E-Book, Deutsch, Band 3, 264 Seiten
Reihe: Ein Marie-Marler-Justizkrimi
Märkert JANINA TOT
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7394-3041-6
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Justizkrimi
E-Book, Deutsch, Band 3, 264 Seiten
Reihe: Ein Marie-Marler-Justizkrimi
ISBN: 978-3-7394-3041-6
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Wo Janina auftritt, steht sie im Mittelpunkt. Dann ist sie tot, ermordet in den Ruhrwiesen. Verdächtigt werden ihr Freund und ihre Freundin. Mit beiden unterhielt sie ein intimes Verhältnis. Beide wollte sie in den Ruhrwiesen treffen. Die Ermittlungen um den Tod der jungen Abiturientin reißen Hauptkommissar Christian Kramer und Bewährungshelferin Marie Marler in eine Auseinandersetzung zwischen Profession und Beziehung.
Peter Märkert ist in Bochum aufgewachsen und wohnt auch dort. Er studierte Informatik und Sozialwesen und arbeitete als Taxifahrer, als Sozialarbeiter im Vollzug und als Bewährungshelfer. Die Erfahrungen aus dem Milieu verarbeitet er in seinen Kriminalromanen, die im Ruhrgebiet zwischen JVA, Drogen, Mord spielen und in denen er den Hintergründen von Verbrechen und Schuld nachspürt. Im Dezember 2018 erscheint in veränderter Neuauflage der Justizkrimi: »Unter die Räder gekommen«.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Frederik sieht sich im Spirituosenladen nach Spiced Rum um. Janina hat ihn gebeten, eine Flasche zu ihrer Abifeier mitzubringen. Sie liebt den Rum mit Cola. Er wird ihr gleich beim Eintreffen einen Longdrink mischen, um ihr näherzukommen. Er sieht auf die Uhr. Wieso schafft er es nicht, pünktlich zu sein? Die anderen werden vor ihm da sein. Die ganze Stufe ist in Janina verknallt. Mit ihrer Lebensfreude reißt sie alle mit. Dazu trägt sie diese auffallenden Klamotten. Der totale Hingucker. In der Schule drehte sich alles um sie. Selbst bei den Lehrern stand sie im Mittelpunkt. Sie brauchte nur mit den Fingern zu schnippen, schon war sie an der Reihe. Die Kassiererin fragt nach seinem Ausweis. Er hat ihn vorsorglich eingesteckt und reicht ihn ihr. »Der Rum ist für unsere Abifeier«, rechtfertigt er sich. Warum eigentlich? Er wird in wenigen Monaten zwanzig Jahre. Nach einem Blick auf sein Geburtsdatum gibt sie ihm den Ausweis mit einem Lächeln zurück und wünscht ihm viel Spaß bei der Feier. Janina wohnt mit ihrem jüngeren Bruder bei ihren Eltern in einem modernisierten Zechenhaus im Bochumer Kirchviertel. Gleich beim ersten Klingeln ist sie an der Tür. Er ist etwas enttäuscht, dass sie ihre stylische Lederhose mit dem bunten Pullunder nicht trägt. Doch das enge Kleid mit dem tiefen Ausschnitt steht ihr super, es erinnert ihn an ein Video von Rihanna. Er hatte Janina vor einiger Zeit einen USB-Stick mit ausgewählten Songs der Sängerin geschenkt. »Wir haben das Haus für uns«, verkündet sie gutgelaunt. »Meine Mam übernachtet bei einer Kollegin, Dad im Tennisclub.« Sie führt ihn zu Mitschülern ins Wohnzimmer. »Captain Cola bring ich in die Küche.« Sie verschwindet mit seinem Rum und ihrer besten Freundin. Es bleibt ihm nichts übrig, er lässt sich auf ein Gespräch über ehemalige Lehrer ein, das ihn schnell langweilt. Er sieht ständig zur Tür und fragt sich, wann sie zurückkommt. Sein Plan ist schiefgegangen, nach dem gemeinsamen Longdrink den Abend mit ihr zu verbringen. Zweifel kriechen in ihm hoch. Sie haben zusammen für das Abi gepaukt, dazu bis in die Nächte hinein gechattet. Doch was heißt das schon? Die Schulzeit ist vorbei. Er hat ihr nichts mehr zu bieten, ist einer unter ihren vielen Followern auf Instagram. Die Fotos schießt sie mit ihrer besten Freundin. Sein Angebot, sie einmal zum Fotoshooting zu begleiten, hatte sie lachend abgelehnt. Es klingelt an der Haustür. Er sieht Janina über den Flur flitzen. Wie schafft sie es mit dem Kleid und den High Heels? Sie kommt mit einer Baccara Rose ins Wohnzimmer, gefolgt von Sebastian, einem Mitschüler. Haben sie was zusammen? Janina und Sebastian? Sie verschwinden in die Küche. Der Abend fängt ja gut an. Hoffentlich bemerken die andere seine Enttäuschung nicht. Er kann den Gesprächen nicht mehr folgen. Soll er die Feier unter einem Vorwand verlassen, ohne sich von Janina zu verabschieden? Sie kann die anderen fragen, warum er so früh gegangen ist, wenn sie es überhaupt bemerkt. Er muss sich damit abfinden, Luft für sie zu sein, doch schafft es nicht. Gestern hat sie ihm eine Nachricht über WhatsApp geschickt, dass sie sich auf ihn freut und ein Herz angehängt. Es bringt nichts, darüber nachzudenken, am Ende hat sie es jedem gesendet. Bevor er sich von der Gruppe lösen kann, steht sie mit ihrem schönsten Lächeln an der Tür, um das Buffet zu eröffnen. Sofort verwirft er den Gedanken an ein vorzeitiges Verschwinden. Beim Vorbeigehen hofft er, dass sie ihm in die Küche folgt, doch sie beachtet ihn nicht. Sebastian entdeckt er auch nicht am Buffet. Er nimmt sich von den angebotenen Tapas und stellt sich mit seinem Teller an das große Fenster mit Blick in den beleuchteten Garten. In der Schulzeit hat er nie etwas zwischen ihnen bemerkt, war zu sehr auf sich bedacht. Er betrachtet den kräftigen Nadelbaum vor dem Fenster und fragt sich, ob es sich um eine Kiefer oder eine Zeder handelt. Er gesteht sich ein, von Bäumen keine Ahnung zu haben. »Was stehst du hier so alleine herum? Alles gut?« Fast wäre ihm der Teller aus der Hand geglitten. Ihre großen Augen leuchten wie Sterne. Soll er sagen, dass er auf sie gewartet hat? Dass er vermutet hat, sie wäre mit Sebastian zusammen? Ja, dass er den Abend mit ihr verbringen möchte? Er könnte es mit einem Lächeln unterstreichen, denkt an einen Smiley mit roten Wangen, doch traut sich nicht. »Alles bestens«, murmelt er und spürt seinen erhöhten Puls. Er fürchtet, dass sie weitergeht, wenn ihm nicht schnell etwas einfällt. »Der Baum vor dem Fenster.« Er zeigt hin. »Eine Kiefer oder eine Zeder?« Sie raubt ihm die Sprache. Er kann keinen Satz mehr formulieren. Wenn er bloß seine bescheuerte Nervosität ablegen könnte. Sie kommt nah an ihn heran. »Eine Zeder. Sieht man an den kleinen Zapfen. Sagt zumindest meine Mam.« Ihr Blick wandert zu seinem Teller. »Hast du keinen Hunger? Oder schmeckt‘s dir nicht?« Sie betont die Frage und lacht. Ihr ansteckendes Lachen. Er fragt nach. »Warum lachst du?« »Kennst du das Stück von Jan Weiler nicht? Maria, ihm schmeckt´s nicht. Es gibt einen Trailer auf YouTube. Sehen wir uns mal zusammen an.« Sie lacht wieder. Seine Mutter konnte so lachen, als zuhause noch alles in Ordnung schien. »Mir schmeckt´s jedenfalls«, sagt er. Zur Bestätigung steckt er sich eine Tapa in den Mund, hat vor Aufregung das Gefühl, als seien seine Geschmacksnerven ausgeschaltet. Ihn interessiert, ob zwischen ihr und Sebastian etwas läuft. Schon wegen der Rose, die bringt man nicht ohne Hintergedanken mit. Er muss es geschickt anstellen, sich auf ihr Gesicht konzentrieren, auf jede Regung, und die Frage unauffällig formulieren. »Hast du Sebastian gesehen?« »Wieso? Wie kommst du darauf? Ist das wichtig?« Sie weicht zurück. Er verfolgt ihren Blick zu Larissa, die am Buffet aufgetaucht ist und die beste Stelle sucht, um es mit ihrem Smartphone zu fotografieren. Janina macht einen Schritt auf ihre Freundin zu. »Nein«, sagt er schnell, um sie aufzuhalten. »Ist nicht wichtig ... war nur so ein Gedanke.« »Da ist er ja ... bei Larissa. Sollen wir hingehen?« Sie dreht sich zu ihm. Ihr Blick verrät, dass sie ihn durchschaut hat. Sie kommt wieder näher an ihn heran und deutet auf den Servierwagen in der Ecke. »Mixt du uns einen Captain Cola?« Er nickt ihr mit vollem Mund zu und stellt seinen Teller beiseite. Füllt zwei passende Gläser mit viel Rum und wenig Cola. Sie holt dunkelrote Strohhalme aus einer Schublade und zieht ihn ins Wohnzimmer, vorbei an ihrer Freundin und Sebastian. Ihr kleiner Bruder hat die Rolle des DJs übernommen. »Zu Rihanna tanze ich sofort«, sagt Frederik mit Blick zur überdachten Terrasse, die von farbigen Leuchtern angestrahlt wird wie eine Bühne. Er erkennt die Zustimmung in ihren Augen und freut sich, die richtigen Worte gefunden zu haben. Warum wollte er die Feier vor wenigen Minuten verlassen? Er versteht sich selbst nicht mehr, fühlt die Verbundenheit zu Janina, auch zu den ehemaligen Mitschülern. Er nimmt wahr, wie sie ihrem Bruder ein Zeichen gibt und ahnt, was kommt, bevor Unfaithful von Rihanna erklingt. Mit einem Lächeln zieht sie ihn auf die Tanzfläche. Er bewundert ihren freien Tanz, ahmt die Bewegungen nach, was sie erheitert. Jedenfalls sieht sie ihn an und lacht. Dabei kommt sie so nah an ihn heran, dass sie sich berühren. Sie schlingt ihre Arme um seinen Hals und küsst ihn auf die Wange. Er versucht, sie festzuhalten, doch sie entwischt ihm wieder, um ihren freien Tanz fortzusetzen. Sie lassen kaum einen Song aus, höchstens, um weitere Longdrinks zu sich zu nehmen. Zu vorgerückter Stunde tanzen sie engumschlungen. Janina scheint verliebt in Wild Thoughts von DJ Khaled ft. Rihanna und Bryson Tiller. Ihr Bruder lässt den Song mehrmals abspielen. Bis sich Janina mit ihm auf der Couch niederlässt. Sie kniet über ihm, umarmt ihn, küsst ihn. Ihre Lippen wandern zu seinem Ohr. Sie flüstert, ob er ihr Zimmer sehen möchte. Während er ihr die Treppe hinauf folgt, spürt er die Blicke der anderen im Rücken. Janina und er, das hat er sich immer gewünscht, die tollste Frau aus der Stufe an seiner Seite. In sein Hochgefühl mischt sich Angst, seine verfluchte Angst zu versagen. Gerade, wenn es ihm wichtig ist, keinen Fehler zu machen. Daran hat auch der Alkohol nichts geändert. Sie verschließt die Tür hinter ihm, lässt den Schlüssel stecken. Er nimmt einen süßlichen Geruch von Parfüm wahr und betrachtet die Poster an den Wänden, die von roten LEDs angestrahlt werden. Johnny Depp. Immer wieder Johnny Depp. Auf einer Großaufnahme mit Penélope Cruz aus dem vierten Teil von Fluch der Karibik. »Super Film.« Er deutet auf das Poster. »Ich war verknallt in den Typen. Lang ist es her«, lacht sie. »Meine Wohnung richte ich anders ein. Ich freu mich riesig darauf.« Er hält dem Blick aus ihren dunklen Augen nicht stand, weicht ihm aus und ärgert sich im selben Moment darüber. Er sollte nachfragen, wann sie umzieht. »Gefallen dir die alten Poster?«, kommt sie ihm mit einer Frage zuvor. »Ja, ich habe den vierten Teil mehrmals gesehen.« »Wer gefiel dir besser? Johnny Depp oder Penelope Cruz? Ehrlich!« Was will sie mit der Frage andeuten? Ist es, weil er nach Sebastian gefragt hatte? Dabei hat er gedacht, sie hätte ihn verstanden. Er versucht, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. »Penelope Cruz.« Er blickt ihr direkt in die Augen. Sie dimmt das Licht, verbindet ihr Smartphone mit der Bluetooth-Box. Diamonds erklingt von Rihanna. Das ist Wahnsinn! Sie streift ihr Kleid ab. Es folgt der BH, der Slip. Sie kommt auf ihn zu, betont ihre Schritte, umarmt ihn, küsst ihn. Mit der Geschmeidigkeit einer Katze geht sie zum Bett...