Maier / Dietrich / Berlin | Jeremia 1-25 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 468 Seiten

Maier / Dietrich / Berlin Jeremia 1-25

E-Book, Deutsch, 468 Seiten

ISBN: 978-3-17-039362-2
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



This commentary regards Jer. 1&25 as a dramatic text: in laments, accusations, and predictions of disaster, it issues a polyphonic message on the downfall of Jerusalem and Judah. In accordance with the format of this series, the Hebrew text is initially analysed synchronically in relation to rhetoric, genre, linguistic phenomena, motifs, and theological statements. Against the background of the political situation of Judah from the end of the seventh century BCE, a diachronic analysis attempts to reconstruct the genesis of the text. The starting point for this is the older version of it, preserved in the Greek tradition. The texts, which are rich in imagery and sometimes disturbing, and which set the scene for the downfall of the kingdom of Judah, are interpreted by Maier for contemporary readers with the help of more recent hermeneutical viewpoints such as feminist biblical interpretation, postcolonial theory and trauma research. The way in which the book of Jeremiah seeks to come to terms with cultural trauma & and in the face of war, famine and expulsion, struggles to find an image of God that is capable of explaining history, while at the same time conveying hope for a better future & becomes clear in the process. The female personification of Jerusalem provides an emotional and compassionate portrait of the people, giving voice to their experiences of the violence and destruction of war. Jeremiah, persecuted for his message of doom, is wrestling with God on behalf of the people.
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Besonders in Jer 1–25 unterscheiden sich die Prosareden stilistisch deutlich von den Figurenreden, die überwiegend poetisch gestaltet sind. Synchron gelesen haben die Prosareden als Monologe einer Figur die Funktion, das Geschehen auf der literarischen Bühne zu kommentieren, indem sie vergangene Ereignisse schildern, Gottes Handeln erklären, die impliziten Leser*innen ermahnen oder Zukünftiges ansagen. Zwar retardieren sie den Fortschritt des Plots, verstärken aber dessen Bewertung und daher den „point of view“ des dramatischen Textes. Ein weiteres Charakteristikum des Jeremiabuches sind Doppelüberlieferungen, die von Halbversen bis zu ganzen Passagen reichen, aber in JerLXX z. T. fehlen.162 Auch wiederkehrende Stichworte (z. B. ?????? „Lüge“, 6,13; 14,14; 27,10; 43,2 u. ö.; ???? ????? „Grauen ringsum“, 6,25; 20,3.10; 46,5; 49,29) und Wendungen (z. B. ??? ?????? ???? ????? ??? ??? ???? ??? „Jubelruf und Freudenträller, jauchzende Rufe von Bräutigam und Braut“, 7,34; 16,9; 25,10; 33,11) erzeugen bei den Leser*innen Erinnerungseffekte. Sie liefern implizite Deutungsmuster und verstärken den durch die stereotype Sprache entstehenden Eindruck der steten Wiederholung von Argumenten. In der synchronen Analyse werden diese Leitworte, Doppelüberlieferungen und sonstigen literarischen Bezüge jeweils notiert und ausgewertet. Zur diachronen Analyse
Jeder Kommentar entsteht im Diskurs mit anderen Forschenden, bezieht daher Studien von Kolleg*innen ein und verortet sich in einem Geflecht bereits bewährter Thesen. Wenn ich überblicksartig im Folgenden und innerhalb der diachronen Rubrik im Kommentar Texte literarkritisch unterscheide und Verse oder Aussagen diachron ordne, so in dem Wissen, dass es sich dabei nur um einen mehr oder weniger begründeten Vorschlag handelt, der weder der einzig mögliche noch der Weisheit letzter Schluss ist.163 Das literarische Genre eines Kommentars privilegiert die Stimme der Autorin, die sich zwar intensiv mit den Studien von Kolleg*innen auseinandergesetzt hat, aber dieses Gespräch angesichts von Umfangsbeschränkungen nicht immer in der gewünschten Weise sichtbar machen kann. Mein Interesse an der diachronen Analyse des Jeremiabuches speist sich aus der Vorstellung, dass dieser Text einen literarischen Diskurs um die Zerstörung Jerusalems und des Tempels überliefert, zu dem diachron betrachtet verschiedene Stimmen beitrugen. Der vorliegende Text ist m. E. das Ergebnis einer ca. 300-jährigen Auseinandersetzung mit diesem historischen Ereignis, und es interessiert mich, wie er im Laufe der Zeit von verschiedenen Tradent*innen gedeutet und mitunter umgedeutet wurde. Diesen Prozess der sukzessiven Auslegung versuche ich sichtbar zu machen und mit Beobachtungen zu Text, Semantik, Rhetorik und Ideologie zu begründen. Was im Jeremiabuch als authentisches Material verstanden wird, hängt im Wesentlichen von der Vorstellung ab, die sich Ausleger*innen von der Rolle Jeremias in Jerusalem und Juda in spätvorexilischer Zeit machen. Informationen über den Propheten stammen jedoch meist aus Überschriften, Erzählungen und den Klagegebeten in Kap. 11–20, deren Authentizität umstritten ist. Daher ist die Gefahr des Zirkelschlusses hinsichtlich der Frage, was für den Propheten erwartbar oder typisch sei, relativ hoch. Die hier vorgelegten diachronen Analysen orientieren sich zunächst an grammatischen und formalen Inkohärenzen, die klassischerweise literarkritisch ausgewertet wurden. Ein weiteres Kriterium für die diachrone Unterscheidung sind „konzeptionelle Inkompatibilitäten“, d. h. der Nachweis unterschiedlicher theologischer Konzepte. Dieses von Konrad Schmid auf Jer 30–33 angewandte Kriterium164 ist geeignet, kapitel- oder buchübergreifende Überarbeitungen zu erkennen, wie z. B. die sog. „deuteronomistische“ Redaktion, die ich als geschichtsätiologische Bearbeitung bezeichne. Das bedeutet, dass Texte nur aufgrund des Sprachgebrauchs und der in ihnen vertretenen theologischen Konzepte einer bestimmten Redaktion zugewiesen werden können. Drittens werten die diachronen Analysen die literarischen Bezüge eines Textabschnitts sowie deren Reichweite innerhalb einer bestimmten Kapitelfolge, im ganzen Jeremiabuch sowie in weiteren Schriften aus. Auf diese Weise lassen sich Verse abheben, die eine kapitel- oder buchübergreifende Perspektive entfalten. Zur besseren Übersicht präsentiere ich die Ergebnisse der diachronen Analyse jeweils vorab in Tabellenform. Da die Jeremiaforschung in den Überblicken von Siegfried Herrmann, Georg Fischer, Robert Carroll, Claire Carroll und Rüdiger Liwak ausführlich dokumentiert ist,165 kann ich mich darauf beschränken, meine Position im Chor der derzeitigen Kommentator*innen zu erläutern. Gegenüber der bis in die 1980er Jahre, zuletzt im Hermeneia-Kommentar von William L. Holladay (1986) vertretenen, biographisch-historischen Deutung, die aus den Texten v. a. die Biographie und das innere Erleben Jeremias zu erheben suchte, gehe ich andere Wege. Angesichts von Spuren mehrfacher Überarbeitung und bis in die prämasoretische Fassung hinein erkennbarer, kleinräumiger Zusätze und angesichts massiver Anfragen an die Literarkritik seitens der englischsprachigen Forschung erscheint es mir kaum mehr möglich, die ipsissima vox des Propheten herauszuschälen. Allerdings meine ich, mittels einer relativen Diachronie in Jer 1–25 durchaus Einzelworte finden zu können, die eine vorexilische Perspektive spiegeln und damit potentiell auf den Propheten selbst zurückgehen. Diese werden als mögliche authentische Texte ausgewiesen in dem Wissen, dass es sich dabei um eine zwar begründete, aber letztlich nicht beweisbare Hypothese handelt. Vorexilische Passagen Zu den ältesten, wahrscheinlich vorexilisch entstandenen Stücken des Jeremiabuches gehören m. E. Ankündigungen eines namenlosen Feindes aus dem Norden (Jer 4,5–8.11–20*; 5,7–11.15–17; 6,1–7.22–26), Anklagen an das als Frau personifizierte Juda (2,14–37*; 21,13f.; 22,6f.) sowie Klagen einer einzelnen anonymen Person. Letztere können aufgrund des Inhalts oder Kontexts der weiblich personifizierten Stadt Jerusalem (4,19–21; 10,19–21; 22,20–23), Jeremia (8,14 – 9,1*; vgl. 14,2–6) und Gott (12,7–13*; 15,5–9a*) als Sprecher*innen zugewiesen werden. Darüber hinaus lässt sich eine Reihe von Sprüchen über judäische Könige erkennen, die Joahas (22,10), Jojakim (22,13–19*) und Jojachin (22,24–28*; vgl. 13,18–19a) negativ beurteilen, Zidkija jedoch zum Hoffnungsträger der judäischen Monarchie (23,5f.*) erklären. Sie wurde nach der Zerstörung Jerusalems so redigiert, dass alle Könige und führenden Gruppen gleichermaßen verurteilt werden. Alle diese Stücke sind poetisch formuliert, bisweilen schwer verständlich und in der vorliegenden Fassung deutlich überarbeitet. An wen sie adressiert sind, wird meist erst in Einleitungen oder Kommentierungen nachgetragen. Möglicherweise wurden diese wohl mündlich tradierten Worte zunächst in kleinen Sammlungen verschriftet. Im vorliegenden Text sind sie überwiegend in eine Komposition eingebunden, die die Zerstörung Jerusalems mittels verschiedener Stimmen beklagt und nach Gründen für die Katastrophe sucht. Die frühexilische Komposition in Jer 2–15* Wie die synchrone Analyse aufweist, bilden die Kap. 2–15 unter Aufnahme vorexilischer Stücke einen dramatisch stilisierten Text, dessen verschiedene Stimmen unterschiedliche Aspekte der Belagerung und Zerstörung Jerusalems zu Gehör bringen. Es handelt sich dabei um eine Komposition der Jeremiaüberlieferung, die weitgehend poetisch formuliert ist. In ihren redaktionellen Anteilen kommentiert sie die vorexilischen Feindankündigungen, Anklagen und Klagen mit weiteren poetischen Aussagen, die etwa in 2,1–3*; 3,1–4*.12–13*.19–22 das weiblich personifizierte Juda und in 13,20–27* Jerusalem mit Hilfe der Ehemetapher als untreue Ehefrau porträtieren. In 4–6* betont die Kommentierung, dass der Untergang Judas und Jerusalems von Jhwh bewirkt wurde, und rechtfertigt das göttliche Handeln. Die Frage nach dem Grund der Zerstörung wird mehrfach gestellt und teilweise mit Judas „Hurerei“ (3,2.9), d. h. Abkehr von Jhwh oder falschem Vertrauen auf die Großmächte, beantwortet. Dieser Verweis auf Judas eigene Schuld ist jedoch weniger stereotyp und pauschal als in weiteren exilischen Redaktionen. Im vorliegenden Text wird diese Komposition durch die Prosarede in Jer 7,1 – 8,3* und Prosatexte in 11,9–13.17; 13,1–11; 14,10–18* und 15,1–4 neu strukturiert, so dass ihr diskursiver Charakter in Kap. 2–6.8–10 gut erkennbar ist, ab Kap. 11 aber in den Hintergrund tritt. Die exilische geschichtsätiologische Redaktion in Jer 1–25 Die These, dass das Jeremiabuch in der mittleren Exilszeit (um 550 v. d. Z.) eine grundlegende Bearbeitung erfahren habe, die das Ende Jerusalems und das babylonische Exil als Gottes gerechte Strafe für die Verfehlungen der Regierenden wie der Bevölkerung Judas beurteilt, bildete im Gefolge der Arbeit von Winfried Thiel zumindest in der deutschsprachigen Jeremiaforschung lange Zeit eine Art Grundkonsens.166 Diese Redaktion erhebt den pauschalen Vorwurf, die Judäer*innen hätten sich von Jhwh ab- und anderen Gottheiten zugewandt, was einer Übertretung des ersten Dekaloggebots gleichkommt. Sie hätten nicht auf die Stimme ihrer Nationalgottheit gehört, den Jerusalemer Tempel fälschlicherweise als sicheren Zufluchtsort verstanden und Jhwh fortwährend gekränkt. Insbesondere wird der Kult an den...


Prof. Christl M. Maier teaches Old Testament Studies at Philipps University, Marburg, Germany.


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