Martignon / Hoffrage | Wer wagt, gewinnt? | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 224 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm

Martignon / Hoffrage Wer wagt, gewinnt?

Wie Sie die Risikokompetenz von Kindern und Jugendlichen fördern können
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-456-95726-5
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Wie Sie die Risikokompetenz von Kindern und Jugendlichen fördern können

E-Book, Deutsch, 224 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm

ISBN: 978-3-456-95726-5
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Risikokompetenz ist eine wichtige Grundlage von erfolgreicher Entscheidungsfindung. Kinder und Jugendliche sollten früh lernen, Risiken einzuschätzen und zu vergleichen. Doch wie nehmen sie Risiken wahr? Und mit welchen Instrumenten können Eltern und Lehrer die Risikokompetenz bei Kindern und Jugendlichen fördern? Laura Martignon und Ulrich Hoffrage erörtern anhand konkreter Entscheidungssituationen, bei denen es beispielsweise gilt, Gewinn und Verlust von Ressourcen einzuschätzen, psychologische Aspekte der Risikowahrnehmung bei Kindern. Darauf aufbauend stellen die Autoren erprobte didaktische Ansätze sowie praktische und einfache Instrumente vor, die sich zur Förderung von Risikokompetenz als nützlich erwiesen haben und mit denen Eltern und Lehrpersonen das Risikoverständnis ihrer Kinder und Schüler verbessern können. Dazu wählen sie bewusst einen spielerischen Zugang, der gewährleistet, dass die Leserschaft auf praxiserprobte „Werkzeuge“ zurückgreifen kann - wie zum Bespiel auf bekannte Brett- und Kartenspiele. Das Verständnis von Risiko sowie Kompetenzen im Umgang damit können bereits ab dem 9. Lebensjahr gefördert werden. Dies hilft Kindern und Jugendlichen, sich bei Risikoabwägungen von Vorurteilen und Täuschungen freizuhalten. In diesem Buch stellen Laura Martignon und Ulrich Hoffrage den theoretischen Hintergrund und die praktischen Hilfsmittel für eine erfolgreiche Förderung der Risikokompetenz zur Verfügung.

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Zielgruppe


Eltern, Lehrer und breites Publikum

Weitere Infos & Material


1;Inhalt und Geleitwort;7
2;Einführung;15
3;Teil 1: Die vier Stufen der Risikokompetenz und deren Förderung;21
3.1;1 Risiko und Risikokompetenz;23
3.1.1;1.1 Vom Paradies zur Risikoanalyse;23
3.1.2;1.2 Kinder erzählen über Glück, Pech und Risiken;28
3.1.3;1.3 Die vier Stufen der Risikokompetenz;32
3.1.4;1.4 Risikokompetenz in der Schule;36
3.1.4.1;1.4.1 Motivation und Zielsetzung dieses Buches;36
3.1.4.2;1.4.2 Eine Warnung vor Testeritis;38
3.1.4.3;1.4.3 Eine Warnung vor intellektueller Frühförderung;39
3.2;2 Unsicherheiten und Risiken erkennen (Kompetenzstufe 1);43
3.2.1;2.1 Aufmerksamkeit und Fokus;44
3.2.2;2.2 Irreführende Stichproben und irregeführte Schätzungen;46
3.2.3;2.3 Bestätigungsfehler, Echokammern und Filterblasen;49
3.2.4;2.4 Statistiken erheben und verwenden;50
3.3;3 Analysieren und Modellieren (Kompetenzstufe 2);59
3.3.1;3.1 Die Hilfsmittel für die zweite Kompetenzstufe;59
3.3.2;3.2 Bildgitter und ihre Vorteile;64
3.3.3;3.3 Bäume und Doppelbäume;72
3.3.4;3.4 Anteile und der Vergleich von Anteilen;78
3.3.5;3.5 Absolute und relative Risikoreduktion;80
3.3.6;3.6 Merkmale im Verbund;85
3.3.7;3.7 Natürliche Häufigkeiten statt Wahrscheinlichkeiten;90
3.3.8;3.8 Das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten in der Oberstufe;95
3.3.9;3.9 Der Werkzeugkasten zur Analyse und Modellierung von Risiken;99
3.4;4 Abwägen und Vergleichen (Kompetenzstufe 3);101
3.4.1;4.1 Von mechanischen Waagen zu mentalen Prozessen;102
3.4.2;4.2 Abwägen und Vergleichen als Grundlage für Entscheidungen;103
3.4.3;4.3 Abwägen und Argumentieren bei Kindern und Jugendlichen;105
3.4.3.1;4.3.1 Viele unbekannte gegen wenig bekannte Fürsprecher;106
3.4.3.2;4.3.2 Kleine Streuung gegen große Streuung;107
3.4.3.3;4.3.3 Ertrag und Risiko gegen Gesundheit und Umwelt;108
3.4.3.4;4.3.4 Eigennutz gegen Gemeinwohl;109
3.4.4;4.4 Ist bewusstes Abwägen typisch menschlich?;111
3.5;5 Entscheiden und Handeln (Kompetenzstufe 4);117
3.5.1;5.1 Intuitives Entscheiden und Bauchgefühle;117
3.5.2;5.2 Einfache Entscheidungsregeln und Heuristiken;121
3.5.3;5.3 Komplexe Entscheidungsstrategien und Kalküle;124
3.5.4;5.4 Bauchgefühle, Heuristiken und Kalküle: Ein Vergleich;131
3.6;6 Spielplätze des Risikos;133
3.6.1;6.1 Alte und neue Spielplätze;133
3.6.2;6.2 Würfelspiele;134
3.6.2.1;6.2.1 Das Gänsespiel;135
3.6.2.2;6.2.2 Mensch ärgere dich nicht;136
3.6.2.3;6.2.3 Zwei Würfel;139
3.6.2.4;6.2.4 Schweinereien mit dem Schweinwürfel;141
3.6.3;6.3 Wer ist es? Oder das Risiko, Bits zu verschwenden;146
3.6.4;6.4 Schach;147
3.6.4.1;6.4.1 Zwei einfache Beispiele;149
3.6.4.2;6.4.2 Ein etwas komplexeres Beispiel;151
3.6.4.3;6.4.3 Risiko, Ressourcen und Persönlichkeit;153
4;Teil 2: Psychologie des Risikos und Anwendungsbereiche;157
4.1;7 Risikobereitschaft: Was ist das und wie misst man sie?;159
4.1.1;7.1 Wie misst man Risikobereitschaft?;159
4.1.2;7.2 Risikobereitschaft und Persönlichkeit;163
4.1.3;7.3 Risikobereitschaft in verschiedenen Lebensbereichen;165
4.1.4;7.4 Risikobereitschaft über die Lebensspanne hinweg;166
4.2;8 Ist Mut männlich und Vorsicht weiblich?;169
4.2.1;8.1 Risikobereitschaft bei Jungen und Mädchen;169
4.2.2;8.2 Risikobereitschaft bei Männern und Frauen;171
4.2.3;8.3 Geschlechtsunterschiede bei der Risikobereitschaft: Erziehung oder Natur?;173
4.2.4;8.4 Männer wagen, Frauen zagen – und nun?;177
4.3;9 Risiken im Alltag von Kindern und Jugendlichen;181
4.3.1;9.1 Risiken von Kindern einst und jetzt;182
4.3.2;9.2 Der digitale Alltag unserer Kinder und Jugendlichen;184
4.3.3;9.3 Gefahren und Risiken des digitalen Alltags;186
4.3.3.1;9.3.1 Das Fegefeuer der Eitelkeiten;186
4.3.3.2;9.3.2 Big Brother und Big Data;192
4.3.4;9.4 Digitalisierte Schule, kognitive Entwicklung und Bildung;198
4.3.5;9.5 Chancen und Risiken der Digitalisierung – eine Bilanz;209
5;Schlussbemerkung;213
6;Zu den Materialien;215
7;Referenzen;217
8;Über die Autoren;223


1 Risiko und Risikokompetenz

Es war einmal … So beginnen viele Märchen, insbesondere die der Gebrüder Grimm. Anschließend wird in der Regel der Protagonist des Märchens genannt und seine Geschichte erzählt – meist eine Folge von Ereignissen, Widerfahrungen und Prüfungen. Der Protagonist, von dem wir im ersten Kapitel erzählen, ist zunächst die Menschheit. Im ersten Abschnitt dieses Kapitels gehen wir der Frage nach, wie sich die Verfassung der Menschen und damit auch ihr Verhältnis zum Thema Risiko im Laufe der Zeit verändert hat. Im zweiten Abschnitt lassen wir dann Kinder zu Wort kommen, um so etwas über ihr Verhältnis zu Unsicherheiten, Wahrscheinlichkeiten und Risiken zu erfahren.

Auch wenn wir weder bei der Entwicklung der Menschheit noch bei der kindlichen Entwicklung weit zurückgehen werden, so reichen doch schon einige wenige Einblicke aus, um zu sehen, dass es ein weiter Weg war (bzw. ist) von einem ersten, intuitiven Erfassen von Risiken bis hin zu klaren Begriffen, adäquaten Modellen und kompetenten Entscheidungen in riskanten Situationen. Diesen Weg kann man auch als den Aufbau von Risikokompetenz beschreiben, und genau dies wollen wir im dritten Abschnitt etwas näher ins Auge fassen. Das vierstufige Modell für den Aufbau von Risikokompetenz, welches wir dort vorstellen, bildet dabei zugleich die Struktur für die folgenden vier Kapitel (2, 3, 4 und 5). Im letzten Abschnitt schließlich (1.4) besprechen wir methodisch-didaktische Aspekte der Vermittlung von Risikokompetenz.

1.1 Vom Paradies zur Risikoanalyse

Jedes Volk hat seine Mythen. Sie alle erzählen davon, wie die ersten Menschen aus einem göttlichen Weltengrund hervorgingen und zunächst auch in Gemeinschaft mit Göttern lebten. Aber die Mythen berichten des Weiteren, wie sich diese Verbindung veränderte. Gemäß einer der beiden Schöpfungsgeschichten aus dem Alten Testament wurden die ersten Menschen aus dem Paradies vertrieben, in welchem sie zuvor noch im Einklang mit dem Willen Gottes lebten. Und die germanische Sage berichtet von Ragnarök – der Götterdämmerung. Diese Trennungen und Distanzierungen wurden vielfach als Verlust erlebt, doch im Gegenzug erlangten die Menschen Selbstbewusstsein und wurden zur Eigenverantwortung aufgerufen.

Auf diesem Weg verstummten die Götter allerdings nicht von heute auf morgen und auch nicht für alle Menschen zur gleichen Zeit. Vielmehr gab es Vermittler. So haben die Götter z. B. noch zu den Propheten bzw. durch Orakel gesprochen, und dies zu Zeiten, als andere sie schon nicht mehr direkt vernehmen konnten. Das war zumindest das Verständnis der damaligen Menschen. Heutige Atheisten sehen das natürlich anders und haben z. B. für die wirren Reden und die Rauschzustände der Pythia, des Orakels von Delphi, ganz banale physiologische Erklärungen.

Aber nicht nur Personen, auch Gegenstände wurden zu Götterboten. Noch im Mittelalter wurden Runen, Würfel oder Muscheln für die „Divination“ verwendet: Sie wurden zu Werkzeugen, um den Willen der Götter zu erforschen. Was sich für uns heute als Zufallsexperiment darstellt, das war für unsere Vorfahren in einem bestimmten Kontext ein Gottesurteil. Ähnliches lässt sich z. B. auch für eine Geburt sagen. Stirbt dabei heutzutage in einer Klinik Mutter oder Kind, so stehen die Ärzte am Pranger und müssen nachweisen, dass sie keine Fehler gemacht haben. Vor wenigen Jahrhunderten noch wäre niemand auf die Idee gekommen, hier von menschlichem Versagen zu sprechen – da war das einfach Gottes Wille. Was zeigt sich daran? Nun, aus dem Darinnen-Stehen in einer als göttlich empfundenen Ordnung, deren Weisheit man mit Ehrfurcht begegnete und der man sich fügte, wurde ein Sich-gegenübergestellt-Sehen einer Reihe von Gefahren und Bedrohungen, die es mittels Wissenschaft und Technik zu beherrschen gilt. Und damit sind wir auch schon unversehens beim Thema Risiko angelangt.

Woher kommt eigentlich das Wort „Risiko“, und was war ursprünglich damit gemeint? Wir finden das lateinische Wort risicum erstmals ab der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, wo es in Verträgen, sogenannten commende, zwischen reisenden Kaufleuten und ihren Kapitalgebern in den italienischen Seerepubliken Genua, Venedig und Pisa verwendet wird (Scheller, 2017). „Risiko“ ist vom Verb resicare abgeleitet, das unter anderem „zerreißen“ oder „brechen“ bedeutet, und beinhaltet nicht nur Gefahr (periculum), sondern auch Verlust. Die spanischen und portugiesischen Verben razgar und riscar für „zerreißen“ sind davon abgeleitet.

Entsprechend verpflichteten Kapitalgeber die reisenden Kaufleute im Mittelalter, ihnen Werte – sollten diese verloren gehen – zu ersetzen. Kam es dann tatsächlich zu einem Verlust, so konnte das einen Händler vollständig ruinieren. Um dieses „Risiko“ zu minimieren, begannen die Kaufleute sich zusammenzuschließen und gegenseitig abzusichern (Scheller, 2017). Die Idee der Versicherung war geboren.



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