Maly | Die Donauprinzessin und die Toten von Wien | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 416 Seiten

Reihe: Ein Donauprinzessin-Krimi

Maly Die Donauprinzessin und die Toten von Wien

Historischer Roman
16001. Auflage 2016
ISBN: 978-3-8437-1385-6
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman

E-Book, Deutsch, Band 2, 416 Seiten

Reihe: Ein Donauprinzessin-Krimi

ISBN: 978-3-8437-1385-6
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wien, 1531: Die türkische Belagerung ist vorüber, und doch kommt die Stadt nicht zur Ruhe. Der Mathematiker Sebastian Grün wird beauftragt, eine Reihe rätselhafter Todesfälle aufzuklären, tatkräftig unterstützt von seiner Freundin, der Winzertochter Fanny Roth. Alle Morde weisen auf Verbindungen zu den osmanischen Belagerern hin und versetzen die Bürger Wiens in Angst und Schrecken. Doch welche Rolle spielt die mysteriöse Schatulle, die das erste Mordopfer ausgegraben hat und die jetzt verschwunden ist? Mit jeder neuen Leiche wird die Panik der Wiener größer ...

Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.
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Nussberg, Oktober 1531

Fanny hatte die Küche, die vom Vorabend noch verwüstet gewesen war, gründlich gereinigt, alle Fettspritzer beseitigt, das Geschirr abgewaschen, die Stube gekehrt und die Wäsche im Garten zum Trocknen aufgehängt. Als sie nun auf den Hof trat, lichtete sich gerade der letzte Rest des Nebels über den Weinhängen, und die orangegoldene Sonne tauchte die noch hängenden Blätter in ein fast unwirklich glänzendes Gold. Wie jedes Mal blieb ihr schier die Luft weg ob der Schönheit, die sich ihr bot, und sie schätzte sich glücklich, dass sie nicht nur auf diesem Berg wohnen durfte, sondern dass er auch im Besitz ihrer Familie war. Sie konnte sich keinen besseren Ort auf der Welt zum Leben vorstellen. Zu ihrer Linken schlängelte sich am Fuße des Nussbergs träge der breite Strom der Donau durch die üppig grüne Auenlandschaft, und in der Ferne ragten die Dächer und Kirchturmspitzen der Stadt Wien in den wolkenlosen Himmel.

Es waren die letzten milden Herbststunden, in denen die Sonne zum längeren Verweilen im Freien einlud, bevor der Winter mit Schnee, Eis und Kälte die Arbeit im Weingarten unmöglich machte. Dann kam die Zeit, in der sich auch die Rebstöcke ausruhten und auf den neuen Frühling vorbereiteten. Aber bevor es so weit war, hatte Fanny noch tausend Aufgaben zu erledigen. Was machte Rosa, ihre Magd, nur schon wieder? Fanny hatte sie vor Stunden in den Stall geschickt. Mittlerweile musste der Hühnerstall vor Sauberkeit glänzen und das Federvieh eimerweise gefüttert worden sein. Auch Max, den Knecht, hatte Fanny seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen. Aber sie konnte sein Hämmern hören. Er besserte ein Loch im Dach des Schuppens aus. Im Gegensatz zu Rosa war Max ein verlässlicher Bursche, der seine Aufgaben gewissenhaft ausführte und sich auch vor unangenehmer Arbeit nicht drückte. Und Hans Steiner, Fannys Vater? Wo war er? Sie hatten gemeinsam gefrühstückt. Aber seither war er von der Bildfläche verschwunden. Seit dem unglücklichen Unfall im Sommer, als er die Leiter im Schuppen heruntergefallen und stundenlang unentdeckt am Boden gelegen hatte, war er nicht mehr der Alte. Er veränderte sich zunehmend. An manchen Tagen vergaß er Namen und Ereignisse, die nur wenige Wochen zurücklagen, einmal hatte es sogar den Anschein gehabt, als hätte er Fanny nicht erkannt. Außerdem kippte seine Stimmung oft, er wurde aggressiv, schimpfte minutenlang und konnte sich hinterher nicht mehr daran erinnern. Sein Appetit nahm ab, und er hatte in den letzten Monaten deutlich an Gewicht verloren. Nur an seinem Wein hielt er weiterhin fest. Sollte er eines Tages auch den verweigern, dann war es Zeit, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Aber bis dahin versuchte Fanny sich einzureden, dass alles nur halb so schlimm war.

Falls er im Weinkeller war, sollte sie besser nach ihm sehen. Denn der Keller war gerade im Herbst ein Ort großer Gefahren. Solange der Wein noch jung war und in den riesigen Eichenfässern reifte, entstanden giftige Dämpfe, die schon so manchen Winzer das Leben gekostet hatten.

Fanny trat wieder ins Haus und kehrte in die Küche zurück. Dort nahm sie die nicht mehr ganz saubere Schürze ab, legte sich stattdessen einen Wollumhang über die Schultern, griff nach einer Kerze und entzündete den Docht im Feuer des Küchenherds, auf dem schon die Linsensuppe fürs Mittagessen köchelte.

Mit der Kerze in der Hand lief sie über den Hof zum Weinkeller. Max kniete immer noch auf dem Dach, und Rosa stand bei ihm, um ihm das passende Werkzeug zu reichen. Das Mädchen kicherte bei jeder Bemerkung von Max. Hatte sie endlich bemerkt, dass der Knecht seit Jahren ein Auge auf sie geworfen hatte? Fanny wandte ihren Blick von den beiden ab und öffnete die Tür zum Weinkeller.

Modriger Kellergeruch, gemischt mit dem von vergorenen Trauben, schlug ihr entgegen. Fanny kannte diese Mischung. Sie begleitete sie schon ihr ganzes Leben. Sie war die Tochter eines Winzers. Vielleicht des besten Winzers der Stadt. Hans Steiners Weinstube »Zur Donauprinzessin« war weit über die Stadtgrenzen hinweg bekannt. Die Gäste kamen aus Nussdorf, Wien, Klosterneuburg und dem Umland. Der Ruf des guten Weins hatte sich sogar bis in die Hansestädte weit im Norden herumgesprochen. Seit letztem Jahr schickte Hans Steiner Fässer nach Hamburg, Bremen und Rostock. Der Wein war sein Leben, und er hatte all sein Wissen an seine Tochter Fanny weitergegeben.

»Vater?«, rief sie in den Keller. Ihre Kerze war die einzige Lichtquelle. Ansonsten war es stockdunkel. Nirgendwo konnte sie den Schein einer Laterne oder den einer weiteren Kerze sehen. Fanny erhielt keine Antwort.

»Vater, bist du im Keller?«, versuchte sie es noch einmal.

Ein Rascheln war zu hören. Ein kleiner, dunkler Schatten huschte seitlich an ihr vorbei und verschwand hinter einem der Fässer. Eine Maus. Fanny sollte Felix, den jungen Kater, wieder einmal in den Keller lassen, damit er den lästigen Nagern den Garaus machte.

Fanny ging weiter. Der Boden unter ihr war festgetretene lehmige Erde, die auch im tiefsten Winter nicht fror. Hier im vorderen Teil lagerte alter Wein in kleineren Fässern. Der neue Wein befand sich in einem Extragang. Hoffentlich war ihr Vater nicht dort. Erst letzten Herbst war Heribert Schachner, ein Winzer im Süden der Stadt, in seinem Keller zusammengebrochen. Hätte sein Sohn ihn nicht rechtzeitig gefunden, wäre er an den giftigen Dämpfen gestorben. Aber vielleicht war Hans gar nicht im Keller, sondern in Nussdorf. Seit der neue Priester, Vater Anselm, die Dorfpfarrei übernommen hatte, ritt ihr Vater regelmäßig ins Dorf und holte sich in der Kirche Trost und Rat. Diese Besuche waren neu und wurden seit seinem Sturz von der Leiter häufiger. Bis vor Kurzem war Hans sein Wein wichtiger gewesen als seine Beziehung zu Gott. Nicht bloß einmal hatte er einen Sonntagsgottesdienst ausgelassen, um Rebläuse zu bekämpfen oder Unkraut zu jäten. Doch damit war seit einiger Zeit Schluss. Hans schien vermehrt auf Gott zu setzen und ließ keine Sonntagspredigt mehr aus. Doch bevor Fanny weiter über ihren Vater und sein verändertes Verhältnis zur Kirche nachdenken konnte, hörte sie seine vertraute Stimme.

»Ich bin bei den Weinen vom Vorjahr!«

Erleichtert atmete Fanny auf. Sie zog den Wollumhang etwas fester um die Schultern. Hier im Erdkeller herrschte immer die gleiche Temperatur. Sommers wie winters. Der ideale Ort für den Wein, um in Ruhe zu reifen.

Sie bog um die Ecke, und schon sah sie im Kerzenschein den Umriss ihres Vaters. Er stand bei einem kleinen Tisch, hielt einen Becher in der Hand und schwenkte ihn, bevor er daran schnupperte. Als Fanny zu ihm trat, hob er den Kopf und sah sie mit Begeisterung aus den schon etwas glasigen Augen an.

»Du hattest völlig recht!«

»Womit?«, wollte sie wissen.

»Dein Wein, mein Kind. Er ist ein Gedicht!«

Jetzt erst sah Fanny, dass Hans mit dem Glaskolben eine Probe ihres gemischten Weins aus dem Fass genommen hatte. Die Flüssigkeit glänzte nun in seinem Becher. Ein betörender fruchtiger Geruch entströmte ihm. Fanny erkannte die pfeffrige Note, auf die sie so stolz war. Es hatte sie Jahre der Überredungskunst gekostet, bis ihr Vater dem Mischen verschiedener Rebsorten zugestimmt hatte.

»Darf ich?«, fragte sie und nahm Hans den Becher ab.

»Etwas mehr Gehalt braucht der Wein noch«, sagte er. »Im Moment ist er noch nicht kräftig genug. Du brauchst einen südländischen Rebstock, der schweren, berauschenden Wein hergibt.«

Fanny lächelte. Zufriedenheit breitete sich in ihr aus. Ihr Plan war aufgegangen. Sie hatte gehofft, dass ihr Vater begeistert sein würde. Als nächsten Schritt wollte sie die Rebstöcke im richtigen Mischverhältnis anbauen und die Reben gemeinsam ernten. Sie war davon überzeugt, dass die Rebstöcke eine perfekte Harmonie entwickeln würden, wenn sie gemeinsam wuchsen. Jetzt, da ihr Vater gesehen hatte, dass sie in der Lage war, auch ohne seine Hilfe guten Wein herzustellen, konnte er nichts mehr dagegen einwenden.

»Ich sehe ganz genau, woran du denkst!«, sagte er streng. Mahnend hob er den Zeigefinger. »Werde nicht übermütig. Das gehört sich für eine junge Frau nicht. Sei zufrieden mit dem, was du gerade erreicht hast.«

Genervt verdrehte Fanny die Augen zur gewölbten Lehmdecke über sich. Warum war ihr Vater so träge, wenn es darum ging, Neues auszuprobieren? Noch vor einem Jahr war er davon überzeugt gewesen, dass man mit dem Mischen mehrerer Rebsorten bloß sauren Essig erzeugte. Jetzt hielt er das Ergebnis in seinen Händen und war begeistert. Er leerte den Becher, den er Fanny abgenommen hatte, in einem Zug. Mit dem Handrücken fuhr er sich über den Mund und schmatzte.

»Ein gelungener Tropfen. Aber es kann auch ein Zufall gewesen sein. Anfängerglück. Manchmal passiert das.«

»Ja, natürlich!«, sagte Fanny gekränkt. Würde sie es je erleben, dass Hans Steiner sie lobte, ohne einen Zusatz mit dem Wort »aber« einzuleiten? Sie stellte die Kerze auf dem kleinen Tischchen neben ihrem Vater ab und sah ihn enttäuscht an. Er war im letzten Jahr alt geworden. Tiefe Furchen zogen sich durch sein Gesicht. Aus seinen Lachfältchen rund um die Augen waren strenge Sorgenfalten geworden. Wo war der großzügige, sanfte Hans Steiner, der sie großgezogen hatte?

»Hat dir der Mathematiker endlich einen Heiratsantrag gemacht?«, fragte Hans geradeheraus.

Fanny hatte diese Frage befürchtet. Die Worte lagen ihrem Vater seit Tagen auf der Zunge. Aber jedes Mal, wenn er sie aussprechen wollte, war Fanny ihm ausgewichen. Hier im engen Weinkeller gab es kein Entkommen.

Sie biss sich auf die Unterlippe, dann...


Maly, Beate
Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.

Beate Maly, geboren in Wien, ist Autorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Wien.



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