Maly | Der Raub der Stephanskrone | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Maly Der Raub der Stephanskrone

Historischer Roman
15001. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8437-1196-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-1196-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Österreich-Ungarn im 15. Jahrhundert. Sie ist die letzte Hoffnung für die ungarische Krone: Helene, die Kammerfrau der Königin Elisabeth. Als der König stirbt und die hochschwangere Königin vor dem aufständischen Adel fliehen muss, nimmt Helene die heilige Stephanskrone - die kostbare Insignie der ungarischen Könige - an sich. Eine gefährliche Reise durch das Land beginnt. Helenes Ziel: Die Donaustadt Komorn, in der Elisabeth sie erwartet, um ihren neugeborenen Sohn zum neuen Herrscher zu krönen. Kann Helene die Hoffnungen ihrer Königin erfüllen und ihr die Krone bringen?

Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.
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Sopron 1421

lisabeth hörte das Stimmengewirr schon von Weitem. Einmal im Jahr verwandelte sich der Hauptplatz der beschaulichen ungarischen Stadt Sopron in einen Ort reger Betriebsamkeit und pulsierenden Lebens. Dann konnte man erahnen, was die Welt außerhalb der engen Stadtmauern noch zu bieten hatte. Der Jahrmarkt zog Händler aus aller Herren Ländern an. Es gab Gewürze aus dem Orient, Spitze aus Flandern, Pelze aus Lettland und Wolle aus York in England.

Ausgerechnet diesen Tag, der eine Ausnahme im eintönigen Exilalltag war, hatte ihre Mutter Barbara von Chilli ihr verderben wollen. Aber Elisabeth ließ sich nichts verbieten, schließlich war sie das einzige überlebende Kind von Kaiser Sigismund, die Verlobte von Herzog Albrecht von Österreich und, so Gott wollte und ihre Mutter keinen männlichen Erben mehr zur Welt brachte, die zukünftige Königin von Ungarn, Böhmen und Mähren. Warum also sollte sie sich diesen Spaß nicht gönnen? Es war schlimm genug, dass sie wegen ihrer Mutter im Exil in Ungarn leben musste, während ihr Vater in Prag rauschende Feste feierte. Elisabeth konnte nichts dafür, dass Barbara von Chilli sich für okkulte Rituale interessierte und aus diesem Grund immer wieder von ihrem Vater vom Hof verbannt wurde.

Deshalb hatte sie heute das Verbot ihrer Mutter einfach ignoriert und war, sobald Barbara das Haus verlassen hatte, in ihre Kammer geschlichen, hatte ihr feinstes Kleid angezogen und danach aus der Geldtruhe ihrer Mutter drei Münzen entnommen. Außerdem hatte sie sich die wunderschöne Brosche in Form eines Schmetterlings geliehen. Schließlich konnte sie als zukünftige Königin nicht wie eine Bettlerin über den Markt laufen.

Das kostbare Schmuckstück mit den kleinen dunkelroten Steinen, echter böhmischer Granat, steckte nun an ihrer rechten Schulter und glitzerte im hellen Licht der Frühlingssonne. Zum ersten Mal seit Tagen war Elisabeth mit sich und ihrem Leben zufrieden. Mit hocherhobenem Kopf lief sie den bunten Verkaufsständen entgegen. Eine satte Geruchsmischung hing über dem Platz. Der Duft würziger Kräuter mischte sich mit dem teurer Parfums, fetter Speisen und beißendem Schweiß.

Das Großereignis zog nicht nur Hausfrauen aus der Umgebung an, die ihre Vorratskammern mit Salz, Fleisch und Gemüse auffüllen wollten, sondern auch Kaufleute und Händler, die Ware in großen Mengen ankauften, um sie dann in ihren eigenen Läden der Kundschaft anzubieten.

Elisabeth kam an dem Stand eines flämischen Tuchhändlers vorbei. Dunkelgelbe Wolle lag neben Ballen feinster Seide. Leider reichten die drei gestohlenen Münzen in ihrem Geldbeutel nicht aus, um ein paar Ellen davon zu erwerben. Sie lief weiter, vorbei an den Gewürzhändlern. Unter den großen Säcken aus grobem Leinen, die mit Pfeffer, kostbarer Zimtrinde und Koriander gefüllt waren, bogen sich die Bretter der Verkaufsstände. In einem Korb lagerten getrocknete Feigen, Datteln und Marillen.

Beim Anblick der Köstlichkeiten lief Elisabeth das Wasser im Mund zusammen. Verärgert runzelte sie die Stirn. Hätte sie doch nur mehr Münzen genommen! Ihrer Mutter wäre es nicht aufgefallen, und das Geld stand ihr zu, schließlich stammte es von ihrem Vater.

Um sich einen Überblick zu verschaffen, blieb sie stehen. Sollte sie zuerst zu dem Stand mit den geklöppelten Tüchern aus Brüssel gehen? Oder lieber den Händler aus Venedig aufsuchen? Er hatte wunderschöne, mit Goldfäden durchwirkte Tücher und bunte Glassteine, die in der Sonne in allen nur erdenklichen Farben glänzten.

Sie entschied sich für einen Stand am Ende der Reihe. Dort wurden kunstvoll bestickte Bänder angeboten. Zielstrebig ging sie los und genoss die anerkennenden Blicke mancher Marktbesucher. Vielleicht lag es an ihrer aufrechten Haltung, vielleicht an ihrem wunderschönen Kleid und der außergewöhnlichen Brosche. Aber zum ersten Mal seit Jahren fühlte sie sich wirklich als Tochter des Kaisers.

Ein Händler bot ihr Schuhe aus weichem Wildleder zum Kauf an, ein anderer hielt ihr einen Kamm aus Elfenbein entgegen.

»Dieses edle Stück hat einst der Haremsdame eines Sultans gehört«, raunte der kleine Mann mit der roten Knollennase im runden Gesicht. Der helle, glatt polierte Kamm glänzte, aber Elisabeth lehnte ab. Sie würde ihr Haar ganz sicher nicht mit dem Kamm einer Haremsdame kämmen. Die Vorstellung war geradezu lächerlich. So als müsste sie ihren dunklen Zopf vor dem Händler schützen, legte sie ihn über ihre rechte Schulter und blieb erneut stehen. Plötzlich beschlich sie das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Aufmerksam blickte sie in die Gesichter der Menschen um sie herum. Aber sie konnte niemanden entdecken, der ihr übertrieben viel Aufmerksamkeit schenkte. Neben ihr stritten zwei Frauen wegen eines Kruges, den beide kaufen wollten. Ein kleiner Junge zog seine Mutter mit quengelnder Stimme zu einem Stand mit Honigtöpfen, und drei junge Männer feilschten um den Preis für eine Gürtelschnalle. Andere Marktbesucher drängten sich an ihnen vorbei. Elisabeth konnte niemanden ausmachen, der sie beobachtete. Dennoch fühlte sie sich zunehmend unbehaglich. Ihre Festtagsstimmung schwand. Aufmerksamer als zuvor setzte sie ihren Weg fort. Schließlich erreichte sie den Stand mit den Bändern. Nun war sie sich sicher, dass ihr jemand folgte. Sie konnte die Blicke förmlich in ihrem Rücken spüren. Abrupt hielt sie an und drehte sich erneut um. Für den Bruchteil eines Augenblicks sah sie in außergewöhnlich dunkelblaue Augen. Aber als sie sie festmachen wollte, waren sie verschwunden. Die Menschen schoben sich nun Schulter an Schulter zwischen den Reihen der Verkaufsstände durch. Mit einem Mal fühlte Elisabeth sich hier fehl am Platz. Besser sie kehrte wieder um. Wenn sie tatsächlich beobachtet wurde, konnte das nur Ärger bedeuten. Aber zuvor wollte sie eines der Bänder erstehen. Frech drängte sie sich an den Frauen, die vor dem Stand eine Traube gebildet hatten, vorbei. Eine von ihnen schimpfte ungehalten: »He, drängle nicht! Wir waren vor dir da!« Ganz offensichtlich wusste sie nicht, wer Elisabeth war, sonst hätte sie sich diesen Tonfall nicht erlaubt.

Elisabeth ignorierte die keifende Stimme und schob sich an der Frau, die nach Bratenfett roch, vorbei. Vorne schnappte sie nach einem Korb und durchwühlte ihn auf der Suche nach einem passenden Band.

»Darf ich behilflich sein?« Die Verkäuferin hielt ihr drei Bänder entgegen, die sie hinter dem Stand hervorgezaubert hatte. Alle passten perfekt zu Elisabeths Kleid. Sofort ließ sie von dem Korb ab und bewunderte die Bänder. Eines war hellgelb mit einem feinen Blumenmuster. Entschieden griff sie danach.

»Eine gute Wahl«, grinste die Frau. Sicher war es das teuerste der drei Bänder. »Eine ungarische Kunststickerin hat das Muster angefertigt.«

Elisabeth interessierte nicht, wer das Band bestickt hatte. Sie wollte rasch bezahlen und den Markt wieder verlassen. Immer noch hatte sie das Gefühl, dass sie jemand beobachtete. Aus ihrer Rocktasche holte sie die Prager Groschen hervor. Die Verkäuferin erkannte sofort den Wert der Münzen. Mit begehrlichem Blick ergriff sie eine davon, wog sie zufrieden in der Hand und meinte: »Dafür gebe ich Euch auch noch die beiden anderen Bänder.« Flink holte sie unter dem Verkaufstisch zwei weitere Bänder hervor. Elisabeth betrachtete die angebotene Ware. Es handelte sich um ein hellgrünes Band mit dunkelgrünem Rand und ein fliederfarbenes mit aufgestickten Schwalben.

Beide Bänder waren außergewöhnlich fein verarbeitet, und Elisabeth war mit dem Handel einverstanden. Sie sah zu, wie die Verkäuferin die Bänder sorgfältig einrollte, und nahm zufrieden das kleine Päckchen entgegen. Nun wollte sie so rasch wie möglich zurück. Erneut drängte sie sich an den Frauen vorbei und stieß einer dabei grob in die Seite. Die schimpfte lautstark und rempelte zurück. Elisabeth geriet ins Wanken. Sie fand das Benehmen der dicken Frau mit der nicht mehr ganz sauberen Haube unerhört und wollte schon zu einem Fluch ansetzen, als sie erneut neugierige Blicke spürte. Sie unterließ es, etwas zu erwidern, und raffte stattdessen nervös ihre Röcke. Mit raschen Schritten hastete sie über den Markt. Der Geruch von heißem Schmalz erinnerte sie daran, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte, aber jetzt war keine Zeit für einen weiteren Halt. Sie wollte weg von hier. Erst als sie die Stände hinter sich gelassen hatte, fühlte sie sich wieder besser und verlangsamte ihr Tempo. Das Päckchen in ihrer Hand fühlte sich wie eine Jagdtrophäe an. Höchst zufrieden mit ihrem Kauf bog sie in die Essiggasse ein und ging auf ihr Haus zu. Als Erstes wollte sie die Brosche mit den wertvollen, dunkelroten Granatsteinen zurück in die Truhe ihrer Mutter legen. Ihr Blick glitt zu ihrer Brust, und sie schrie entsetzt auf. Dort, wo gerade noch die Brosche gewesen war, befand sich nur noch ein kleines Loch im hellgrünen Stoff. Elisabeth blieb stehen. Ihr wurde übel. Wie hatte das nur passieren können? Jemand hatte sie bestohlen. Ihr Herz begann zu rasen. Wut und Zorn paarten sich mit Angst. Tränen traten in ihre Augen, und das Loch im hellgrünen Kleid verschwamm zu einem verwaschenen Bild. Ob die schimpfende Frau mit der dreckigen Haube ihr die Brosche gestohlen hatte? Oder das Weib, das nach Bratenfett gestunken hatte? Im Grunde konnte es jeder gewesen sein. Der Kaufmann mit dem Elfenbeinkamm ebenso wie die Frau, die ihr die Bänder verkauft hatte. Elisabeth hatte einfach nicht gut genug aufgepasst. Wie einfältig sie doch war. Sollte sie zurückgehen und bei der Stadtwache den Diebstahl melden? Aber dann musste sie zugeben, dass sie die Brosche unerlaubterweise an sich genommen hatte....


Maly, Beate
Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.



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