E-Book, Deutsch, 264 Seiten
Martin Teichwächter
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7460-5789-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Charlotte Gerlach ermittelt am Dutzendteich
E-Book, Deutsch, 264 Seiten
ISBN: 978-3-7460-5789-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mehr Gastronomie rund um den Nürnberger Dutzendteich! Der erfolgreiche Gastronom Friedhelm Eck stellt ein neues, innovatives Konzept zum Ausbau des Geländes vor. Er plant Gondelfahrten, Wasserrutschen und den Wiederaufbau des Leuchtturms. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Auch der junge Unternehmer Bertram de Jong präsentiert futuristische Entwürfe und liefert sich einen erbitterten Machtkampf mit seinem Konkurrenten, bis eines Morgens ein Toter auf dem Fundament des Eisbärenfelsens im Nummernweiher liegt ...
Monika Martin, Jahrgang 1969, ist Sozialpädagogin und führt seit 1996 für das Institut für Regionalgeschichte, Geschichte für Alle e.V., historische Stadtrundgänge in Nürnberg durch. Teichwächter ist der dritte Krimi aus der Reihe Krimis mit Geschichte, in der die Autorin ihre literarische Tätigkeit mit ihrem regionalgeschichtlichen Engagement zu einem Kriminalroman mit Fakten aus der Nürnberger Stadtgeschichte verbindet. Monika Martin lebt mit ihrer Familie in Schwanstetten bei Nürnberg.
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3 Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel, und die Luft war erfüllt vom Gesumme der Bienen und Gezwitscher der Vögel. An Bäumen und Büschen war erstes zartes Grün zu entdecken. Die Natur erwachte aus ihrem langen Winterschlaf, reckte und streckte sich und war wieder bereit, alles zu geben, um das Gelände rund um den Dutzendteich in eine üppig grüne Landschaft zu verwandeln. Auch die Menschen blühten förmlich auf. Überall sah man noch etwas blasse, aber fröhliche Gesichter, die sich glücklich den warmen Sonnenstrahlen entgegenstreckten. „Ist das nicht unfassbar schön?“, rief Sandra Watzlawick ihrer Freundin Charlotte euphorisch zu, während sie leise mit ihren Inlinern auf dem glatten Asphalt dahinglitten. Wie viele andere junge Leute waren auch die beiden Frauen an diesem ersten richtig schönen Frühlingstag des Jahres am Dutzendteich verabredet, um sowohl ihre eingerosteten Muskeln, als auch ihre über den Winter ziemlich eingestaubten Inliner zu bewegen. „Ich liebe es!“, stimmte Charlotte nicht minder begeistert zu, schloss die Augen und rollte mit weit ausgebreiteten Armen dahin. „Wenn nur nicht dieser fürchterliche Heuschnupfen wäre“, schränkte sie kurz darauf ein, nieste herzhaft und schnäuzte sich anschließend geräuschvoll in ein Taschentuch. „Ich habe leider gestern Abend vergessen, meine Tablette zu nehmen.“ Die Freundin warf ihr einen bedauernden Blick zu. „Du Arme! Vielleicht solltest du doch über eine Hyposensibilisierung nachdenken?“ Sandra war Krankenschwester und kannte sich mit der Behandlung von Allergien gut aus. „Hyper ..., was?“ Erneut wurde Charlotte von einer gewaltigen Niesattacke geschüttelt. „Hypo, nicht Hypersensibilisierung“, erläuterte Sandra, nun ganz in ihrem Element. „Über einen Zeitraum von zwei bis vier Jahren werden dem Patienten geringe Dosen des entsprechenden Allergens verabreicht ...“ „Zwei bis vier Jahre?“, fuhr Charlotte entsetzt dazwischen, doch Sandra setzte ihren Vortrag ungerührt fort. „... um eine Gewöhnung des Immunsystems an das Allergen zu erreichen und eine Überreaktion zu verhindern.“ „Und das wirkt?“, fragte Charlotte ungläubig nach und kramte ein weiteres Taschentuch hervor. „Es kann auch sein, dass sich die allergischen Reaktionen durch Hormonumstellungen, zum Beispiel im Rahmen einer Schwangerschaft, verändern und sich möglicherweise dann in Form von Hautausschlägen zeigen.“ „... sprach Frau Professor Doktor Watzlawick“, spottete Charlotte und zog missbilligend die Augenbrauen nach oben. Sandra zuckte mit den Schultern. „Es war ja nur ein Vorschlag. Du kannst gerne auch weiter leiden.“ „Lass dich nicht ärgern. Komm, ich lade uns auf ein Eis ein.“ Charlotte klopfte der Freundin versöhnlich auf die Schulter. Sie hatte nicht vor, sich die Freude über diesen herrlichen Tag von ihrem Heuschnupfen oder unnötigen Streitereien nehmen zu lassen. Alles war perfekt. Sie hatte einen Tag frei, hatte ihre eher unsportliche Freundin zu einem kleinen Inliner-Ausflug überreden können - und das auch noch bei herrlichem Wetter. Was wollte man mehr? Glücklich ließ sie ihren Blick über den See gleiten. Noch wenige Wochen zuvor waren hier Schlittschuhläufer unterwegs gewesen, jetzt warteten die Tretboote wieder auf Kundschaft. Vielleicht sollte sie mit ihrem Freund Tim wieder einmal eine kleine Fahrt wagen. Es fühlte sich immer ein bisschen an wie Urlaub. Inzwischen waren sie im Schatten der mächtigen und imposanten Fassade der Kongresshalle angekommen. Vor dem Eingang ins Dokumentationszentrum waren jede Menge Besuchergruppen unterwegs. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 2001 hatte sich die Einrichtung zu einem Besuchermagneten entwickelt, zu einem absoluten Muss eines jeden Nürnberg-Touristen. Doch heute wollte sich Charlotte nicht mit der braunen Vergangenheit ihrer Heimatstadt befassen, heute war Erholung angesagt. Die vergangenen Wochen und Monate hatten an ihren Kräften gezehrt, sie fühlte sich erholungsbedürftig und ausgelaugt, und das nicht nur wegen des trüben und kalten Winterwetters. Als Kriminalhauptkommissarin hatte sie zwei nervenaufreibende Mordfälle bearbeitet und sehnte sich jetzt nach Sonne, Licht, Luft, Wärme und etwas Freizeit. Da war ein Tag am Dutzendteich genau das Richtige. Das einzige, was Charlottes Glück etwas dämpfte, war das Frühlingsvolksfest, das jetzt am frühen Mittwochnachmittag so langsam Fahrt aufnahm. Schrill und aufdringlich lärmte die Musik der Fahrgeschäfte, das Plärren der Schausteller und Kreischen der Besucher über das Gelände. Es war Familientag. Charlotte hatte noch nie etwas für die Wilde Maus, die Wildwasserbahn oder den Gruseltempel übrig gehabt - auch wenn es heute nur die Hälfte kostete. Die monotonen Ansagen der Schausteller, dieses nervtötende immer-wiederdabei-sein, immer-wieder-mitmachen, kommen-Sie-kommen-Sie, waren für sie unerträglich. Einzig der Duft nach gebrannten Mandeln oder die Aussicht auf eine leckere, in Zartbitterschokolade gehüllte Banane konnten sie dazu bewegen, sich ins Getümmel zu stürzen. „Gilt die Einladung auch für eine Schokobanane?“ Sandra schien Gedanken lesen zu können. „Jetzt ist noch nicht so viel los.“ Wenig später hielten beide einen dicken Holzspieß mit köstlicher Schokofrucht in den Händen und sahen sich nach einer adäquaten Sitzgelegenheit um, doch leider waren alle Bänke bereits besetzt. „Komm, wir setzen uns dort vorne auf die Wiese“, schlug Sandra vor, nicht gewillt, noch länger mit der Banane in der Hand spazierenzufahren. Etwas ungelenk staksten die Freundinnen mit ihren schweren Inlinern an den Füßen über das weiche Gras und ließen sich unweit des Ufers auf den Boden fallen. „Lass es dir schmecken“, wünschte Charlotte, öffnete den Mund und schob sich die duftende Banane hinein. Mit einem wohligen Seufzer knackte sie die dicke Schokoladenhülle und genoss die unwiderstehliche Mischung aus Banane und Schokolade auf der Zunge. Viel schneller als ihr lieb war, verschwand der letzte Rest in ihrem Mund. Selig kauend wollte sie den leeren Spieß neben sich ins Gras legen, als sie plötzlich hinter sich ein vornehmes Hüsteln hörte. Sie drehte sich um und erkannte einen Mann in einem altmodischen, braun-karierten Jackett, der vorwurfsvoll auf sie herabsah. Er trug eine weite Hose, deren Beine im Schaft hoher, schwarz glänzender Lederstiefel steckten und einen Hut, der offensichtlich aus Sherlock Holmes´ Garderobe stammte. In der rechten Hand hielt er eine Reitgerte, mit der er rhythmisch in die linke Hand klopfte wie Lehrer Lämpel bei Max und Moritz. Mit tränenden Augen blinzelte Charlotte in die Sonne. „Ja? Was ist denn?“ „Sie fragen mich ernsthaft, was denn sei?“, ließ sich der Herr in seiner eigenartigen Fistelstimme vernehmen. „Junge Frau, ich bitte Sie!“ Überrascht setzte sie sich auf, hielt die Hand schützend über die Augen und betrachtete ihr Gegenüber fragend. „Erst bohren Sie die Räder Ihrer modernen Rollschuhe in die schutzlose Erde, dann setzen Sie sich auch noch auf den frühlingshaft-jungfräulichen Rasen, um anschließend den Müll Ihrer gesundheitsbelastenden Süßigkeit auf ebendiesem abzulegen. Und dann fragen Sie auch noch, was denn sei? Ich für meinen Teil halte dieses Verhalten für mehr als unangemessen. Und jetzt darf ich Sie dringend bitten, sich Ihres zerstörerischen Schuhwerks zu entledigen und stante pede auf die für Ihre Zwecke zur Verfügung gestellten Wege zu begeben und unverzüglich den unnötigerweise produzierten Müll in dem dafür vorgesehenen Behälter zu entsorgen. Bitte!“ Damit strich er sich mit dem Finger über seinen akkurat gestutzten Schnauzer dessen Enden professionell in die Höhe gezwirbelt waren. „Wie bitte?“, presste Charlotte hervor. Auch Sandra starrte die skurrile Erscheinung mit offenem Mund an. Verstohlen verstaute sie den Holzspieß und die Serviette in ihrem Rucksack. „Sie haben mich schon verstanden. Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte.“ Der Blick des Mannes wurde strenger, unnachgiebiger und trotz seiner fast lächerlich wirkenden Aufmachung beinahe etwas furchteinflößend. „Jetzt hören Sie mal“, entfuhr es jetzt Sandra, doch Charlotte legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. Sie hatte heute keine Lust, die Situation eskalieren zu lassen. Das war es ihr nicht wert. Wenn dieser komische Typ ein Problem damit hatte, dass sie hier im Gras eine Schokobanane aßen, dann konnte sie es auch nicht ändern. Sie würde sich deshalb nicht mit ihm streiten. „Bitte verzeihen Sie“, antwortete sie stattdessen mit einem sanften Lächeln und beschloss, diese Episode unter der Rubrik skurrile...