suchte Sophies Blick, die kein einziges Wort gesagt hatte und ziemlich abwesend auf ihn wirkte. Als sie nicht reagierte, berührte er kurz und so vorsichtig er konnte ihren Arm. Sophie sah auf, nickte rasch und folgte ihm zum Fahrstuhl. Sie hatten sich inzwischen eingespielt, und Leonhard wusste, dass seine Kollegin ihm dankbar war, wenn er sie aus ihren Gedanken holte, um sie auf etwas aufmerksam zu machen. Dennoch war ihm bekannt, dass sie auf Berührungen mitunter empfindlich reagierte, ja regelrecht Schmerzen empfand, wenn sie unvorbereitet oder ungewünscht für sie kamen.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte er sich daher.
„Ja“, gab Sophie knapp zur Antwort, dann fuhren sie nach oben und folgten der Anweisung des Polizisten.
Insgesamt zwölf Männer waren bereits versammelt, als sie den Konferenzraum betraten, mindestens vier von ihnen hatte Leonhard vorhin am Fundort gesehen. Kriminalhauptkommissar Michael Lackmann, der Chef der Mordkommission, der Sophie und Leonhard vom BKA angefordert hatte, damit sie ihn bei einer ominösen Mordserie in der Region Bremen unterstützten, hatte sie gestern bereits kurz im Hotel begrüßt. Als er sie sah, stellte er die Kaffeekanne ab, die er in der Hand hielt, und kam auf sie zu.
„Guten Morgen“, er warf einen Blick auf die Uhr. „Wenn man denn noch von Morgen sprechen kann.“ Er reichte erst Sophie und dann Leonhard die Hand. „Dass ihr gleich nach eurer Ankunft mit dem nächsten Fall konfrontiert werdet, konnte ja keiner ahnen.“ Er wandte sich an die anderen im Raum. „Kollegen, das ist die Unterstützung, von der ich gesprochen habe: die Kollegin Sophie Kaiser und der Kollege Leonhard Michels vom BKA.“
„Guten Morgen“, sagte Sophie zu den Anwesenden und wiederholte wie eine aufgezogene Spieluhr: „Sophie Kaiser, BKA.“
Leonhard nickte in die Runde.
„Ihr könnt euch später miteinander bekannt machen. Wenn ich jetzt alle Namen runterrattere, könnt ihr sie euch ohnehin nicht merken“, stellte Lackmann fest.
Leonhard schmunzelte. Er könnte sich die Namen ganz sicher nicht merken. Sophie hingegen würde sie mit ihrem eidetischen Gedächtnis nicht mehr aus dem Kopf bekommen.
„Bitte“, bot Lackmann an und deutete auf zwei freie Stühle an der Stirnseite des Tisches. Leonhard und Sophie setzten sich, Michael Lackmann nahm neben Sophie Platz.
„Kaffee, Tee?“, fragte der Ermittlungsleiter.
„Ich nehme einen Kaffee. Schwarz, bitte“, bestellte Leonhard, worauf einer der Kollegen, der sich selbst gerade eine frische Tasse Kaffee eingeschenkt hatte und die Kanne noch in der Hand hielt, eine zweite füllte und zu ihm rüberschob.
„Danke.“ Leonhard nickte ihm zu.
„Ein Wasser“, bat Sophie und blickte etwas unruhig auf die Literflaschen, die zusammen mit einigen umgedrehten Gläsern auf dem Tisch standen. Leonhard ahnte, was gleich kommen würde, als einer der Kollegen bereitwillig eines der Gläser umdrehte und nach einer der Flaschen griff.
„Haben Sie auch kleine Flaschen?“, fragte Sophie.
„Wir sind Kollegen und sollten uns duzen“, stellte Lackmann fest, dann zog er die Stirn in Falten. „Kleine Flaschen?“
„Wasserflaschen mit einer Füllmenge von 0,25 oder 0,33 Litern“, erklärte Sophie.
„Äh …“ Lackmann sah sie verdutzt an.
„Habt ihr einen Automaten?“, fragte Leonhard, um das Ganze abzukürzen, und sah in die Runde.
„Ja, sicher.“ Der Kollege, der nach der großen Flasche gegriffen hatte, stand auf. „Mit oder ohne Kohlensäure?“
Leonard sah, wie Sophie angestrengt lächelte. „Das ist mir gleich“, erwiderte sie. „Hauptsache, die Flasche ist klein.“
„Danke“, sagte Leonhard und richtete dann den Blick auf Lackmann, der leicht irritiert zu den aufgestellten Pinnwänden hinüberging. Die Kollegen, die mit dem Rücken dazu saßen, drehten sich in seine Richtung.
An den Pinnwänden hingen Fotos der Opfer, Vergrößerungen der Verletzungen, Aufnahmen der Tatorte sowie Skizzen der Fundorte.
Lackmann ließ den Blick durch die Runde schweifen, bevor er erst Sophie, dann Leonhard ansah. „Wir haben bisher vier, mit dem heutigen Fund fünf Todesopfer“, sagte er. „Zwei der vier Frauen, die wir hier sehen, konnten noch nicht identifiziert werden. Bei unserem neuesten Opfer müssen wir sehen, was die Ermittlungen bringen.“ Er tippte auf das Foto oben links. „Das erste Opfer wurde vor sieben Monaten in der Nähe des stillgelegten Kraftwerks Farge von einem Spaziergänger gefunden“, führte der Leiter der Mordkommission aus.
„Ihr Name war Nathalie Bergmann, einundzwanzig. Sie war zehn Tage zuvor, am 19. November ’23, von ihrem Arbeitgeber, einer Einrichtung für behinderte Menschen, als vermisst gemeldet worden. Sie trug eine bis zu den Knien herabgelassene Hose, was daran liegen könnte, dass sie offenbar zum Fundort geschleift wurde. Außerdem hatte sie ein weißes Band um den Hals, das an einem Ende Brandspuren aufwies. Die Spurenlage deutet jedoch darauf hin, dass sie nicht mit diesem Band erdrosselt wurde, sondern dass es ihr post mortem um den Hals gelegt wurde.“
„Wurde sie vergewaltigt?“, fragte Sophie.
Lackmann nickte. „Die Spuren sind eindeutig und lassen auf einen männlichen Täter schließen.“
„Also keine Täterin“, murmelte sie. „Zumindest nicht bei diesem Opfer.“
Leonhard griff nach seiner Kaffeetasse, als Lackmann auf ein weiteres Foto deutete.
„Die zweite Tote konnte bisher nicht identifiziert werden“, fuhr er fort. „Ihre Leiche wurde vor drei Wochen, am 10. Juni 2024, im Naturschutzgebiet Sodenstich gefunden. Der Todeszeitpunkt dürfte aber einige Monate zurückliegen. Das Opfer trug einen Strick um den Hals.“
Leonhard stellte die Tasse ab und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können.
Der Leiter der Mordkommission tippte auf das dritte Foto.
„Das ist Karolina Wacker, genannt Koko, vierundzwanzig Jahre alt. Sie arbeitete als Prostituierte. Anders als die drei anderen Frauen wurde sie nicht vergewaltigt, doch auch bei ihr stammen die Strangulationsmale von einem Strick. Ihre Leiche wurde vor dreieinhalb Monaten, am 17. März 2024, in der Nähe des Rasthofs Bremen-Hemelingen gefunden. Sie war von niemandem als vermisst gemeldet worden, konnte aber, nachdem wir ihr Foto unter den Sexarbeiterinnen rumgezeigt haben, identifiziert werden. Ein Abgleich mit der Bürste aus ihrer Wohnung brachte dann Klarheit.“ Lackmann machte eine Pause, da nun der Kollege, der losgegangen war, um Sophie das Wasser zu holen, wieder hereinkam und sich anschickte, die Flasche zu öffnen.
„Das mache ich selbst, vielen Dank“, wehrte Sophie ab und lächelte erneut. Der Kollege reichte ihr die Flasche, murmelte: „Gern geschehen“, und setzte sich zu ihnen an den Tisch.
Nun deutete Lackmann auf die Aufnahme des vierten Opfers. „Unser bis zu dem Fund heute Morgen letztes Opfer wurde vor einer Woche, am 27. Juni 2024, in der Nähe der Autobahnbrücke Bremen-Mahndorf gefunden“, teilte er der Runde mit. „Die Identität der Frau ist unbekannt, genau wie bei Opfer Nummer zwei. Der Todeszeitpunkt liegt ebenfalls Monate zurück, erdrosselt, wahrscheinlich mit einem Strick“, endete er, dann hängte er das Foto der toten Frau im Treppenhaus zu den anderen an die Pinnwand. „Hier dann die Tote von heute Morgen. Bisher wissen wir nur, dass sie nicht in dem Mehrfamilienhaus gewohnt hat, ihre Identität muss noch ermittelt werden. Auch ob eine Vergewaltigung vorliegt, können wir erst nach der Obduktion sagen.“ Er atmete durch. „Noch einmal: Bis auf Karoline Wacker wurden alle Frauen vergewaltigt“, er tippte dreimal auf die Pinnwand, „die Verletzungen im Intimbereich sind erheblich. Der Täter hat jeweils ein Kondom benutzt. Alle Opfer starben durch Gewalt gegen den Hals. Bis auf Nathalie Bergmann wiesen sämtliche Leichen Strangulationsmarken auf und waren – ebenfalls mit Ausnahme von Nathalie Bergmann – darüber hinaus zum Todeszeitpunkt an Händen und Füßen gefesselt. Das Seil zum Strangulieren beim zweiten Opfer wurde mehrfach angesetzt. Nathalie Bergmann trug das...