E-Book, Deutsch, 138 Seiten
Martini Tote Oma auf Eis
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95824-663-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kriminalroman
E-Book, Deutsch, 138 Seiten
ISBN: 978-3-95824-663-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Christiane Martini ist Autorin und Musikerin. Sie liebt es, an ihrem Schreibtisch mit Blick in den Garten zu sitzen und an vielfältigen Projekten zu arbeiten. Dazu gehören Romane in verschiedenen Genres, von Cosy Crime über historische Romane bis Familiensagas, wie auch musikalische Lehrwerke und Drehbücher. Mit ihrer Tochter gründete sie 2021 die Plattform »Writers Concept«, mit der sie angehende AutorInnen unterstützen und den Artist Lounge Podcast, in dem sie mit KünstlerInnen aus verschiedensten Kunstrichtungen sprechen. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien als Autorin und Musikerin. Mit ihrer Familie und Beagle Buddy lebt sie in der Nähe von Frankfurt. Bei dotbooks veröffentlichte sie ihre Romane »Die Tochter der Kräuterhexe«, »Mops Maple« und »Saitensprung mit Kontrabass« sowie ihre humorvollen Kriminalromane »Tote Oma mit Schuss«, »Tote Oma auf Eis«, »Tote Oma Ahoi!« und »Tote Oma im Weihnachtsfieber«. Die ersten drei »Tote Oma«-Bände sind auch im Sammelband »Mord mit Seebrise« erhältlich. Die Reihe um den schlauen Kater Caruso und seine Katzenbande umfasst bei dotbooks die folgenden Bände: »Meisterdetektiv auf leisen Pfoten - Carusos erster Fall« »Venezianischer Mord - Carusos zweiter Fall« »Die venezianische Schachspielerin - Carusos dritter Fall« »Schatten über der Serenissima - Carusos vierter Fall« Alle vier Fälle sind auch im Sammelband erhältlich: »Mord in der Lagunenstadt - Kater Caruso ermittelt in Venedig«.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Und wieder ist es Sommer auf Eiderstedt in Nordfriesland. Die Wäsche flattert frisch gewaschen im Wind, Schönwetterwolken ziehen vom Meer in Richtung Landesinnere, der Mais steht hoch, und die Schafe grasen träge auf den Wiesen.
»Moin«, ruft Helge ihnen zu.
Mit frisch geputzten Schuhen sitzt er auf seinem froschgrünen Bonanzafahrrad und fährt pfeifend am Deich entlang. Der Fuchsschwanz, der an einer langen Stange befestigt ist, wackelt fröhlich hin und her. Er ist auf dem Weg zu Friedje und will sich von ihm eine Fliege leihen. Nicht so eine, die brummt, fürs Fliegenfangen oder so, wäre ja auch blöd, denn die gibt’s wegen der Kühe mehr als genug, sondern eine, die man sich um den Hals bindet. Für schön eben, und so etwas besitzt er nicht, die braucht man nur, wenn geheiratet wird, und das wurde hier schon lange nicht mehr, in Osterhever. Aber nun ist es endlich wieder so weit.
Albert Werner, der langjährige Freund von Oma Else und Doktor vom Norderheverkoog, hat ihr nämlich einen Antrag gemacht. So, wie sich das gehört, mit blumigen Worten, und dabei war er sogar in die Knie gegangen. Und das war gar nicht so einfach gewesen, denn der Doktor ist nicht mehr der Jüngste. Für Else war der Antrag ziemlich unerwartet gekommen.
Es war ein sonniger Samstag gewesen. In der Pension »Zur goldenen Möwe« waren alle Gäste ausgeflogen, denn das gute Wetter lud zum Fahrradfahren ein. Oma Else war aus der Küche gekommen, um sich eine Pause zu gönnen. Ihr stand der Sinn nach ein wenig Ausruhen, mit Kaffee, einem Butter-Friesencroissant und den Neuigkeiten aus der Koogzeitung. Da sah sie ihn hocken, ihren Albert. Er empfing sie mit einem breiten Grinsen, geöffneten Armen und den Worten: »Durch dick und dünn will ich mit dir gehen.«
Für einen Moment hatte Else geglaubt, es wäre eine Anspielung auf das Croissant, aber das war natürlich völliger Unsinn. Dann folgte von Albert eine Liebeserklärung der besonderen Art. Er holte eine Postkarte aus seiner Jackentasche hervor, auf der ein Segelboot abgebildet war, und erklärte Else strahlend: »Liebste Else, dieses Boot soll den Hafen unserer Ehe darstellen, und wenn du bereit dazu bist, dann würde ich gerne beim Segeln an deiner Seite sein.« Er machte eine Pause und lächelte sie erwartungsvoll an.
Wie süß von ihm, dachte Else, schaute aber wohl eher wie ein überraschtes Friesenschaf, so, als ob Helge unerwartet mit seinem Bonanzafahrrad vorbeigerast käme.
Deswegen fügte Albert noch hinzu: »Wenn du möchtest, segle ich mit dir bis ans Ende der Welt. Aber zurückkommen möchte ich schon. Am schönsten ist es doch bei uns, hier an der Nordsee.«
Einen Nordfriesen soll man nicht verpflanzen, nö, auch nicht der Liebe wegen. Aber das sieht Oma Else zum Glück genauso. Nichts und niemand würde sie hier so schnell wegbringen. Da müsste schon etwas Todernstes passieren.
Dann hatte es Albert auf den Punkt gebracht. »Also, wenn du mich willst, Else, dann kannst du mich haben, so, wie ich bin, und zwar für immer.«
Else kamen vor Rührung die Tränen, aber bevor sie ihr schneeweißes Taschentuch aus der Küchenschürze ziehen konnte, fügte der Doktor noch hinzu: »Du weißt, Else«, er zwinkerte dabei, »an mir ist nix mehr neu. Meine Gelenke schmerzen, und ich bin leicht übergewichtig. Aber Spaß haben wir auch so miteinander, das weißt du ja.« Noch einmal zwinkerte er ihr zu, diesmal mit dem anderen Auge.
Else lächelte glücklich. So viele Worte war sie von ihm gar nicht gewohnt.
»Und?«, fragte er voller Ungeduld.
Die Frage konnte sie eindeutig mit einem »Ja« beantworten. Albert war begeistert und wollte sie auch sogleich in seine Arme nehmen, doch dazu musste Else ihm erst einmal auf die Beine helfen. Als sie das beide gemeinsam geschafft hatten, entwich ihnen gleichzeitig ein »Uff«.
»Ach, mit dir wird es man nich’ so schnell langweilig«, lachte Else.
»Mit dir auch nich’.«
Da man als Friese eigentlich nicht so viele Worte macht, meinte der Doktor, dass nach dem »Ja« nun die Hochzeit abgemacht sei.
»14. August?«, fragte er.
Oma Else wusste natürlich sofort, was er meinte, und blätterte in ihrem Kalender. Da stand so einiges: Anreise Herr Storm, Abreise Familie Schwalm, Konzert bei Hansens, aber nichts war so wichtig, dass an diesem Tag nicht geheiratet werden könnte.
»Passt«, meinte sie und lächelte, und zwar über das ganze Gesicht, so richtig breit.
»Du siehst glücklich aus, meine Friesendeern«, meinte Albert.
»Du auch«, sagte Else.
»Na dann«, gab Albert zurück.
»Ich mach gleich mal ’ne Liste«, verkündete Oma Else.
»’ne Liste?«, der Doktor wusste nicht so recht, was sie meinte.
»Na, ’ne Liste, wen wir einladen wollen.«
»Ach so.«
»Ja, oder wolltest du in aller Stille heiraten? Man braucht ja heutzutage nicht mal mehr einen Trauzeugen.«
»Is’ dat so?«
»Dat is’ so.«
»Also ich fänd ’ne große Hochzeit schon schön«, meinte der Doktor und bleckte begeistert seine dritten Zähne.
»Das fänd ich auch klasse«, freute sich Else. »Von so einer großen Hochzeit habe ich schon immer geträumt, so mit weißem Kleid. Na ja, ein Kostüm ist auch in Ordnung. Hatte ich bisher auch noch nicht. Ich war nur Brautjungfer, und das ist schon lange her.«
»Und ’ne Jungfrau bist du zum Glück schon lange nicht mehr«, Albert lachte zweideutig und kniff seiner Else zärtlich in ihren runden Po.
»Jetzt ist’s aber gut«, beschwerte sie sich und smilte ihren Albert liebevoll an.
In den folgenden Tagen hatten beide aufgelistet, wen sie gerne bei ihrer Hochzeit dabeihätten. Es gab einige Überschneidungen, denn beide kannten natürlich ungefähr die gleichen Leute. Bei Albert stand noch sein Freund Gustav vom Doppelkopfspielen darauf, den mochte Else auch. Else hatte noch Cousine Wilhelmine unten aufgelistet, die konnte Albert nicht so gut leiden. Die hatte immer so viele Weisheiten parat, die sie ungefragt zum Besten gab, das nervte den Doktor. Er würde aber versuchen, freundlich zu ihr zu sein.
Die Liste war auch reich gefüllt mit Freunden und Bekannten. So zum Beispiel mit Klaus Bentrop aus Hamburg. Er hatte zwei reetgedeckte Häuser, die sich in der Nähe des Leuchtturms befanden. Trotz der Entfernung war er Elses Nachbar.
Ein Nachbar ist man auf Eiderstedt, wenn man auf dem Nachbarhof oder einem Nachbargrundstück wohnt, und das kann schon ein Stück entfernt sein. So ist es mit dem Haus vom Bentrop. Er ist nicht besonders freundlich zu Oma Else, aber er ist eben ihr Nachbar, und den muss man einladen. Aber wenn sie mal ganz ehrlich ist, dann bekommt sie ihn eigentlich so gut wie gar nicht zu sehen. Es sind mehr seine Feriengäste, deren fremde Gesichter ab und an auch bei ihr in der »Goldenen Möwe« vorbeischauen und erzählen, dass sie in Bentrops Ferienhaus wohnen.
Außerdem würden die »Gevatter Blechschuss« aus Bayern mit ihren Frauen dabei sein. Die vier Bazis, Ernst, Matthis, Berti und Hansi, waren Oma Else seit ihrem letzten Urlaub besonders ans Herz gewachsen. Albert und Else waren sich einig: Die sollen zum Tanz aufspielen.
Als Else den Hansi anrief, um ihn zur Hochzeit einzuladen und ihm ihre Idee zu unterbreiten, sagte er ganz gerührt: »Ja, freilich, das machen wir gerne.«
Nachdem die Gästeliste und die Musik geklärt waren, musste noch das passende Brautkleid für Oma Else gefunden werden. Da Else ihre Pension nicht allein lassen wollte, bestellte sie sich ein weißes Kostüm in vier verschiedenen Größen bei einem Brautmodenanbieter im Internet. Albert durfte bei der Anprobe natürlich nicht dabei sein. Aber ihr Freund Hinercks, der Dorfpolizist, der täglich bei Else einen Absacker und auch mehr trank, und Helge, der häufig an seiner Seite war und tiefschürfende Friesengespräche mit ihm führte, die durften ihr Veto abgeben.
Ein typisches Gespräch zwischen den beiden hörte sich übrigens so an: »Nix los heut.«
»Nö.«
»Mein Ischias meldet sich schon den ganzen Morgen.«
»Mir tut die Schulter weh.«
»Das ist das feuchte Wetter.«
»Jo, näch.«
»Jo, so is’ das.«
Hinercks und Helge tragen das Herz auf der Zunge und am rechten Fleck, das mag Oma Else.
Von den Kostümen passte eigentlich nur eines richtig. Als Else im ersten aus der Küche getänzelt kam und sich nach allen Seiten umdrehte, empfingen die beiden sie mit einem begeisterten:
»Aaaah.«
Die Begeisterung war geschummelt, das wusste Else genau, der Rock war viel zu eng, den Reißverschluss hatte sie nicht ganz schließen können. Der war aber von der Kostümjacke mit Schößchen verdeckt und konnte deswegen nicht gesehen werden.
»So muss sich eine bayrische Weißwurst fühlen«, meinte Else zu den beiden, verdrehte die Augen und verschwand gleich wieder in der Küche. Kostüm Nummer zwei war auch noch zu eng. Das vierte hingegen war schlabberig und deswegen untragbar.
Oma Else entschied sich für Kostüm Nummer drei. Darin würde sie noch genügend Platz haben, um das...




