Mathieu | Freimaurerei und katholische Kirche | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 260 Seiten

Mathieu Freimaurerei und katholische Kirche

Geschichte und kirchenrechtliche Einordnung eines 300-jährigen Streits
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96285-137-8
Verlag: Salier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Geschichte und kirchenrechtliche Einordnung eines 300-jährigen Streits

E-Book, Deutsch, 260 Seiten

ISBN: 978-3-96285-137-8
Verlag: Salier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Frage, ob ein Katholik Freimaurer sein darf, wird verschiedentlich beantwortet: Einerseits wird vielfach die Position vertreten, das Verhältnis zwischen Kirche und Freimaurerei sei inzwischen restlos unproblematisch, andererseits findet sich oft die Behauptung, dass Freimaurerei und Kirche unter keinen Umständen miteinander vereinbar seien und die Mitgliedschaft automatisch zur Exkommunikation führe. In dieser Arbeit versucht der Münchner Theologe Richard Mathieu durch die Auswertung der normativen Vorgaben des katholischen Kirchenrechts in ihrer geschichtlichen Genese und aktuellen Ausprägung tragfähige Antworten auf diese Frage zu finden. Dabei sind neben dem Codex Iuris Canonici auch die Erklärungen der Glaubenskongregation und der Deutschen Bischofskonferenz auf ihren Inhalt und ihre Stichhaltigkeit hin u¨berprüft worden.

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2.4 Die drei Grade der Johannismaurerei


2.4.1 Antizipation – Der Suchende


Üblicherweise liegt zwischen dem Erstkontakt und der Aufnahme der Zeitraum eines Jahres, in dem zunächst durch Gespräche mit Brüdern aus der Aufnahmekommission stattfinden, deren Zweck ein zweifacher ist: Einerseits soll der Interessent die Möglichkeit haben, Fragen zur Freimaurerei im Allgemeinen als auch zur entsprechenden Loge im Speziellen zu stellen. Andererseits nutzen Logen diese Gespräche, um die Beweggründe und Eignung eines Interessenten zu prüfen. Um familiäre Konfliktsituationen zu vermeiden, wird der Interessent darauf aufmerksam gemacht, dass die Partnerin bzw. der Partner der Freimaurerei nicht ablehnend gegenüber stehen sollte. Die Anforderung der Charges, ein Freimaurer möge ein „freier Mann von gutem Ruf“1 sein, wird dahingehend gedeutet, dass der Kandidat frei von allzu groben Vorurteilen, als auch frei in wirtschaftlicher Hinsicht sein sollte. Bisweilen findet sich der Hinweis, der gute Ruf werde durch einen Leumund nachgewiesen. Der gute Ruf zielt auch auf die Straffreiheit des Kandidaten ab, weswegen einem Aufnahmegesuch in der Regel ein polizeiliches Führungszeugnis beizufügen ist.

Ist das Aufnahmegesuch eingereicht, wird ein Termin zur Kugelung anberaumt, im Rahmen welcher die Mitglieder der Loge über die Aufnahme des Suchenden abstimmen. Üblicherweise wird mittels schwarzer und weißer Kugeln, die in eine entsprechende Schachtel zu legen sind, abgestimmt. Besteht das Ergebnis ausschließlich aus weißen Kugeln ist es „hell leuchtend“2 und einer Aufnahme steht nichts mehr im Wege. Sofern das Ergebnis einer Kugelung negativ3 ist – was in der Praxis selten vorkommen dürfte, da eventuelle Bedenken bereits zuvor zur Sprache gebracht werden – ist der Kandidat für den Zeitraum eines Jahres gesperrt, innerhalb dessen er nicht aufgenommen werden kann.4

2.4.2 Aufnahme – Der Lehrling


Die begriffliche Unterscheidung von Aufnahme, Beförderung und Erhebung ist bedeutsam, wird aber oft nicht eingehalten5. In Bezug auf die Grade blauer Logen6 bezeichnet der Begriff der Aufnahme stets die rituelle Aufnahme eines Nicht-Freimaurers zum Freimaurer-Lehrling. Ziel dieses Abschnittes ist, die wesentlichen Elemente der Aufnahmehandlung zu skizzieren und näher zu erläutern, wo die Schwerpunkte des Lehrlingsgrades liegen. Sobald das positive Ergebnis der Kugelung feststeht, wird es, gemeinsam mit den kalendarischen Daten des Aufnahmetermins, dem Suchenden mitgeteilt7. Am Tag der Aufnahme wird dem Suchenden i.d.R. von seinem Bürgen ein Bogen mit unmittelbar vor der Aufnahme schriftlich zu beantwortenden Fragen übergeben. Inhalt wie Wortlaut der Fragen variieren zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen der Freimaurerei. Binder gibt die zu beantwortenden Fragen wie folgt wieder:

„Was sagt Ihnen der Begriff des Großen Baumeisters aller Welten? Was erwarten Sie von Ihrer Aufnahme für Ihr künftiges Leben? In welcher Weise glauben Sie, zur Verwirklichung der Idee der Freimaurerei beitragen zu können?“8

Die AFAM hingegen fragt:

„1. Was ist die Bestimmung des Menschen? 2. Was erwarten Sie von dem Bund der Freimaurer für Ihren Geist, für Ihr Herz und für Ihr zeitliches Glück? 3. Was kann der Bund der Freimaurer von Ihnen erwarten?“9

Noch vor Beginn der eigentlichen Aufnahmehandlung werden die schriftlichen Antworten des Suchenden durch den Sekretär verlesen. Der Suchende wird sodann in einen abgedunkelten, mit einer Sanduhr, einer Bibel, einer Kerze und einem Schädel eingerichteten Raum geführt, die sogenannte Dunkle Kammer10, die er nicht sehenden Auges verlassen wird11. Der Vorbereitende Bruder12 und sein Begleiter13 suchen nun den Aufzunehmenden in der Dunklen Kammer auf, um ihm nochmals einige prüfende Fragen14 zu stellen und seine Bekleidung dem Ritual anzupassen, d.h. im Einzelnen: Jackett und Krawatte bzw. Fliege ablegen, die obersten Knöpfe des Hemdes öffnen, das linke Hosenbein bis zum Knie hinaufschieben und dort fixieren, den rechten Schuh durch einen Pantoffel austauschen, sowie das Ablegen von Schmuck bzw. metallischen Gegenständen und das Anlegen einer Augenbinde15, die den Suchenden spüren lässt, dass er auf seinem Weg auf die Unterstützung anderer angewiesen ist. Des Weiteren wurde und wird dem Suchenden in manchen Ausprägungen der Freimaurerei ein Strick um den Hals gelegt16.

Zur wesensbestimmenden Grundstruktur der Aufnahmehandlung gehören i.d.R. drei sogenannte Reisen, die kreisförmig17 von Westen über Norden und Osten wieder in den Westen verlaufen18. Der Lehrling umkreist den im Zentrum des Logenraumes liegenden Teppich und die darum stehenden Säulen und passiert ebenfalls dreimal den Sitz des Meisters vom Stuhl im Osten.

Im Ritual der AFAM wird der Suchende auf seiner ersten Reise u.a. sinnbildlich auf die Gefahren der Leidenschaft, des Vorurteils und der Unwissenheit aufmerksam gemacht. Zudem wird er mit Feuer konfrontiert, dessen Bedeuntgsspektrum sich weit von einer kathartischen Deutung19 bis hin zur Vierelementelehre erstreckt. 20

Die zweite Reise, die abermals vom Westen über Norden und Osten durch den Süden führt, beinhaltet wiederum zunächst eine – etwas unspezifische – Bedrohung im Norden. Dem Aufzunehmenden wird gesagt, ihn bedränge Bosheit, der er schutzlos ausgeliefert wäre ohne den „Arm des Freundes“21. Der Suchende wird zudem mit dem Element des Wassers konfrontiert, dass ihm als Symbol für die Reinheit der Seele gedeutet wird.22

Die dritte und letzte Reise beginnt wiederum im Westen. Ein weiteres Mal wird der Suchende im Norden auf eine Gefahr aufmerksam gemacht, diesmal allerdings jene, die von ihm selbst ausgeht, namentlich „Eitelkeit und Geltungsbedürfnis“23. Und erhält sodann den Auftrag, sich selbst zu erkennen.24 Im Süden wird die Hand des Suchenden in ein Gefäß mit Erde gedrückt. Abgesehen von dem abermals hergestellten Bezug zu den vier Elementen wird hier durch die Erläuterung des Zweiten Aufsehers die Thematik der Vanitas aufgegriffen25. Am Ende seiner dritten Reise angekommen, wird der Suchende mit dem letzten der vier Elemente konfrontiert, indem ihm durch einen Fächer oder einen anderen geeigneten Gegenstand Luft entgegengeblasen wird. Diesbezüglich ist anzumerken, dass historisch die sogenannte Windprobe ursprünglich Teil einer vierten Reise war. Während manche Systeme die vierte Reise mitsamt dem Moment der Luft bzw. des Windes gestrichen haben, bewahrte die AFAM letzteres trotz der Reduzierung auf nur drei Reisen26.

Dem Gelöbnis geht ein an den Großen Baumeister aller Welten gerichtetes Gebet voraus. Es soll an dieser Stelle vollständig wiedergegeben werden, da sich die in Teil II dieser Arbeit kritisch zu würdigende Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zur Frage der Mitgliedschaft von Katholiken in der Freimaurerei vom 12. Mai 198027 auf den Religions- und Gottesbegriff der Freimaurerei und deren Verhältnis zur Offenbarung sowie die Spiritualität der Freimaurerei bezieht. Insbesondere das Ziel der Vervollkommnung des Menschen und dessen Verhältnis zur Gnade haben die Deutschen Bischöfe kritisiert.

„Großer Baumeister aller Welten! Wir bewundern Deine Weisheit und Größe im Weltall; wir bewundern sie vorzüglich im Menschen, der allein, obgleich nur unvollkommen, Dich erkennen und anbeten kann. Segne den Bund der Freundschaft, den wir mit dem Suchenden schließen wollen. Verleihe ihm und uns allen Licht und Kraft, das Gute zu erkennen und mit Eifer und Standhaftigkeit zu üben, damit der Zweck der Freimaurerei erfüllt werde.“28

Dieses Gebet darf insofern als repräsentativ für den Rahmen möglicher Gottesvorstellungen gelten (denn eine tatsächliche Definition des Großen Baumeisters aller Welten gibt es, wie bei anderen Symbolen, nicht), als es unmittelbar vor dem Gelöbnis des Aufzunehmenden, durch das er sich erst an die Bruderschaft bindet, vorausgeht. Es gehört somit zum Kontext einer der zentralsten rituellen Handlungen der Freimaurerei überhaupt.

„Ich gelobe bei meiner Ehre und meinem Gewissen: Mich der Humanität aus vollem Herzen und mit ganzer Kraft zu widmen. Demgemäß meine Pflichten gegenüber meiner Familie, meiner Gemeinde, meinem Land und der Gemeinschaft aller Menschen zu erfüllen.

Das Brauchtum der Freimaurer in Ehren zu halten, die inneren Angelegenheiten meiner Loge nicht nach außen zu tragen und verschwiegen zu bewahren, was mir ein Bruder anvertraut.

Den Gesetzen der Bruderschaft und dem Hammerschlag des Meisters maurerischen Gehorsam zu leisten. Die Arbeit meiner Loge nach Kräften zu fördern, ihr Zeit und Arbeitskraft zu widmen und sie nie ohne gültige Ursache zu verlassen.

Meinen Brüdern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und die Zusage auf Maurerwort so gewissenhaft zu halten wie einen heiligen Eid.“29

Ist das Gelöbnis geleistet, nimmt der Meister vom Stuhl „in Ehrfurcht vor dem großen Baumeister aller Welten, im Namen der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland, kraft [s]eines Amtes als Meister vom Stuhl der...



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