E-Book, Deutsch, 175 Seiten
Martini Venezianischer Mord - Carusos zweiter Fall
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95824-312-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 175 Seiten
ISBN: 978-3-95824-312-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Christiane Martini ist Autorin und Musikerin. Sie liebt es, an ihrem Schreibtisch mit Blick in den Garten zu sitzen und an vielfältigen Projekten zu arbeiten. Dazu gehören Romane in verschiedenen Genres, von Cosy Crime über historische Romane bis Familiensagas, wie auch musikalische Lehrwerke und Drehbücher. Mit ihrer Tochter gründete sie 2021 die Plattform »Writers Concept«, mit der sie angehende AutorInnen unterstützen und den Artist Lounge Podcast, in dem sie mit KünstlerInnen aus verschiedensten Kunstrichtungen sprechen. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien als Autorin und Musikerin. Mit ihrer Familie und Beagle Buddy lebt sie in der Nähe von Frankfurt. Bei dotbooks veröffentlichte sie ihre Romane »Die Tochter der Kräuterhexe«, »Mops Maple« und »Saitensprung mit Kontrabass« sowie ihre humorvollen Kriminalromane »Tote Oma mit Schuss«, »Tote Oma auf Eis«, »Tote Oma Ahoi!« und »Tote Oma im Weihnachtsfieber«. Die ersten drei »Tote Oma«-Bände sind auch im Sammelband »Mord mit Seebrise« erhältlich. Die Reihe um den schlauen Kater Caruso und seine Katzenbande umfasst bei dotbooks die folgenden Bände: »Meisterdetektiv auf leisen Pfoten - Carusos erster Fall« »Venezianischer Mord - Carusos zweiter Fall« »Die venezianische Schachspielerin - Carusos dritter Fall« »Schatten über der Serenissima - Carusos vierter Fall« Alle vier Fälle sind auch im Sammelband erhältlich: »Mord in der Lagunenstadt - Kater Caruso ermittelt in Venedig«.
Autoren/Hrsg.
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1. KAPITEL
Leise wirbelten die Schneeflocken durch Venedig. Caruso und Camilla lagen in dem kleinen Garten eines venezianischen Malers unter einer Ligusterhecke, die ein weiß verzuckertes Dach schützend über sie hielt. Camilla hatte sich zusammengerollt vor Caruso gekuschelt und schmiegte sich an seinen seidig behaarten Bauch, der eine wohlige Wärme ausstrahlte. Liebevoll leckte Caruso jede einzelne Schneeflocke, die durch die Zweige rieselte, von ihrem Fell. Camilla schnurrte zufrieden.
»Gut, dass Castello heute mal keinem Verbrecher hinterherjagt und wir uns nicht einmischen müssen.«
Der Ispettore war nämlich zu einem ganz besonderen Ereignis eingeladen worden: zur Hochzeit von Isabella Carradi, der bezaubernden Tochter des Besitzers des berühmten Caffè Fiorellino, und Giovanni Bancini, dem Sohn eines sehr bekannten Schokoladenfabrikanten. Hoch angesehene und berühmte Persönlichkeiten zierten die Gästeliste.
»Da ist mir übrigens gestern so ein schnöseliger, schokoladenbrauner Kater am Canal Grande begegnet«, meinte Caruso nachdenklich und streifte unwirsch mit seinem Schwanz die Hecke, sodass ein feines Schneegestöber auf sie niederrieselte. Dann verzog er das Gesicht affektiert und sprudelte los:
»Ich bin Sir Burma. Mein Herrchen ist eigens wegen einer ganz besonderen Hochzeit angereist und hat mich in einem Körbchen, das mit rotem Samt ausgeschlagen ist, mitgenommen. Noch nie hat mein Herrchen eine Reise ohne mich gemacht.«
Caruso streckte nun den Kopf in die Höhe, um sich noch mehr in Szene zu setzen. »Ich bin sein Glücksbringer und habe einen ganz langen Stammbaum. Meine Vorfahren lebten in burmesischen Tempeln und galten schon immer als Glückskatzen.«
Camilla amüsierte sich köstlich und blickte in Carusos überheblich verstellte Miene. Er wollte gerade weitererzählen, da gab sie ihm einen kräftigen Schubs, sodass er hinterrücks umfiel und in dem frischen Schnee landete. Camilla warf sich auf ihn, und so kugelten sie maunzend durch den verschneiten Garten des Malers, vorbei an einem kleinen Brunnen und einem grimmig dreinblickenden Löwenkopf. Als sie an einen moosbewachsenen Blumenkübel anstießen, vernahmen sie plötzlich laute Stimmen und hektische Schritte. Caruso und Camilla sprangen schnell auf und eilten wieder unter die Hecke.
Sie saßen nun nebeneinander und lauschten mit gespitzten Ohren auf das Treiben hinter dem Garten. Camilla zitterte etwas vor Kälte und drückte sich an Caruso. Dieser saß hoch konzentriert und mit angespanntem Körper da.
»Da stimmt doch etwas nicht«, maunzte er leise.
Caruso und Camilla verharrten einen Moment ganz still, aber sie hörten nur, wie patschende Schritte davoneilten. Dann wurde es wieder ruhig auf der Strada Nuova. Diese Straße lag wie das ganze Cannaregio-Viertel etwas abseits der üblichen Touristenpfade.
Camilla leckte an ihrer rechten Pfote, der Schnee brannte unangenehm daran. Dann neigte sie ihren Kopf zu Caruso und blickte ihn bewundernd an. Seine Haltung war edel und stolz. Sie spürte das Kribbeln in seinen Pfoten, vielleicht einem neuen Fall auf der Spur zu sein. Caruso war etwas ganz Besonderes, ein außergewöhnlicher Meisterdetektiv.
»Ich muss schauen, was da los ist, verzeih, Camilla.«
Und schon schlüpfte Caruso unter der Hecke hervor. Doch Camilla folgte ihm. Sie sprangen durch den kleinen Garten zum Tor und spähten hinaus. Trotz des Schneetreibens waren ungewöhnlich viele Menschen unterwegs, die schnellen Schrittes zum Rialto gingen. Die beiden schlanken Katzen drückten sich durch die schmalen Stäbe und suchten in einer dunklen Nische der nächsten Hauswand Schutz. Caruso ließ seinen Blick die Straße entlangschweifen, zart schimmerten die pastellfarbenen Hausfassaden durch die Schneeflocken. Eine Frau mit endlos langen Beinen, die in hohe Stiefel gehüllt waren, trat aus einem Antiquitätenladen und freute sich mit ihrem gelangweilt dreinblickenden Begleiter über den Erwerb einer Murano-Glasvase.
»Darling, oh, how nice is this shining vase!«
Da haben ja tatsächlich zwei Touristen ihren Weg in diese wunderschöne Straße gefunden, dachte Caruso.
Er interessierte sich nicht weiter für sie und blickte sich wachsam um. Nun kamen erneut Menschen schnellen Schrittes an ihnen vorbei. An ihrer Aussprache erkannte er, dass es sich um Einheimische handelte.
»Veloce, wir müssen zur Piazza.«
»Vielleicht ist irgendetwas auf der Piazza San Marco passiert. Komm, wir sehen uns dort um«, maunzte Caruso leise. Camilla nickte zustimmend.
Sie sprangen dicht an den Häuserwänden entlang, vorbei an Modegeschäften, alten Handwerksbetrieben und gemütlichen Bars. Plötzlich trat ein Mann, für das Wetter in ungewöhnlich glänzenden Schuhen, aus einem Geschäft. Caruso musste seinen Lauf stark abbremsen, sodass Camilla unsanft von hinten an ihn stieß. Caruso gab ein unwirsches Stöhnen von sich. Schnell schlüpften sie unter die nächstgelegene Treppe.
»Scusami, was ist los?«
»Zitto, sei still«, gab Caruso leise als Antwort.
Sie blickten unter der Treppe hervor und sahen, dass der Mann aus einem Cioccolatino-Laden herausgetreten war. Er hielt eine kleine Tüte Pralinen in der Hand. Ein zarter Flockenflaum setzte sich auf sein lichtes Haar. Der schmale Kopf hatte ein rosiges Gesicht, in dessen Mitte eine große spitze Nase thronte. Auch seine Schultern wurden weiß, nur die Schuhspitzen gestatteten keine weißen Flocken, sondern ließen den Schnee sofort schmelzen. Der Mann öffnete in aller Ruhe die kleine Tüte, nahm sich mit spitzen Fingern eine Praline heraus und steckte sich diese andächtig in den Mund.
Caruso lief das Wasser im Maul zusammen, er konnte den Schokoladenschmelz auf seiner Zunge spüren, wie er Besitz von allen Geschmacksnerven ergriff und köstlich den Rachen hinunterglitt. Er leckte sich sehnsüchtig mit seiner Zunge über die Schnauze. Erst als der Mann fertig gekaut hatte, gab dieser eine genussvolle Äußerung von sich.
»Hmmmmmm, bene.«
»Hmmmmiau cioccolatino«, maunzte nun auch Camilla.
Ein kalter Windzug blies in diesem Moment unter die Treppe und bedeckte Camilla mit reichlich Schnee. Sie schüttelte sich heftig und rückte noch näher an Caruso heran.
»Hab ich dir eigentlich erzählt, dass meine Urururgroßtante einmal ein ganz schreckliches Schokoladenerlebnis hatte, bei dem ein Mann ermordet wurde?«, wisperte sie ihm leise ins Ohr.
Caruso schüttelte verneinend den Kopf, ohne seinen Blick von dem Mann abzuwenden, der noch immer auf dem gleichen Fleck stand und sich bereits die nächste Praline genussvoll in den Mund schob.
Caruso konnte sich einfach nicht losreißen und weitereilen. Noch nicht! Die Art, wie der Mann den Schokoladengenuss zelebrierte, erregte Carusos Sinne.
So begann Camilla zu erzählen:
»Vor langer, langer Zeit war eine meiner Tanten eine angesehene Hauskatze der Apothekerfamilie Bancini in Venedig. In der Apotheke dieser Familie wurden, dem Berufsethos eines Apothekers entsprechend, nur geringe Mengen Schokolade hergestellt und verkauft. Alle wunderbaren Rezepte wurden detailgenau in ein Schokoladenbuch geschrieben. Dieses Buch wurde wie ein Geheimnis von der Familie gehütet, denn es war bei der Kreation einer Praline mit einer berauschenden Wirkung ein Mann ums Leben gekommen. Alle Anwesenden hatten geschworen, dass das Schokoladenbuch, in dem auch die Rezeptur dieser Praline genau beschrieben wurde, ausschließlich in der Apotheke bleiben sollte.
Eines Tages heiratete die Tochter des Apothekers den Gründer des Caffè Fiorellino, in dem heute die Hochzeitsfeier stattfindet.«
Carusos linkes Ohr spitzte sich bei dieser Bemerkung.
»Als besonderes Hochzeitsgeschenk bekamen die Jungvermählten damals dennoch das Schokoladenbuch. Der Apotheker nahm dem jungen Paar den Schwur ab, dass sie auch weiterhin nur geringe Mengen Schokolade produzieren und diese ausschließlich im Caffè Fiorellino verkaufen würden.«
Camilla hielt in ihrer Erzählung inne und blickte Caruso an, der sie inzwischen aufmerksam anschaute.
»Das sind wirklich interessante Zusammenhänge«, maunzte er und streifte mit seiner schwarzen Schwanzspitze Camillas Rücken.
»Hat deine Tante erzählt, ob es noch Nachfahren der Apothekerfamilie gab?« Caruso streckte sich und klopfte mit der rechten Tatze auf den Boden, um die kleinen Schneematschklumpen, die sich darunter befanden, abzuschütteln.
»Die sind, soweit ich weiß, alle durch die Pocken ums Leben gekommen.«
»Und deine Tante, wie ist sie durch die Zeit der Pocken gekommen?«
»Meine Tante hatte sich in einen jungen getigerten Kater verliebt und war mit ihm rechtzeitig aus Venedig auf einem Schiff nach Alexandria abgehauen. Ihre Sehnsucht führte sie allerdings einige Zeit später wieder nach Venedig zurück.«
Caruso strich sich über seine langen Barthaare.
Seltsam, dass ausgerechnet heute, wo mir Camilla diese Geschichte erzählt, eine bedeutende Hochzeitsfeier im Caffè Fiorellino stattfindet. Wenn das nicht doch etwas zu bedeuten hat?!
Caruso fielen die köstlich aussehenden Pralinen im Schaufenster des Caffès ein, die er so oft bewunderte, wenn er dort vorbeischlenderte. Versonnen fuhr er sich mit der Zunge über seine Schnauze und strich mit seiner Pfote erneut über seine Barthaare. Daran konnte Camilla erkennen, dass Caruso am Nachdenken war.
»Wollen wir weiter?«, fragte sie vorsichtig.
»Sì, andiamo.« Caruso blickte sich nach dem Mann um, aber der war inzwischen verschwunden.
Caruso und Camilla sprangen an einigen Läden vorbei. Sie kamen zum...




