E-Book, Deutsch, 220 Seiten
Mahler / Joos Integrative Interventionen in der Onkologie
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-456-76340-8
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein interprofessionelles Praxis- und Beratungshandbuch
E-Book, Deutsch, 220 Seiten
ISBN: 978-3-456-76340-8
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der neue Praxisbegleiter für integrative Interventionen und Pflege in der Onkologie – evidenzbasiert, praktisch, wirksam
Das Praxishandbuch für integrative Interventionen in der Onkologie bietet erstmalig evidenzbasierte, medikamentöse und nicht-medikamentöse Interventionen zur supportiven Behandlung von und zum wirksamen Symptommanagement bei Menschen mit Krebserkrankungen. Das interprofessionelle Autor_innenteam
- fasst die Evidenz und Studienergebnisse zu naturheilkundlichen Interventionen bei onkologischen Patient_innen zusammen
- erläutert Verfahren zur Lebensstilberatung sowie Aromapflege, Akupressur, äußere Anwendungen, Teeanwendungen und Phytotherapie
- beschreibt Auflagen, Einreibungen, Inhalationen, Spülungen, Waschungen und Wickel zur äußerlichen Anwendung
- nennt Phytotherapeutika und illustriert Teedrogen, wie Eibisch, Flohsamen, Heidelbeeren, Ingwer, Kamille, Rosmarin und Salbei für innerliche Anwendungen mit Angaben zur Wirkweise
- beschreibt evidenzbasierte Interventionen zum Symptom-management von 21 Phänomenen und Symptomen, die von Ängstlichkeit, Fatigue und Hautreaktionen, über Diarrhoe, Inappetenz, Lymphödem, Mukositis, Pruritus, Schlafstörungen, Übelkeit und Obstipation bis hin zu Geschmacksstörungen, Hitzewallungen, Mundtrockenheit, Reizhusten, Schluckauf, Unruhe und Zystitis reichen
- nennt die Ausprägung, Häufigkeit und pflegerische Relevanz einzelner Symptome und beschreibt die Anwendung präventiver oder symptomatischer Interventionen, deren Wirksamkeit sowie Erfahrungen aus Sicht von Patient_innen und Pflegenden
- bietet im Downloadmaterial 88 illustrierte, doppelseitige „Infozepte“ als Basis für die handlungsleitende Beratung von Patient_innen und Angehörigen.
Die Autor_innen setzen neue Maßstäbe für integrative Interven-tionen in der Onkologie, die über diesen Bereich hinausreichen.
Die Downloadmaterialien in diesem Buch können nach erfolgter Registrierung von der Hogrefe Website heruntergeladen werden.
Zielgruppe
Pflegefachpersonen, onkologisch Pflegende, Mediziner*innen, Phytotherapeut*innen, Gesundheitsberufe
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Pflege Krankenpflege
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Klinische und Innere Medizin Onkologie, Krebsforschung
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Pflege Fachpflege
Weitere Infos & Material
171 Eine Standortbestimmung und begriffliche Annäherung
Cornelia Mahler und Stefanie Joos
In der Medizin gelten insbesondere naturwissenschaftliche Erkenntnisse als handlungsweisend und leitend für die medizinische Therapie von Patient*innen. Die zunehmenden technischen Möglichkeiten und Erkenntnisse im Bereich der Mikrobiologie und Hygiene führten Ende des 19. Jahrhunderts zu zunehmenden Operationen und Interventionen, die nun in Krankenhäusern durchgeführt werden konnten und zur Diagnostik und Genesung beigetragen haben. Interventionen oder Therapien, die nicht dem naturwissenschaftlichen Paradigma folgten, sondern eher erfahrungsbasiert oder aus anderen Kulturen oder Traditionen stammten, wurden als „Alternativmedizin“ bezeichnet und als eine Alternative zur Medizin, so wie sie an den Universitäten gelehrt wird, betrachtet.
Die Nebenwirkungen der onkologischen Therapien durch die Verabreichung von Zytostatika und/oder durch Bestrahlungen führte zur Notwendigkeit ergänzender, komplementärer Verfahren, damit Patient*innen eine Linderung dieser zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen ertragen und die onkologischen Therapien nicht abbrechen. Viele dieser ergänzenden bzw. komplementären Verfahren in der Supportivtherapie basieren auf naturheilkundlichen oder äußeren Anwendungen, Verfahren aus anderen Kulturen oder Traditionen, z.?B. Akupunktur, oder auf lebensstilverändernden Empfehlungen.
Als erste und zentrale Ansprechperson haben Pflegefachpersonen schon immer eine wichtige Rolle in der Beratung und Anleitung onkologischer Patient*innen in der Supportivtherapie gespielt (Charalambous et al., 2018). Die langjährige Erfahrung der onkologisch tätigen Pflegefachpersonen in der Anwendung nicht-medikamentöser oder naturheilkundlicher Interventionen wurde jedoch in der Regel nicht systematisch erfasst bzw. Studien zur Wirksamkeit einzelner Interventionen wurden nicht durchgeführt. Es gilt allerdings, den Erfahrungsschatz der Pflege in der Anwendung nicht-medikamentöser oder naturheilkundlicher Interventionen zu erhalten und anderen (besser) zugänglich zu machen. Dies gilt nicht nur für die Versorgung onkologischer Patient*innen, sondern auch für die Gesundheitsversorgung allgemein, denn nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern werden integrative Anwendungen in der Pflege nicht mehr in den Curricula gelehrt (van der Heijden et al., 2022).
Die integrative Onkologie hat inzwischen einen hohen Stellenwert an den Universitätskliniken und CCCs, da gerade auch von Patient*innen nicht-medikamentöse Interventionen und unterstützende Verfahren eingefordert werden, z.?B. der Mind-Body-Medizin, Sport und Bewegung oder Empfehlungen zur Ernährung, sodass diese Interventionen und Anwendungen heute bestenfalls in die onkologischen Therapien „integriert“ werden. Vor diesem Hintergrund wird Integrative Onkologie folgendermaßen definiert:
„Integrative Onkologie ist ein patientenzentriertes, evidenzinformiertes Gebiet der Krebstherapie, das Mind-Body-Verfahren, natürliche Produkte und/oder Lebensstil-Änderungen aus unterschiedlichen Traditionen begleitend zu 18den konventionellen Krebstherapien einsetzt. Die Integrative Onkologie versucht, Gesundheit, Lebensqualität und klinische Outcomes über den Behandlungsverlauf hinweg zu optimieren und Menschen zu befähigen, Krebs vorzubeugen und zu aktiven Teilnehmern vor und während der Krebsbehandlung, sowie über diese hinaus zu werden“ (Witt et al., 2017).
Integrative Pflege demgegenüber ist ein immanenter Bestandteil eines professionellen Pflegeverständnisses, in dem naturheilkundliche und nicht-medikamentöse Interventionen angewendet werden, um den Heilungs-/Genesungsprozess zu fördern. Nach Mary Jo Kreitzer ist die Integrative Pflege eine Art des Wissens und Handelns, die eine ganzheitliche Gesundheitsperspektive zur Optimierung des Wohlbefindens fördert und kann somit als zeitlos betrachtet werden (Kreitzer et al., 2022; Lunde et al., 2023). Jo Kreitzer und Autorenteam (2022, S. 229) postulieren dabei sechs Prinzipien integrativer Pflege:
-
„Menschen sind ganze Systeme, die untrennbar mit der Umwelt verbunden sind und von dieser beeinflusst werden.
-
Der Mensch verfügt über eine angeborene Fähigkeit für Heilung und Wohlbefinden.
-
Integrative Pflege ist personenzentriert und beziehungsorientiert.
-
Die Natur hat heilende und wiederherstellende Eigenschaften, die zu Gesundheit und Wohlbefinden beitragen.
-
Integrative Pflege stützt sich auf evidenzbasierte Erkenntnisse und nutzt eine breite Palette konventioneller und integrativer Ansätze, wobei je nach Bedarf und Kontext die am wenigsten intensiven Interventionen eingesetzt werden.
-
Integrative Pflege ist auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pflegenden wie auch auf die von ihnen betreuten Personen fokussiert.“ (Übersetzung d. Autor*innen)
Integrative Onkologie und integrative Pflege überlappen sich somit in der patientenzentrierten Versorgung. Damit das Beste dieser beiden Welten zur Geltung kommen kann, ist eine interprofessionelle Zusammenarbeit von großer Bedeutung. Hier ist es notwendig, dass Ärzt*innen und Pflegefachpersonen nicht nebeneinander arbeiten, sondern gemeinsam mit den Patient*innen und ihren Familien/Angehörigen in einem partizipatorischen und kollaborativen Prozess ein gemeinsames Ziel bzw. eine gemeinsame Entscheidung setzen.
Um dies zu ermöglichen, wurde die Studie CCC-Integrativ entwickelt, die im Folgenden beschrieben wird.
1.1 Beschreibung der CCC-Integrativ Studie
Die vorliegenden Empfehlungen dieses Praxis- und Beratungshandbuchs sind im Rahmen der Studie CCC-Integrativ entstanden. Im Rahmen der Studie wurde auf Basis der vorliegenden Evidenz ein interprofessionelles Beratungsprogramm zur Komplementärmedizin und -pflege (KMP) entwickelt und an den vier Spitzenzentren für Onkologie (CCC) in Baden-Württemberg (Freiburg, Heidelberg, Tübingen-Stuttgart, Ulm) implementiert.
Die Gesamtintervention umfasste Maßnahmen auf den Ebenen Patient*innen, Beratungsteam und System. Kernelement des Programms war ein interprofessionelles Beratungsangebot für Patient*innen mit Krebserkrankungen, wobei ein erweitertes Beratungsverständnis zugrunde gelegt wird, das bei Bedarf auch Schulung und Anleitung sowie allgemeine Informationen zu KMP miteinschließt.
Das erarbeitete Beratungsangebot war individuell angelegt und hatte das Ziel, Selbstmanagement sowie spezifische Gesundheits- und Entscheidungskompetenz der Patient*innen zu verbessern. Über das verbesserte Empowerment wurden positive Wirkungen auf patientenbezogene Zielgrößen wie bspw. Lebensqualität, Depressivität, Symptome der Krebserkrankungen und Nebenwirkungen der Tumortherapie erwartet.
19Die im Rahmen der CCC-Integrativ Studie eingesetzten Behandlungsverfahren wurden ergänzend zur konventionellen onkologischen Therapie im Sinne einer integrativen Onkologie eingesetzt. Die einzelnen KMP-Verfahren haben das gemeinsame Ziel, Symptome und Belastungen durch die Krebserkrankung oder -therapie besser kontrollieren zu können und so Gesundungsprozesse und die Lebensqualität zu fördern. Viele der eingesetzten KMP-Verfahren sind „aktivierende Verfahren“, d.?h. sie bieten Krebserkrankten und ihren Angehörigen Möglichkeiten, sich aktiv am Behandlungsprozess zu beteiligen. Patient*innen werden dadurch als aktive Partner*innen in die Behandlungs- und Versorgungsprozesse einbezogen.
Aus Versorgungsperspektive wurden mit der der CCC-Integrativ Studie folgende Ziele angestrebt:
-
Deckung eines nachgewiesenen hohen patient*innenseitigen Bedarfs an komplementärmedizinischer und -pflegerischer Beratung (unmet needs)
-
Verbesserung der Patient*innensicherheit durch reduzierte Inanspruchnahme risikobehafteter bzw. unseriöser Versorgungsangebote
-
angemessenere Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen
- ...