Maly | Die Salzpiratin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Maly Die Salzpiratin

Historischer Roman
17001. Auflage 2017
ISBN: 978-3-8437-1616-1
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-1616-1
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ursel ist die Tochter der Herren von Orth, die den lebenswichtigen Salzhandel auf dem Traunsee kontrollieren und die Händler vor Piraten schützen. Kurz nach der Sonnenwendfeier im Jahre 950 wird ihre Familie vom machthungrigen Grafen Wilhelm von Chiemgau überfallen. Nur Ursel und ihr Bruder können fliehen. Und Ursel schwört Rache. Als Mann verkleidet schließt sie sich den Salzpiraten an und wird bald zum gefeierten Mitglied der Räuberbande. Gegen ihren Willen verliebt sie sich in den Kaufmann und Gelehrten Steffen, den sie eigentlich als ihren Feind betrachtet. Als Ursels Tarnung aufgedeckt zu werden droht, geraten die beiden in große Gefahr.

Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.
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KAPITEL 1

Gutshof auf der Halbinsel
am Traunsee, 950

Während die handlichen, fein geflochtenen Weidekörbe der anderen Mädchen bereits bis zum Rand mit frischen Kräutern und farbenprächtigen Wiesenblumen gefüllt waren, lagen in Ursels Korb bloß eine Handvoll Johannisblüten, drei Margeriten und eine lila Glockenblume. Nie und nimmer würde sie mit dieser mageren Ausbeute einen ansehnlichen Haarkranz flechten können.

Sosehr sie sich auch bemühte, sie fand einfach keine Freude am Blumenpflücken. Auch wenn sie wusste, dass sie zum bevorstehenden Sonnwendfest heute Abend besonders hübsch aussehen sollte. Schließlich war sie im Frühling sechzehn Jahre alt geworden, ein Alter, in dem andere Mädchen schon verheiratet waren. Es war höchste Zeit, dass ihr Vater Reinhart, der Herr über den Gutshof auf der Halbinsel unterhalb des Traunsteins, sie endlich an einen Mann vergab. Aber bis jetzt hatte er damit keine Eile gehabt, und Ursel war ihm dankbar dafür. Noch verspürte sie kein Verlangen, Ehefrau und Mutter zu werden.

Wann immer Barbara, die neue Frau ihres Vaters, sich anschickte, sie in den weiblichen Tätigkeiten, die eine Tochter eines Gutsherrn beherrschen sollte, zu unterrichten, suchte Ursel das Weite. Statt ein Kaninchen mit frischen Wiesenkräutern und Zwiebeln zu füllen, legte sie sich lieber im Unterholz auf die Lauer, um es mit einem einzigen, gezielten Pfeilschuss ihres selbstgebauten Bogens zu erlegen.

»Da drüben ist ein ganzes Feld voll Kornblumen«, rief eines der Mädchen und lief voraus. Es war Margit, die Tochter des Hufschmieds. Sie war in etwa so alt wie Ursel und sollte gleich nach der Sonnwendfeier Bert, den Sohn des Bootsbauers, heiraten. Seit Wochen gab sie mit ihrer bevorstehenden Hochzeit an. Die anderen Mädchen beneideten sie um die gute Partie. Bert war ein hübscher Bursche mit kräftigen Armen und dichtem blonden Haar.

Ursel war die Einzige, die nicht schmachtend seufzte, wenn das Gespräch auf den großgewachsenen jungen Mann mit den überdimensionierten Oberarmen kam. Sie hielt ihn für einen Angeber, der mit dem Wohlstand seines Vaters prahlte. Außerdem war er in ihren Augen ein Feigling, der Reißaus nahm, sobald Gefahr drohte. Wie die meisten Männer am Hof konnte er nicht schwimmen. Dabei verdiente er sein Geld mit dem Bau von Schiffen.

Ursel hatte bereits mit fünf Jahren schwimmen gelernt. Wahrscheinlich war sie das einzige Mädchen auf der Halbinsel, das sich im Wasser bewegen konnte wie ein Fisch. Ihr Bruder Rainer hatte es ihr beigebracht.

»Ich will euch weder aus dem See rausholen müssen, wenn ihr auf einem der Felsblöcke ausrutscht, noch will ich schuld sein, wenn ihr absauft«, hatte er gesagt und sowohl sie als auch ihren nur um ein knappes Jahr älteren Bruder Hans ins klare, grüne Wasser des Traunsees gestoßen. Dann war er neben ihnen geblieben und hatte zugesehen, wie sie sich abmühten und strampelten, hatte sie aber erst wieder ans Ufer gelassen, als ihre Lippen dunkelblau gewesen waren und ihre Zähne so laut aufeinander geschlagen hatten, dass man hätte meinen können, drei Spechte schlügen gleichzeitig ein riesiges Loch in einen Baumstamm. Ursel und Hans hatten an diesem Nachmittag schwimmen gelernt.

»Komm schon, Ursel, die anderen sind bereits bei der Lichtung«, drängte Irmgard, die Tochter der Hafnerin, und holte Ursel aus ihren Gedanken. »Wenn wir uns nicht beeilen, pflücken Margit und die anderen die Himbeersträucher am Waldrand leer und uns bleibt nichts anderes übrig, als ins Unterholz zu kriechen, wo wir uns nicht nur die Röcke an den Dornen aufreißen, sondern auch die Gesichter zerkratzen.«

Jedes der Mädchen hatte neben dem Korb für die Blumen auch einen Eimer für Himbeeren dabei. Die Behälter mussten gefüllt werden, damit die Frauen die Früchte später zu süßem Mus verarbeiteten konnten, ein Teil davon würde am Abend zum Festessen gereicht werden, der Rest wanderte in Tontöpfen in die Vorratskeller, deren Regale in den nächsten warmen Sommerwochen aufgefüllt werden würden, bevor der strenge Winter wieder Einzug hielt und das Land für Monate unter einer Schneedecke begrub.

»Bei der Quelle, die direkt aus dem Felsen springt, gibt es auch Himbeerbüsche, lass uns lieber dorthin gehen«, schlug Ursel vor.

Entsetzt starrte Irmgard sie an. »Du meinst doch nicht die Quelle bei der Bärenhöhle.«

»Dort wohnt seit Jahren kein Bär mehr.« Ursel machte eine wegwerfende Handbewegung. Solange sie sich zurückerinnern konnte, war sie mit ihren Brüdern Rainer und Hans in den Wäldern unterwegs gewesen. Sie kannte jeden Schlupfwinkel wie ihre eigene Rocktasche und wusste, wo Gefahren lauerten. Die angebliche Bärenhöhle war mit Sicherheit unbewohnt.

Aber Irmgard schüttelte entschieden den Kopf: »Der Ort liegt viel zu tief im Wald. Der Weg ist für zwei Mädchen gefährlich. Stell dir nur vor, wir treffen auf die Salzpiraten. Wir wären den Männern hilflos ausgeliefert.«

Ursel verdrehte die Augen.

»Ach Irmgard«, seufzte sie. »Du weißt doch, dass mein Vater ein Abkommen mit Gerold getroffen hat. Solange er den Männern einen Teil vom Salz abgibt, das er einnimmt, greifen sie keine Schiffe an.«

»Das mag schon stimmen«, erwiderte Irmgard. »Aber jeder weiß, dass Gerold ein Gesetzloser ist und die Männer, die er um sich schart, ein Haufen Gesindel. Sie hausen wie die Wilden im Wald, und wenn dein Vater sich nicht mit ihnen arrangiert hätte, wäre keines der Salzschiffe vor ihnen sicher. Das Abkommen mag für die Schifffahrt gelten, aber nicht für hilflose, junge Mädchen.«

»Wer sagt denn, dass wir hilflos sind? Ich habe zwar weder Pfeil noch Bogen dabei, aber …« Ursel grinste. Dann hob sie ihre Röcke und zeigte auf ein Jagdmesser, das in einer Lederschlaufe steckte und mit einem Riemen an ihrem nackten Bein befestigt war.

Irmgard unterdrückte einen Aufschrei und wich entsetzt zurück. »Um Himmels willen, Ursel, tu das Ding wieder weg! Hast du vergessen, dass du ein Mädchen bist? Es schickt sich nicht, mit derart gefährlichen Waffen rumzurennen. Es reicht, wenn du gemeinsam mit deinem Bruder Bogen schnitzt.«

Ursel zuckte mit den Schultern: »Es ist mir egal, was sich schickt. Das Messer schützt mich vor Angreifern, und ich »schnitze« keine Bogen, sondern baue die besten und präzisesten Kompositbogen, die es hier in der Gegend gibt.«

Sie verschwieg ihrer Freundin, dass sie erst gestern einen ihren Bogen gegen ein noch schärferes Schnitzmesser eingetauscht hatte, mit dem sie in Zukunft das Horn bearbeiten konnte, das sie mit Fischleim auf das Birkenholz klebte. Das Messer lag nun gut gehütet in einer Truhe in der Hütte am See, wo ihr Bruder Hans und sie abgeschieden von den anderen an den Bogen arbeiteten.

»Du weißt, dass ich dich mag«, sagte Irmgard. »Aber manchmal glaube ich, dass Margit und die anderen Mädchen recht haben mit dem, was sie über dich sagen.«

»Was sagen sie denn?«, wollte Ursel wissen.

Irmgard errötete und biss sich auf die Zunge. Offenbar hatte sie mehr verraten, als sie gewollt hatte. Verlegen griff sie nach einer ihrer strohblonden Locken und drehte sie um ihren Zeigefinger. Von der Arbeit auf der Töpferscheibe waren ihre Hände stets rau, rissig und unansehnlich. Dagegen konnte auch die Ringelblumensalbe der alten Ottilia nichts ausrichten. Sie presste die Lippen zusammen.

»Was sagen sie?«, drängte Ursel. Sie strich ihre Röcke wieder glatt und warf den dicken, dunkelblonden Zopf, den sie heute Morgen eilig geflochten hatte, zurück auf ihren Rücken. Einige vorwitzige Strähnen hatten sich gelockert. Ursel wartete auf eine Antwort.

Verlegen trat Irmgard von einem Fuß auf den anderen und führte ihren Daumen an die Lippen. Der ohnehin kurze Nagel musste dran glauben.

»Sie behaupten, dass du verrückt seist, weil du den ganzen Tag im Wald mit deinen Brüdern verbringst und Kaninchen und Rebhühner schießt.«

Ursel reagierte gelassen. Das war also der Grund, warum die Mädchen hinter vorgehaltener Hand kicherten, wenn sie an ihnen vorbeiging. Sie hatte gedacht, dass es an ihrem dunkelblauen Kleid lag, das seit Wochen einen Riss im Saum hatte und längst genäht werden sollte.

»Ich glaube ja, dass Margit böse redet, weil sie eifersüchtig ist. Jeder kann sehen, dass Bert bloß Augen für dich hat und dir hinterherstarrt, sobald du an ihm vorbeigehst«, fuhr Irmgard fort. Doch Ursel schenkte ihren Worten kaum Beachtung. Sollten die anderen sich den Mund zerreißen. Sie würde trotzdem keinen Gefallen am Nähen, Spinnen, Weben und Kochen finden und sich weiterhin der Jagd widmen.

Ihr Gleichmut stichelte Irmgard an: »Willst du wissen, was sie sonst noch sagen?«

Ursel zuckte gleichgültig mit den Schultern. Ihr Instinkt riet ihr, dass es besser wäre, wenn sie weiterhin unwissend bliebe. Aber ihre Neugier drängte sie zum nächsten Satz: »Sag schon.«

Irmgard blickte zu den anderen Mädchen, um sich zu versichern, dass niemand sie hören konnte. Aber Margit und die anderen hatten bereits damit angefangen, ihre leeren Eimer mit Himbeeren zu füllen. Eine von ihnen lachte hell auf. Eine andere stimmte ein Lied über einen verliebten Ritter an. Einzelne Wortfetzen drangen von der Lichtung herüber. Obwohl niemand ihnen Beachtung schenkte, hielt Irmgard ihre Hand dennoch schützend vor den Mund und flüsterte: »Sie behaupten, dass du nie gesunde Kinder kriegen kannst. Sie glauben, dass auf eurer Familie ein Fluch lastet. Du weißt schon, warum.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. Ursel war klar, dass es ein Fehler gewesen war, nachzufragen. Ihr...


Maly, Beate
Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.

Beate Maly, geboren in Wien, ist Autorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Wien.



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