MacAlister Light Dragons - Heiß geküsst
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8025-9349-9
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 03, 356 Seiten
Reihe: Light-Dragons-Reihe
ISBN: 978-3-8025-9349-9
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ysolde de Bouchier muss die Fehler ihrer Vergangenheit ausbügeln, und ihr bleibt nur noch wenig Zeit dafür. Zum Glück hat sie schon einen Plan, der jedoch nicht ganz einfach umzusetzen ist. Da wird auch noch ein Mitglied ihrer Familie entführt, und jemand versucht, Ysolde zu erpressen.
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1
»Die Lady ist hier und will dich sehen.« Baltic zuckte erschreckt zusammen und drehte sich nach der Stimme um. Er hatte offensichtlich geglaubt, allein im oberen Flur zu sein. »Was soll der Unfug?« Die Holzvertäfelung im Flur der dreihundert Jahre alten Gastwirtschaft löste sich auf und verwandelte sich in eine Szenerie mit seltsamen hölzernen Gestalten. Baltic nahm sie finster in Augenschein, dann blickte er den Mann an, der ihm entgegenkam. »Ysolde! Warum hast du mich in eine deiner Visionen von der Vergangenheit hineingezogen? Und warum muss dieser mordlustige Bastard auch noch darin vorkommen?« »Daran ist nur der Drache in mir schuld.« Seufzend umklammerte ich ein paar Hemden, die ich gerade in den Schrank hatte hängen wollen, der sich jedoch, genau wie der Flur vor unserem Schlafzimmer, in die Szene vor uns aufgelöst hatte. »Aber da ich ja auch Episoden aus deiner Vergangenheit mit ansehen muss, ist es nur richtig, dass du auch dabei bist. Wer ist das? Oh, Constantine. Und guck mal, da ist auch Baltic in der Version 1.0, sexy und mit nacktem Oberkörper, und hackt mit seinem Schwert um sich.« »Ich habe Besseres zu tun, als unwichtige Ereignisse noch einmal zu erleben«, grollte mein Baltic, der Baltic der Gegenwart, und ließ seinen finsteren Blick von Constantine, dem ehemaligen Wyvern der silbernen Drachen, der früher einmal sein Freund war, später jedoch sein größter Feind wurde, zu mir gleiten. »Mach dieser Vision ein Ende.« »Das würde ich ja gerne, aber es hört immer erst auf, wenn es fertig ist … Hey, wohin gehst du?« Baltic wandte sich fluchend ab und marschierte davon. »Ich bin in den letzten zwölf Tagen Thala durch ganz Europa und halb Asien hinterhergejagt. Ich habe zu tun, Gefährtin. Du kannst dich ja meinetwegen mit diesen Nichtigkeiten aufhalten, ich jedenfalls nicht.« »Nichtigkeiten? Na, das ist ja großartig! Das sind keine Nichtigkeiten. Und du kannst nicht einfach so meine Vision verlassen!«, schrie ich ihm nach und beobachtete empört, wie er um eine kleine Hütte herum verschwand. »Das sind wertvolle Informationsquellen! Kaawa sagt, wir sollen daraus lernen und erkennen, was wichtig für uns ist. Baltic? Verdammt noch mal! Er ist einfach abgehauen, der blöde Kerl!« Frustriert drehte ich mich um. Die Vision von Constantine trat zu dem anderen Mann, der zwischen Stechpuppen und mannsgroßen Zielscheiben stand. »Nun, ich jedenfalls werde versuchen zu lernen, was der Drache in mir mir sagen will. Lass mal sehen. Was haben wir denn hier? Offensichtlich sind wir auf einer Art Übungsplatz, und da Baltic beim Anblick Constantines keinen Schaum vor dem Mund hat, scheinen sie ja immer noch Freunde zu sein. Hallo, Liebling, ich nehme nicht an, dass du mich hören, geschweige denn sehen kannst?« Baltics Vision reagierte nicht, aber das hatte ich auch gar nicht erwartet. Die Personen in den Visionen, die der Drache in mir, der lange geschlafen hatte und erst kürzlich wieder erwacht war, produzierte, waren genau das – Visionen von Ereignissen in der Vergangenheit. Ich konnte zuhören und zuschauen, aber nicht eingreifen. Constantine trug Wollleggings und eine Tunika mit einem goldbestickten Drachen. Sein Gesicht war mitleidig verzogen, als er auf Baltic zutrat. »Hast du mich gehört?«, fragte er und blieb neben dem Mann stehen, der immer noch mit einem riesigen Schwert auf das Ziel aus Stroh und Holz einhackte. »Ja, ich habe dich gehört. Aber es ist für mich nicht von Belang.« Bewundernd betrachtete ich das Spiel seiner Muskeln, während Baltic auf die Zielscheibe eindrosch. Sein nackter Rücken glänzte vor Schweiß. »Mir werden immer die Knie weich, wenn ich sehe, wie du ein Schwert schwingst«, sagte ich zu der Vision. Ich ging um ihn herum, um ihn auch von vorne zu betrachten. Sein Gesicht sah anders aus, wenngleich vertraut. Damals waren seine Haare noch rabenschwarz gewesen und sein Kinn fester. »Mir gefällt es, dass deine Haare jetzt schokoladenbraun sind. Und auch dein Kinn gefällt mir, so wie es jetzt ist, obwohl du natürlich unglaublich sexy aussahst, bevor Thala dich wiedererweckt hat. Und dein Brustkorb … oh, Mann.« Ich fächelte mir mit einem der Hemden, die ich in der Hand hielt, Luft zu. »Alexei sagt, du hast keine Wahl. Er sagt, dein Vater hat es befohlen.« Constantine zog eine Augenbraue hoch und wich rasch einen Schritt zurück, als Baltic weit ausholte. »Du siehst genauso aus wie immer«, ließ ich Constantine wissen. »Als Schatten zurückgebracht zu werden, hat anscheinend deine Erscheinung nicht beeinträchtigt. Bei Wiedererweckung ist das wohl anders. Interessant. Ich muss Kaawa danach fragen, wenn ich sie das nächste Mal sehe. Du hast wirklich gut ausgesehen damals, Constantine. Wenngleich du Baltic natürlich nie das Wasser reichen konntest.« »Mein Vater hat nicht über mein Leben zu bestimmen«, fuhr Baltic ihn an. Sein Atem ging stoßweise, als er mit dem Schwert auf die menschenähnliche Zielscheibe einschlug. »Und Alexei auch nicht.« Ich lehnte mich an eine der Zielscheiben, um alles genau beobachten und studieren zu können. »Er ist unser Wyvern. Du schuldest ihm Vasallentreue«, sagte Constantine steif. »Du musst tun, was er sagt. Du musst dich mit der Lady treffen.« »Halt mir keine Vorträge, Constantine«, knurrte Baltic. Schweißtropfen glitzerten auf seiner Stirn und dem dunklen Haar auf seiner Brust. Constantine trat einen Schritt zurück, als Baltic das Schwert auf ihn richtete. »Du bist Alexeis Erbe, nicht der Wyvern, und ich lasse mich nicht herumkommandieren.« »Frieden!«, sagte Constantine und hob die Hände. »Ich bin nicht hier, um mit dir zu streiten, alter Freund. Ich wollte dich nur warnen, dass die Lady gekommen ist und Alexei von dir erwartet, dass du deine Pflicht tust und sie zu deiner Gefährtin erklärst.« Ich hatte mich schon gefragt, wann genau dieser Moment stattgefunden hatte – den Kommentaren nach zu urteilen, war es nicht nur vor meiner Geburt gewesen, sondern sogar noch vor der Zeit, als Baltic der Wyvern der schwarzen Drachen gewesen war –, aber als die beiden Männer sich jetzt stritten, durchzuckte mich ein Gedanke. »Hier geht es um die Forderung des Ersten Drachen, ich solle deine Ehre wiederherstellen, oder?«, sagte ich zu Baltic. »Es hat etwas mit den Flecken auf deiner Seele zu tun, die ich reinwaschen soll, nicht wahr? Aber das hatte doch was mit dem Tod eines Unschuldigen zu tun und … eine Gefährtin?« Es hatte ein wenig gedauert, bis Constantines Worte mich erreicht hatten, aber dann richteten sich die Härchen in meinem Nacken auf. Ich trat auf die beiden Männer zu und blickte das frühere Bild der Liebe meines Lebens finster an, ohne mich darum zu kümmern, dass es nur eine Vision war. »Du solltest eine andere Gefährtin nehmen? Wen?« »Ich habe Alexei meine Entscheidung mitgeteilt«, erklärte Baltic. Er ergriff seine Tunika und wischte sich das Gesicht damit ab. Dann steckte er sein Schwert in die Scheide. »Ich habe meine Meinung nicht geändert.« Er drehte sich um und stapfte den Hügel zur Vorburg einer alten Steinburg hinauf, blieb jedoch stehen, als Constantine ihm nachrief: »Und was ist mit dem Ersten Drachen? Bietest du ihm ebenso die Stirn wie Alexei? Du bist sein einziger noch lebender Sohn, Baltic.« »Ich weiß, wer ich bin«, knurrte Baltic und ging weiter. »Die Lady will dich. Und es heißt, der Erste Drache will auch, dass du sie zur Gefährtin nimmst. Alexei hat es befohlen, um einen Krieg zu verhindern. Glaubst du wirklich, du hast eine Wahl?« Das Wort, das Baltic von sich gab, war archaisch, aber ziemlich ungezogen. Ironischerweise hatte sein gegenwärtiges Ich es vor Kurzem auch gerade von sich gegeben. Ich blickte der großen, gut aussehenden Gestalt nach, als sie in der Menge der Drachen verschwand, die ihren täglichen Geschäften nachgingen. Plötzlich lächelte Constantine. Ich kniff die Augen zusammen. »Warum habe ich das Gefühl, dass du etwas weißt?«, fragte ich ihn. Natürlich bekam ich keine Antwort. Schmunzelnd ging er ebenfalls auf das Schloss zu und ließ mich auf dem Übungsplatz zurück. »Wer war sie?«, brüllte ich ihm nach. »Wer zum Teufel war sie?« Natürlich antwortete mir niemand. Verdammtes Pack. »Nun, ich bleibe jetzt nicht brav hier stehen, ohne über wichtige Episoden aus der Vergangenheit aufgeklärt zu werden. Ich habe es satt! Ich werde herausfinden, was hier vor sich geht, und wenn es mich umbringt. Wieder einmal. Aber das passiert sowieso nicht. Ach, zum Teufel, jetzt rede ich auch noch mit mir selbst, während ich in einer Vision bin. Wirklich erbärmlich!« Ich blickte mich um und versuchte herauszufinden, wo ich mich genau befand. An den Blättern auf den Bäumen erkannte ich, dass es in der kleinen Stadt am Hügel unter mir Herbst war. Hinter mir war ein großer Erdhügel, oben abgeflacht, mit einem kreisförmigen Stein und einem Holzturm, umgeben von einer hohen Holzpalisade. »Eine Turmhügelburg«, murmelte ich und durchforstete meine lückenhafte Erinnerung nach der Zeitperiode für diese Bauten. Aber mir fiel lediglich ein, dass ungefähr über hundert Jahre vor meiner Geburt so gebaut worden war. Ich holte tief Luft und marschierte ebenfalls zur Burg hoch, wobei ich automatisch allen Personen und Gefährten auswich, die gar nicht wirklich vorhanden waren. Dabei schimpfte ich erbittert über die Drachen und ihre Sturheit, vor allem, was einen gewissen Drachen mit ebenholzschwarzen Augen...