E-Book, Deutsch, Band 5, 220 Seiten
Reihe: Sheltered in blue
Lundberg Sheltered in blue: Wenn wir verzeihen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7546-7698-1
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, Band 5, 220 Seiten
Reihe: Sheltered in blue
ISBN: 978-3-7546-7698-1
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Svea Lundberg & Julia Fränkle - zwei Namen, eine Autorin. Svea schreibt gefühlvolle sowie authentische Romane in den Genres Romance, New Adult, Erotik und Crime/Thrill, häufig aber nicht immer im LGBTQ*-Bereich. Sinnliche Momente, Beziehungen auf Augenhöhe und außergewöhnliche Themen sind in ihren Romanen garantiert. Julia hingegen steht für packende Fantasy voller Intrigen, Magie und einer ordentlichen Portion Blut und Dreck.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1 – Sascha
»Warum wollten Sie die Pille denn überhaupt wieder nehmen? Sagten Sie nicht, Sie hätten sie vor ein paar Wochen erst abgesetzt?« Über seinen PC-Bildschirm hinweg, wirft Dr. Saalbacher Marie einen fragenden Blick zu. Aus dem Augenwinkel kann ich sehen, wie sie ihre Finger in ihrem Schoß ineinander windet. Ich weiß, ich sollte ihre Hand nehmen. Bei ihr sein. Aber ich kann es nicht. Bin körperlich anwesend, doch in Gedanken meilenweit entfernt. Kann keinen einzigen klaren Gedanken fassen.
»Nun ja, wir ... wollten eigentlich langsam mit der Kinderplanung anfangen und ich dachte, es wäre gut, die Pille frühzeitig abzusetzen, damit sich alles erst mal regulieren kann, bevor ich schwanger werde.« Von der Seite wirft Marie mir einen kurzen Blick zu. »Aber Sascha hat momentan sehr viel Stress auf der Arbeit – er ist Polizist, wissen Sie – und daher ... Tja, nun ist es zu spät, was?«
Ihr Lachen klingt ein wenig unsicher, vermutlich nicht nur dem Umstand der unerwarteten Schwangerschaft geschuldet, sondern auch dem, dass ich hier neben ihr sitze und den Mund nicht aufbekomme. Eisern schweige, um nichts zu sagen, was sie noch mehr verunsichern oder verletzen würde.
Vorhin, als Marie auf dem Untersuchungsstuhl lag und Dr. Saalbacher etwas von und erzählt hat, wäre mir beinahe die Frage herausgerutscht, ob es nicht ein Versehen sein kann. Ein falsch-positiver Test. Aber das Urteil des Gynäkologen ist eindeutig: dritte Schwangerschaftswoche.
In den Händen halte ich den bildlichen Beweis, auch wenn ich auf dem Ultraschallfoto eigentlich nur Grautöne in verschiedenen Schattierungen erkennen kann. Nichts davon sieht wie ein Baby aus.
Unser Baby.
Mein Kind.
Ein Kind, das nun da ist – oder kommen wird, je nachdem, wie man es betrachten möchte – und das verdammt noch mal nichts für all das kann.
»Sie wollten, dass Ihre Partnerin die Pille wieder nimmt?« Dr. Saalbachers Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Die Frage ist direkt an mich gerichtet, nicht an Marie, und sein Blick, mit dem er mich mustert, hat etwas Durchdringendes an sich.
»Ja«, würge ich mühsam über die Lippen. Im nächsten Atemzug korrigiere ich mich selbst: »Nein.« Zumindest habe ich das so direkt nie zu Marie gesagt. Kommunikationsproblem. Hatten wir ja so einige in der letzten Zeit.
Ich zwinge mich zu so etwas wie einem Lächeln. »Wie gesagt, Stress. Aber wir werden das gemeinsam hinbekommen.« Die Worte rinnen bitter wie flüssiges Arsen über meine Lippen. Es kostet mich nahezu innere Gewalt, eine Hand nach Marie auszustrecken und ihre zu ergreifen. Sacht zuzudrücken. Ihre Finger sind so schmal und vor Aufregung kühl in meinen.
»Wir freuen uns natürlich trotzdem.«
Hatte ich gedacht, Marie bislang eiskalt wegen Domenico belogen zu haben, so treibe ich meine Lügen nun auf die Spitze.
Ich freue mich nicht. Bin schlichtweg unter Schock.
»Gut.« Noch einen langen Moment liegt Dr. Saalbachers Blick prüfend auf mir, ehe er sich wieder dem PC-Bildschirm zuwendet und irgendetwas in Maries Akte tippt. Oder zumindest vermute ich, dass er das tut.
»Mal angenommen, der Test hätte keine Schwangerschaft angezeigt, weil es noch zu früh gewesen wäre, und ich hätte die Pille wieder angefangen, hätte das Auswirkungen auf die Schwangerschaft haben können?« Bei ihren Worten legt Marie eine Hand auf ihren Bauch, die andere liegt nach wie vor in der meinen. Abwesend streichle ich mit dem Daumen über ihre Haut und fühle dabei ... nichts.
»Nun, da Sie die Pille ja ohnehin erst zu Beginn Ihrer Regelblutung hätten nehmen sollen, hoffe ich doch, dass es dazu gar nicht gekommen wäre«, entgegnet der Gynäkologe, inzwischen wieder mit einem schmalen Lächeln. »Aber ich kann Sie dennoch beruhigen: Es gibt inzwischen einige Studien und Beobachtungen, dass die Einnahme der Pille im Frühstadium einer Schwangerschaft keine negativen Auswirkungen auf Kind oder Mutter hat. Schließlich gibt es auch «, mit den Fingern malt er Anführungszeichen in die Luft, »und genügend werdende Mütter, die wochenlang gar nichts von ihrer Schwangerschaft wissen und weiterhin hormonell verhüten.«
»Das stimmt natürlich.« Von der Seite grinst Marie mich schief an. Eine Geste, die ich einmal so geliebt habe, doch nun beschert sie mir Übelkeit. Bei uns war es kein , sondern schlicht ein Kommunikationsproblem. Gewissermaßen ein -Unfall. Es gibt nur eine einzige Situation, in der Marie schwanger geworden sein könnte. Das ist der verfluchte Abend, nachdem ich bei Domenico war und deswegen so durch den Wind, dass ich sie ohne Gummi gevögelt und das nicht hinterfragt habe, weil ich dachte ...
»Schatz, alles okay bei dir?« Maries Schmunzeln hat sich zu einer besorgten Miene verzogen.
Nein, nichts ist okay. Gar nichts.
Ich nicke eisern. »Bin nur erledigt von der Fahrt die Nacht durch, sorry.« Rasch hauche ich ihr einen Kuss auf die Wange.
»Willst du nicht gegenüber zum Bäcker gehen, dir einen Kaffee holen?« Sanft drückt sie meine Hand. Gottverdammt, sollte nicht derjenige sein, der gerade da ist?
»Ich weiß nicht ...« Fragend sehe ich zwischen ihr und Dr. Saalbacher hin und her, der gerade irgendetwas in ein kleines, dünnes Büchlein einträgt. Vermutlich Maries Mutterpass.
»Das müssen Sie beide entscheiden. Ich werde noch ein paar Dinge mit Frau Riemer besprechen.«
»Geh schon.« Marie stupst mich leicht an. »Du siehst echt fertig aus. Ich kann dir ja nachher erzählen, was wir besprochen haben. Oder heute Mittag, nachdem du dich hingelegt hast.«
»Schlaf würde Ihnen vermutlich wirklich guttun. In neun Monaten bekommen Sie nicht mehr allzu viel davon.«
Falls das ein Scherz aus Dr. Saalbachers Mund sein sollte, war es ein denkbar schlechter. Gezwungen lächelnd nicke ich ihm zu.
»Bin ich ja gewohnt als Polizist.« Und genau deshalb ist es auch eine bescheuerte Ausrede, ich sei von einer mehrstündigen nächtlichen Autofahrt so dermaßen durch den Wind. Aber was soll ich Marie sagen? Dass ich schon gestern aus Hamburg zurückgekommen bin, aber erst mal bei meinem Lover war, ehe ich zu meiner schwangeren Freundin nach Hause gekommen bin?
Es wäre nichts als die Wahrheit – und eben auch nicht. Denn Domenico ist weit mehr als nur mein Liebhaber und Marie ...? Ist schwanger. Von mir.
Ich kann sie jetzt nicht allein lassen.
Kann ihr nicht sagen, dass ...
»Okay, dann ... Willst du auch was vom Bäcker?«
»Du könntest Brötchen holen, dann frühstücken wir nachher zu Hause noch. Nach der Nachricht werde ich heute nicht arbeiten gehen.« Sie strahlt mich regelrecht an und ich schnaufe energisch gegen die Übelkeit an. »Oder willst du dich gleich hinlegen?«
»Nee, gemeinsames Frühstück klingt gut«, murmele ich in Maries Haare und drücke ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe ich mich erhebe. Keine Ahnung, ob ich nachher in der Lage sein werde, irgendetwas zu essen, ohne zu kotzen. Wäre Übelkeit nicht eigentlich Maries Ding?
Nach einem weiteren Kuss für sie verlasse ich fluchtartig das Behandlungszimmer. Vom Empfangstresen aus lächelt Nazan mir zu, doch ehe sie aufstehen und nachfragen kann, ob Marie tatsächlich schwanger ist, reiße ich die Haupttür zur Gynäkologiepraxis auf.
Ich muss hier raus.
~*~*~*~*~*~
Erstaunlicherweise bekomme ich tatsächlich ein Brötchen mit Fleischkäse hinunter, ohne dass es mir gleich wieder hochkommt. Selbst die Übelkeit hat sich verzogen. Stattdessen scheint in meinem Bauch trotz Nahrung ein Vakuum zu herrschen. Überall in mir drinnen ist Leere.
Ich kann mich nicht über Maries Schwangerschaft freuen, aber ebenso wenig kann ich mir wünschen, es wäre nicht dazu gekommen. In meinem Kopf ist nur Platz für einen einzigen Gedanken: Was jetzt?
»Wollen wir es heute schon meinem Papa sagen?« Nachdenklich dreht Marie ihre Teetasse in den Händen. Auf ihrem Teller liegt noch ein halbes Croissant, wobei sie zuvor schon ein Käsebrötchen verdrückt hat. Noch scheint von morgendlicher Übelkeit keine Spur zu sein. Allerdings ist es inzwischen auch schon fast elf.
»Keine Ahnung«, gebe ich zögernd zurück, greife nach meiner eigenen Tasse. Der wievielte Kaffee ist das heute schon für mich? »Eigentlich wird ja geraten, die ersten drei Monate ...«
»Na, meinem Vater werde ich es sicher sagen.« Marie zieht die Stirn kraus. »Du deinen Eltern etwa nicht?«
»Doch, denke schon.«
»Und ich werde es Jana sagen, und Marco.«
Und ich Kyrill. Aber nicht, weil ich mich freue wie verrückt. Und ... Ich wage es nicht mal, Domenicos Namen in diesem Zusammenhang zu denken.
»Wir könnten heute Abend kochen und ihn zum Essen einladen? Also, meinen Papa, meine ich.«
Alles in mir wehrt sich gegen diese Idee. Dennoch nicke ich. »Klar, warum nicht?«
Maries Miene wird wieder weicher und sie schiebt eine Hand über den Tisch, zwischen Wurstbox und Frischkäsepackung hindurch. »Du bist echt fertig, was? Geh dich doch hinlegen.«
Kurz lasse ich zu, dass Maries Finger meinen Arm umschließen, sacht zudrücken, ehe ich mich zurückziehe und mich erhebe. »Ich glaube, ich kann jetzt eh nicht pennen.« Ganz sicher nicht. »Nach diesen Neuigkeiten ...«
Maries Lächeln...