Martin | Kabine 28 | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Martin Kabine 28

Charlotte Gerlach ermittelt im Volksbad
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7543-9232-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Charlotte Gerlach ermittelt im Volksbad

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-7543-9232-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das seit Jahrzehnten geschlossene Nürnberger Volksbad, die einstige Jugendstilperle, ist Schauplatz eines Verbrechens. Der Fotograf Ole Jakobs wird leblos in der Kabine 28 gefunden. Gibt es einen Zusammenhang zu seinem Jugendfreund, der inzwischen ein erfolgreicher Schönheitschirurg ist? Oder haben die illegalen Bewohner des leerstehenden Nachbarhauses etwas mit dem Mord zu tun? Kriminalhauptkommissarin Charlotte Gerlach tappt lange im Dunkeln, bis sie schließlich erkennt, dass das Volksbad doch nicht so verlassen ist, wie es scheint ...

Monika Martin ist Sozialpädagogin und führt seit 1996 für das Institut für Regionalgeschichte, Geschichte für Alle e.V., historische Stadtrundgänge in Nürnberg durch. -Kabine 28- ist der fünfte Krimi aus der Reihe -Krimis mit Geschichte-, in der die Autorin ihre literarische Tätigkeit mit ihrem regionalgeschichtlichen Engagement zu einem Kriminalroman mit Fakten aus der Stadtgeschichte Nürnbergs verbindet. Im November 2018 wurde ihr der Elisabeth-Engelhardt-Literaturpreis verliehen. Monika Martin lebt mit ihrer Familie in Schwanstetten bei Nürnberg.

Martin Kabine 28 jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1
Toni, 16.08.2012, 17:00 Uhr Der Sommer hatte die Stadt fest im Griff. Nach den angenehmen Temperaturen der letzten Tage hatte der Hochsommer wieder volle Fahrt aufgenommen, zeigte der August auf beeindruckende Art und Weise, wozu er fähig war. Wie eine gläserne Glocke lag die schwüle Hitze über den Straßen. Unbarmherzig brannte die Sonne vom diesig-blauen Himmel herab, die Luft flirrte, kein Windhauch war zu spüren. Alles schien langsamer zu gehen, wie durch Watte gedämpft. Die Menschen, die das Pech hatten, nicht im Urlaub, an einem See oder zumindest in einer kühlen Wohnung sein zu können, schleppten sich schwitzend über die Gehsteige oder suchten Erfrischung in ihren klimatisierten Autos. Bereits am frühen Morgen war die Quecksilbersäule auf über 25°C geklettert, jetzt, am späten Nachmittag stand sie bei 35°C. Toni schaltete den Rechner aus und ordnete seine Unterlagen. Feierabend. Eine reichlich unpassende Bezeichnung für das, was da jetzt vor ihm lag: gleißende Sonne, unerträgliche Hitze und vor allem heller Tag. Kein Abend und auch kein Grund zum Feiern. Heute Morgen war er nach fünf Kilometern mit dem Fahrrad bereits völlig durchgeschwitzt gewesen. Allein die Vorstellung jetzt in diesen Backofen hinaus zu müssen, um am vielbefahrenen Frauentorgraben entlang nach Zerzabelshof zu strampeln, trieb ihm den Schweiß literweise auf die Stirn. Dabei war er leidenschaftlicher Radler – Ganzjahresradler, wie es hieß. Es war nicht allein die Hitze, die ihn davon abhielt, schnell nach Hause zu fahren, es war auch die Stimmung, die zwischen ihm und seiner Frau herrschte, die Vorwürfe, die Anspannung, das Schweigen. Seit über 24 Jahren waren sie verheiratet, hatten sich immer etwas zu sagen gehabt, viel gemeinsam unternommen. Doch das hat sich geändert. Er konnte nicht genau sagen, wann es begonnen hat, es war langsam gegangen, schleichend. Noch vor wenigen Jahren waren sie nach einem so heißen Tag abends bis Mitternacht mit einem Glas Wein auf der Terrasse gesessen, hatten geredet, Karten gespielt oder gemeinsam in die Sterne geschaut. Das war lange vorbei. Jetzt verbrachte er seine Abende vor dem Fernseher oder dem Computer. Als Elektroingenieur beim städtischen Energieversorger gab es auch von zu Hause aus das eine oder andere zu tun. Sein Chef hat ihm auch schon mehrfach angeboten, im Homeoffice zu arbeiten, was er bisher immer abgelehnt hatte, da seine Frau ebenfalls den ganzen Tag daheim war. Petra hat sich im Keller ihres Reihenhauses eine kleine Steuerberatungskanzlei eingerichtet und empfing dort auch ihre Klienten. Sie hat ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass das Haus tagsüber allein ihr Reich war. Gedankenverloren blickte Toni aus dem Fenster im elften Stock des Plärrerhochhauses hinunter auf den hässlichen Verkehrsknotenpunkt, den die Stadt angeblich schon lange aufhübschen wollte. Bisher war noch nichts davon zu sehen. Im Großraumbüro herrschte Aufbruchsstimmung. Von überall her waren fröhliche Stimmen zu hören, jeder war erleichtert, den Arbeitstag hinter sich gebracht zu haben und endlich ins Freibad oder den eigenen Garten flüchten zu können. Petra lag sicher schon seit geraumer Zeit auf ihrem Liegestuhl im Schatten. Da war kein Platz für ihn. Er wollte auch nicht mit den Kollegen zum Rothsee fahren oder ein kühles Bier trinken. Er hatte andere Pläne. Im Gegensatz zu den meisten Mitarbeitern der N-ERGIE nahm Toni nicht den Aufzug, sondern schlug den Weg zum Treppenhaus ein. Hier war er allein, es war kühl und ruhig. Stufe für Stufe stieg er hinab, Stockwerk für Stockwerk. Es war zu einem liebgewonnen Ritual geworden. Egal in welcher Etage sein Büro war, er nutzte lieber die Treppe als sportliche Betätigung, als willkommenen Ausgleich zum Bürojob. Dabei nahm er schulterzuckend die fragenden oder gar amüsierten Blicke der Kollegen in Kauf, die zum Großteil mit dem Auto zur Arbeit, dem Aufzug ins Büro und am Abend dann wieder mit dem Auto ins Fitnesscenter fuhren. Im Erdgeschoss angekommen trat er nicht ins Foyer, tauchte nicht ein in das Gewimmel der leicht Bekleideten, die alle eilig nach draußen drängten. Er ging weiter. Hinunter in den Keller. Das Stimmengewirr wurde immer leiser, die Luft noch etwas kühler. Er fröstelte. Eine leichte Gänsehaut überzog seinen nassgeschwitzten Körper, während sich in seinem Inneren freudige Erwartung ausbreitete. Kurz darauf stand er in einem riesigen Raum, in dem etliche große Maschinen brummten. Überall leuchteten Knöpfe und Schalter, Anzeigen und Messgeräte. Nach dem düsteren Treppenhaus blendete das helle Neonlicht in seinen Augen. Blinzelnd sah er sich um. Im Moment war kein Arbeiter hier. Gut so. Niemand sollte sehen, wohin er ging. Zügig durchquerte er den Raum und erreichte eine unscheinbare, graue Metalltür. Sie war abgesperrt. Toni zog ein dickes Schlüsselbund hervor, suchte den passenden Schlüssel heraus und sperrte auf. Aus einem dunklen Tunnel schlug ihm kühle, feuchte, leicht modrige Luft entgegen. Lautlos ließ er die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Plötzlich war es still. Kein Brummen war mehr zu hören, kein Piepsen, Knistern oder Knacken. Nichts. Er nahm lediglich das Rauschen seines Blutes in den Ohren wahr, seinen eigenen keuchenden Atem. Da war er wieder, dieser besondere Geruch nach Feuchtigkeit und altem Öl, nach gammeligem Holz und rostendem Metall – der Geruch von Verfall. Er lächelte, freute sich auf die kommenden Stunden. Sie gehörten nur ihm allein. Niemand wusste, dass er hier war, niemand würde ihn stören. Er würde keine Gespräche führen, kein Interesse heucheln, nicht Rede und Antwort stehen müssen. Nach der Hektik eines anstrengenden und doch ereignislosen Arbeitstages im überhitzten, schlecht gelüfteten Büro, spürte er bereits jetzt die wohltuende Kraft dieses Ortes. Vorsichtig tastete er sich den schmalen Gang entlang, die weit aufgerissenen Augen starr auf die helle Öffnung am anderen Ende gerichtet. Natürlich hätte er die Taschenlampe an seinem Handy einschalten können, doch er verzichtete bewusst darauf. Schließlich kannte er sich hier aus, kam hier herunter, wann immer es seine Zeit zuließ. Die dicken Rohre zu beiden Seiten des Ganges waren schmutzig und kalt. Fast achtzehn Jahre war es jetzt her, dass sie zum letzten Mal in Betrieb gewesen waren. Wehmütig strich er darüber, wünschte sich wie so oft die Vergangenheit zurück. Nach etwa zwanzig Metern mündete der Gang in eine riesige Halle voll von gigantischen stillgelegten Maschinen, Müll und altem Werkzeug. Durch die milchigen, von außen zugewachsenen Fenster drang nur wenig Licht herein, war der winzige, zugewucherte Innenhof kaum zu erkennen. Von der glühenden Hochsommerhitze jenseits der verdreckten Scheiben war nichts zu spüren. Trotz oder vielleicht gerade wegen des fortschreitenden Verfalls des Gebäudes zollte Toni jeder Maschine, jedem Möbelstück, jedem noch so kleinen Gegenstand darin höchsten Respekt. Es waren alles Zeugen vergangener Zeiten, war doch vieles davon deutlich älter als er selbst. Jedesmal, wenn er diese Räume durchschritt, war er von respektvoller Bewunderung und ehrfürchtigem Staunen erfasst, fühlte er sich beinahe wie ein Eindringling, der die Ruhe dieser morbiden Szenerie störte. Niemals würde er sich das Recht herausnehmen, auch nur die kleinste Kleinigkeit zu verändern, irgendetwas wegzunehmen oder umzustellen. Alles sollte so bleiben, wie es war. Soweit seine Vorstellung. Die Realität sah leider anders aus. Missbilligend, verständnislos und wütend musste er immer wieder feststellen, dass er nicht der Einzige war, auf den dieser verlassene Ort, dieser lost place, wie es neuerdings hieß, eine faszinierende Anziehungskraft ausübte. Immer häufiger entdeckte er Zeichen, die darauf hindeuteten, dass Menschen hier unterwegs gewesen waren, dieser angebliche lost place gar nicht so lost war. Dass es noch mehr Leute gab, die die einzigartige Stimmung dieses Gemäuers genießen wollten, leuchtete ihm ein. Allerdings hatte er kein Verständnis dafür, dass manche von ihnen hier wüteten wie die Vandalen, Einrichtungen mutwillig zerstörten und überall ihren Müll liegen ließen. Sein Blick schweifte so gründlich durch den Raum wie ein Scanner über das Papier. Zufrieden stellte er fest, dass heute alles so aussah wie immer: die Sackkarre in der Ecke, der umgefallene Eimer, die alte Schreibmaschine mit dem eingespannten Papier. Es war dämmrig geworden. Verwundert sah er auf sein Handy. 17:18 Uhr. Die Sonne würde erst in etwa vier Stunden untergehen. Da fiel ihm ein, dass der Wetterbericht für den späten Nachmittag Gewitter gemeldet hatte. Und tatsächlich erhellte in diesem Moment ein Blitz den Raum, gefolgt von einem gewaltigen Donnerschlag und sintflutartigem Regen, der an die Scheiben der großen Fenster prasselte. Toni mochte dieses Wetter,...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.