Massey | Tödliche Manga | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 381 Seiten

Reihe: Ein Fall für Rei Shimura

Massey Tödliche Manga

Kriminalroman
17001. Auflage 2017
ISBN: 978-3-492-98349-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 4, 381 Seiten

Reihe: Ein Fall für Rei Shimura

ISBN: 978-3-492-98349-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Rei Shimura, die kalifornische Amateurdetektivin, steht in ihrer Wahlheimat Tokio vor ihrem bizarrsten Fall: Der renommierten Zeitung Gijin Times laufen die Abonnenten davon. Was liegt näher, als mit kultigen Comics neue Leser zu gewinnen? Die attraktive Rei, angeheuert, dem Blatt aus der Misere zu helfen, sucht in der trendigen Manga-Szene nach Ideen. Schon bald entdeckt sie, wie weit die Begeisterung der jungen Manga-Fans gehen kann: Sie identifizieren sich so bedingungslos mit ihren Helden, daß sie deren Abenteuer nachleben wollen - bis zum bitteren Ende. Im Land der aufgehenden Sonne, wo Jugendkultur und uralte Traditionen aufeinanderprallen, entwickelt die preisgekrönte Autorin einen originellen, atemlos spannenden Krimi.

Sujata Massey, geboren 1964 als Tochter einer Deutschen und eines Inders in Sussex, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in den USA und lebte dann mehrere Jahre in Hayama, Japan. Ihr Krimi-Debüt »Die Tote im Badehaus« wurde mit dem renommierten Agatha-Award ausgezeichnet. Dem folgten weitere Romane mit Rei Shimura: »Zuflucht im Teehaus«, »Bittere Mandelblüten«, »Tödliche Manga«, »Der Brautkimono«, »Die Tochter des Samurai«, »Japanische Perlen«, »Der japanische Liebhaber« und »Der Tote im Sumida«. Zuletzt erschien »Brennender Hibiskus«, ihr zehnter Rei Shimura-Krimi. Sujata Massey lebt in Baltimore und kehrt so oft wie möglich nach Japan zurück.
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2


»Wo ist Whitney?« fragte ich Rika Fuchida, die Praktikantin der Zeitschrift, die barfuß auf Alecs Schreibtisch stand und die Ecke eines Cibo-Matto-Posters anklebte, die sich gelöst hatte. Seltsam, daß Alec nicht hier im Raum war, um Rika zu begaffen. Schließlich war ihr Rock kürzer als meiner.

»Hallo Rei-san!« Rika war Japanerin, also hatte sie keine Probleme, meinen Namen auszusprechen. »Haben Sie denn nicht gehört, daß Whitney-san nicht mehr hier ist?«

»Nein. Arbeitet sie jetzt zu Hause?« Ich warf einen Blick auf meine Uhr. In zwei Stunden war mein nächster Termin, und ich hatte mit der Chefredakteurin der Gaijin Times über das Thema meines nächsten Artikels reden wollen. Darin sollte es um Ratschläge gehen, wie man eine tansu-Kommode für weniger als tausend Dollar erwarb und restaurierte.

Rika schüttelte den Kopf so heftig, daß ihre schicken kurzen Zöpfe hüpften. »Whitney hat gekündigt.«

»Nein!« rief ich entsetzt aus.

Nun streckte Alec den Kopf zur Tür herein und beteiligte sich an unserem Gespräch. »Sie hat jetzt eine Stelle beim Asian Wall Street Journal. Ist die Karriereleiter raufgefallen, jawohl. Ist gut für uns alle, daß sie die Fliege gemacht hat. Unser Magazin muß endlich ’nen besseren Draht zur japanischen Kultur kriegen. Whitney beherrscht die Sprache, aber sie hat nicht viel Ahnung davon, was im heutigen Japan los ist.«

»Wenn das Journal sie angeheuert hat, kann sie nicht so schlecht sein«, sagte ich. Mit ihrem Yale-Studium und ihrer journalistischen Erfahrung war Whitney mir für die Gaijin Times fast schon überqualifiziert vorgekommen.

»Mr. Sanno, der Inhaber des Magazins, nimmt an der heutigen Redaktionssitzung teil. Er wird den neuen Chefredakteur bestimmen.« Alec schien vor Aufregung fast zu platzen. »Aber komm bloß nicht auf die Idee, dich bei der Sitzung zu produzieren. Ich hab’ deinen Lebenslauf gelesen. Die einzige journalistische Erfahrung, die du – abgesehen von deinen Artikeln für die Gaijin Times – hast, ist deine Arbeit für den Johns Hopkins University News-Letter.«

»Der Chefredakteurposten interessiert mich nicht«, erklärte ich kühl. Seine Erwähnung des Magazininhabers hatte mich nervös gemacht. Würde Mr. Sanno mich überhaupt als Kolumnistin behalten wollen? Ich war sehr dankbar für die kostenlose Werbung, die die Kolumne in der Gaijin Times für mein Geschäft bedeutete. Meine Einkünfte waren seit dem Erscheinen meiner ersten Artikel um zwanzig Prozent gestiegen.

»Die Sitzung geht gleich los«, sagte Rika. »Darf ich bei der Ausgestaltung Ihres Büros eine Pause machen, Alec-san, um den Kaffee zu servieren?«

»Ich helfe Ihnen«, erbot ich mich, da ich keine Minute länger neben Alec stehen wollte. Erst als ich zusammen mit Rika kleine Eiskaffeegläser mit Untersetzern auf dem Konferenztisch verteilte, merkte ich, wie dumm ich gewesen war. Ich verhielt mich wie eine eifrige Büroangestellte. Auf die Art würde ich mich dem Inhaber des Magazins nicht als Kolumnistin empfehlen.

Ich fragte mich, was in Mr. Sannos Kopf vorging, als er am oberen Ende des ramponierten Stahltisches Platz nahm. Die Belegschaft bestand aus sechs Vollzeitangestellten, einer bunten Mischung junger Leute, die das ganze Spektrum der Einwanderung im Japan des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts aufs trefflichste illustrierte. Da war Joey Hirota, der halb taiwanesische, halb japanische Restaurantkritiker; Norton Jones, Absolvent der Columbia University und nun für das Ressort Innenpolitik zuständig; Toshi Ueda, der kürzlich seinen Abschluß an der Waseda University gemacht hatte und jetzt der Fotoredakteur war; meine Freundin Karen Anderson, ein früheres Model, das Gewicht zugelegt hatte und jetzt über Modetrends schrieb; der widerliche Alec, Experte für Musik und Unterhaltung sowie Rika Fuchida, Alecs Praktikantin. Sie trugen echte alte Polyester-Sachen aus den Siebzigern und gemusterte Klamotten im Retrolook, Strickpullover und Jersey. Ohrringe schwangen in Mehrfachlöchern, und schwere Ringe und Armreifen klapperten gegen den Tisch, wenn jemand die Hand nach dem Kaffee ausstreckte. Tabakgeruch hing in der Luft, und vor jedem stand ein Aschenbecher, auch wenn noch niemand rauchte, vielleicht weil der Inhaber des Magazins anwesend war.

Mr. Sanno war so um die Vierzig, doch statt eines grauen oder marineblauen Anzugs, den man in seinem Alter erwartet hätte, trug er einen auffälligen grünen mit breitem Revers. Er blätterte einen dicken Aktenordner voller Tabellen durch. Zahlen, dachte ich und spürte, wie meine Anspannung wuchs. Vermutlich würde er sich gleich über die Dinge auslassen, die bisher Profit eingebracht hatten, und darüber, was wir ändern müßten.

»Ich danke Ihnen, daß ich an der regulären Redaktionssitzung teilnehmen kann. Es ist nett von Ihnen, daß ich Sie trotz Ihrer vielen Arbeit stören darf.« Mr. Sannos Stimme war überraschend hoch. Lag das daran, fragte ich mich, daß ihm das Englischsprechen Mühe machte? Er klang wie jemand, der tagtäglich mit englischen Muttersprachlern zu tun hatte, aber nicht so flüssig wie jene Japaner, die im Ausland gelebt oder studiert hatten.

»Kein Problem! Ich persönlich würd’ Sie gern öfter hier sehen«, sagte Alec in seiner lauten australischen Art, und ich spürte, wie sich die anderen verkrampften. Alec versuchte, seine Rolle als Übergangsleiter der Redaktion zu einer dauerhaften Einrichtung zu machen.

»Danke, Mr. Tampon«, sagte Mr. Sanno, Alecs Nachnamen bewußt falsch aussprechend. Ich gab mir keine Mühe, mein Lächeln zu verbergen. »Die Führung von Miss Whitney Talbot wird uns allen fehlen. Aber, wie wir in Japan und China oft sagen, das kanji-Zeichen für ›Krise‹ besteht aus den beiden Worten ›Gefahr‹ und ›Gelegenheit‹. Diese Herausforderung bietet uns die große Chance, uns weiterzuentwickeln, zu einer höheren Auflage für die Gaijin Times zu gelangen.«

Das Lächeln gefror mir auf den Lippen. Mr. Sanno begann schneller über Zahlen zu sprechen, als ich erwartet hatte.

»Sie wissen vielleicht, daß die Gaijin Times die einzige Zeitschrift ist, die Sanno Advertising besitzt. Vielleicht interessiert es Sie, warum wir diese Zeitschrift gegründet haben.« Er ließ den Blick über den Tisch schweifen. »Als Inhaber der Gaijin Times können wir unsere Anzeigen darin kostenlos schalten. Unseren Kunden müssen wir natürlich etwas für ihre Anzeigen berechnen, und sie sind damit einverstanden. Wenn ein solcher Kunde beispielsweise ein mexikanisches Restaurant ist, veröffentlichen wir eine Werbeanzeige dafür, und in derselben Ausgabe erscheint eine positive Besprechung von Joey Hirota.«

»Mr. Sanno, darf ich etwas dazu sagen? Die Zeitschrift ist mehr als nur ein Werbeblatt. Ich schreibe Artikel über die Bankenkrise, die yakuza, die Zukunft der Diät«, unterbrach Norton ihn.

Norton kannte ganz offensichtlich nicht die richtige Etikette für ein Gespräch mit einem japanischen Chef. Ich wechselte einen kurzen traurigen Blick mit Toshi und Rika. Joey Hirota betrachtete immer noch die Hände in seinem Schoß, als wäre es ihm schrecklich peinlich, als Verfasser getürkter Besprechungen entlarvt worden zu sein. Eigentlich hätte mir die Sache mit diesen Besprechungen schon längst klar sein müssen. Ich persönlich hatte noch nie viel von jemandem gehalten, der meinte, in Tokio könne man ein anständiges chimichanga kaufen.

»Aufgrund der wirtschaftlichen Veränderungen haben unsere Anzeigenkunden jedoch weniger Geld zur Verfügung. Um die Zeitschrift am Leben zu erhalten, brauchen wir mehr Abonnenten.«

Ich wußte aus eigener Erfahrung, daß es immer schwieriger wurde, als Ausländer in Japan beruflichen Erfolg zu haben. In den vergangenen Jahren waren die Einkünfte von Englischlehrern, Bardamen und anderen drastisch zurückgegangen. Junge gaijin setzten kein allzugroßes Vertrauen mehr in ihre Fähigkeit, sich in Tokio längere Zeit über Wasser zu halten, und so war die Aussicht, daß sie das Risiko eingingen, im voraus sechstausend Yen für die zwölf Ausgaben einer Zeitschrift hinzublättern, gering.

»Ich pflichte Ihnen bei, daß wir unsere Abonnentenliste erweitern müssen«, meldete sich Alec zu Wort. »Wir müssen mehr Platz für Musik und Clubs auf unseren Seiten schaffen, für all die Dinge, die die gaijin-Kids an die Sachen erinnern, die sie zu Hause zurückgelassen haben. Ein Cover mit den Beastie Boys oder Mariah Carey würde viel mehr Umsatz bringen als eins mit irgend ’nem Japaner. Finden Sie nicht auch?«

»Ich verstehe, was Sie meinen«, erklärte Toshi Ueda aus der Fotoredaktion. Kein Japaner würde je einem anderen Menschen unumwunden...


Massey, Sujata
Sujata Massey,geboren 1964 als Tochter einer Deutschen und eines Inders in Sussex, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in den USA und lebte dann mehrere Jahre in Hayama, Japan. Ihr Krimi-Debüt »Die Tote im Badehaus« wurde mit dem renommierten Agatha-Award ausgezeichnet. Dem folgten weitere Romane mit Rei Shimura: »Zuflucht im Teehaus«, »Bittere Mandelblüten«, »Tödliche Manga«, »Der Brautkimono«, »Die Tochter des Samurai«, »Japanische Perlen«, »Der japanische Liebhaber« und »Der Tote im Sumida«. Zuletzt erschien »Brennender Hibiskus«, ihr zehnter Rei Shimura-Krimi. Sujata Massey lebt in Baltimore und kehrt so oft wie möglich nach Japan zurück.



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