E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Reihe: Dein Erfolg
Mathar Financial Wellbeing
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96740-312-1
Verlag: GABAL
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die 10 Money- und Mindset-Bausteine für ein krisenfestes, glückliches und erfolgreiches Leben
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Reihe: Dein Erfolg
ISBN: 978-3-96740-312-1
Verlag: GABAL
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Thomas Mathar leitet seit 2017 das Zentrum für Verhaltensforschung bei Aegon UK, einem der führenden Anbieter von Investitions- und Finanzdienstleistungen Großbritanniens. Hier untersucht er in großen Studien die Instinkte, Motivationen, Fähigkeiten und Umweltfaktoren, die Menschen dazu bringen - oder davon abhalten -, langfristig bessere Lebens- und Finanzentscheidungen zu treffen. Er promovierte in Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und machte später eine Zusatzausbildung in Verhaltensökonomie an der London School of Economics. Dr. Tom, wie man den promovierten Anthropologen in Großbritannien nennt, ist im deutschsprachigen Raum zunehmend bekannt als Speaker, Trainer und Podcast-Gast.
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EINLEITUNG
»Heute Nacht geht ein schweres Jahr zu Ende.«
OLAF SCHOLZ AM 31. 12. 2022
»Verschwenden Sie niemals eine gute Krise.«
WINSTON CHURCHILL
Können Sie eine Krise nennen, die sich in den letzten fünf Jahren ereignet hat? Irgendeine – zum Beispiel eine politische Krise, eine wirtschaftliche oder gesundheitliche?
Höchstwahrscheinlich können Sie das. Denn in den letzten Jahren schlidderten wir von einer Krise in die nächste. Angela Merkel wurde – als sie im Dezember 2021 nach 16 Jahren ihr Amt übergab – in vielen Nachrufen als »Krisenkanzlerin« oder »Kanzlerin der Krisen« beschrieben (erinnert wurde an Euro-Krise, Flüchtlingskrise, Corona und andere Ereignisse). Ihr Nachfolger Olaf Scholz war keine drei Monate im Amt, da musste er am 24. Februar erklären, dass dies ein schlimmer Tag für die Ukraine und Europa sei: Russland war da in sein Nachbarland einmarschiert. Wir sahen Bilder von Familien in den U-Bahn-Stationen Kiews. Und in Deutschland hörten wir die ukrainische Sprache häufiger in Bussen und S-Bahnen. Kurz darauf bekamen wir es alle mit Inflation und Energiekrise zu spüren.
Kein Wunder, dass sich viele Sorgen machen.
In Krisenzeiten hören wir immer von Menschen, die von der Krise betroffen sind. Im Oktober 2022 zum Beispiel sammelte das ZDF Stimmen am Nürnberger Hauptmarkt und berichtete von Händlern, denen die Kunden wegblieben: »Die Touristen kaufen nichts, und die andere Laufkundschaft bleibt einfach weg«, wird ein Händler zitiert. Eine Händlerin am Stand nebenan sieht es genauso: »Die Straßen sind voll mit Menschen, aber es kommt keiner rein.«1
Natürlich sind die vornehmlich finanziellen Sorgen immer objektiv berechtigt: Strom- und Gaspreise stiegen damals unbestreitbar an, die Inflation trieb die Preise in die Höhe, Mieten und Immobilienpreise wurden instabil und schwer vorherzusagen, die Märkte wurden nervös.
Aber vielleicht steckt hinter den Überschriften, die uns über diese Trends unterrichten – und in unseren Sorgen selbst –, ein naiver Optimismus. Es wird eine Welt ersehnt, in der Strom- und Gaspreise stabil bleiben, in der die Inflation nahe dem Wunschwert der EZB bleibt, in der kein Land in ein anderes einmarschiert und in der die Märkte stabil bleiben und es allen Menschen – inklusive der Einzelhändler an lokalen Märkten – gut geht.
Wir brauchen nicht weit zurückzudenken an Geschichten von unseren Eltern und Großeltern, um uns daran zu erinnern, dass solche Hoffnungen unrealistisch sind. Warum sollten Krisenzeiten nur in der Vergangenheit geschehen sein? Warum sollten sie nicht auch im Hier und Jetzt passieren? Shit happens – oder, wie Wirtschaftsphilosoph Gunter Dueck sagt: Shift happens.
In diesem Buch plädiere ich für eine neue Einstellung zu Geld. Und ich plädiere für eine Einstellung, die uns dazu bewegt, unsere Haushalte anders zu bewirtschaften. Ich behaupte nicht mit falsch verstandenem Stoizismus, dass Geld nicht wichtig ist. Im Gegenteil: Gutes Einkommen, Finanzpolster, gutes Schuldenmanagement, private Altersvorsorge und andere Kapitalarten sind sehr wichtig – vor allem, wenn man all das nicht hat. Unter anderem darüber geht es in diesem Buch.
Allerdings geht es ebenso darum, dass eine gewisse Einstellung oder Denkweise (das, was man im Englischen Mindset nennt) ebenso wichtig ist – allerdings unterbelichtet. Im Zusammenhang mit Money-Mindset werde ich argumentieren, dass wir uns mehr Gedanken darüber machen sollten, welche Bedürfnisse wir mit unserem Konsum versuchen zu befriedigen, dass wir uns bewusster werden sollten über die sozialen Vergleiche, die wir anstellen (und die uns häufig unzufrieden machen), dass wir versuchen sollten, eine konkrete und bedeutungsvolle Verbindung mit unserer Zukunft herzustellen, und dass wir lernen müssen, mit Krisen zu leben.
Im Zusammenhang mit Krisen – wie den Krisen, die wir gerade eine nach der anderen als Gesellschaft erleben – plädiere ich für einen konstruktiven Pessimismus. Lassen Sie mich kurz ausholen.
Wir erleben im Großen und Ganzen eigentlich einen sehr positiven Trend: Als Gruppe und statistisch gesehen werden wir immer älter und leben längere, gesündere Leben. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung errechneten, dass jedes Baby, das 2009 in der Bundesrepublik zur Welt kam, mit 50%iger Wahrscheinlichkeit den 100. Geburtstag erleben wird. Eine heute 50-Jährige wird im Schnitt über 88 Jahre alt. Ihren 100. Geburtstag erlebt sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 13 %. Die Mehrheit der heute 44-Jährigen kann davon ausgehen, noch in ihrer ersten Lebenshälfte zu sein. Dies sind unglaublich positive Errungenschaften.
Natürlich bereiten Krisen uns Sorgen. Das ist verständlich und beinahe unvermeidbar. Aber bedenken Sie, dass Sie den Verlauf der Krisen nicht beeinflussen können. Dies liegt nicht in Ihrer Hand. Machen Sie sich deshalb bessere, aufschlussreichere und einfühlsamere Sorgen. Bedenken Sie hierbei Dinge, die in Ihrer Hand liegen.
Aber mit diesem positiven Trend gehen neue Probleme und Risiken einher. Deshalb der konstruktive Pessimismus: Es ist beinahe unvermeidbar, dass wir in dem längeren, gesünderen Leben, das wir leben, Krisen erleben. Viele dieser Krisen erfahren wir gerade:
- • politische Krisen: Invasion der Ukraine, Aufstieg Chinas, Populismus, Klimawandel, Massenimmigration
- • ökonomische Krisen: geringere Kaufkraft, Energieknappheit, Arbeitslosigkeit
- • finanzielle Krisen: Unruhe an den Märkten, Inflation, Deflation
Hinzu kommen eventuell – auch nicht unwahrscheinlich, statistisch gesehen – persönliche Krisen wie Scheidung, persönlicher Bankrott oder Schuldenfalle, Krebs oder andere schwere Krankheiten.
Ein richtiges Money-Mindset erkennt das Positive und Pessimistische in diesem großen Ganzen an. Und mit einem richtigen Money-Mindset planen wir unsere Finanzen anders.
Ich möchte (und kann) Ihnen nicht nahelegen, sich über Geld keine Sorgen mehr zu machen. Ich möchte Ihnen allerdings nahelegen, sich bessere, aufschlussreichere und einfühlsamere Sorgen zu machen.
Hier ist ein Beispiel dafür, wie Sie sich bessere Sorgen machen. Nehmen wir an, dass aufgrund hoher Inflation oder insgesamt schwächeren Konsums Ihr Arbeitgeber in Kostendruck gerät und Ihr Arbeitsplatz gefährdet ist. Oder dass sich für Sie – sollten Sie selbstständig sein – aufgrund dieser externen Dinge die Auftragslage verschlechtert.
In so einem Fall lohnt es sich nicht, sich über die Dauer des Ukrainekonflikts, den Leitzins der EZB, die von der Koalition eingeleiteten Maßnahmen oder das Kaufverhalten der Kunden Sorgen zu machen. All diese Dinge können Sie nicht kontrollieren. Zwei Dinge allerdings schon:
- wie Sie sich auf potenzielle Arbeitslosigkeit vorbereiten, um mit dem daraus resultierenden finanziellen Problem umzugehen, und
- wie Sie mental mit drohender oder faktischer Arbeitslosigkeit umgehen.
Um das finanzielle Problem anzugehen, können Sie sich vorbereiten, indem Sie zum Beispiel Finanzpolster aufbauen (in Kapitel 5 rate ich zu mindestens drei Netto-Monatsgehältern an Ersparnissen). Sie können auf der Website des Arbeitsamts herausfinden, welche Formulare im Falle von Arbeitslosigkeit oder Insolvenz ausgefüllt werden müssen, damit sie schnell Arbeitslosengeld ausgezahlt bekommen. Sie können sich, um besser zu planen, erkundigen, wie lange es dauert, Sozialleistungen ausgezahlt zu bekommen, und welche Leistungen Ihnen wie lange zustehen. Sie können schon jetzt entscheiden, welche Abos oder Policen Sie kündigen, um Geld zu sparen.
Um sich mental auf drohende Arbeitslosigkeit vorzubereiten, können Sie zudem einige mit dem Ereignis verbundene Emotionen normalisieren. Es ist bei drohendem Jobverlust oder drohender Insolvenz normal, Angst zu haben. Es ist normal, dem Joballtag (zum Beispiel aufgrund lieb gewonnener Kollegen) nachzutrauern. Es ist normal, den nächsten Schritt als zu große Herausforderung zu befürchten. Lesen Sie sich ein wenig in die Literatur zu den Emotionen Angst, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Trauer und Betroffenheit ein. Vielleicht auch zu Emotionen wie Scham, Peinlichkeit, Demütigung und Schuldgefühl.
Diese Emotionen zu verstehen, ist wichtig für den nächsten Schritt. Denn es gibt alle möglichen Studien, die belegen, dass es verunsicherte Menschen schwerer haben, einen neuen Job zu finden. Normalisieren Sie in diesem Schritt auch einige andere Fakten, zum Beispiel, dass vor Ihnen schon viele Menschen ohne ihr eigenes Zutun ihren Job verloren haben. Dass es in 45 Jahren Arbeitsleben als normal angesehen werden kann, ein paarmal seinen Job verloren zu haben. Dass es aufgrund neuer Technologien wie Automatisierung, künstlicher Intelligenz oder Robotisierung...