Martini | E in ogni crepa dorme una lucertola – Und in jeder Ritze schläft eine Eidechse | Buch | 978-3-907296-20-2 | sack.de

Buch, Deutsch, Italienisch, Band 9, 144 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm, Gewicht: 180 g

Reihe: Caracol Lyrik

Martini

E in ogni crepa dorme una lucertola – Und in jeder Ritze schläft eine Eidechse

Poesie – Gedichte
unveränderter Nachdruck 2023
ISBN: 978-3-907296-20-2
Verlag: Caracol Verlag der Autorinnen & Autoren

Poesie – Gedichte

Buch, Deutsch, Italienisch, Band 9, 144 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm, Gewicht: 180 g

Reihe: Caracol Lyrik

ISBN: 978-3-907296-20-2
Verlag: Caracol Verlag der Autorinnen & Autoren


Plinio Martinis Lyrik kennt drei Schaffensperioden. Die erste ist lyrisch und elegisch und findet sich in den beiden ersten im Druck erschienenen Werken des Autors.
Die zweite wird durch ihr religiöses Engagement charakterisiert; aber nur vereinzelte Gedichte daraus wurden in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt, war doch die geplante Veröffentlichung des dritten Lyrikbandes zuerst durch Schwierigkeiten bei der Verlagssuche, dann durch das nachlassende Interesse des Dichters, der für sich neue Ziele gefasst hatte, gescheitert. Die tiefgreifenden Veränderungen in der Kultur und der Gesellschaft der Sechzigerjahre haben den Autor auch anderweitig sehr in Anspruch genommen.
Die dritte lyrische Schaffensperiode folgt unmittelbar auf das Erscheinen des ersten Romans Il fondo del sacco (1970, Nicht Anfang und nicht Ende), und zwar noch bevor er mit der Arbeit an seinem zweiten Roman Requiem per zia Domenica (1975, Requiem für Tante Domenica) begann. Es handelt sich vor allem um Gedichte epigrammatischen Charakters, von denen die meisten erst postum veröffentlicht wurden.

Christoph Ferbers Auswahl berücksichtigt mit Scharfsinn und Gleichgewicht alle drei Schaffensperioden. Neunzehn Gedichte stammen aus Paese così (1951), Martinis Erstling mit dem programmatischen Titel; zehn Gedichte aus dem zwei Jahre darauf erschienenen Diario forse d’amore (1953), neun aus Ed eri in mezzo a noi der religiösen, bis heute unveröffentlichten Sammlung, die 1963 druckfertig war. Schließlich dreizehn Gedichte aus der Zeit 1972–1973, die meist postum erschienen sind; einige wenige wurden in François Lafrancas Kunstdruck Le catene (1975) publiziert.

Diese rund fünfzig ins Deutsche übersetzten Gedichte stellen auch im Original die bisher weitaus grösste Auswahl von Martinis Lyrik dar.

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Weitere Infos & Material


L’allodola
Ho toccato le nebbie del mattino
appese ai rami scarni degli ontani
lungo il torrente nella valle azzurra.
C’era in alto la voce di un’allodola.
Incredibile il sole poi m’avvolse:
fumavano le pietre come dorsi.

Die Lerche
Ich habe die Frühnebel berührt,
längs des Flusses hingen sie an den nackten
Erlenästen im blauen Tal.
Ganz oben die Stimme einer Lerche,
und die Sonne hüllte mich unglaublich ein:
Wie Rücken rauchten die Steine.

Processione
Con tanto tempo che portiamo
di povertà faticosa fino a questo
rassegnato tornare in processione
nei campi a implorare la pioggia,
con tanti secoli sul dorso, il passo
è sempre quello della gerla, chini
dietro la statua del Santo pietoso
che curò gli appestati, e noi poveretti
con il nostro stentare guarderà dal cielo.
Ci guarda intanto un gruppo di turisti
dall’ombra delle case, dov’esce il sentiero
che ci ha sgranati dentro il solleone,
prima fra gli orti, e poi
sulla cotica secca dei prati.
Fanno fotografie. Porteranno nel Nord,
dentro città complicate e brumose,
la nostra offerta intimità:
ori barocchi, stracci, e questo
cantare strascicato, che è patire,
e fa tanto folclore.

Prozession
Wie lange schon tragen wir
unsere mühsame Armut in dieser
wie immer schon resignierten Zuflucht
zur Prozession durch die Felder, um Regen
zu erflehen, mit wieviel
Jahrhunderten auf dem Rücken,
im langsamen Schritt der Tragkörbe-
träger, gebeugt hinter der Statue
des barmherzigen Heiligen,
der die Pestkranken heilte und uns
in unserer Mühsal vom Himmel
her zuschaut. Im Schatten der Häuser,
wo der Weg anfängt, der uns, zuerst
zwischen Gärten, dann auf der trockenen
Erde der Wiesen, mit seiner
Mittagssonne fast schält, beschaut uns
eine Gruppe Touristen. Man schießt
Fotografien. Anderswohin, nach Norden,
in unübersichtliche, dunstige Städte,
bringen sie unsere dem Heiligen
geopferte Intimität:
barockes Gold, armselige Kleider, und
diesen schleppenden Gesang, der Leid
bedeutet, für sie aber nichts als Folklore.

Pensare
che della vita di un uomo
resti qualcosa di più
che questa traccia di lepre sulla neve
quasi rettilinea
dalla fossa del ruscello
a quel boschetto di nocciòli.

Denken,
dass vom Leben eines Menschen
etwas mehr als nur diese Hasenspur
übrigbleibt, gradlinig fast
auf dem Schnee,
vom Graben des Bachs
bis zum Nussbaumhain.


Martini, Plinio
Plinio Martini, 1923 in Cavergno im Maggiatal geboren, wuchs als Sohn eines Bäckers mit sieben Geschwistern auf. Er besuchte das Lehrerseminar in Locarno, unterrichtete dann in Cavergno, später in Cevio. Martini heiratete und wurde Vater von drei Kindern. Er starb 1979 im Alter von 56 Jahren.
Plinio Martini begann sein Schaffen als Lyriker. 1951 und 1953 erschienen die Gedichtbände Paese così und Diario forse d’amore. Die Gedichte bereiteten die Romane vor, die ihn berühmt werden liessen: Der Roman Il fondo del sacco wurde 1970 veröffentlicht; 1974 erschien er in deutscher Übersetzung unter dem Titel Nicht Anfang und nicht Ende. Der zweite Roman Requiem per zia Domenica / Requiem für Tante Domenica erschien 1975.
In seinem Werk hat Martini die klischierten Tessinbilder revidiert. Er gehört längst zu den Klassikern der Tessiner Literatur.
Das Schweizerische Literaturarchiv hat 2022 den Nachlass von Plinio Martini übernommen.

Ferber, Christoph
Geboren 1954. Aufgewachsen in Sachseln, Obwalden. Studium der Slawistik, Romanistik und Kunstgeschichte in Lausanne, Zürich und Venedig. Dort Promotion mit einer Arbeit zum russischen Symbolismus. Tätigkeit als freier Übersetzer. Wohnt auf Sizilien. 2014 Auszeichnung mit dem Spezialpreis Übersetzung des Schweizerischen Bundesamts für Kultur, 2016 dem Paul Scheerbart-Preis.
Übersetzungen, fast ausschliesslich lyrischer Texte, aus dem Italienischen (Gaspara Stampa, Vincenzo Cardarelli, Eugenio Montale, Salvatore Quasimodo, Attilio Lolini, Giorgio Orelli, Giovanni Orelli, Pietro de Marchi, Remo Fasani, Aurelio Buletti, Francesco Chiesa, aus dem Russischen (Michail Lermontow, Fjodor Tjutschew, Sinaida Hippius, Fjodor Sologub, Wjatscheslaw Iwanow, David Samojlow), dem Französischen (Stéphane Mallarmé, Werner Renfer), dem Polnischen (Juliusz Slowacki) und Bulgarischen (Dimtscho Debeljanow).

Martini, Alessandro
Alessandro Martini wurde 1947 in Cavergno, Valle Maggio, als Sohn des grossen Tessiner Autors Plinio Martini geboren. Er studierte an der Universität Freiburg, wo er von 1989 bis 2010 ordentlicher Professor war. Er ist Autor von vier Gedichtbänden.



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