MacLeod | Mörderische Bescherung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 288 Seiten

Reihe: Wohlige Weihnachtskrimis

MacLeod Mörderische Bescherung

13 Weihnachtskrimis versammelt von Charlotte MacLeod
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8321-8488-9
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

13 Weihnachtskrimis versammelt von Charlotte MacLeod

E-Book, Deutsch, Band 6, 288 Seiten

Reihe: Wohlige Weihnachtskrimis

ISBN: 978-3-8321-8488-9
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Charlotte MacLeod beschert uns mit ihrer Weihnachtsanthologie einen ganzen Sack voll knisternd spannender Kurzkrimis. Sie versammelt dreizehn Meister ihres Fachs, unter ihnen Elizabeth Peters, Dorothy J. Cannell, Reginald Hill, Eric Wright, Margaret Maron, Patricia Moyes und die Herausgeberin selbst, die uns mit viel Humor und Charme die Abgründe der Stillen Nacht vor Augen führen. Während draußen der Schnee fällt und die Vorfreude auf Weihnachten steigt, begeben sich altbekannte und auch ganz neue Figuren auf Spurensuche - denn das Verbrechen schläft bekanntlich nie. Lehnen Sie sich mit einer Tasse Tee zurück und lassen Sie sich entführen: Auch an den unscheinbarsten Orten bergen die langen Nächte der Adventszeit schaurige Geheimnisse ...

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Reginald Hill


Kesseltreiben


Beinahe wären wir nicht in den Genuss dieser Geschichte gekommen. Doch zum Glück hat Reginald Hill erst kurz nach der Beendigung von »Kesseltreiben« erfahren, dass er für seinen Roman »Bones and Silence« den Goldenen Dolch der British Crime Writers Association gewonnen hat. Wäre die Nachricht früher bei ihm eingetroffen, wäre er viel zu aufgeregt gewesen, um weiterschreiben zu können, sagt er. Bis jetzt hat dieser Gentleman aus Yorkshire erst eine weitere Kurzgeschichte produziert, in deren Mittelpunkt der farbige, westindische Detektiv Joe Sixsmith steht, der seine Fälle beide Male mehr mit Glück als mit Verstand löste. Diese Geschichte war dann auch für das Oxford Book of English Detective Stories ausgewählt worden … was nicht weiter überrascht, wenn man weiß, welche internationale Reputation Reg Hill für seine präzise Sprache, seinen trockenen Humor und die überraschenden Wendungen in seinen Geschichten genießt.

Nettleton war ein großer, in Tweed gekleideter Mann in mittleren Jahren. Er hatte ein Gesicht wie einer jener hochnäsigen Hunde, von denen die Reichen die Parks der Armen vollscheißen lassen.

Joe Sixsmith freute sich, ihn zu sehen, auch wenn ihm sein Aussehen nicht gefiel. Es war immer noch besser, sich über den Anblick von Leuten zu freuen, die einem nicht gefielen, als sich schuldig zu fühlen, den Menschen Geld abzuknöpfen, deren Anblick einem gefiel. Wie sich ein guter Privatdetektiv überhaupt fühlen sollte, das wusste Joe nicht, was hauptsächlich daran lag, dass er sich für keinen guten Privatdetektiv hielt. Nicht, dass er nichts herausgefunden hätte, nur, die Dinge, die er herausfand, waren oft nicht die Dinge, für deren Aufdeckung er bezahlt wurde. Es gab im Englischen sogar ein Wort dafür: Serendipity, was man nur sehr unzulänglich mit »mehr Glück als Verstand haben« erklären kann.

Als er den Ausdruck zum ersten Mal hörte, dachte er, er bedeute so viel wie »Mundgeruch«. Er wäre fast ernsthaft beleidigt gewesen, wenn die alte Dame, die das von ihm behauptete, nicht gleichzeitig einen Scheck für ihn ausgeschrieben hätte.

»Was soll das denn sein?«, hatte er gefragt. »Das Talent, nützliche Entdeckungen dem Zufall zu verdanken«, erklärte Miss Negus und reichte ihm den Scheck, die erste Rate jenes Geldes, das anzunehmen er sich immer schuldig fühlen sollte. »Das ist auch der Grund, warum ich zu Ihnen gekommen bin. Ich habe mich mit all meinem logischen Denkvermögen auf mein Problem konzentriert, aber hinterher stand ich wieder mit leeren Händen da. Deswegen bin ich jetzt auch bereit, für einen etwas ungewöhnlicheren Ansatz eine Stange Geld zu zahlen.«

Nachdem sie ein Leben lang unterrichtet hatte, widmete Miss Negus ihren Lebensabend wohltätigen Werken. Ihr Name tauchte auf den Ausschusslisten der meisten größeren Wohltätigkeitsverbände in der Umgebung auf, doch im Mittelpunkt ihrer Bemühungen stand eine Gruppe, die sie selbst gegründet hatte: die VVH, die Vereinigung zur Verteidigung von Haustieren. Die VVH existierte seit fünf Jahren, und das gegenwärtige »Problem« bestand in dem Einnahmerückgang der letzten beiden Jahre.

Miss Negus hatte das »Gefühl«, dass da etwas nicht stimmte. Da der Großteil der Einnahmen der VVH aus Sammelbüchsen stammte, hatte Sixsmith den Verdacht, dass es vergebliche Liebesmühe wäre, etwas dagegen zu tun, selbst wenn es etwas zu tun gegeben hätte. Doch Miss Negus ließ sich nicht so leicht abwimmeln. Also trieb er sich viele Stunden in der Kälte herum. In dieser Zeit zog er sich sowohl eine Grippe als auch jede Menge Schuldgefühle zu. Er lungerte in zugigen Einkaufszentren herum in der Hoffnung, eine der ältlichen Sammeldamen der VVH dabei zu überraschen, wie sie ihrer Büchse mit einem Küchenmesser zu Leibe rückte. Als er jetzt die Nachricht auf seinem Anrufbeantworter vorfand, dass ein Mr. Nettleton um fünf Uhr wieder anrufen würde, verbesserten sich angesichts der Aussicht auf einen neuen Klienten schlagartig sowohl seine Gesundheit als auch seine Stimmung.

Zusammen mit der Nachricht war auf dem Band auch eine Telefonnummer hinterlassen worden für den Fall, dass er die Verabredung nicht einhalten könnte. Joe schaute daraufhin im Telefonbuch nach und fand die dazugehörige, äußerst vornehme Adresse heraus. Anschließend ging er in die Bibliothek, um sich über den betreffenden Mann zu informieren, wobei er sich gar nicht mehr wie ein schon fast kahlköpfiger Dreher mittleren Alters aus Westindien, der sein überflüssiges Geld ziemlich unklug unter die Leute brachte, vorkam, sondern wie ein richtiger Privatdetektiv.

Hochzufrieden kehrte er zurück. Nettleton war – unter anderem – auch Steuerberater. Joe konnte Geld riechen, richtiges Geld. Und jetzt saß der Mann vor ihm und setzte zum Reden an. »Sagen Sie mir, Mr. Sixsmith«, sagte er gedehnt, »wenn Sie den Ausdruck ›eine englische Weihnacht auf dem Land‹ hören, welche Assoziationen haben Sie dann?«

»Das ist wirklich eine interessante Frage«, erwiderte Sixsmith und verstummte wieder. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass Leute, die interessante Fragen stellten, sie meistens gleich selbst beantworteten.

»Ich hoffe, Sie empfinden sie nicht als unfair, da unterschiedliche Kulturen selbstverständlich auch unterschiedliche Traditionen haben …«

Er denkt, ich sei gerade erst vom Bananendampfer gestiegen! Zeit für ein kleines Rollenspiel.

Sixsmith fixierte Nettleton mit seinem stahlharten Detektivblick und ließ seine Faust auf den Schreibtisch niedersausen. Die dramatische Wirkung wurde jedoch zunichte gemacht durch ein Protestgeheul aus der untersten Schublade, in der seine Katze Whitey schlief, aber Joe überhörte es einfach, beugte sich vor und sagte: »Okay, Schluss mit dem Gesülze, jetzt wird Klartext geredet. Ich nehme an, Sie wissen, wer ich bin, sonst wären Sie wohl nicht hier. Ich darf Ihnen das Kompliment zurückgeben. Sie sind Antony Nettleton, dreiundvierzig Jahre, verheiratet, vier Kinder, zwei an der Universität, zwei im Internat. Sie sind Seniorberater bei Nettleton and Jones, niedergelassener Steuerberater, parteiloses Mitglied des South East Herts County Council, Vorsitzender im Rotary-Club, Captain Ihres Golfclubs, Koordinator des United Appeal Fund und Großes Einhorn des verehrungswürdigen Ordens der Rothirsche. Richtig?«

Er lehnte sich mit einiger Befriedigung zurück. Nettleton hatte es vor Überraschung die Sprache verschlagen. Dann sagte er: »Nein, bin ich nicht.«

»Wie bitte?«

»Sie verwechseln mich mit meinem berühmteren und wesentlich aktiveren jüngeren Bruder Antony, bei dem ich im Augenblick wohne. Ich bin Ambrose Nettleton.«

»Oh, Scheiße«, entfuhr es Sixsmith.

»Machen Sie sich nichts draus«, meinte Nettleton lächelnd. »Das ist ein ganz natürliches Versehen. Wir sprachen jedoch gerade über eine Weihnacht auf dem Land …«

Eine solch großzügige Haltung verdiente eine Belohnung. Da konnte er wenigstens so tun, als würde er mitspielen.

Also sagte er: »Dickens, Postkutschen und so weiter?«

»Ganz genau«, erwiderte Nettleton und schluckte den Köder, wie Sixsmith es von ihm erwartet hatte. »Feuer im Kamin, Schlittschuhlaufen auf dem zugefrorenen Dorfteich, Glühwein, Blindekuh und Such-den-Pantoffel und all die anderen alten Spiele. Aber ich darf Ihnen sagen, Mr. Sixsmith, dass Dickens sich getäuscht hat. Ich lebe und arbeite in Frankreich, aber vor einigen Monaten habe ich ein kleines Anwesen in Cumbria erworben. Meine Frau und ich, wir haben uns bereits die ganze Zeit darauf gefreut, Weihnachten dort zu verbringen. Aber je näher der Termin rückt, desto mehr wird uns klar, dass es dort keine heile Welt mehr gibt. Oh, sicherlich, es gibt noch die traditionellen Spiele, aber nicht Blindekuh und Such-den-Pantoffel. Heutzutage werden Spiele gespielt, die weitaus weniger harmlos sind: Fasanen wildern, Tannen abholzen und Wild aufscheuchen.«

»Fasanen wildern, äh?«, meinte Sixsmith. »Mann, das klingt ja wirklich schlimm. Aber Tannen abholzen? Das verstehe ich nicht ganz.«

»Tannen – wir haben eine ganze Schonung davon«, erklärte Nettleton. »Das heißt, wir hatten sie. Irgendjemand hat gestern Nacht fast alle jungen Bäume abgeholzt. Die liegen jetzt bestimmt schon auf irgendeinem Verkaufsstand. Als Weihnachtsbäume, wissen Sie. Sie haben doch zu Hause sicher auch einen Christbaum, oder?«

»In Luton? Ja natürlich, man kommt sich in der Luton High Street um diese Jahreszeit fast wie in einem Dschungel vor.« Vorsicht! Keine ironischen Bemerkungen bei einem unsicheren Kandidaten, ehe du nicht seinen Scheck eingelöst hast. »Und Sie haben auch noch etwas von Wild erwähnt? Das Wild aufleuchten, oder wie war das?«

»Aufscheuchen. So wie in dem Weihnachtslied … ›Wenn die Sonne aufgeht und das Wild aufgescheucht wird …‹ – eine Metapher für die Jagd: ein vor Kälte klirrender Wintermorgen, Jäger im roten Rock, eine Meute Jagdhunde – die traditionelle Weihnachtskartenidylle eben. Nur dass das, was bei uns vor sich geht, nichts damit zu tun hat. Es ist eine hässliche Angelegenheit, die verstohlen und mitten in der Nacht durchgeführt wird. Die Einheimischen bei uns nennen so etwas ›Lichtjagen‹. Dazu ziehen sie hinaus in den Wald oder hinauf in die Berge, wo das Wild seine Schlafplätze hat, und schrecken es mit starken Taschenlampen aus dem Schlaf. Das Wild ist völlig überrumpelt und wie gelähmt von dem Lichtstrahl. Dann schicken diese Bastarde ihre Wildererhunde in das Rudel, um die Hirsche zu reißen. Oder sie setzen dem Ganzen mit einer Axt oder einer Hacke selbst ein Ende. Einfach abstoßend ist...


MacLeod, Charlotte
Charlotte MacLeod wurde 1922 in Kanada geboren und wuchs in den USA auf. 1979 erschien der erste Titel der ›Kelling‹-Serie, die ihren Ruf als zeitgenössische Grande Dame des Kriminalromans Begründeten. Für ihr Werk erhielt MacLeod fünf American Mystery Awards sowie den Nero Wolfe Award. Sie starb 2005 im Alter von 82 Jahren.



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