Martens | Lassiter 2776 | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2776, 64 Seiten

Reihe: Lassiter

Martens Lassiter 2776

Blutspur nach Eden Creek
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-8896-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Blutspur nach Eden Creek

E-Book, Deutsch, Band 2776, 64 Seiten

Reihe: Lassiter

ISBN: 978-3-7517-8896-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Himmel über Eden Creek brannte in blutrotem Orange, als die beiden Mädchen den verbotenen Pfad hinaufstapften. Auf dem Kamm des Hügels ragte die Ruine des alten Callahan-Farmhauses auf. Das Dach war längst eingestürzt, die Balken standen verkohlt und schief. 'Hier war das', murmelte Elli. 'Hier hat er gewohnt.' 'Und Leute aufgeschlitzt', wisperte ihre Freundin. 'Eine Menge Leute, sagt mein Bruder. Im Stall da drüben.' Elli schluckte. Plötzlich wirkte alles zu still. Als würde die Natur den Atem anhalten. 'Ich hab ein schlechtes Gefühl', flüsterte sie. 'Lass uns lieber zurückgehen ...' Sie stockte, als plötzlich ein gedämpftes Schaben aus dem Inneren der Ruine drang. Wie Nägel über Holz. Sie ahnte noch nicht, dass das Grauen nach zehn langen Jahren nach Eden Creek zurückgekehrt war ...

Martens Lassiter 2776 jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Blutspur nach
Eden Creek


von Katja Martens

Der Himmel über Eden Creek brannte in blutrotem Orange, als die beiden Mädchen den verbotenen Pfad hinaufstapften. Auf dem Kamm des Hügels ragte die Ruine des alten Callahan-Farmhauses auf. Das Dach war längst eingestürzt, die Balken standen verkohlt und schief.

»Hier war das«, murmelte Elli. »Hier hat er gewohnt.«

»Und Leute aufgeschlitzt«, wisperte ihre Freundin. »Eine Menge Leute, sagt mein Bruder. Im Stall da drüben.«

Elli schluckte. Plötzlich wirkte alles zu still. Als würde die Natur den Atem anhalten. »Ich hab ein schlechtes Gefühl«, flüsterte sie. »Lass uns lieber zurückgehen ...«

Sie stockte, als plötzlich ein gedämpftes Schaben aus dem Inneren der Ruine drang. Wie Nägel über Holz. Dabei ahnte sie noch nicht, dass das Grauen nach zehn langen Jahren nach Eden Creek zurückgekehrt war ...

»Lass uns lieber zurückgehen.« Ihre Freundin krallte die Finger in Ellis Arm. »Hier ist es nicht geheuer.«

»Ach wo. Das ist nur der Wind, der ...« Elli unterbrach sich, als der Wind das Knarzen von Holz zu ihr herantrug. Ihr Herz machte einen fast schmerzhaften Satz, bis ein leises Lachen aus ihr herausplatzte. »Das war nur das Haus. Mein Pa sagt immer, alte Häuser arbeiten und das hört man.«

Lizzie zog eine zweifelnde Miene. Sie zupfte unablässig an einem Fädchen, das aus ihrem Rock vorstand. Mit der Spitze ihres Schuhs scharrte sie im Staub und schien sich nicht überwinden zu können, näher an das Haus heranzugehen, das über ihnen aufragte wie ein fauliger Zahn.

Elli jedoch war entschlossen, ihr Abenteuer nicht vorschnell aufzugeben. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und näherte sich der Farm. Die Fenster waren bei dem Feuer damals geborsten, die Wände schwarz von Ruß und Asche. Der einst weiß gestrichene Zaun lag halb umgestürzt im Staub. Das Stalltor stand weit offen. Unrat bedeckte den Boden davor. Die Scheune war fast vollständig niedergebrannt. Nur ein paar Balken ragten noch empor wie die knochigen Finger eines Toten.

Längst war das Anwesen Wind und Vergessen anheimgefallen.

Die wenigen Menschen, die noch in der Stadt ausharrten, mieden die Farm. Von ihrem Pa wusste Elli, dass das vor zehn Jahren anders gewesen war. Nachdem der Schlächter hier oben sein Ende gefunden hatte, hatten die Zeitungen darüber berichtet. Viele Menschen waren von nah und fern gekommen, um sich den Schauplatz seiner Gräueltaten anzusehen. Elli war nicht ganz sicher, was eine Gräueltat war, aber sie hatte ihre Eltern im Flüsterton darüber sprechen hören und gesehen, wie sich die Härchen im Nacken ihrer Ma aufgerichtet hatte. Sie konnte sich denken, dass es schlimm gewesen sein musste, was hier oben geschehen war. Oh, wenn Ma wüsste, dass Elli den Namen kannte, den die Leute dem Farmer gegeben hatten – Schlächter – sie wäre außer sich.

Elli war es streng verboten, hier heraufzukommen. Genauso wie Lizzie. Doch sie hatte von ihrem Fenster aus gesehen, dass es wieder begonnen hatte, und sie wollte wissen, was es war. Vor einem Jahr hatte sie sich noch an das Verbot ihrer Eltern gehalten und war keinen Schritt näher an die Farm herangegangen, als ihr erlaubt war, aber da war sie auch noch klein gewesen. Jetzt war sie schon groß, beinahe elf, und alt genug, um sich die Sache genauer anzusehen.

»Elli?« Die Stimme ihrer Freundin war kaum mehr als ein Windhauch. Furcht schwang darin mit. »Elli, komm lieber wieder zurück!«

»Noch nicht«, murmelte Elli und warf einen Blick über ihre Schulter zurück.

Am Fuß des Hügels lag Eden Creek. Eingeklemmt zwischen staubigen Mesquite-Büschen und einem trägen Nebenfluss des Rio Grande. Der Wind wehte fast ständig über die ausgedörrte Landschaft und trug den Geruch von trockenem Gras, altem Holz und Verfall heran. Nicht weit entfernt knarrte ein loses Windrad auf einer verlassenen Weide, sein heiseres Quietschen hallte wie eine Warnung herüber.

Die Mainstreet – früher belebt von Ochsenkarren und Cowboys – war inzwischen nur noch ein breiter, von Pferdehufen zerfurchter Streifen aus festgetretenem Staub. Die Holzplanken der Bürgersteige waren gesplittert; einige waren weggebrochen und ließen Lücken frei, in denen Mäuse verschwanden, wenn man die Geduld aufbrachte, nach ihnen Ausschau zu halten. Vor den Gebäuden rollten vereinzelte Dornenbüsche vorbei, und bei jedem Windstoß klapperten lose Fensterläden gegen Fassaden, die längst von der Sonne ausgebleicht waren.

Hier und da waren die Häuser noch bewohnt, aber schon viele waren gegangen und die Wenigen, die noch ausharrten, würden früher oder später auch fortziehen.

Der Verfall hatte vor zehn Jahren begonnen. Da waren Elli und Lizzie gerade mal auf der Welt gewesen, aber sie entsannen sich nicht mehr an die Ereignisse und waren auf das Wenige angewiesen, das sie aus den Unterhaltungen ihrer Eltern aufschnappten. Elli war fasziniert. Die Ereignisse schienen einem der Schauerromane zu entstammen, die ihre Ma so gern las. Sie selbst durfte die Bücher noch nicht einmal anfassen, aber in ein paar Jahren, das schwor sie sich, würde sie alles lesen, das ihr jetzt noch verboten war.

Sie wandte sich wieder dem Farmhaus zu und schlich weiter. Schritt für Schritt. Von Lizzie kamen keine Einwände mehr. Nur das leise Fauchen des Windes begleitete sie, als sie sich der Ruine der Scheune näherte ... und plötzlich etwas Weißes aus dem Staub aufragen sah.

Ein Knochen!

Von einem der Opfer des Schlächters?

Elli schrie auf und hielt sich die Hände vor das Gesicht.

Oh, sie wollte am liebsten nichts mehr sehen oder hören. Warum war sie bloß hier raufgekommen? Das war eine dumme Idee gewesen. Sie hätte auf Lizzie hören sollen und ... Oh! Plötzlich spürte sie eine schwere Hand auf ihrer Schulter! Ihr Herz machte einen erschrockenen Satz in ihrer Brust. Ein Schrei entfuhr ihr. Sie riss die Arme herunter, wirbelte herum und starrte in der nächsten Sekunde in ein bärtiges Gesicht, das sich besorgt über sie beugte ...

»Pa?« Elli blinzelte, bis sie sich ganz sicher war, dass er es war. »Pa!« Mit einem Laut, der halb Lachen und halb Schluchzen war, warf sie ihm die Arme um den Körper und schmiegte sich schutzsuchend an ihn.

Er drückte sie einen Moment an sich, bevor er sie sanft von sich schob und mit gefurchter Stirn ansah.

»Was zum Bartgeier macht ihr beide denn hier oben?«

»Wir ...« Elli grub die Zähne in ihre Unterlippe.

Ihr Pa hieß Travis Reed. Er war Farmer und ein hart arbeitender Mann mit Händen, die ein Brett mit einem Schlag zertrümmern konnten, einem wild wuchernden schwarzen Bart und zahlreichen Narben, die verrieten, dass das Leben hier draußen kein leichtes war.

»Du weißt, dass du hier bei der alten Callahan-Farm nichts zu suchen hast, Elli.«

»Ja, Pa«, gab sie kleinlaut zurück.

»Genauso wenig wie Lizzie. Sieh sie dir an. Sie hat sich fast zu Tode erschreckt.«

Elli schaute zu ihrer Freundin, deren Augen fast aus den Höhlen kullerten. Und blass war sie, als hätte sie einen der alten Geister gesehen, die hier oben ihr Unwesen treiben sollten. Die Seelen der Menschen, die hier zu Tode gekommen waren und keine Ruhe fanden.

»Tut mir leid, Pa.«

»Das sollte es auch.« Er zog die Brauen zusammen. »Diese Farm ist nicht grundlos tabu. Hier oben ist es nicht sicher.«

»Ich hab einen Knochen gefunden«, wisperte sie und deutete in die Richtung.

Ihr Vater folgte ihrem Blick. »Das ist nur ein Kojotenschädel. Vor dem musst du dich nicht fürchten. Der kann dir nichts mehr tun.« Er fasste sie bei den Schultern. »Was wolltet ihr denn hier oben?«

»Die Geister sehen.«

»Geister?« Ihr Vater schüttelte bedächtig den Kopf. »Es gibt keine Geister. Was auch immer an Bösem auf dieser Welt umgeht, ist von Menschen gemacht.«

Elli schwieg, denn sie war sich da nicht so sicher. Sie hatte die Lichter gesehen, die in manchen Nächten hier oben auf der Callahan-Farm umhergeisterten. Lichter, die sich niemand in der Stadt erklären konnte, denn hier draußen lebte schon lange niemand mehr.

»Na komm jetzt. Ich bring euch beide nach Hause.« Ihr Vater richtete sich wieder auf. »Du wirst mir in den nächsten beiden Wochen bei der Reparatur des Zauns zur Hand gehen. Das wird dich hoffentlich von weiteren Ausflügen hier herauf abhalten.«

»Ja, Pa.« Elli ließ den Kopf sinken. Damit war ihr Abenteuer wohl zu Ende. Ihr Pa würde sie im Auge behalten und dafür sorgen, dass sie sich von der Callahan-Farm fernhielt. Sie verbiss einen leisen Laut der Enttäuschung. Wie sollte sie denn jetzt herausfinden, wer oder was sich hier oben auf dem Hügel herumtrieb?

Während sie mit ihrem Vater hinterher trottete, kam Lizzie an ihre Seite und stiefelte neben ihr den Hang hinunter.

Als sie die ersten Häuser der Stadt...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.