E-Book, Deutsch, 312 Seiten
Reihe: Piper Gefühlvoll
MacKenzie Lucy und Ryan
16001. Auflage 2016
ISBN: 978-3-492-98266-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Pretty Lies 1
E-Book, Deutsch, 312 Seiten
Reihe: Piper Gefühlvoll
ISBN: 978-3-492-98266-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Elena MacKenzie schreibt romantische, lustige, erotische und traurige Liebesromane. Für ihre Bücher sucht sie sich interessante Orte wie die kleine Insel Fair, Edinburgh, Glasgow oder Tolosa aus. Ganz nach dem Motto: Sich in Büchern zu verlieren, heißt grenzenlos zu träumen. Die Autorin lebt mit ihrem Mann, drei Kindern, zwei Hunden und zwei Katzen im Vogtland.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Lucy
»Ich bin fertig. Triffst du mich im Café? Ich muss gleich meine Schicht antreten«, murmelte ich in mein Handy und wühlte gleichzeitig in meiner Handtasche nach dem Schlüssel für meinen kleinen Peugeot. Das Auto hatte einmal meiner Mutter gehört. Jetzt, da sie es nicht mehr benutzen konnte, fuhr ich es. Es war auch viel leichter, in Edinburgh von A nach B zu kommen, wenn man einen fahrbaren Untersatz besaß – vorausgesetzt, man fand einen Parkplatz. Und gerade kam ich aus dem Büro eines Anwalts und war auf dem Weg in das kleine Campuscafé auf dem Gelände der Edinburgh University, in dem ich jeden Tag nach der Uni, einem Besuch bei meiner Mutter und den Hausaufgaben ein paar Stunden bediente, um mir das Studium, Mutters Pflegeheimplatz und ein Zimmer auf dem Campus leisten zu können. Zumindest das Zimmer könnte ich mir demnächst sparen, wenn ich Anne von meiner Idee überzeugen konnte.
»Bin sofort da. Ich platze schon vor Neugier. Man erbt ja nicht jeden Tag was von einer unbekannten Großtante.« »Unbekannte Großtante« traf es auf den Punkt. Wie sich herausgestellt hatte, hatte ich hier in Edinburgh eine Verwandte, die die Tante meines verstorbenen Vaters gewesen war. Niemand wusste etwas von ihr, weil mein Vater sie nie erwähnt hatte. Zumindest erinnerte ich mich nicht daran, dass er je von ihr gesprochen hatte. Leider konnte ich meine Mutter auch nicht nach dieser Elisabeth Donald fragen. Und da ich nichts von ihrer Existenz gewusst hatte, hatte mich das Schreiben, in dem ich über eine Erbschaft in Kenntnis gesetzt wurde, auch völlig überrascht.
»Also dann, in zwanzig Minuten?«
»Werde da sein. Mach uns schon mal einen Latte. Oder sollten wir besser eine Flasche Schampus köpfen?« Anne machte schon seit Tagen ihre Witze. Anfangs meinte sie, ich wäre vielleicht jetzt Millionärin oder Besitzerin einer großen Firma oder hätte gar einen Adelstitel geerbt. Ich rollte mit den Augen, musste aber über Anne lächeln, da ich wusste, dass sie die Neugier schier zerriss. Aber die paar Minuten konnte sie auch noch warten, schließlich betraf dieses Erbe auch sie, wenn sie sich denn mit meinen Plänen anfreunden konnte.
Ich stellte mein Auto auf dem Parkplatz vor dem Swann Building ab und ging in das Café, wo Ben, mein Chef, mich bereits mit zusammengekniffenen Lippen erwartete.
»Ich hatte schon Angst, du kommst heute nicht mehr.« Ben war knapp vierzig, sah für sein Alter aber umwerfend gut aus: groß, schlank und dunkelhaarig mit wenigen grauen Strähnen. Er trug eine silberne Brille, was ihm zusätzlich noch einen gewissen intelligenten Touch verlieh. Nicht, dass er nicht intelligent wäre, aber die Brille unterstrich das noch äußerlich.
»Tut mir leid, der Termin beim Anwalt hat doch etwas länger gedauert, als ich angenommen hatte. Du weißt ja, wie das so ist mit dem ganzen Papierkram.«
Ben nickte brummend und ging hinter den Tresen, wo er mir gleich die Kasse übergab. In den frühen Abendstunden war hier besonders viel los. Dann nämlich kamen zahlreiche Studenten her, um zu lesen, sich auf Seminare vorzubereiten oder sich zu unterhalten.
Nachdem Ben mich eingewiesen hatte, ging ich schnell in die Garderobe und band mir die schwarze Kellnerschürze um, die die einzige Kleidungsvorschrift im Swann Café war. Als ich zurück ins Café kam, war auch Anne schon eingetroffen. Sie wartete auf dem Barhocker, auf dem sie immer saß, wenn ich bediente, damit sie die Minuten nutzen konnte, in denen ich hinter dem Tresen Espresso oder Latte macchiato zubereitete, um mit mir zu plaudern. An den vier Tagen pro Woche, an denen ich hier bis zweiundzwanzig Uhr arbeitete, hatten wir nämlich kaum Zeit, um zu reden.
Heute würde das anders sein, denn es regnete in Strömen und dann kamen nur wenige Gäste. Deswegen hatte Ben es auch so eilig, mir die Kasse zu übergeben, weil er solche Tage dafür nutzte, im Büro den ganzen Schreibkram zu erledigen.
Ich machte Anne und mir einen Latte macchiato mit sehr viel Milchschaum, nachdem ich zwei Mädchen mit Tee versorgt hatte, die gerade lachend hereingekommen waren und sich das Wasser aus den Haaren geschüttelt hatten. Dieser Spätsommer hatte es in Edinburgh wirklich in sich.
»Also, Schluss mit der Folter! Ich will es sofort wissen, sonst platze ich noch. Und das wird nicht schön für dich, weil du dann diesen riesigen Fettfleck von allen Wänden hier putzen musst.«
Ich stöhnte theatralisch. »Du weißt genau, dass du nicht dick bist.« Mindestens einmal am Tag musste ich Anne erklären, dass sie kein Übergewicht hatte. Vielleicht war sie nicht Size Zero, aber wer wollte schon so klapprig aussehen wie Frau Beckham? Ich nicht. Ich war stolz auf meine kleinen Rundungen. Fünfundfünfzig Kilo auf einen Meter achtundsechzig waren doch ganz in Ordnung. Und wenn Anne sich für dick hielt, dann würde das bedeuten, dass ich es auch war, schließlich wog sie nur drei Kilo mehr als ich und die kamen, da war ich mir sicher, von ihren riesigen Brüsten, während meine BH-Größe absolut nicht erwähnenswert war.
Anne seufzte und brabbelte etwas in ihren Milchschaum. »Jetzt erzähl schon!«
»Erst gestehst du, dass du nicht dick bist.«
Schmollend rührte Anne mit dem Löffel ihren Kaffee um und strich dann ihren blonden kinnlangen Bob hinter die Ohren. Eine Frisur, auf die ich ganz neidisch war, denn sie sah wirklich absolut heiß mit ihren halblangen Haaren aus. Eine Mischung aus frech und begehrenswert. Mir standen kürzere Haare gar nicht. Irgendwie fand ich mein Kinn dafür zu spitz und meine Wangenknochen zu breit, weswegen ich meine hellbraune Mähne immer ein bisschen in mein Gesicht hängen ließ.
»Ich gestehe«, sagte sie genervt. »Also?«
Ich löffelte etwas Schaum in mich hinein. Ich muss zugeben, ich war nervös. Wenn Anne nicht so überzeugt von meiner Idee war wie ich, dann wusste ich nicht, was ich tun sollte. Denn dieses Erbe war meine Chance, im Café kürzertreten und mich vielleicht etwas mehr um meine Mutter kümmern zu können. Und das Studium, das brauchte auch etwas mehr Aufmerksamkeit, denn sonst sah es wirklich schlecht mit einem Abschluss in Literaturwissenschaften aus. Die Kosten für Wohn- und Pflegeheim waren auf die Dauer zudem kaum noch zu stemmen für mich. »Ich habe eine Dreizimmerwohnung geerbt. Ganz in der Nähe, 13 West Newington Place.«
Anne runzelte die Stirn. »Eine Wohnung? Willst du die vermieten?« Sie dachte kurz darüber nach. »Ja, das wäre doch eigentlich eine gute Idee. Du vermietest sie und musst nicht mehr im Café schuften.«
»Eigentlich hatte ich gedacht, da es ja drei Schlafzimmer gibt, könnten du und ich dort einziehen. Dann würde ich mir das Wohnheim ersparen.« Ich zögerte. »Und vielleicht könntest du mir etwas Miete zahlen.« O Mann, war mir das unangenehm! Ich wollte Anne ja nicht ausnutzen.
»Du meinst, du und ich in einer WG? Keine Partys mehr im Wohnheim, kein Grölen, keine laute Musik, kein Müll überall. Und keine überfüllten Duschen! Ja, das wäre auch eine Möglichkeit. Wann schauen wir uns das schöne Erbe an? Ich meine, wir möchten ja nicht in eine Bruchbude ziehen.« Eigentlich hätte Anne auch bei ihren Eltern in der großen Stadtvilla wohnen können, aber sie wollte unbedingt weit weg von ihrer bevormundenden Mutter sein. Und nachdem ich ihre Mutter kannte, verstand ich, dass sie eine Dusche in einem Wohnheim einem Luxusbad im Haus ihrer Eltern vorzog.
Anne hatte das verdammte Glück, dass ihre Eltern recht gut verdienten. Beide hatten wichtige Positionen in einer Marketingfirma. Sie hatte mir auch schon mehrfach angeboten, meine Kosten für das Zimmer, das wir im Wohnheim teilten, zu übernehmen, aber das wollte ich nicht. Es wäre mir unangenehm, auf Kosten anderer zu leben. Wenn sie aber bei mir zur Untermiete wohnen würde, dann könnte ich gut damit leben, ihr Geld zu nehmen, denn dann würde ich ihr ja eine Gegenleistung dafür bieten.
»Morgen Nachmittag. Ich werde Mum morgen mal nicht besuchen, damit wir uns alles in Ruhe anschauen und überlegen können, was wir machen wollen.«
»Hey, Lucy! Machst du mir ein Glas Cola? Ohne Eis bitte.« Stephan stand plötzlich vor mir und sah mich aus blitzenden Augen an. »Wo warst du nur gestern, meine Schöne? Den ganzen Abend habe ich auf dich gewartet. Einen Strauß mit fünfzig roten Rosen für jedes Mal, wenn du mir dein wundervolles Lächeln geschenkt hast, hatte ich auch besorgt. Aber du warst einfach nicht da.« Stephan war ein großer, schlaksiger blonder Typ, der mit mir zusammen die Geschichtsvorlesungen besuchte und immer einen solchen Spruch für mich parat hatte.
»Tut mir leid. Gestern war ich leider nicht im Dienst. Aber wie ich Ben kenne,...