M. / Schmid | Schneewittchen und der böse König | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 240 Seiten

M. / Schmid Schneewittchen und der böse König

Wie mich mein Reitlehrer manipulierte und zur Prostitution zwang und wie ich mich daraus befreite
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96121-551-5
Verlag: mvg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie mich mein Reitlehrer manipulierte und zur Prostitution zwang und wie ich mich daraus befreite

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-96121-551-5
Verlag: mvg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Katharina kommt aus einer guten Familie, aber sie fühlt sich oft unverstanden und sehnt sich nach Liebe und Aufmerksamkeit. Das Mädchen verliebt sich in den einfühlsamen Reitlehrer Heinz, der ihr eine gemeinsame Zukunft auf einem Reiterhof verspricht. Doch insgeheim verfolgt er einen grausamen Plan: Katharina soll für ihn als Prostituierte anschaffen gehen. Für das junge Mädchen ist das der Beginn eines elf Jahre langen Martyriums. Sie ist auf die perfide Masche eines Loverboys hereingefallen. Zusammen mit Babara Schmid gelingt es ihr, ein eindringliches Bild einer destruktiven Beziehung und eines Psychopathen zu zeichnen und zu zeigen, wie er durch Manipulation und Entfremdung einen unbedarften Teenager auf seine Seite ziehen konnte. Mit einem Vorwort der Psychiaterin und Autorin Dr. Nahlah Saimeh - Deutschlands bekanntester Gerichtsgutachterin

Katharina M., 1982 geboren in Bamberg, war von 2000 bis 2011 Zwangsprostituierte. Danach ging sie wieder zur Schule, unterbrochen von langen stationären Therapieaufenthalten. 2015 begann sie eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten und schloß sie 2018 mit Auszeichnung als eine der Jahrgangsbesten ab. Seither arbeitet sie in einer Steuerkanzlei in Oberfranken. Barbara Schmid, geb. in Nürnberg, ist Journalistin. Zunächst arbeitete sie u.a. für den »Kölner Stadt-Anzeiger« und die »Kölnische Rundschau«. 1991 ging sie als Hauptstadtkorrespondentin für die »BILD am Sonntag« in die damalige Bundeshauptstadt Bonn, seit 1998 arbeitet sie für den »Spiegel«. 2006 war sie Sprecherin für das Kulturprogramm der Fußball WM 2006. Sie lebt in Düsseldorf und Ligurien.
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Prolog


Warum erzähle ich hier meine Geschichte? Warum tue ich mir das an, mich noch einmal an all diese furchtbaren Jahre zu erinnern und beim Schreiben dieses Buches noch einmal alles zu durchleben? Ist es richtig, die Dämonen der Vergangenheit noch einmal zu beschwören?

Vor sechs Jahren habe ich die SPIEGEL-Redakteurin Barbara Schmid in Bayreuth kennengelernt. Wir haben lange Gespräche geführt, unzählige E-Mails hin und her geschrieben und Berge von Akten ausgetauscht, bis wir uns schließlich mehrfach wochenlang zum Schreiben zusammengesetzt haben.

Nach dem schrecklichen Finale, bei dem ich fast umgekommen bin, kam der anstrengende Prozess, an dessen Ende der Täter am 30. Dezember 2011 zu neun Jahren Haft verurteilt wurde. Nach dem Urteil musste ich erst mal lernen, wieder zu leben. Ich war zuvor jahrelang eingesperrt, wusste oft nicht einmal, welche Jahreszeit wir hatten, kannte die Welt draußen nur von meinen wenigen Arzt- und Behördenbesuchen. Dazu war ich alkoholabhängig und gesundheitlich schwer angeschlagen. Nach meiner Flucht brauchte ich jahrelang psychiatrische Hilfe, um die elf schrecklichen Jahre zu verarbeiten. Und ganz fertig bin ich damit immer noch nicht.

Mein Ziel war immer, wieder zur Schule zu gehen, die ich nach der 10. Klasse abgebrochen hatte. Es war nicht einfach, mit fast 30 Jahren eine Schule für mich zu finden. Doch ich habe meinen Schulabschluss gemacht und im Sommer 2018 meine Ausbildung zur Steuerfachangestellten bestanden. Mit 35 Jahren habe ich nun angefangen zu arbeiten, bei einem Steuerberater. Ich bin ein Zahlenmensch und arbeite gerne mit Akten – solange ich nur nicht mehr direkt mit Menschen zu tun haben muss.

Ich weiß, dass ich erst meinen Frieden finden werde, wenn ich das alles aufgeschrieben habe. Mit diesem Buch ist das grausame Kapitel in meinem Leben für mich abgeschlossen. Das Buch ist aber auch eine Botschaft an Frauen und Mädchen, die in meiner Lage sind oder Gefahr laufen, dort hinzukommen: Kein Mann, der euch liebt, schickt euch auf den Strich! Niemand, der euch liebt, kommt auf so eine abartige Idee. Ich habe mit vielen Frauen gearbeitet, die das nicht freiwillig getan haben. Diese Zwangsprostituierten hatten einen Geliebten und Zuhälter. So wie ich. Sie »gehörten« irgendwelchen Verbrechergruppen, die sie illegal eingeschleust und die ihnen die Pässe abgenommen haben. Sie hatten Familie und Kinder irgendwo in Osteuropa oder Afrika, mit denen sie erpresst werden konnten.

Das ist der andere, mein ganz persönlicher Grund, dieses Buch zu schreiben: Alle sollen wissen, dass ich das nicht freiwillig und schon gar nicht gerne gemacht habe! Nie! Ich will nie wieder erleben, dass ich mit einer Freundin in der Eisdiele sitze und ein Kellner zu mir an den Tisch kommt und mich auffordert, ich solle ihm doch mal eben für 50 Euro in der Küche einen blasen.

Viele Erlebnisse habe ich nur noch undeutlich vor Augen. An die meisten Gesichter erinnere ich mich genauso wenig wie an das dieses Mannes aus der Eisdiele, der offenbar einmal ein Freier von mir war. Zum Glück schützt mich irgendetwas in mir vor allzu schlimmen Erinnerungen. Ich weiß zum Beispiel nicht mehr, wie der erste Freier aussah. Meine geschätzt 25 000 »Kunden« verschwimmen in meiner Erinnerung zu einer grauen, düsteren Masse. Und das ist auch gut so.

Barbara Schmid hat meine Prozessakten, die Vernehmungsprotokolle, ärztliche Gutachten und vieles mehr für dieses Buch zu einem roten Faden verwoben. Es sind alles nachprüfbare Fakten. Sie hat als gründliche Journalistin auch mit dem Täter korrespondiert, sich seine Sicht der Geschehnisse schildern lassen. Er bleibt bei der Variante, die er vor Gericht und in all den juristischen Auseinandersetzungen danach erzählt hat: Ich hätte ihn, den fast 50-Jährigen, als 14-Jährige verführt. Es wäre meine Idee gewesen, mich zu prostituieren. Meine zahlreichen Verletzungen hätte ich mir selbst beigebracht und natürlich hätte er nie Geld von mir verlangt oder bekommen. Ich hätte ein Luxusleben mit teuren Autos geführt und meine Liebhaber ausgehalten.

Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Bayreuth wurde der Täter psychiatrisch untersucht. Das Ergebnis ist in der Hauptverhandlung vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts behandelt worden. Demnach ist der Täter ein Sadist, aggressiv und gewalttätig, ein Mensch ohne Empathievermögen. Zudem erfüllt er die Kriterien einer dissozialen Persönlichkeitsstörung. Der Täter neigt dazu, andere zu beschuldigen und für seine Taten verantwortlich zu machen. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass Sicherungsverwahrung angeordnet werden müsste, weil der Täter für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Leider ist das Gericht dem nicht gefolgt. In einigen Monaten kommt der Mann voraussichtlich frei. Eine vorzeitige Haftentlassung kam bisher nicht infrage, weil er immer wieder Kripobeamte, Richter, Staatsanwälte, alle möglichen Verfahrensbeteiligten beschuldigt, ein Fehlurteil gefasst zu haben. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem er freigelassen wird. Damit bin ich bei einem weiteren Grund für dieses Buch: Ich möchte beschreiben, wie unser Staat mit Tätern und Opfern umgeht.

Viele Jahre überzog mich der Täter aus dem Gefängnis heraus mit immer neuen Strafanzeigen und Gerichtsverfahren. 2018 hat er ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt. 2012 ist er sogar bis zum Bundesgerichtshof gegangen. All seine Versuche, das Urteil von damals abzuändern oder gar aufzuheben, sind bisher gescheitert. Doch er findet immer wieder Anwälte, die für ihn die Justiz und nicht zuletzt mich belasten. Oft frage ich mich, wie er die Anwälte bezahlt. Etwa mit meinem Geld, das er irgendwo gebunkert hat? Eine Million muss er mir zurückzahlen, hat das Gericht geurteilt. Davon werde ich nie auch nur einen Cent sehen.

Ich habe für Prozesse, in die mich der Täter gezwungen hat, Anwälte und dafür Prozesskostenhilfe gebraucht. Ich hatte ja nichts, als ich endlich freikam. Nach meiner Flucht hat mein Vater für mich eine private Rentenversicherung abgeschlossen. Er wollte vorsorgen, weil ich viele Jahre nicht in die Rente einzahlen konnte. Der bayerische Staat überprüft regelmäßig, ob Menschen, die einmal Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen haben, immer noch mittellos sind. Bei einer solchen Überprüfung ist man auf diese von meinem Vater abgeschlossene Rentenversicherung gestoßen. Daraufhin musste ich die Versicherungssumme von 15 266,05 Euro auflösen und den größten Teil an die Staatskasse überweisen.

Mit 35 Jahren habe ich angefangen, zu arbeiten und in die Rentenkasse einzuzahlen. Von meiner Rente werde ich später nicht leben können, mir droht Altersarmut. Der Täter, der offenbar nie Steuern gezahlt oder in die Rentenversicherung eingezahlt hat, wird dagegen staatliche Unterstützung bekommen. Aber das ist noch nicht alles: Kann ich in meiner kleinen Wohnung bleiben, wenn der Täter freikommt? Dabei ist sie meine Heimat, mein Fluchtort. In dieser Wohnung habe ich ein bisschen Lebensfreude zurückgewonnen. Muss ich dies nun aufgeben, weil der Täter keine Sicherungsverwahrung bekommen hat? Aus seinen Briefen an Barbara Schmid geht hervor, dass er nichts bereut, sich als Justizopfer fühlt und mir die Schuld an allem gibt. Wenn er freikommt, bin ich nicht mehr frei.

Ich nenne den Mann, der mir das alles angetan hat, hier absichtlich nur den Täter; im Buch hat er einen Aliasnamen, und biografische Daten wurden geändert – nicht um ihn zu schützen, sondern um ihm nicht wieder neue Anlässe für juristische Auseinandersetzungen zu bieten.

Ich würde so gerne ein ganz normales Leben führen. Manchmal träume ich von einer eigenen Familie, einem Partner, mit dem ich neu anfangen kann. Das alles hat mir der Täter zerstört oder es mir doch zumindest sehr, sehr schwer gemacht.

Er hatte, als er sich an mich rangemacht hat, leichtes Spiel mit mir. Ich habe ihn auf seinem Reiterhof kennengelernt, als ich zehn Jahre alt war. Er war der immer gut gelaunte und verständnisvolle Reitlehrer. Ich war schwierig, wie viele junge Mädchen in der Pubertät, hatte große Probleme mit meinen Eltern. Diese Lücke hat der Täter für sich ausgenutzt. Aus der Therapie, mit der mir meine Mutter wegen meiner Magersucht und Ritzerei gedroht hatte, wurde in seinen Worten schnell ein Irrenhaus, aus dem ich nie mehr rauskommen würde; ich würde dahinvegetieren, vollgepumpt mit Medikamenten. Er nutzte jede Gelegenheit, um mich gegen meine Mutter aufzuhetzen.

Ein Gutachter hat im Prozess beschrieben, warum ich mich nicht wehren konnte, warum mir die Welt draußen noch viel schlimmer erschien als das, was ich erleiden musste. Ich hatte gar keine Chance, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, weil er mich so jung und über so viele Jahre in seine Gewalt bekommen hat. Darum war es mir unmöglich, zu fliehen und ihn zu verlassen. Ich war ihm hörig, er war meine große Liebe, und ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen. (Lesen Sie dazu am Ende des Buches ein Interview mit der forensischen Psychiaterin Dr. Nahlah Saimeh.)

Meine Familie ist...


Katharina M., 1982 geboren in Bamberg, war von 2000 bis 2011 Zwangsprostituierte. Danach ging sie wieder zur Schule, unterbrochen von langen stationären Therapieaufenthalten. 2015 begann sie eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten und schloß sie 2018 mit Auszeichnung als eine der Jahrgangsbesten ab. Seither arbeitet sie in einer Steuerkanzlei in Oberfranken.

Barbara Schmid, geb. in Nürnberg, ist Journalistin. Zunächst arbeitete sie u.a. für den »Kölner Stadt-Anzeiger« und die »Kölnische Rundschau«. 1991 ging sie als Hauptstadtkorrespondentin für die »BILD am Sonntag« in die damalige Bundeshauptstadt Bonn, seit 1998 arbeitet sie für den »Spiegel«. 2006 war sie Sprecherin für das Kulturprogramm der Fußball WM 2006. Sie lebt in Düsseldorf und Ligurien.



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