E-Book, Deutsch, Band 5, 416 Seiten
Reihe: ROSE HARBOR-REIHE
Macomber Rosenstunden
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-20579-9
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 5, 416 Seiten
Reihe: ROSE HARBOR-REIHE
ISBN: 978-3-641-20579-9
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Vor neun Monaten gestand Mark Taylor Jo Marie Rose seine Liebe. Und verließ sie und das Städtchen Cedar Cove danach Hals über Kopf. Doch Jo Marie will sich nicht ein weiteres Mal in Trauer um einen Mann verlieren – sie ist fest entschlossen, ihr Glück wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Auch Emily Gaffney, ihr neuester Gast, hat Pläne für die Zukunft: Sie sucht in Cedar Cove nach ihrem Traumhaus – und hat auch schon eines im Auge. Der Besitzer, Nick Schwartz, ist allerdings alles andere als begeistert, als sie ihn kontaktiert. Doch Emily gibt nicht auf, und aus einem holprigen Start wird bald eine enge Freundschaft – oder sogar mehr …
Die Rose-Harbor-Reihe:
Band 1: Winterglück
Band 2: Frühlingsnächte
Band 3: Sommersterne
Band 4: Wolkenküsse (Short Story)
Band 5: Herbstleuchten
Band 6: Rosenstunden
Debbie Macomber begeistert mit ihren Romanen Millionen Leserinnen weltweit und gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen überhaupt. Die Leser*innen lieben sie gleichermaße für ihre überzeugenden Figuren und ihre ans Herzen gehenden Geschichten. Wenn sie nicht gerade schreibt, strickt sie oder verbringt mit Vorliebe viel Zeit mit ihren Enkelkindern. Sie lebt mit ihrem Mann in Port Orchard, Washington, und im Winter in Florida.
Weitere Infos & Material
1
Jo Marie
Im Leben geschieht immer das Unerwartete. Ich weiß, dass das ziemlich dramatisch klingt, ungefähr wie: Es war die beste aller Zeiten, es war die schlechteste aller Zeiten. Glaubt mir, ich habe beides durchgemacht, aber vermutlich geht es jedem so ähnlich.
Früher war ich in einer großen Bank in Seattle angestellt, habe mich dort von der Kassiererin immer weiter hochgearbeitet und immer mehr Verantwortung übernommen. Ich mochte meinen Job, freute mich, dass ich auf der Karriereleiter unaufhaltsam nach oben stieg und meine Perspektiven nahezu unbegrenzt zu sein schienen.
Doch für diesen brennenden Ehrgeiz musste ich einen hohen Preis zahlen.
Ich ging so in meiner Karriere auf und konzentrierte mich auf nichts anderes, dass mir für Beziehungen keine Zeit blieb. Natürlich hatte ich ein paar gute Freundinnen – in puncto Affären und Dates hingegen sah es ziemlich trübe aus. Von der großen Liebe ganz zu schweigen. Ich redete mir einfach ein, für all das bleibe später noch genug Zeit.
Irgendwann aber stellte ich mit Schrecken fest, dass der Zug mir davonzufahren drohte. Der größte Teil meiner Freundinnen war inzwischen verheiratet und hatte eine Familie gegründet. Es wurde höchste Zeit, sagte mir meine biologische Uhr. Als ich jedoch ernsthaft Ausschau nach einem passenden Partner zu halten begann, mit dem mich auch eine gewisse Seelenverwandtschaft verbinden sollte, erlebte ich, um es gelinde auszudrücken, eine herbe Enttäuschung nach der anderen.
Bis ich Paul Rose kennenlernte und mich bis über beide Ohren in ihn verliebte.
Bereits innerhalb der ersten Woche wusste ich, dass er der Richtige für mich war. Er war Berufssoldat, gehörte zu den Airborne Rangers, einer hochspezialisierten Luftlandetruppe, die in allen möglichen Krisengebieten weltweit zum Einsatz kam, und war, vielleicht deshalb, unverheiratet. Für mich ein Wunder, ein unerwartetes Geschenk des Schicksals, einem so tollen Mann zu begegnen, nachdem ich im Grunde schon jede Hoffnung aufgegeben hatte.
Wir heirateten wie im Rausch, aber ein paar Monate nachdem er mir einen Diamantring an den Finger gesteckt hatte, wurde er nach Afghanistan versetzt und kam bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben. Der Mann, den ich so sehr geliebt hatte, war mir bereits nach kurzer Zeit wieder genommen worden.
Meine Welt geriet aus den Fugen.
Ich begann Bücher zu lesen, die die verschiedenen Phasen der Trauer beschrieben. Sie vermochten mir indes keinen Trost zu geben, und die darin enthaltenen Ratschläge ignorierte ich größtenteils. Nichts vermochte meinen Schmerz zu durchdringen, ich funktionierte bestenfalls noch. Und selbst das kostete mich den letzten Rest meiner Energie. Allein mich morgens aus dem Bett zu quälen, ging beinahe über meine Kräfte. Quasi über Nacht waren alle meine Hoffnungen und Zukunftsträume, etwa eines Tages mit Paul eine Familie zu haben, wie eine Seifenblase zerplatzt.
Was nun?
Was sollte ich tun?
Vor Kummer wie betäubt, fällte ich eine radikale Entscheidung, obwohl alle mir davon abrieten. Mach keine übereilten Schritte, warte das erste Jahr ab, mahnten meine Eltern, mein Bruder, meine Freundinnen. Ich hörte nicht auf sie, kündigte Knall auf Fall meinen Job, erwarb ein Bed & Breakfast und nannte es Rose Harbor Inn. Rose stand natürlich für meinen Mann. Und Harbor sollte der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die kleine Pension für mich zu einem schützenden Hafen werden möge, in dem meine Seele Heilung finden konnte. Glücklicherweise ist es tatsächlich so gekommen – sogar nicht allein für mich, sondern auch für meine Gäste.
Es war, als läge ein Zauber auf diesem Haus oder was immer es sein mochte.
Nur selten habe ich anderen Menschen anvertraut, was ich in der ersten Nacht nach meinem Einzug hier erlebte. Ich fürchtete nämlich, sie könnten mir raten, ernstlich über eine Therapie nachzudenken. Selbst später fragte ich mich manchmal, ob ich das alles wirklich erlebt habe oder ob meine überreizte Psyche mir damals einen Streich spielte.
Ich hatte gedöst, mich also in einem Übergangszustand zwischen Wachen und Schlafen befunden, als ich in einer solch traumähnlichen Phase mit einem Mal Paul sah. So real, dass ich aus Angst, er könnte wieder verschwinden, nicht zu atmen wagte. Mir war, als müsste ich nur eine Hand ausstrecken, um ihn zu berühren, aber das wagte ich nicht.
Dennoch spürte ich seine Liebe, und dann begann er auch noch zu mir zu sprechen. Nicht dass seine Worte laut im Raum zu hören gewesen wären, das nicht. Nein, sie erklangen irgendwie in meinem Inneren, in meinem Herzen.
Ich weiß, es fällt schwer, das zu glauben, doch genauso habe ich es erlebt. Paul versicherte mir, dass ich in diesem Haus Heilung finden würde und dass dies ebenfalls für alle gelte, die eine Zeit lang hier wohnen würden. Ob nun Realität oder Traum, ich klammerte mich an dieses Versprechen. In meiner abgrundtiefen Verzweiflung wollte ich einfach, dass es sich so verhalten hatte. Dass Paul da gewesen war und mir den Glauben an die heilende Wirkung dieses Hauses einpflanzte.
Ich brauchte so dringend Hoffnung und einen Grund zum Weitermachen.
An eines aber hatte ich niemals gedacht: dass zu meinem Heilungsprozess eine neue Liebe gehören könnte. Das schien mir undenkbar, völlig aus der Welt. Verstandes- wie gefühlsmäßig. Paul gefunden zu haben, war Wunder genug gewesen, dachte ich und rechnete folglich nicht damit, erneut so ein Glück zu haben. Insofern war die Erkenntnis, ein zweites Mal verliebt zu sein, eine fast noch größere Überraschung als beim ersten Mal.
Allerdings hing bei meiner Beziehung zu Mark Taylor der Himmel zunächst ganz und gar nicht voller Geigen.
Anfangs zog ich mich in Cedar Cove weitgehend zurück, suchte keine Kontakte in meiner neuen Heimat. Meine Gäste reichten mir. Und mein Hund Rover, den ich aus dem Tierheim holte. Ansonsten beschäftigte ich mich mit Stricken, erweiterte meine bis dahin eher mangelhaften Kochkünste und entdeckte meine Liebe zur Gartenarbeit. Lauter Dinge, die in meinem früheren Leben nie für mich in Betracht gekommen wären.
Die einzige menschliche Konstante während meiner ersten drei Jahre war Mark Taylor.
Ein ewig mürrischer, verschlossener und manchmal sehr grober Allroundhandwerker und dazu ein überaus geheimnisvoller Mann. Doch im Laufe der Zeit wurde er zu einem Freund, wenngleich wir dauernd stritten und ich mich ständig über seine elende Geheimniskrämerei ärgerte. Vermutlich klingt das alles andere als logisch, aber so ist es nun mal gelaufen.
Mehr und mehr gewöhnten wir uns aneinander.
Mark war eigentlich täglich bei mir anzutreffen, weil er eine Vielzahl von Dingen für mich erledigte, ob das nun ein Schild mit dem Namen der Pension war, ein Gartenpavillon oder Umbauten in den Zimmern. Er konnte und machte einfach alles. Und nach einer Weile freundeten wir uns trotz unserer Reibereien an, die eigentlich sowieso nicht ernst gemeint, sondern eher wie das Salz in der Suppe waren. Jedenfalls langweilten wir uns nie miteinander.
Außerdem war es ein Geben und Nehmen. Ich brauchte ihn immer wieder, und er kam bereitwillig, wenn ich ihm dafür Plätzchen backte. Ganz warm, also frisch aus dem Ofen mussten sie sein. Dafür tat er fast alles.
Mark war es auch, der mich nach Pauls Tod zum ersten Mal wieder zum Lachen brachte. Er war gerade mit Malerarbeiten beschäftigt und trat, als er von der Leiter stieg, versehentlich in einen großen Farbeimer. Ich fand das urkomisch und lachte, bis mir die Tränen über die Wangen rannen. Marks Belustigung hielt sich dagegen in Grenzen.
Die Jahre gingen ins Land, und Marks Anwesenheit wurde zur Selbstverständlichkeit. Regelmäßig war er ein paar Stunden täglich in der Nähe, werkelte in Haus oder Garten herum, während ich für sein leibliches Wohl sorgte. Selbst wenn er anderswo arbeitete, kam er unweigerlich auf einen Kaffee und ein paar Plätzchen bei mir vorbei.
Wir saßen dann auf der Veranda und tauschten uns über die Ereignisse des Tages aus. Manchmal schwiegen wir auch einfach. Im Grunde brauchten wir keine Worte, um uns zu verständigen. Irgendwelche Anzeichen für eine beginnende Romanze gab es dennoch lange nicht; ich sah ihn als Freund, nicht mehr.
Für die Möglichkeit, dass seine Gefühle anders gelagert sein könnten, war ich vollkommen blind.
Als er mir dann gestand, dass er sich in mich verliebt habe, traf es mich völlig unvorbereitet. Es war ein regelrechter Schock, mit dem ich nicht umzugehen wusste. Erst recht nicht, als mir klar wurde, dass Mark mittlerweile für mich ebenfalls mehr als ein Freund war. Ich hatte es bis dahin einfach verdrängt und die schleichende Veränderung meiner Gefühle für ihn ignoriert.
Das hier war so ganz anders als mit Paul: kein Aha-Erlebnis, kein Blitz, der einen aus heiterem Himmel traf.
Kaum hatte ich schließlich akzeptiert, dass mein Herz für Marks Liebe offen und empfänglich war, versetzte er mir völlig unerwartet einen Tiefschlag. Um ein anderes Bild zu bemühen: Auf seine Liebeserklärung folgte eine kalte Dusche. Er werde Cedar Cove verlassen und aller Voraussicht nach nicht zurückkehren, teilte er mir mit. Und das, obwohl er mich angeblich liebte.
Ich verstand die Welt nicht mehr.
Was sollte das Ganze, fragte ich mich, denn es ergab keinen Sinn. Nicht den geringsten. Und überhaupt: Wer machte so etwas? Und warum, um Himmels willen?
Und dann war er weg. Wirklich weg. Haus verkauft, Habseligkeiten verschenkt. Alles war schlicht und ergreifend weg....