Maase Was macht Populärkultur politisch?

E-Book, Deutsch, 120 Seiten, eBook

Reihe: Otto von Freising-Vorlesungen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt

ISBN: 978-3-531-92600-1
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



In seiner 'Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration' macht Bertolt Brecht am Ende darauf aufmerksam, dass wir diese Schrift nicht allein der Weisheit des Laotse verdanken, sondern auch der neugierigen F- derung des Zöllners, der den Meister zum Aufschreiben nötigte. Die Schlusszeilen lauten: 'Darum sei der Zöllner auch bedankt: / Er hat sie [die Weisheit] ihm abverlangt.' Nun will der Autor dieses Bandes weder sich mit dem großen - otse noch die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt mit dem chinesischen Zolleinnehmer vergleichen. Doch nachdem die Texte endlich in die Druckfassung gebracht waren, wurde dem Verfasser klar, dass auch hier das freundlich insistierende Verlangen von außen einen wesentlichen Anteil am Ergebnis hat. So ist an dieser Stelle der Geschichts- und Gesellschaftswiss- schaftlichen Fakultät der genannten Universität nicht allein dafür zu danken, dass sie mir die Ehre erwiesen hat, mich im Somm- semester 2009 mit der Otto von Freising-Gastprofessur zu betr- en. Und es ist nicht nur ein Kompliment an die Studierenden ab- statten, die in den Lehrveranstaltungen meine Gesprächspartner waren. Es ist gleichermaßen die Idee zu preisen, nach der die E- geladenen zwei öffentliche Vorträge unter einer gemeinsamen Fragestellung halten und dann daraus auch noch eine Publikation machen sollen.

Dr. Kaspar Maase ist außerplanmäßiger Professor am Ludwig Uhland Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen.
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1;Inhaltsverzeichnis;6
2;Vorwort;7
3;Was macht Populärkultur politisch?;9
4;Was macht Populärkultur politisch und wie erschließt man das analytisch?;10
4.1;Zum kognitiven Ehrgeiz eines Vielnamenfachs;10
4.2;Grenzen aufzeigen und Hypothesen vorschlagen;12
5;Schlager und die Angst der Massen vor den Massenkünsten;17
5.1;Gespaltenes Publikum;19
5.2;„Ein Deutscher kennt keine Schlager!“;22
5.3;Tragende Milieus und Schwindel;24
5.4;Aus den Fugen;27
5.5;Gesungene Herausforderungen;28
5.6;Was war nach 1918 anders?;30
5.7;Wandel und Stress;33
5.8;Skandalisierung sexueller Widernatur;34
5.9;Skandalöser Umgang mit Essen;36
5.10;Brücken ins Nazireich;37
5.11;Aporien moderner Populärkultur;39
6;„Leute beobachten“ in der Heimat. Mainstream und kultureller Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg;42
6.1;Massenkünste in der Adenauerzeit;42
6.2;„Schwacher Dissens“?;46
6.3;Grenzen amerikanischer Populärkulturimporte;49
6.4;Vielschichtigkeit von (Film-)Rezeption;51
6.5;Leute beobachten;53
6.6;Ästhetische Präsentifizierung;56
6.7;Heimatfilme und die Promotion von Pluralisierung;61
6.8;Cabrios;65
6.9;Komplementär: Beheimatung durch Schlager;70
7;Populärkultur, Massen und Demokratie im Deutschland des 20. Jahrhunderts;76
7.1;Die soziale Konstruktion der Massenkultur;78
7.2;„Unverstand der Massen“;85
7.3;„Verbrecher an deutscher Volkskraft“;88
7.4;Ambivalenzen;94
7.5;Veränderte Rahmung;98
7.6;Vergnügen mit gutem Gewissen;106
8;Angaben zur Person;109
9;Ausgewählte Veröffentlichungen des Autors;110
9.1;Monographien und Herausgeberschriften;110
9.2;Aufsätze;110
10;Otto von Freising-Vorlesungen;114

Was macht Populärkultur politisch und wie erschließt man das analytisch?.- Schlager und die Angst der Massen vor den Massenkünsten.- „Leute beobachten“ in der Heimat. Mainstream und kultureller Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg.- Populärkultur, Massen und Demokratie im Deutschland des 20. Jahrhunderts.


Populärkultur, Massen und Demokratie im Deutschland des 20. Jahrhunderts (S. 76-77)

Im letzten Kapitel soll die politische Dimension der Populärkultur noch aus einer weiteren Perspektive thematisiert werden: in einem skizzenhaften Überblick, der nach den Verknüpfungen mit dem wechselvollen Verhältnis der Deutschen zur Demokratie fragt. Dahinter steht die Grundannahme, dass die Geschichte der Massenkünste und -vergnügungen im 19. und 20. Jahrhundert nur angemessen zu schreiben ist, wenn man systematisch die massiven Widerstände und Bewegungen berücksichtigt, die gegen das kommerziell Populäre auftraten. Im deutschen Sprachraum jedenfalls stieß die Etablierung eines Massenmarktes für Kunst und Unterhaltung auf breite Opposition, die getragen war von höchst unterschiedlichen volkspädagogischen und politischen Motiven. Daraus ergab sich eine öffentliche Auseinandersetzung, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit hoher Intensität geführt wurde.

Aus gesellschaftsgeschichtlicher Perspektive ist ja danach zu fragen, wie sich die Etablierung der modernen Massenkultur auf soziale Strukturen und Machtverhältnisse auswirkte. Dabei stellt man fest: Bestimmende Muster der Wahrnehmung und Deutung der neuen Phänomene wurden im Streit um „Schmutz und Schund“, „Kitsch“ und „Kolportage“ eingeprägt. In diesem Konflikt entschied sich, welche Erwartungen und Ängste mit der Massenkultur verbunden wurden, welche Aufgaben man der Politik zuwies und wie man die Eignung unterschiedlicher Regimes beurteilte, mit den vermuteten Problemen fertig zu werden.

Das folgende Kapitel geht einer zentralen Frage aus diesem Zusammenhang nach. Der Streit um die Massenkultur verhandelte in zweifacher Hinsicht das Thema Demokratie. Zum einen wurde ein Bild des Publikums gezeichnet, das dessen Eignung zum Souverän der Massendemokratie in Zweifel zog. Zum anderen wurden Bereiche populärer Kunst und Vergnügung zu Symptomen einer am Liberalismus erkrankten Gesellschaft erklärt.

Beide Diskurslinien konvergierten in einer autoritären, antirepublikanischen Tendenz. Ich beleuchte zunächst unter diesem Blickwinkel ganz knapp mentale Voraussetzungen und Hinterlassenschaften des „Schundkampfs“ 3 im deutschen Kaiserreich. Ich gehe dann mit einigen Beispielen auf die Auseinandersetzungen in der Weimarer Republik und in der frühen Bundesrepublik ein und frage nach Kontinuität und Wandlungen des antidemokratischen Impulses. Der Gegenstand bietet das Erzählmuster des „lieto fine“ - moderner: des „happy ending“ - an; so steht am Schluss die Vermutung, die „Normalisierung“4 der Populärkultur gegen alle Stigmatisierungen sei vielleicht sogar positiv zu den wichtigen Demokratisierungsprozessen des 20. Jahrhunderts zu zählen.


Dr. Kaspar Maase ist außerplanmäßiger Professor am Ludwig Uhland Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen.


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