Märkert | Unter die Räder gekommen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 286 Seiten

Reihe: Ein Marie-Marler-Justizkrimi

Märkert Unter die Räder gekommen

Ein Justizkrimi
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7394-3642-5
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Ein Justizkrimi

E-Book, Deutsch, Band 2, 286 Seiten

Reihe: Ein Marie-Marler-Justizkrimi

ISBN: 978-3-7394-3642-5
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



?Es gibt kein Halten mehr, wenn man einen Berg hinabstürzt, nichts, um sich festzuklammern. Man traut sich nicht mal, den Blickwinkel zu ändern, sondern starrt gebannt in die Tiefe.? Kristof Driesen wird nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft in der Bochumer Altstadt erschossen. Gibt es einen Zusammenhang mit seinen Überfällen? Oder dem heftigen Streit in der Familie? Hauptkommissar Kramer erhofft sich Unterstützung bei Marie Marler, die als Bewährungshelferin Kristofs Freunde betreut. Sie erfährt von einem zurückliegenden Missbrauch.

Peter Märkert ist in Bochum aufgewachsen und wohnt auch dort. Er studierte Informatik und Sozialwesen, arbeitete als Taxifahrer, als Sozialarbeiter im Vollzug und als Bewährungshelfer. Seine Erfahrungen verarbeitet er in den Kriminalromanen, in denen er den Hintergründen von Verbrechen und Schuld nachspürt.

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Kapitel 1
Sechs Jahre später. An einem Mittwoch im September. Verhandlungspause im großen Sitzungssaal des Bochumer Amtsgerichts. Richter und Schöffen ziehen sich zur Beratung ins Hinterzimmer zurück. »Höchstens zehn Minuten«, verkündet der Vorsitzende und bittet die Anwesenden, auf ihren Plätzen zu bleiben. Was gibt es da zu beraten? Für Bewährungshelferin Marie Marler ist die Beweislage nach den Geständnissen der drei Heranwachsenden eindeutig. Sie kann sich nur vorstellen, dass der Vorsitzende die beiden Schöffen überzeugen will, auf die Zeugenaussagen zu verzichten. Das wäre großartig, dann könnte sie direkt nach der Pause ihre Stellungnahme abgeben und ins Büro fahren, wo jede Menge Arbeit auf sie wartet. »Meinst du, sie hören noch die Zeugen an?«, fragt sie ihren Kollegen Udo Fröbel, der neben ihr am Tisch der Sachverständigen sitzt. »Keine Ahnung«, brummt der in sich hinein, ohne den Blick von seinem Smartphone zu nehmen. Marie greift automatisch in ihre Tasche. Nein, jetzt nicht. Sie möchte nicht von irgendwelchen Nachrichten abgelenkt werden. Sie könnte die junge Staatsanwältin am Nachbartisch nach deren Einschätzung fragen, doch die scheint zu sehr in die Akten vertieft, um ihren Blick zu bemerken. Sie betrachtet die modische Brille, die zurückgekämmten Haare. Unter der Robe trägt die Staatsanwältin einen dunklen Hosenanzug. Sie strahlt Eleganz und Wichtigkeit aus. Marie wirft einen Blick auf ihre Klamotten. Lederjacke mit Nieten, kurzer schwarzer Rock, in aller Eile am Morgen aus dem Schrank gezogen. Sie schlägt die Beine übereinander, um die tätowierte Schlange um den Stab an ihrer Wade zu verdecken. Eine Erinnerung an eine Sommerliebe in Griechenland. Konnte sie keine Jeans anziehen mit einem Jackett? Es ging am Morgen wieder alles viel zu schnell. Sie muss früher aufstehen, um sich Zeit für ein passendes Outfit zu nehmen. Vor allem, wenn sie zum Gericht geladen ist. Immerhin ist sie vor ein paar Tagen sechsundzwanzig geworden. Wieder fragt sie sich, ob sie nicht irgendwann erwachsen wird und wie sie es erkennt. Anderen scheint es zu gelingen. Ihr nicht! Ihr Blick wandert zu ihrem Klienten auf der Anklagebank. Fabian Meisner, dunkle Locken, fast kindliche Gesichtszüge. Zwischen den Mittätern wirkt er klein, zerbrechlich, dazu passte die traurige Stimme bei dem Geständnis. Was soll sie sich vormachen? Er war bei den Straftaten dabei, daran gibt es nichts zu rütteln. Er hat es zugegeben. Nur darauf kommt es an. Nicht mal einen Monat nach dem Urteil zu einer Jugendstrafe wegen räuberischer Erpressung mit Aussetzung zur Bewährung lässt er sich von den Mittätern zu neuen Straftaten hinreißen. Schuld ist dieser Kristof Driesen, der mit der Anwältin neben Fabian sitzt. Dem möchte Marie nicht im Dunkeln begegnen. Glatze, kalter Blick, groß und kräftig, eine vorgebeugte Haltung. Den Dritten im Bunde, Timo Mitter, kann sie nicht einschätzen. Kleiner als Driesen, etwas untersetzt. Er trägt die ganze Zeit ein Grinsen auf dem Gesicht, das hier völlig fehl am Platz ist. Er scheint in dem Vorsitzenden seinen Vater zu sehen, dem er beweisen will, dass ihm Strafen nichts ausmachen, er sie mit einem Lächeln erträgt. Übertreibt sie mit ihren Deutungen? Und wenn schon, sie liebt es, die Gedanken fließen zu lassen. In der Fußgängerzone in einem Straßencafé zu sitzen, Vorüberziehende zu betrachten und zu überlegen, was sie mit ihrem Leben anfangen. Grandios. »Hat dein Klient sich verlaufen oder was macht er auf der Anklagebank?« Die leise Stimme ihres Kollegen. »Ehrlich, was hat er mit Kristof und Timo zu schaffen? Die spielen in einer anderen Liga.« »Sie haben ihn beschützt, als er in seiner Klasse gemobbt wurde«, flüstert Marie ihm zu. »Das hat er mir beim Besuch in der Untersuchungshaft erzählt.« Hat ihr Kollege es geschafft, sich vom Smartphone zu lösen. Udo flüstert zurück: »Hat er gesagt, warum er gemobbt wurde?« »Nein. Nur, dass er anders war als die Mitschüler in seiner Klasse. Das hätten sie gespürt.« Sie wird lauter: »Ich brauche Zeit, um sein Vertrauen zu gewinnen. Im Knast gerät er unter die Räder. Da bin ich mir sicher.« »Du plädierst also für eine erneute Jugendstrafe mit Aussetzung zur Bewährung«, stellt Udo ebenfalls mit lauter Stimme fest. Wie abgesprochen blicken sie zur Staatsanwältin. Marie überlegt, ob sie selbstständig über den Strafantrag in ihrem Plädoyer entscheiden kann oder noch im Referendariat ist. Sie räuspert sich, dreht sich mit ernster Miene und aufrechter Haltung zu ihnen, wobei ihre hohe Stimme ein Klingeln in Maries Ohren verursacht. »Für eine Strafaussetzung zur Bewährung verlangt das Gesetz eine günstige Prognose. Die kann ich aufgrund der Rückfallgeschwindigkeit mit einschlägigen Taten bei keinem der Beschuldigten erkennen.« Sie sieht zur Anklagebank und wendet sich wieder ihren Akten zu. Fabians Blick beschwört Marie, ihm zu helfen. Klar, die Worte der Staatsanwältin waren nicht zu überhören. Sie sucht nach einer passenden Antwort, sagt lauter als gewollt: »Hinsichtlich der Tatbeteiligung erkenne ich Unterschiede zwischen den Beschuldigten. Fabian Meisner hat nie in das Geschehen eingegriffen.« Die Staatsanwältin schüttelt den Kopf, wobei eine Haarsträhne über ihrem rechten Auge zum Liegen kommt. Sie streicht sie mit der Hand zurück und spricht in die Akten hinein: »Alles wie gehabt. Kristof Driesen als Frontmann, Timo Mitter direkt daneben und Fabian Meisner im Hintergrund. Ich war schon vor drei Monaten gegen eine Aussetzung zur Bewährung. Für die Angeklagten ist sie gleichbedeutend mit einem Freispruch.« Sie betont die Worte in einer Weise, als wollte sie das Urteil vorwegnehmen. Marie bleibt nicht einmal Zeit, sich aufzuregen. Das Gericht kehrt aus der Beratungspause zurück. Die Anwesenden erheben sich. Der Vorsitzende bittet sie, wieder Platz zu nehmen. Es würden die Geschädigten gehört, um ein umfassendes Bild von der Tatbeteiligung der Beschuldigten zu erhalten. »Das Gericht erkennt Unterschiede zwischen den Dreien«, frohlockt Marie. »Warten wir ab, was die Zeugen sagen. Das kann nach hinten losgehen«, bemerkt ihr Kollege. Er nervt sie mit seinem Pessimismus. Marie sieht zu den Zuschauerbänken und versucht, Blickkontakt zu Fabians Mutter herzustellen. Vergeblich, die starrt stur geradeaus. Marie wundert sich, wie die Frau sich für die Verhandlung aufgestylt hat. Hochgesteckte Haare, kurzes Kleid mit tiefem Dekolleté. Um den Vorsitzenden zu beeindrucken oder ihren Sohn? Schon bei ihrem Besuch in der vergangenen Woche vermittelte Frau Meisner den Eindruck einer in die Jahre gekommenen Barbiepuppe. Dazu fielen ihr die vielen Stofftiere in der Wohnung auf. Stopp! Dieses Mal wird sie nicht psychologisieren. Was hatte Freud gesagt? Eine Zigarre kann auch mal eine Zigarre bedeuten oder so ähnlich. Außerdem sollte nicht mit Steinen werfen, wer im Glashaus sitzt. Sie versucht, an ihrem Rock zu ziehen. Die Protokollantin ruft den ersten Zeugen auf: Wilhelm Neuberger. Die schwere Holztür öffnet sich, ein Mann Mitte sechzig mit vollem weißem Haar kommt herein. Er sieht sich im Gerichtssaal um und nähert sich dem Zeugentisch im Saal. Marie meint, ein mildes Lächeln auf seinem Gesicht zu erkennen. Na ja, sie lag mit ihrer Einschätzung schon daneben. Mit dem gutmütigsten Gesichtsausdruck hat so mancher Höchststrafen gefordert. Der Vorsitzende reißt sie aus ihren Gedanken, er belehrt den Zeugen über die Wahrheitspflicht vor dem Gericht und befragt ihn zu seinen Personalien. Wilhelm Neuberger, neunundsechzig Jahre alt, Rentner, wohnhaft in Bochum, mit den Beschuldigten nicht verwandt oder verschwägert. Zum Tatgeschehen schildert er, gegen Nulluhrdreißig aus der Gaststätte gekommen und zu seinem Auto gegangen zu sein, das in unmittelbarer Nähe parkte. Noch bevor er sich anschnallen konnte, sei die Fahrertür aufgerissen worden. Zwei junge Männer hätten ihn aus dem Auto gezerrt, dabei lautstark nach Portemonnaie und Handy verlangt. Er habe sofort zugestimmt, spiele nicht gerne den Helden. Die jungen Männer hätten ihn zur Eile angetrieben, ihm die Sachen regelrecht aus der Hand gerissen. Den Schlag habe er nicht kommen sehen, nur den Schmerz gespürt und das Blut geschmeckt. Er sei neben dem Auto in sich zusammengesunken und für kurze Zeit bewusstlos gewesen, habe zumindest so getan in der Hoffnung, keine weiteren Schläge zu kassieren. Es sei ihm gelungen, sie hätten sich nicht mehr um ihn gekümmert, sondern wären mit der Beute geflohen. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er den Schlag einem der Anwesenden zuordnen könne, deutet er auf den jungen Glatzkopf, der am nächsten zum Richterpult sitzt. Den Beschuldigten auf der anderen Seite erkennt er als denjenigen, der half, ihn aus dem Auto zu zerren. Den dritten in der Mitte der Anklagebank habe er bei dem Vorfall nicht wahrgenommen. Marie spürt einen Hoffnungsschimmer. Die Aussage des Zeugen bestätigt, dass Fabian nicht aktiv ins Geschehen eingegriffen hatte. Neuberger hatte ihn nicht mal bemerkt. So kann ihn die Staatsanwältin nicht ernsthaft in das Bedrohungsszenario einbauen. Sie lächelt zu Fabian herüber. Wenn die anderen Zeugen sich ähnlich äußern, wird sie eine Bewährungsstrafe für ihn herausholen. Neuberger erklärt, sein Portemonnaie nach wenigen Tagen mit den Karten und Ausweisen im Briefkasten gefunden zu haben. Lediglich das Bargeld von hundert Euro habe gefehlt. Es sei ihm vom Rechtsanwalt des dunklen Lockenkopfs, er zeigt auf Fabian, in voller Höhe erstattet worden. Oberler nickt zustimmend und erklärt, dass er mit seinem Mandanten und der Jugendgerichtshilfe übereingekommen sei, vor der Verhandlung eine Wiedergutmachung zu leisten. Auf Nachfragen des Vorsitzenden erwidert...



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