E-Book, Deutsch, 108 Seiten
Mansmann / Promny / Hunnius Wir sind so frei
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-2135-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gegen die Versuchungen der Unfreiheit
E-Book, Deutsch, 108 Seiten
ISBN: 978-3-7557-2135-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Till Mansmann stellt fest, dass die Pandemie Stärken und Schwächen unseres politischen Systems offenbart. Staat und Politik seien gefordert, das Steuersystem zu entschlacken und zu vereinfachen, den Staatsapparat zu entbürokratisieren und zu digitalisieren. An einer Reihe von Beispielen dekliniert Mansmann durch, wie er sich die Umsetzung einer solchen Politik vorstellt. Moritz Promny, Generalsekretär der FDP Hessen und bildungspolitischer Sprecher im Hessischen Landtag fragt, wie wir der Aufgabe gerecht werden, Kindern die Fähigkeiten zu vermitteln, im 21. Jh. nach eigenen Vorstellungen leben zu können. U.a. bei Theodor Heuss erhält er die Inspiration für die Zukunft. Promny stellt das Kind und nicht die Schule ins Zentrum seiner Überlegungen. "Schulden zu machen, gilt als moralisch, Schulden zu vermeiden, als fragwürdig und hinterwäldlerisch." Diese in Politik und Medien verbreitete Einstellung kritisiert Roland von Hunnius. Eine Überforderung des Staates sei die Hauptursache steigender Staatsverschuldung. Wer ständig nach dem Staat rufe, dürfe sich nicht beklagen, wenn der Gerufene immer mehr seine Bürger "fürsorglich bevormunde". Dr. Klaus Valeske sieht die Bedeutung Rudolf Virchows für die heutige Zeit darin, dass er aufgezeigt hat, wie eine Gesellschaft Krisen und Pandemien bewältigen kann: auf wissenschaftlicher Grundlage mit der Kraft des besseren Arguments. Birgit Grüner erinnert an die fast vergessenen liberalen Politikerinnen Emmy Diemer-Nicolaus und Grete Kletke. Deren Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Liberalisierung soll hier gewürdigt, ihr politischer Werdegang nachgezeichnet werden. Der sozialpolitische Sprecher der hessischen Landtagsfraktion Yanki Pürsün fragt nach den Folgen der Isolation und Kontaktbeschränkungen für Kinder und Jugendliche. Er sieht die Lösung in liberaler Sozialpolitik, die den Menschen als Individuum im Blick hat. Einen großen hessischen Liberalen unmittelbar beobachten konnte Dr. Fritz Roth als Zeitzeuge. Er lässt dessen Wirken anhand von Landtagsprotokollen Revue passieren. Heinz-Herbert Karry stand als Fraktionsvorsitzender und als Wirtschaftsminister in einer Zeit des politischen Umbruchs im Verantwortungsfeuer. Seine Ermordung ist bis heute unaufgeklärt.
Bundestagsabgeordneter seit 2017, Vorsitzender FDP Kreisverband Bergstraße, Diplom-Physiker, Journalist.
Autoren/Hrsg.
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Das Steuersystem
nach der Corona-Krise
Von Till Mansmann, MdB Die Corona-Krise hat das politische Denken im Land verändert – wie tiefgreifend diese Veränderung ist, können wir erst nach der wirklichen Beendigung der Pandemiesituation einschätzen. Vielleicht dauert es Jahre, bis uns klar wird, wie sehr die globale Gesundheitskrise unser politisches System verändert haben wird. Besonders sichtbar wird das in der Finanzpolitik sein: Denn aus so einer Krise kann man sich nicht heraussparen oder einfach mit gedrucktem oder geliehenem Geld herauskaufen. Wir müssen aus ihr in den nächsten Jahren wirtschaftlich herauswachsen, damit nicht die junge Generation alleine die Lasten tragen muss. Voraussetzung für dieses Wachstum ist ein faires Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Der Schlüssel dazu ist ein modernes Steuersystem des 21. Jahrhunderts – das in der Krise gewachsene Vertrauensverhältnis der Bürger zu ihrem Staat könnte der Kondensationskern dafür werden. Viele Länder weltweit sind gerade in einer schwierigen Lage. Die Weltwirtschaft wankt, dramatische Veränderungen gefährden die Existenz von vielen Millionen Menschen. Unser Land wird international als Fels der Stabilität in einer gefährlichen globalen Brandung gesehen. Aber wir sehen in Deutschland auch, wo dieses Bild Schwächen zeigt: Nicht alles läuft gut, durch die Pandemie werden Probleme wie in einem Brennglas vergrößert, Fehler im System werden gut sichtbar – auch im Steuersystem. Daher sehen viele Expertinnen und Experten es als wichtig an, das Steuersystem unseres Landes einer intensiven Prüfung zu unterziehen. In den letzten Jahren ist im Steuersystem ein Misstrauen auf beiden Seiten entstanden, das eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats geradezu unwürdig ist: Auf der einen Seite stehen eine Finanzverwaltung, die bei vielen Betriebsprüfungen schon dem Grundsatz nach von Steuerverkürzung ausgeht, und eine gesellschaftliche Stimmung, in der Wirtschaftsunternehmen unter Generalverdacht gestellt werden. Nehmen wir eine Branche, in der gerade wegen ihrer starken Betroffenheit durch die Pandemie zigtausende von Betrieben um ihre Existenz kämpfen: die stark gebeutelte Gastronomie. Hier vergrößert die Finanzverwaltung bei Betriebsprüfungen sehr oft mit üppigen sogenannten „Zuschätzungen“ die Last. Das Ergebnis einer Steuerprüfung wird staatlicherseits oft grundsätzlich als unbefriedigend angesehen, wenn es nicht zu einer Nachzahlungspflicht führt. Auf der anderen Seite stehen Bürger, denen das Steuerzahlen nicht nur eine ungeliebte Pflicht ist, sondern fast als Zumutung empfunden wird – womit sie der politischen Klasse ihr tiefes Misstrauen ausdrücken. Das ist oft verbunden mit dem Vorwurf an die Parlamente, das dem Gemeinwohl übereignete Geld ohnehin nicht ordentlich verwalten zu wollen oder zu können. In dieser Atmosphäre steigt die Gefahr, dass Steuern verkürzt werden, weil sich mancher steuerpflichtige Bürger in eine Art Notwehrvorstellung gegenüber dem aus seiner Sicht oft übergriffigen Staat zurückzieht. Diese Spirale des Misstrauens ist eine traurige Entwicklung, bei der es sich kaum lohnt, klären zu wollen, welche Seite das Vertrauen zuerst verloren hat – es geht nicht um Henne oder Ei. Klar hingegen ist, dass nur der Staat diesen Teufelskreis durchbrechen kann – und auch muss. Denn so ist unsere Demokratie aufgebaut: Der Staat muss sich gegenüber dem Bürger rechtfertigen, und nicht umgekehrt. Im Gegenzug ist der Bürger dann zur Gesetzestreue verpflichtet. Gerade jetzt in der Zeit der Corona-Krise haben die Bürger trotz harter Einschränkungen offensichtlich die Leistungsfähigkeit ihres Staats wieder zu schätzen gelernt. Die Politik hat wieder Vertrauen gewonnen. Die Chance ist so gut wie noch nie, einen grundsätzlichen Wandel der politischen Kultur in Deutschland einzuleiten. Gerade jetzt könnte der Staat mit visionärer Kraft zeigen, wie er sich ein neues Verhältnis zwischen Bürger und Staat im 21. Jahrhundert vorstellt. Enttäuschen wir unsere Bürger nicht. Dreh- und Angelpunkt dieses Verhältnisses ist das Steuerund Abgabensystem – hier entscheiden sich grundlegende Fragen der Lastenverteilung. Es ist die Schnittstelle zwischen der Leistungsfähigkeit des Einzelnen und der der Unternehmen sowie den Ansprüchen der Gesellschaft insgesamt, für die der Staat die Rechnung stellt. Wenn man Gerechtigkeit als mehr definiert denn bloße Umverteilung von Reichtum, sondern eher als faire Verteilung der Lasten auf die Leistungsfähigen, dann ist ein modernes Steuersystem der Schlüssel zu wirtschaftlicher Gerechtigkeit. Die soziale Marktwirtschaft ist der Mechanismus, der das enorme Wertschöpfungspotenzial der Wirtschaft gesellschaftlich am besten nutzen kann. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig eine starke Ökonomie ist, um Krisen zu bewältigen – solide wirtschaftliche Verhältnisse, ein auf dieser Basis leistungsfähiges Gesundheitssystem, nicht zuletzt eine gesunde, wohlgenährte Bevölkerung waren das Erfolgsrezept für einen bislang glimpflichen Verlauf des Infektionsgeschehens und seiner wirtschaftlichen Folgen in Deutschland. Über die genauen Instrumente, über die vielen einzelnen Fragen von Entlastung, Investitionsanreizen und Innovationsförderung kann man streiten. Aber bezüglich der Überzeugung, dass wir endlich in eine neue, nachhaltige, digitale, flexible und leistungsfähige Ökonomie des 21. Jahrhunderts einsteigen müssen, nachdem das neue Jahrtausend seit nun 20 Jahren angebrochen ist– da herrscht weitgehend Einigkeit in Gesellschaft, Medienlandschaft und Politik. Eine Frage ist dabei weiterhin grundsätzlich strittig: Bewältigen wir diese Transformation durch die Einführung einer weitgehenden Staatswirtschaft, bei der viele politische Akteure Anleihen beim chinesischen Staatskapitalismus nehmen wollen? Bevorzugen wir dabei also ein paternalistisches Staatsmodell? Oder setzen wir nicht lieber, wie in den vergangenen erfolgreichen sieben Jahrzehnten der sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik, auf eine grundsätzlich freie Wirtschaft, mündige Bürger und Verbraucher? Es ist nun keine Überraschung, dass wir Freien Demokraten auf Freiheit und Mündigkeit setzen. Eher erstaunlich ist, dass nach der Wandlung der Christdemokraten in zwei Großen Koalitionen die FDP die einzige verbliebene politische Partei im Deutschen Bundestag ist, die geschlossen und eindeutig für diesen Weg eintritt. Wir sind überzeugt, dass das Steuersystem entschlackt und vereinfacht, der Staatsapparat entbürokratisiert und digitalisiert und das finanzielle Verhältnis zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf eine neue, transparentere Basis gestellt werden muss. Es gibt Steuerarten, die ihrem Wesen und ihrer Entstehung nach Fremdkörper im sonst gut entwickelten Steuerwesen Deutschlands sind. Dazu gehört der Solidaritätszuschlag, den nicht nur wir Freien Demokraten inzwischen als verfassungswidrig ansehen. Gerade seine Abschaffung wäre ein Signal der Fairness und Verlässlichkeit des Staats an seine Bürger: Der Solidaritätszuschlag wurde als befristete Steuer für die Finanzierung der Einheitslasten geschaffen – diese Frist ist abgelaufen. Zu einem fairen Verhältnis zwischen Unternehmen und Staat gehört auch, Verluste und Gewinne der Wirtschaft in einen sinnvollen steuerlichen Zusammenhang zu bringen. Da Unternehmen zwar Steuerzahlungen leisten, aber am Ende damit Steuerlasten nur auf andere verteilen können, weil Steuerlast ganz unten auf der Rechnung immer Konsumverzicht des Einzelnen zugunsten der Gemeinschaft bedeutet, wäre es sinnvoll, sich im Steuersystem eher auf die Entnahme von Gewinnen als auf Gewinne selbst zu konzentrieren. Unter dem Strich würden unternehmensfreundlichere Regeln für Verlustvor- und -rückträge für den Staat gar nicht weniger Einnahmen bedeuten, sondern nur Verschiebungen, die über viele Branchen und einen mehrjährigen Veranlagungszeitraum gemittelt in ihrer Gleichmäßigkeit gut zu handhaben wären. Dazu gehört es auch, die Abschreibungen für Investitionen steuerlich zu erleichtern. Dabei wäre wichtig, zu überlegen, ob Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, von der Besteuerung nicht eher verschont werden müssten – hat sich doch gerade jetzt in der Krise wieder gezeigt, wie wichtig es für das gesamte Staatswesen ist, wenn Unternehmen genug Eigenkapital haben, um gewisse Zeiten mit stark verminderten Umsätzen aushalten zu können. Auch die Gewerbesteuer ist im Grunde eine Steuerart, die schlecht in die eigentlich hoch entwickelte Systematik des deutschen Steuerrechts passt. Durch Gewerbesteuerausfälle entstehen den Kommunen große Lasten, wie jetzt wieder in Corona-Zeiten – eine gleichmäßigere Steuerbasis für die Kreise, Städte und Gemeinden wäre ein wichtiger Baustein für die künftige Krisenfestigkeit des ganzen Landes. Die dadurch nötigen Eingriffe von Land und Bund sind am Ende für die Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit der Kreise,...