Macy / Brown | Für das Leben! Ohne Warum | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Macy / Brown Für das Leben! Ohne Warum

Ermutigung zu einer spirituell-ökologischen Revolution
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-95571-657-8
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ermutigung zu einer spirituell-ökologischen Revolution

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-95571-657-8
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wir können immer das Leben wählen Klimawandel, radioaktive Verseuchung, Fracking, Genmanipulation. Diese entmutigende Liste zum Zustand unsere Welt ließe sich fortsetzen - und dennoch: Wir haben noch immer die Möglichkeit, zum Wohle einer lebenswerten Welt zu handeln. Denn: Wir können unsere Bedürfnisse erfüllen, ohne unser lebenserhaltendes System zu zerstören. Dafür haben wir das notwendige Wissen und die technischen Möglichkeiten. Alles was wir noch brauchen ist der kollektive Wille, beides in diesem Sinne einzusetzen. Dieses Buch ist ein Leitfaden. Es hilft uns, unsere natürliche Vitalität und Entschlossenheit zu entdecken und so die Selbstheilungskräfte unserer Welt zu unterstützen. Im Zentrum steht eine besondere Form der Gruppenarbeit, die Joanna Macy in den 1970er-Jahren begonnen und die sich seither stetig weiter entwickelt hat. Ungeachtet der sich rapide verschlechternden sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen hat sie Hunderttausenden Frauen und Männern rund um den Erdball geholfen, solidarisch und mutig zu handeln. Das Buch erschien 2003 erstmals in deutscher Übersetzung, unter dem Titel 'Die Reise ins lebendige Leben'. Es wurde gründlich überarbeitet und die aktuellen Entwicklungen wurden einbezogen.

Joanna Macy, Ökophilosophin, Aktivistin, Gelehrte für Buddhismus und in Systemwissenschaften, blickt auf 50 Jahre Engagement in der Bürgerrechtsbewegung, der Bewegung für soziale und globale Gerechtigkeit und der Arbeit für eine ökologische Bewusstseinsbildung zurück.
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Vorwort


von Molly Brown

Bei einer Zusammenkunft von Interhelp 1987 traf ich Joanna Macy zum ersten Mal. Interhelp ist ein Netzwerk, das von Joannas Kolleginnen und Kollegen gegründet wurde, um sich gegenseitig darin zu unterstützen, auf die Bedrohungen für das gemeinsame Überleben zu reagieren. Unsere nächste Begegnung fand bei einem Workshop 1991 statt, bei dem ich ihre Vision der Atomwächterschaft kennenlernte. Diese Arbeit von Joanna zog mich besonders an, da ich meine Kindheit in der Atomic City von Los Alamos, New Mexico, verbracht habe. Es war für mich wie eine karmische Verbindung, mich mit den Problemen von radioaktiven Stoffen zu beschäftigen, und so begann ich, an dem Atomwächterschafts-Projekt, das Joanna ins Leben gerufen hatte, mitzuarbeiten. Als ich mich im nächsten Herbst an der Starr King Schule4, einer Fachhochschule zur Ausbildung für das unitarische Pfarramt in Berkeley, Kalifornien, eingeschrieben hatte, nahm ich an Joannas Seminar in Tiefenökologie teil. Das führte mich sowohl in die Welt des systemischen Denkens ein als auch in Tiefenökologie und engagierten Buddhismus und half mir, deren Gemeinsamkeiten zu verstehen.

Bald darauf arbeiteten Joanna und ich zusammen: redaktionelle Zusammenarbeit mit Wendy Oser, Fran Macy und anderen bei drei besonderen Ausgaben des Magazins Nuclear Guardianship Forum. Ferner unterrichtete ich mit ihr zusammen am California Institute of Integral Studies (CIIS)5 in einem einjährigen Kurs angewandte lebendige Systemtheorie. Meine Verbindungen zur Welt der Psychosynthese ermöglichten mir, am CIIS Vorträge und Workshops zu diesem Thema bis zum heutigen Tag zu halten.

Als mich Joanna fragte, ob ich als Koautorin bei der ersten Auflage dieses Buchs mit ihr zusammenarbeiten wollte, ergriff ich die Chance und konnte so meine Liebe zum Schreiben, meine Liebe zu dieser Arbeit und meine Liebe zu dieser Frau miteinander verbinden. Ich entdeckte meine eigene prophetische Stimme nach dem Vorbild von Joanna beim gemeinsamen Schreiben, und mein Mut zu schreiben, zu sprechen und für die Erde zu handeln festigte sich. Das war etwas, wonach ich mich mein Leben lang gesehnt hatte.

Um zu verdeutlichen, was mich zu dieser Arbeit berufen hat, möchte ich etwas über meine Lebensgeschichte erzählen. Die eindrücklichen Erfahrungen während meiner Kindheit in Los Alamos, New Mexico, verdeutlichten mir, was Hannah Arendt „die Banalität des Bösen“ genannt hat. Ich benötigte einen Großteil meines Erwachsenenlebens, um wirklich zu begreifen, wie grundlegend falsch die Ansichten der dort vorherrschenden wissenschaftlich-militärischen „Kultur“ waren – und ich fragte mich, wie sonst gute und liebevolle Menschen solches Unheil anrichten können.

Der Spielplatz meiner Kindheit war die Natur, denn Los Alamos ist in die bewaldeten Berge im Norden New Mexicos eingebettet. Von frühester Jugend an zählten Camping, Picknick und das Spielen draußen zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, und ich entwickelte eine enge Beziehung zu Bäumen, Bergen, Bächen und allen Kreaturen. Fast unbemerkt wurde ich durch die in dieser Region lebenden Kulturen der amerikanischen Ureinwohner und der Menschen spanischer Herkunft geprägt. Doch meine Familie war ein Teil der wissenschaftlichen Gemeinde, obwohl meine Eltern selbst keine Wissenschaftler waren. So lernte ich, den Gott der Wissenschaft zusammen mit dem christlichen Gott anzubeten. Ich erinnere mich daran, wie ich an Tagen der offenen Tür für Familien die seltene Gelegenheit hatte, hinter die Sicherheitszäune zu blicken und einen Teil von dem, was dort gemacht wurde, zu Gesicht zu bekommen. Die Apparaturen, die Nebelkammern (Teilchendetektoren), die Teilchenbeschleuniger, die Handschuhkästen und die Gewebeproben, die man unter Mikroskopen studieren konnte, verzauberten mich. Ich wünschte mir, wenn ich groß wäre, eine Wissenschaftlerin zu werden. Ich wünschte mir, Zugang zu dem zu finden, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Außerdem brachte man mir bei, dass es in dieser Welt eine korrekte Art des Denkens gibt: logisch, rational, auf dem Hintergrund wissenschaftlicher Daten und abgesichert von messbaren Parametern. Wenn im Labor etwas nicht gemessen und nicht wiederholt werden konnte, existierte es wahrscheinlich nicht. Gerade dann, wenn es sich dabei um persönliche Einsichten und Hypothesen handelte, mussten sie gegen die rigorose, zum Teil feindliche Kritik anderer Wissenschaftler verteidigt werden. Gefühle und Fantasie hatten nur wenig Platz im wissenschaftlichen Denken. Am besten wurden solche Dinge aus den Diskussionen herausgehalten. Gefühle und Träume waren etwas für das Geschwätz und die Schwärmereien kleiner Mädchen, hatten aber keinen Platz in der realen Welt.

Ungefähr 50 Jahre später, 1996, während meiner Solozeit bei einer Visionssuche, sah ich deutlicher als jemals zuvor, wie diese „bloß zweckorientierte Rationalität“ (ein Ausdruck von Gregory Bateson) die natürliche Moral der Menschen in Los Alamos verfremdete – und damit unerträgliches Leid in der Welt angerichtet wurde. Endlich gelang es mir, Zugang zu dem zu finden, was ich bisher verdrängt hatte – dem Lebensstil und der Art der kulturellen Werte meiner Gemeinschaft, in der ich aufgewachsen bin –, und ich erkannte, wie tief greifend diese Deformation auf mich als Heranwachsende gewirkt hatte. Während der Visionssuche wurde es mir übel, und ich erinnerte mich daran, wie oft ich als Kind Magenschmerzen hatte und wie viel Zeit ich im Krankenzimmer der Schule verbracht habe, besonders während der Kindergartenzeit und der ersten Klasse. Als ich mich auf die Gefühle von Unwohlsein und Schmerz konzentrierte, die ich so ähnlich als Kind gespürt hatte, fragte ich mich: „Was ist das Geheimnis? Woher kommt dieses tief verborgene Trauma, gegen das ich mich mein Leben lang gewehrt habe?“ Und plötzlich war es mir klar.

Einige Monate nach der Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki 1945 zog meine Familie nach Los Alamos. Ich glaube heute, dass ich wusste, soweit man das als kleines Kind kann, dass etwas Unrechtes geschah. Zweifellos hörte ich Nachrichten und Gespräche über die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki im Radio. Bis zu einem gewissen Grad muss ich gewusst haben, dass die Menschen von Los Alamos mit dem, was dort geschehen war, etwas zu tun hatten. Ich erfuhr, dass diese Stadt ausschließlich wegen des Atomforschungslabors existierte, das vorrangig der Herstellung von Atomwaffen diente, und instinktiv muss ich gewusst haben, dass diese Arbeit etwas Schlechtes war. Sogar das besonders propagierte Programm „Atome für den Frieden“6 im Los Alamos der 1950er-Jahre war eine ausgeklügelte Selbstrechtfertigungskampagne für die zentrale Forschungsarbeit: die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen. Was auch immer an Gutem aus den Laboratorien gekommen sein mag, es rechtfertigte nicht das Böse. Als Kind wusste ich das in meinem tiefen Unterbewusstsein.

Doch von allen um mich herum, den ganzen wichtigen Menschen in meinem Leben, von der gesamten Gemeinschaft hörte ich nur Rationalisierungen, Rechtfertigungen und Verschleierungen. Wir waren ganz besondere Menschen, die wichtige und besondere Arbeit verrichteten, vor dem Rest der Welt geschützt durch Zäune und bewachte Schranken. Obwohl ich stolz auf die Bezeichnung Atomic City war, fühlte ich in meinem Herzen Schmerz und Verwirrung über das, was dort geschah. Obwohl ich niemals bewusst über diese Ungereimtheiten nachgedacht hatte, drückten sie sich in meinem Körper aus, insbesondere in meinen Verdauungsorganen. Ich habe es einfach nicht vertragen. Doch als abhängiges Kind konnte ich darüber schon gar nicht sprechen. Wie sollte ich mir selbst eingestehen, dass diese netten, guten Menschen, die ich liebte und bewunderte, sich auf solch eine zerstörerische Arbeit eingelassen hatten, wo sie doch selbst dies nicht wahrhaben wollten? Wie konnte ich den Mythos meiner gesamten Gemeinschaft infrage stellen?

Ich kann das ganze Band der rationalen Rechtfertigung in meinem Kopf ablaufen lassen, und es verwirrt mich heute noch. „Wir mussten die Bombe erfinden, ehe es die Nazis taten“ – und dann, nachdem Deutschland besiegt war, „wir mussten die Japaner stoppen.“ Diese Rechtfertigungen für die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki sind uns wohlvertraut. Doch fast alle von uns spüren den tiefen Schmerz und die Verzweiflung für all das große Leid, das diese sogenannte berechtigte Tat hervorgerufen hat. In Los Alamos jedenfalls waren solche Gefühle tabu. Emotionen wurden zu fragwürdigem Verhalten erklärt und durch intellektuelle Rationalisierungen ersetzt.

Nicht nur in Los Alamos wird Unrecht vertuscht und verleugnet, werden rationale Begründungen erfunden und kunstvoll formuliert. Die gesamte Struktur des Turbokapitalismus ist von diesem Selbstbetrug infiziert. Missachten und verheimlichen wir doch die riesigen Schäden, die unser System der gesamten Mitwelt, unseren Mitgeschöpfen und den unterdrückten Völkern weltweit und selbst Menschen in unserem eigenen Land zufügt – zum Nutzen von wenigen Leuten und zur Profitmaximierung einer winzigen Elite. Es sind gesetzestreue Bürger, brave Kirchgänger und liebevolle Familien mit hohen moralischen Grundsätzen, die kaum einen Gedanken an die tatsächlichen Kosten verschwenden, die sie mit ihren kurzlebigen oberflächlichen Genüssen verursachen, indem sie allradgetriebene Geländewagen, Kreuzfahrten und gentechnisch veränderte Lebensmittel bedenkenlos konsumieren.

In einer Gesellschaft zu leben, die den Schmerz, den sie verursacht, verleugnet, führt zu heftigen inneren Konflikten....


Macy, Joanna
Joanna Macy (1929-2025), Ökophilosophin, Aktivistin, Gelehrte für Buddhismus und in Systemwissenschaften, jahrzentelanges Engagement in der Bürgerrechtsbewegung, der Bewegung für soziale und globale Gerechtigkeit und der Arbeit für eine ökologische Bewusstseinsbildung.

Brown, Molly
Molly Brown verbindet The Work That Reconnects, Ökopsychologie und Psychosynthese in ihrem Schaffen: Sie gibt Online-Kurse, schreibt und publiziert Bücher und Essays, arbeitet als Coach und Beraterin und sie hält Vorträge und Workshops auf internationaler Ebene.

Joanna Macy (1929-2025), Ökophilosophin, Aktivistin, Gelehrte für Buddhismus und in Systemwissenschaften, jahrzentelanges Engagement in der Bürgerrechtsbewegung, der Bewegung für soziale und globale Gerechtigkeit und der Arbeit für eine ökologische Bewusstseinsbildung.

Molly Brown verbindet The Work That Reconnects, Ökopsychologie und Psychosynthese in ihrem Schaffen: Sie gibt Online-Kurse, schreibt und publiziert Bücher und Essays, arbeitet als Coach und Beraterin und sie hält Vorträge und Workshops auf internationaler Ebene. 



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