E-Book, Deutsch, 368 Seiten
Reihe: Piper Gefühlvoll
Mai Ich darf dich nicht begehren
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-492-98632-8
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Charlotte und Ben
E-Book, Deutsch, 368 Seiten
Reihe: Piper Gefühlvoll
ISBN: 978-3-492-98632-8
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Verliebt in Worte. So kurz könnte man Mirka Mai schon recht gut erfassen. Bereits in frühen Kindertagen liebte sie es, gemeinsam mit ihrer Mutter und engsten Vertrauten stundenlang in den spannendsten Geschichten zu schmökern. Heute hat sich ihr Traum erfüllt und sie träumt selbst Worte aufs Papier. Mirka Mai liebt ihre Familie, ihren Labrador Mailo, Tiere im Allgemeinen und zieht einen gemütlichen Abend jeder Party vor. Auch ihre Freunde sind ihr sehr wichtig. Außerdem ist sie Mitglied der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, die ihr sehr am Herzen liegt. Gerechtigkeit und echter Frieden sind Dinge, die sie sich für die Welt wünscht. Und, dass mehr Menschen für den Tierschutz spenden. Mit Merry Mary Christmas. Eine Hochzeit zu Weihnachten erschien 2018 ihr Debütroman und konnte seitdem schon viele Leser begeistern. Auch ihre New Adult Reihe Forbidden Feelings wird im Piper Verlag veröffentlicht. Wer Mirkas Weg als Autorin verfolgen, oder Fragen zu einem ihrer Bücher stellen will, kann das gerne auf ihrem Instagramprofil @mirkamaii tun.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Charlie
»Und dann hat er gesagt, dass ich auch so gut wie er wäre, wenn ich mehr lernen würde.«
Es ist ein wunderschöner, sonniger Tag Ende Januar, Vögel zwitschern fröhlich in den Bäumen, und die Sonne scheint mir mitten ins Gesicht.
Das Schnauben meines Pferdes unter mir beruhigt mich wie jedes Mal, und ich genieße das sanfte Schaukeln der Bewegung, das leise Schnaufen und die leicht erdige Luft, die mir in die Nase strömt.
»Charlie!«
Die empörte Stimme meiner besten Freundin dringt an meine Ohren und macht mich darauf aufmerksam, dass ich ihr nicht in angemessenem Maße Mitgefühl entgegengebracht habe.
»Sorry!« Schuldbewusst konzentriere ich mich wieder auf unsere Unterhaltung, die ich eigentlich auch im Schlaf führen könnte. Es geht – wie so oft – um eine der vielen dummen Sachen, die ihr all time on-off-Freund Adrian von sich gegeben hat.
Ich seufze lautlos und schüttle den Kopf.
»Adrian ist ein Idiot.«
Das ist meistens die richtige Antwort, wenn es um diesen Typ geht. Ich werde nie verstehen, warum sich eine so tolle Frau wie Priya ständig in die falschen Kerle verliebt und ausgerechnet bei diesem hängengeblieben ist. Und das nicht erst seit gestern.
Mit zehn Jahren verliebte sie sich in Peter Malley. In der ersten Pause wollte er Priya heiraten, in der zweiten teilte er sich mit Marianne Walker ein Erdnussbuttersandwich.
Priya war damals am Boden zerstört, und ich habe Peter so verhauen, dass er geheult hat. Ich musste eine Stunde nachsitzen, aber das war es wert. Bis heute hat sich an alldem nicht viel geändert, nur die Kerle wurden immer schlimmer, und Adrian ist der Gipfel.
»So schlimm ist er doch gar nicht«, widerspricht Priya, und ich rolle mit den Augen. Warum ist sie nur derart verblendet? Genau aus diesem Grund bin ich erklärter und glücklicher Single.
Ich werde mich erst auf den Mann einlassen, der mich nicht herablassend behandelt, mir nicht das Gefühl gibt, dass ich unter ihm stehe, und der sich kleine rote Blümchen aus dem Ohr zaubert.
Was ich damit sagen will: Ich bin davon überzeugt, dass es diesen Mann nicht gibt.
»Nein.« Die Ironie trieft mir dabei aus jeder Pore. »Du hast recht. Adrian ist toll.«
»Ach komm schon, Charlie.«
Priya pariert ihre Warmblutstute Toffee durch und wendet sich mir schmollend zu. »Du wirst dich auch mal verlieben, und dann wirst du mich verstehen.«
So viel Naivität entlockt mir ein Kichern.
»Ganz sicher n-«
Ein Vibrieren an meinem Bein stoppt mich, und ich ziehe mein Mobiltelefon aus der Tasche meiner Reithose.
Mom, verkündet das Display.
Plumps. Das war mein Hintern, der mit einem ordentlichen Knall auf dem Boden der Tatsachen aufgeschlagen ist.
»Oh nein.«
Ich gebe Priya ein kurzes Handzeichen zu warten und nehme den Anruf entgegen.
»Hi, Mom.«
»Wo um alles in der Welt bleibst du, Charlotte?«
Charlotte. Ich verkrampfe mich unwillkürlich beim Klang dieses Namens. Nur meine Eltern nennen mich so. Für alle anderen bin ich Charlie, und wenn man mich fragt, passt dieser Name ohnehin viel besser zu mir.
Charlotte, nein. Das bin einfach nicht ich. Unter der Trägerin dieses Namens stelle ich mir eine brav bezopfte Langweilerin vor, und davon bin ich nun wirklich meilenweit entfernt.
»Charlotte!«
Jetzt klingt Mom wirklich wütend. »Warum sitzt du immer noch auf dem Pferd? Ich stehe seit fünf Minuten am Stall und warte auf dich.«
Ich knirsche mit den Zähnen, und meine Antwort klingt angespannt.
»Weil ich es genieße, Mom.«
Ich atme drei Mal tief durch, bevor ich ihr einen Vorschlag unterbreite. »Wenn du nicht mehr warten willst, fahr ruhig. Dann laufe ich eben heim.«
Ich verstehe sowieso nicht, warum meine Mutter darauf besteht, jedes Mal am Stall auf mich zu warten, wenn ich in weniger als einer halben Stunde zu Fuß zu Hause sein könnte.
»Du weißt, dass dein Vater nicht möchte, dass du allein nach Hause läufst.«
Die Antwort kommt prompt, und ich kann den Blick, den sie dabei auf die Uhr wirft, beinahe hören. »Vor allem nicht um diese Uhrzeit.«
Ein leicht gequältes Lachen kommt über meine Lippen.
»Mom, es dämmert noch nicht mal.«
Ich nehme die Zügel in eine Hand, um ebenfalls einen Blick auf meine Armbanduhr zu werfen. Das darf ja wohl nicht wahr sein.
»Es ist gerade erst kurz vor vier!«
In diesem Augenblick frage ich mich wie so oft, warum ausgerechnet ich das Pech habe, einen Sheriff zum Vater zu haben.
»Euch ist aber schon klar, dass ich bald einundzwanzig und damit volljährig werde?« Ich kann einen spitzen Unterton nicht unterdrücken. »Dann könnt ihr mich nicht mehr rund um die Uhr bewachen lassen.«
Im Stillen denke ich allerdings, dass es Dad durchaus zuzutrauen wäre, dass er jeden Tag einen seiner Deputys abkommandiert, um seine erwachsene Tochter zu bewachen.
Nicht, dass es bei mir etwas zu bewachen gäbe. Selbst wenn mein Leben unter einer Käseglocke stattfände, wäre es vermutlich noch interessanter als jetzt.
»Hör auf mit mir zu diskutieren, komm zurück zum Stall und mach das Pferd fertig«, sagt meine Mutter in ihrem Jetzt-widersprichst-du-mir-besser-nicht-Ton.
Ich knurre.
»Ist okay, Mom. Ich komme gleich.«
Sie wegzudrücken fühlt sich befreiend an, und ich tätschele meinem Ares den Hals, der daraufhin zufrieden schnaubt.
»Deine Mom?« Priya klingt mitleidig, und als wir einen Blick tauschen, ist klar, dass wir unsere Diskussion fürs Erste auf Eis legen. Seit dem Kindergarten sind wir die allerbesten Freundinnen und haben jede Krise miteinander durchlebt.
»Ja«, seufze ich, und mein Herz ist mit einem Mal ganz schwer. »Ich bin diese ständige Bevormundung so leid.«
Priya nickt verständnisvoll.
»Du solltest es einmal ganz in Ruhe ansprechen«, schlägt sie vor, und ich unterdrücke ein Lächeln. So ist meine Priya. Eine Problemlöserin wie sie im Buche steht.
»Komm, wir beeilen uns, dass wir zurückkommen«, sage ich und presse Ares die Fersen in die Flanken. Aus dem Stand springt er in den Galopp, und an Priyas Lachen höre ich, dass sie mir dicht auf den Fersen ist.
Erst kurz vor dem Stall parieren wir die Pferde durch und lassen sie den Rest des Weges am langen Zügel zurücklegen.
Mein Herz rast, und ich fühle mich leicht und frei. Dieses Gefühl lässt allerdings schnell nach, denn ich sehe unseren Bentley auf dem Hof parken.
Als wir durch das Tor reiten, wird die Tür auf der Fahrerseite geöffnet, und gleich darauf erscheinen die von zarten Nylonstrumpfhosen umspannten Beine meiner Mutter.
Der Anblick ihres hellgrünen Kostüms und der mintgrünen Pumps jagt mir einen Schauer über den Rücken, so fehl am Platz wirkt sie hier auf dem Pferdehof. Ihre Augen werden zwar von einer schicken Designersonnenbrille verdeckt, aber trotzdem kann ich den stechenden Blick spüren, den sie mir nun zuwirft.
»Das wurde aber auch Zeit«, stellt sie mit kritischem Unterton fest, während ich mich aus dem Sattel schwinge und leicht am Boden abfedere.
»Hi, Mrs Evans«, begrüßt Priya meine Mom, die mit einem knappen Nicken darauf reagiert, bevor sie sich wieder mir zuwendet, während Priya mit einem mitleidigen Blick in meine Richtung in den Stallungen verschwindet.
»Kind, ich verstehe wirklich nicht, warum du den ganzen Tag im Stall verbringen musst. Dein Vater und ich wünschen uns doch nur, dass du ein bisschen kultivierter wirst und andere Interessen entwickelst als das für dieses riesige Tier.«
Ares schnaubt, und Mom weicht einen Schritt zurück. Sie konnte meine Pferdeobsession noch nie verstehen. Ihr wäre es lieber, ich würde Tennis spielen oder so. Dad war es, der meinte, dass es für ein Mädchen doch besser sei, die Nachmittage in einem Pferdestall zu verbringen, als irgendwelchen – Achtung, Zitat – »nichtsnutzigen Jungspunden« hinterherzurennen. Also hat er Mom davon überzeugt, dass ich ein Pferd bekommen sollte, und dafür bin ich ihm unendlich dankbar.
Nicht, dass er sich bei mir Sorgen bezüglich irgendwelcher Jungspunde machen müsste. Anders als Priya ist mir bisher noch kein Mann begegnet, der mir nicht nach zehn Minuten auf die Nerven gegangen wäre. Kerle sind doch alle gleich. Wenn du ihnen gefällst, dann fangen sie an zu sabbern und denken nur noch an das eine.
Allerdings scheint gerade diese ablehnende Grundhaltung eine Art Idioten-Magnet zu sein. Ein Junge aus meiner Highschool nannte mich immer Kratzbürste und hielt sich damit für wahnsinnig lustig. Mir war das egal. Ich war gern das Mädchen mit dem Pferd, und was die Jungs machten, war mir gleichgültig. Eigentlich sehe ich auch keinen Grund, daran etwas zu ändern.
Auch mit zwanzig Jahren bin ich noch immer am liebsten im Stall, und an meiner Entscheidung, einmal mit Pferden arbeiten zu wollen, hat sich trotz des vielen Zuredens meiner Eltern nichts geändert. Letztes Jahr habe ich die Highschool abgeschlossen und mir ein Sabbatical gegönnt, das ganz dem Reitsport gewidmet sein soll.
Um etwas dazuzuverdienen, helfe ich im Stall aus und unterstütze den Reitunterricht der Jüngeren. Und je mehr Zeit ich mit den Pferden und auch mit den Kindern verbringe, desto klarer wird mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Ich möchte Turniere gehen, meinen Trainerschein machen und irgendwann einmal ein eigenes Gestüt haben. Mir ist natürlich bewusst, dass gerade Letzteres ziemlich utopisch ist – ein Gestüt kriegt man ja nicht eben mal geschenkt – und noch in weiter Ferne liegt, aber es ist nun einmal mein Traum.
Und in diesem Punkt halte ich es mit Walt Disney. If you can dream it,...