Mason | Was wir wollen | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Reihe: Ecco Verlag

Mason Was wir wollen


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7530-5003-4
Verlag: Ecco Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Reihe: Ecco Verlag

ISBN: 978-3-7530-5003-4
Verlag: Ecco Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Alles ist Einbildung.
Das Leben ist eine Einbildung.«
Martha ist Ende dreißig und hat eigentlich alles, was man braucht, um glücklich zu sein. Sie ist mit ihrer Jugendliebe Patrick verheiratet, und er tut alles für sie. Ein wahres Geschenk - etwas, das nicht selbstverständlich ist, wie ihr jeder sagt.
Aber trotz allem scheint Martha das Leben schwerer zu fallen als anderen. Vielleicht ist sie einfach zu sensibel, doch sie hat das Gefühl, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Viel zu lange kann ihr niemand sagen, woran sie leidet.
Auch die ungeklärte Frage, ob sie Kinder wollen oder nicht, führt dazu, dass an ihrem 40. Geburtstag alles eskaliert und Patrick sie und das gemeinsame Haus und Leben verlässt. Als Martha endlich herausfindet, warum sie fühlt, wie sie fühlt, scheint es zu spät zu sein.

»Nah, witzig, tragisch und britisch.« BuchMarkt, März 2021

»In einer sehr schönen Aufmachung präsentierter Roman, der in keiner Belletristik-Abteilung mit Anspruch fehlen sollte.« EKZ-Bibliotheksservice, KW 12/2021

»ein originelles, lebensbejahendes Buch« tz, 10.05.2021

»Was mich fesselt, ist, wie mitfühlend und zugleich humorvoll die Autorin ihre Hauptfigur zeichnet. Gänsehautfeeling.« Daniela Stohn,Brigitte, 06.2021

»Ein beeindruckendes, sensationelles und ungemein (lebens-)kluges Romandebüt aus Sydney.«Bücher Magazin, 08.2021



Die gebürtige Neuseeländerin Meg Mason machte ihre ersten Karriereschritte in London, wo sie u. a. für die sowie die über Lifestyle-Themen, aber auch Elternschaft und Selbstbestimmung schrieb. Mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen Töchtern lebt sie heute in Sydney und ist Kolumnistin für verschiedene Zeitungen. ist der erste Roman, der von ihr auf Deutsch erscheint.

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Auf einer Hochzeit kurz nach unserer eigenen folgte ich Patrick durch die dichte Menge auf der Party zu einer Frau, die ganz allein dastand.

Er meinte, statt alle fünf Minuten zu ihr hinüberzuschauen und traurig zu werden, solle ich lieber zu ihr gehen und ihr ein Kompliment für ihren Hut machen.

»Auch wenn er mir gar nicht gefällt?«

»Natürlich, Martha«, antwortete er. »Dir gefällt ja nichts. Komm schon.«

Die Frau hatte sich ein Canapé vom Tablett genommen, das ihr ein Kellner angeboten hatte. Sie steckte es sich gerade in den Mund, als sie uns auf sich zukommen sah. Im selben Augenblick merkte sie, dass sich das Canapé nicht mit einem Bissen bewältigen ließ. Sie senkte den Kopf und versuchte, ihre Bemühungen zu verbergen, es erst ganz in den Mund und dann ganz wieder herauszubekommen. In der anderen Hand hielt sie ein leeres Glas und einen Vorrat an Servietten. Obwohl Patrick sich extra viel Zeit bei seiner Vorstellung ließ, damit sie aufessen und herunterschlucken konnte, konnten weder er noch ich ihre Erwiderung verstehen. Das Ganze schien ihr so peinlich zu sein, dass ich, um ihr die Situation zu erleichtern, zu einem einminütigen Vortrag über Damenhüte ansetzte.

Die Frau nickte ein paarmal kurz, und als sie endlich wieder dazu in der Lage war, fragte sie uns, wo wir lebten und was wir beruflich machten und ob sie richtig in der Annahme liege, wir seien verheiratet, und wie lange schon, und wie hatten wir uns kennengelernt? Die Anzahl und Geschwindigkeit ihrer Fragen sollten vermutlich die Aufmerksamkeit von dem halb gegessenen Etwas ablenken, das nun auf einer öligen Serviette auf ihrer Handfläche lag. Ich antwortete, und sie blickte währenddessen verstohlen an mir vorbei, offenbar auf der Suche nach einer Möglichkeit, die Canapéreste diskret verschwinden zu lassen. Ich erklärte, Patrick und ich hätten uns im Grunde nie kennengelernt, weil er einfach »immer schon da« gewesen sei, und sie sagte, sie habe mich womöglich nicht ganz verstanden.

Ich drehte mich um. Mein Mann war gerade damit beschäftigt, mit einem Finger ein unsichtbares Objekt aus seinem Glas zu fischen. Ich wandte mich wieder der Frau zu und sagte, Patrick sei wie das Sofa, das in dem Haus steht, in dem man aufgewachsen ist. »Seine Existenz ist einfach eine Tatsache. Man fragt sich nie, wo es herkommt, weil man sich nicht mehr daran erinnern kann, dass es jemals nicht da gewesen ist. Man denkt einfach nicht bewusst darüber nach.«

Da die Frau keine Anstalten machte, etwas zu erwidern, fuhr ich fort: »Wobei man, wenn es darauf ankäme, wahrscheinlich jede einzelne seiner Unvollkommenheiten aufzählen könnte. Mitsamt deren Ursachen.«

Patrick fügte hinzu, das entspreche leider der Wahrheit. »Martha könnte Ihnen definitiv eine Liste all meiner Fehler geben.«

Die Frau lachte und warf dann einen flüchtigen Blick auf die Handtasche mit den kurzen Henkeln, die an ihrem Unterarm baumelte, als wollte sie abschätzen, ob sie als Behältnis für den Canapérest taugte.

»Alles klar, wer braucht Nachschub?« Patrick richtete beide Zeigefinger auf mich und drückte mit den Daumen auf unsichtbare Abzüge. »Martha, ich weiß, dass du nicht Nein sagst.« Er zeigte auf das Glas der Frau, und sie gab es ihm. Dann fragte er: »Soll ich das auch mitnehmen?« Sie lächelte und sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, als er sie von dem Canapé befreite.

Als er fort war, sagte sie: »Sie sind sicher froh, mit so einem Mann verheiratet zu sein.« Ich nickte, erwog kurz, die Nachteile zu erläutern, mit jemandem verheiratet zu sein, den alle nett finden, fragte sie dann aber stattdessen, wo sie ihren fantastischen Hut herhabe. Ich wartete darauf, dass Patrick zurückkam.

Seitdem war das Sofa unsere Standardantwort auf die Frage, wie wir uns kennengelernt hätten. Wir wiederholten sie, mit ein paar Abwandlungen, acht Jahre lang. Die Leute lachten jedes Mal.

*

Es gibt ein GIF mit dem Titel »Prinz William fragt Kate, ob sie noch einen Drink möchte«. Meine Schwester schickte es mir mit dem Kommentar: »Ich heule vor Lachen!!!!« Die beiden sind auf irgendeinem Empfang. William trägt einen Smoking. Er winkt Kate durch den Raum hinweg zu, macht eine Handbewegung, als würde er sein Glas leeren, und zeigt dann mit dem Finger auf sie.

»Das mit dem Finger«, schrieb meine Schwester. »Echt buchstäblich Patrick.«

Ich textete zurück: »Echt im übertragenen Sinne Patrick.«

Sie schickte mir das Augenroll-Emoji, das Sektglas und den Zeigefinger.

An dem Tag, an dem ich wieder bei meinen Eltern einzog, entdeckte ich das GIF erneut. Ich schaute es mir fünftausendmal an.

*

Meine Schwester heißt Ingrid. Sie ist fünfzehn Monate jünger als ich und mit einem Mann verheiratet, den sie kennenlernte, indem sie vor seinem Haus hinfiel, als er gerade die Mülltonnen auf die Straße stellte. Sie ist mit ihrem vierten Kind schwanger. Als sie mir die Nachricht schrieb, dass es wieder ein Junge wird, schickte sie dazu das Aubergine-Emoji, die Kirschen und die geöffnete Schere. Sie schrieb: »Hamish kommt unters Messer, und zwar nicht im übertragenen Sinne.«

Als wir noch klein waren, hielten uns alle für Zwillinge. Wir wollten uns unbedingt gleich anziehen, aber unsere Mutter erlaubte es nicht. Ingrid fragte: »Warum dürfen wir nicht?«

»Weil die Leute dann denken, dass es meine Idee war …« Sie blickte sich im Zimmer um. »Dabei war nichts von alldem hier meine Idee.«

Später, als die Pubertät uns beide fest im Griff hatte, bemerkte unsere Mutter einmal, da Ingrid die deutlich größere Menge Busen habe, könnten wir nur hoffen, dass ich am Ende mehr Hirn abbekäme. Wir fragten sie, was von beidem besser sei. Sie erwiderte, es sei besser, beides oder keins davon zu haben, das eine ohne das andere jedoch sei fatal.

Meine Schwester und ich sehen uns immer noch ähnlich. Unsere Kiefer sind zu kantig, aber unsere Mutter meint, wir kämen damit durch. Unser Haar wird schnell strähnig und war von der gleichen mehr oder weniger blonden Farbe, bis ich neununddreißig wurde und eines Morgens feststellte, dass ich auch die vierzig nicht würde aufhalten können. Am selben Nachmittag ließ ich mir das Haar auf die Länge meines zu kantigen Kiefers schneiden und blondierte es mir dann zu Hause mit Farbe aus dem Supermarkt. Während der Prozedur kam Ingrid vorbei und verbrauchte den Rest für ihr eigenes Haar. Wir fanden es beide schwierig, dass wir nun ständig nachfärben mussten. Ingrid behauptete, es hätte weniger Arbeit verursacht, einfach noch ein Baby zu bekommen.

Obwohl wir uns so ähnlich sehen, wusste ich schon früh, dass die Leute Ingrid schöner fanden als mich. Einmal erwähnte ich das meinem Vater gegenüber. Er sagte: »Die Leute sehen vielleicht zuerst sie. Aber dich werden sie länger anschauen wollen.«

*

Nach der letzten Party, auf die Patrick und ich gemeinsam gingen, sagte ich auf dem Heimweg im Auto: »Wenn du das mit dem Zeigefinger machst, würde ich am liebsten mit einer echten Pistole auf dich schießen.« Ich sagte es in einem trockenen und gemeinen Tonfall, den ich selbst nicht mochte – und genauso hasste ich Patrick, als er völlig emotionslos erwiderte: »Toll, danke.«

»Ich meine nicht ins Gesicht. Eher einen Warnschuss ins Knie oder so, damit du immer noch arbeiten gehen kannst.«

Er sagte: »Gut zu wissen«, und gab unsere Adresse bei Google Maps ein.

Wir lebten schon seit sieben Jahren im selben Haus in Oxford. Worauf ich ihn auch hinwies. Er blieb stumm, und ich schaute ihn vom Beifahrersitz aus an. Er wartete ruhig auf eine Lücke im Verkehr. »Jetzt machst du schon wieder das mit deinem Kiefer.«

»Ich habe eine Idee, Martha: Wie wäre es, wenn wir nichts mehr sagen, bis wir zu Hause sind.« Er nahm sein Telefon aus der Halterung und verstaute es im Handschuhfach.

Ich sagte noch etwas, beugte mich dann vor und stellte die Heizung auf die höchste Stufe. Sobald es im Wagen stickig wurde, stellte ich sie wieder aus und ließ mein Fenster komplett nach unten fahren. Es war eisverkrustet und knirschte beim Absenken.

Wir hatten immer Scherze darüber gemacht, dass ich in allen Dingen zwischen den Extremen schwanke, während er sein gesamtes Leben auf der mittleren Stufe verbringt. Bevor ich ausstieg, sagte ich noch: »Das orangefarbene Licht da ist immer noch an.« Patrick erwiderte, er werde am nächsten Tag Öl besorgen, schaltete den Wagen aus und ging ins Haus, ohne auf mich zu warten.

*

Wir hatten einen befristeten Mietvertrag für das Haus unterschrieben, für den Fall, dass es nicht wie geplant lief und ich zurück nach London wollte. Patrick hatte Oxford vorgeschlagen, weil er dort zur Universität gegangen war und dachte, mir würde es dort im Vergleich zu anderen Orten, den Pendlerstädten um London herum, womöglich leichter fallen, Freundinnen zu finden. Wir verlängerten den Vertrag um sechs Monate, vierzehnmal hintereinander, als könnte es jederzeit anders laufen als geplant.

Die Maklerin erklärte uns, es sei ein Haus für Führungskräfte in einer Wohnlage für Führungskräfte und daher perfekt für uns geeignet – obwohl keiner von uns beiden eine Führungskraft ist. Einer von uns ist Spezialist für Intensivmedizin. Eine von uns schreibt eine lustige Kochkolumne für das Waitrose-Magazin und googelte eine Zeit lang »Priory Clinic Preis pro Nacht«, während ihr Mann auf der Arbeit war.

Das »Führungskrafthafte« an diesem Haus waren konkret die Teppichböden in Taupe und die zahlreichen...



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